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Grwirdrruno
Das Wahlkomite für Herrn Dingler hat in einem Flugblatt mich wegen einiger Abstimmungen im letzten Landtage angegriffen. Dies nötigt mich, den Wählern folgenden Aufschluß zu geben:
1^) Beamtengehalts-Ausbefferung. 2 Millionen sind ein großer Betrag, aber wenn man berechnet, daß sich derselbe auf 12,525 Beamte verteilt, so findet man, daß durchschnittlich auf den einzelnen eine Ausbesterung von 155 kommt. Der Durchschnittsgehalt eines Staats
beamten beträgt nach der Ausbesserung 1694 Der größte Teil der Aufbesserung ist auf Beamte mit Gehalten unter 2000 ^ gefallen, weil ihre Zahl am größten ist. Kein billig denkender Mann hat sich im Jahr 1889 der Ansicht verschlossen, daß eine Aufbesserung notwendig sei. Von 86 Abgeordneten haben 72 in ganz gleicher Weise gestimmt wie ich, darunter die Hälfte der demokratischen Partei, 9 an der Zahl, worunter ihre Führer. Jetzt nach 6 Jahren wird diese Sache ausgegraben, lediglich zum Zweck der Kcrhetzung des Kolks öei de« Wahlen zu Gunsten der Demokratie.
Die Hetze wird von Volksmännern geleitet und betrieben, welche ebenfalls vom Volk mindestens das 4- bis 6-fache Einkommen beziehen, als der Durchschnittsgehalt einer Beamten-Besoldung betrügt. Es wird verschwiegen, daß ein von mir gestellter Antrag hauptsächlich zur Verminderung der Aufbesserung der besser bezahlten Beamten führte. Ich bin mir bewußt, gerecht und im Interesse der weniger gut bezahlten Beamten gehandelt zu haben.
Mir wird als schwerer Vorwurf angerechnet, was hervorragende Männer der Demokratie in gleicher Weise, wie ich gethan haben.
2) Für Aushebung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher habe ich mich ausgesprochen, ich werde dafür eintreten, wenn das Amt der Ortsvorsteher ebenso gestaltet wird, wie in den Ländern, wo dieselbe schon früher aufgehoben wurde. Einen Sprung ins Dunkle machen, will ich nicht, weil es nicht im Interesse des Volkes liegt.
3) Für Entfernung der Privilegierten habe ich mich im Jahr 1889 und Heuer wieder ausgesprochen, ich bin nicht der Mann, der sein gegebenes Wort nicht hält. Daß ich am 31. Oktober 1891 anders gestimmt habe, ist eine Verdrehung, deren Erläuterung zu weit führen würde.
4) Körperschaftsbeamtenpensionsgesetz. Bei diesem Gesetz handelt es sich um die Gründung einer Kaffe, aus welcher Körperschaftsbeamte, welche ihren Hauptberuf auf ein solches Amt gegründet haben und wegen hohen Alters oder Krankheit ihren Dienst nicht mehr versehen können, im Fall ihrer Entfernung vom Amt einen Ruhegehalt erhalten und deren Witwen ein dürftiges Viertel. Diese Beamten müssen ein hohes Eintrittsgeld und nicht unerhebliche Jahresbeiträge bezahlen, so daß viele nicht dazu gezwungene Beamten der Pensioiiskasse gar nicht beitreten. Die größte Zahl der Landgemeinden wird nahezu gar nicht von dem Gesetz öerührt, auf viele Jahre hinaus wird der Bedarf aus den Mitgliederbeitrügen bestritten. Viele Städte haben längst schon freiwillig solche Kassen gegründet.
Diese Sache wird überhaupt nur zu Wahlzwecken ausgebauscht und übertrieben.
Die Staatssteucr wurde, so lange ich Abgeordneter war, nicht um einen Pfennig höher, als sie vor meinem Eintritt in die Kammer war.
Wenn die Demokratie noch einmal in letzter Stunde, damit ich keine Antwort mehr geben kann, ein Flugblatt ausgiebt, worin ich wieder persönlich angegriffen werde, dann werden die Wähler wissen, zu welchem Zweck dies geschieht, lediglich um sie zur Demokratie herüberzuziehen.
Geflissentlich verschwiegen wird, daß auf meinen Antrag an dem Stuttgarter Nealschulgebäude 80,000 gestrichen und dem Staat erspart wurden, es wird verschwiegen, daß ich zur Zeit der Futternot uneigennützig alles gethan habe, was in meiner Macht stund, um für die Abgabe von Waldstreu und Waldgras zu sorgen. In Straßenbausachen habe ich alles gethan, was nach Lage der Verhältnisse möglich war. Jetzt wird zum Dank dafür von Allem das Gegenteil behauptet. Es fehlt nicht viel, so macht mich die Demokratie noch für die Steigerung des Notstandes verantwortlich, dem Volk ihre eigene Thätigkeit für Verminderung und Beseitigung der Korn- und Viehzölle verschweigend.
Ich bin gewiß, die Ansicht der Wähler wird sich noch klären, sie werden, ehe sie wiederholt an die Urne treten, prüfen, ob ich die Anfeindungen lind Verdächtigungen verdient habe, welche gegen mich ausgestreut werden.
Ich habe das Bewußtsein, meine Pflichten gewissenhaft erfüllt, das Wohl des Volkes niemals aus den Augen gelassen zu haben.
s->c»>. Atadtschultheiß Haffner.
Wähler in Stadt und Land!
Zn unserem Bezirk ist wie im ganzen Land der Kampf um die Stichwahlen in großer Deftigkeit entbrannt.
r>i° Demokratie d. >, di- Volkspartei >,«> Mi m» Sozialdemokraten und Zentrumskatholiken verbunden, um alle Andersdenkenden in vereinter Dcindschasi kn bekämpfen
Manche Wähler, welche sonst unserer Richtung angehörten, haben der Ucbertreibung teilweise der Unwahrheit, Glauben geschenkt, manche Andere sind ans oft kleinlichen Gründen, Viele durch die allgemeine Notlage verstimmt!
Dem Notstand können bessere Gesetze, welche wir anstreben teilweise abhclfen, im Allgemeinen aber liegt dies nicht in der Menschen Macht!
Mitbürger! Prüfet ehe Zhr wieder zur Wahlurne tretet, ob Zhr dem Kandidaten der vereinigten Demokraten, Sozialdemokraten und Zentrumskatholiken teichtweg Eure Stimmen geben könnet?
Schauet Hin, wie sich unsere Gegner sammeln, die Zeit ist ernster als Mancher glaubt:
Wachet auf Ihr Lauen und Unentschiedenen!
Sammelt Euch Ihr Ireunde zu entschlossenem gemeinsamem Handeln, vergehet kleinliche Verstimmungen!
Herr Stadtschultheiß Hoffner ist der Mann, der den Bezirk Calw in Ehren und mit Erfolg vertreten wird, wie er das seither gethan hat.
Cr ist ein wirklicher Dolksmann, nicht mit Worten, sondern in der That, in allen seinen Handlungen.
Hr ist stets Jedermann ohne Parteiunterschied mit Rat und That uneigennützig an die Hand gegangen und zur Seite gestanden.
Darum vereinigt Alle Eure Stimmen auf ihn — unfern seitherigen Abgeordneten
Stadtsehirlttzeitz Huffner in Laliv.
Wahlkomite.