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13. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 70. Jahrgang.

Erscheint DienStsg, Donnersrag und Vam - tag. Die EmrückungSgebÜyr beträgt im Btzirk und nächster Um» ß«b»t«g S Pfg. die Zeile, sonst L2 Pfg.

Samstag, den 2. Jebruar 1895.

Abomln»mt«prtt« vUrltljäbrlich in der Statt so Pfg. u»t A> Psa. LrSgerlohn, durch die Post bezogen ML I. 15, sonst i» ganz Württemberg Mk. I. 55.

Amtliche Aekarmtmachuuge«.

Die Grtsvorsteher,

welche Wachsfackeln für ihre Feuerwehren oder sonstige Zwecke wünschen, werden beauftragt, ihren Bedarf binnen 8 Tagen hieher anzuzeigen. Das Stück kommt auf 75 -H, ein Holzstiel zum Halten der Fackel auf 5 A

Calw, 31. Jan. 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

An die Ortsbehörden.

Da die Musterung Heuer voraussichtlich schon am 28. März stattsinven wird, ergeht die Weisung, die Stammrollen bald möglichst hieher vorzulegen. In Spalte 8 ist Stand und Gewerbe möglichst genau anzugeben, z. B. ob Pferde-, Kuh- oder Ochsen­bauer, ob Huf- oder Wagenschmied; bei Haus- und Dienstknechten ist ferner einzutragen, ob sie pferde­kundig sind, und bei Fabrikarbeitern die Art der Be­schäftigung. Bei Volksschullehrern und Schulamts« Kandidaten ist das Prüfungszeugnis in Original oder Abschrift beizulegen, sofern dasselbe nicht schon in der Stammrolle bemerkt ist.

Calw, 1. Febr. 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesnenigkeiien.

Calw, 31. Jan. Eisenbahnschaffner Markert von hier geriet heute mittag vor 12 Uhr beim Ein­fahren des Güterzugs von Horb unter die Räder, wobei ihm der rechte Fuß zweimal überfahren wurde. Der bedauernswerte Mann wurde heute nachmittag

in das Spital nach Stuttgart verbracht. Wie man nachträglich hört, muß der zersplitterte Fuß ab­genommen werden.

Calw, 1. Febr. Die hies. Demokratie hat nun in letzter Stunde Hrn. Adlerwirt Din gier zur Annahme der Landlagskandidatur zu bestimmen vermocht und durch Flugblätter diese Botschaft sofort im ganzen Bezirk verbreitet. Der Kandidatenmangel auf Seiten der Volkspartei hat Stadt und Bezirk einen Wahlkampf erspart. Welchen Erfolg man sich von einer Anpreisung pur äistanoe versprechen kann, wird sich schon in wenigen Stunden zeigen.

Freudenstadt, 30. Jan. Nachdem die Sonne von Sonntag bis gestern Dienstag das Werk der vorangegangenen kritischen Tage beschaut hatte, eine etwa 1'/- m hohe Schneeschichte, aus der nur hie und da ein früher besonders hoch aufstrebender Gartenzaun schüchtern hervorsieht, begann heute wieder bei schneidendem Ostwind der Schnee fall. Dem Wild ist das Fortkommen fast unmöglich; schon mehrere Rehe wurden ermattet und halb verhungert auf­gefunden. Daher haben unsere Jagdpächter heute allgemein eine Fütterung des Wildes vorgenommen.

Schw. M.

Stuttgart, 30. Jan. Heute Nachmittag vor 5 Uhr fiel auf dem rechtseitigen äußeren Güter­bahnhof der ca. 30jährige verheiratete Hilfswärter Joh. Schäfer aus Zuffenhausen infolge Ausgleitens so unglücklich auf das Geleise, daß er bald darauf bewußtlos wurde und ins Katharinenhospital verbracht werden mußte, wo der Arzt einen Schädelbruch konstatierte. Sein Befinden ist äußerst bedenklich.

Waiblingen, 30. Jan. Gestern fand eine überaus zahlreiche Wählerversammlung in der Post hier statt. Schultheiß Oettinger von Endersbach

entwickelte in derselben sein Programm und fand da­mit bei den versammelten Wählem vollen Beifall und Zustimmung. Nach dem Kandidaten sprachen noch einige von den anwesenden Wählern zu Gunsten des­selben. Die Aussichten sind in Stadt und Land für Oettinger sehr günstig.

Vaihingen a. E., 30. Jan. Einen un­glücklichen Verlauf nahm die Schöffengerichts­sitzung in Vachingen vom 22. Jan. Es handelte sich um drei Fälle wegen Körperverletzung und Be­leidigung. Im ersten Fall waren die Zeugen auf dem Weg« nach Vaihingen aus dem Wagen geworfen worden. Hiebei verletzte sich einer derselben derart, daß er inzwischen verstorben ist. Beim Aufruf deS zweiten Falles ergab sich, daß der Kläger kurz vor der Verhandlung den Fuß gebrochen hatte. Die Parteien verglichen sich daher schleunig. Der dritte Fall betraf die Beleidigung eines Gemeinderats durch einen ehemaligen Feldschützen. Als Belastungszeuge trat, scharf angefochten, der Weinberghütsr Baumwart E. auf. Auf Amrag des Verteidigers wurde aber die Verhandlung zwecks Ladung einer Anzahl Ent­lastungszeugen auf den 29. Jan. vertagt. Inzwischen aber hat sich E., dem das Gewissen keine Ruhe mehr ließ, erhängt.

Tübingen, 29. Januar. (Strafkammer.) Wegen fahrlässiger Körperverletzung hatten sich heut« vor der Strafkammer zu verantworten der Weichen­wärter Karl Gust. Klaiber und Ankuppler Ad. Heinr. Güttinger von Calw. Sie hatten dm Rangierdienst auf dem Bahnhof in Calw zu besorgen und die Bremsvorschriften vernachlässigt, was zur Folge hatte, daß die Wagen in das Maschinenhaus liefen, wo Lokomotivführer Geißler an seiner Maschine zu schaffen hatte. Geißler wurde von den Wagen erfaßt und derart verletzt, daß ihm beide Arme abgenommen

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Dev Sonderling.

Roman von P. Felsberg.

(Fortsetzung.)

Endlich kam er bei der Grotte an.

JustuS blieb betroffen stehen. Er wußte nicht, sollte er das Mädchen be­wundern oder sich fürchten vor seiner kalten Ruhe inmitten dieses Aufruhrs. Er fand kein zitternde-, ängstliches Weib, das des Schutzes bedurfte; seine Sorge, seine Angst war vergebens gewesen. Gertrud fürchtete sich nicht in der Einsamkeit des Waldes, fürchtete nicht die Gewalt der Elemente, die sie umtosten; sie saß ruhig im Hintergrund der Grotte auf einer Bank und hielt ein Buch in ihre« Händen. Ihr Kleid war durchnäßt, ihr Haar hing feucht um ihre Schläfen. Sie sah etwas bleich aus, und ihr Gesicht schien wie aus Marmor gemeißett; kalt, ruhig, empfin­dungslos blickte sie Justus entgegen.

Erregt stand er vor ihr, seine Brust atmete schwer. Er fand kein Wort, das er ihr sagen konnte; starren Blickes sah er in das schöne, weiße Gesicht mit dm großen Augen, die beinahe spöttisch jetzt zu ihm aufblickten.

.Ich glaube gar, Sie haben sich geängstigt um mich," kam es mit leisem Hohn von den vollen roten Lippen, die wundervoll abstachen von der Bläff« der Wangen.

.Nein ! Warum sollte ich? Ich denke, ein warmer Gewitterregen wird Jhnm nichts schaden, der Zufall führt mich nur hieher. Ich suche Schutz hier in der Grotte wie Sie," entgegnet« JustuS mit demselbm leichten Spott im Ton, - wie er durch ihre Red« klang.

Er setzte sich dicht neben sie, als ob er dm Regm scheute, der nun heftiger

herniederströmte und bereits eine kleine Wasserflut auf dem Boden der Grotte bildete. Er sah Gertrud nicht an, und doch fühlte er die Unruhe, die plötzlich über dieselbe gekommen war. .Sie frieren," begann er mit einem leisen bedächtigen Lächeln; es chut mir leid, aber ich habe nichts. Sie gegm die Kälte zu schützen."

^ver warme Gewitterregen wird mir nicht schaden," erwiderte Gertrud mit Betonung, ^in Arzt muß die- ja bester wissen als ich."

»Ich rate Jhnm aber sickt-dsch, ziehen Sie Ihre Füße empor; ein kalte» Fußbad könnte Jhnm VW bekommen " meint« gleichmütig JustuS und hob die Spitzen seiner Stiefel hoch, so daß di« Hacken nur im Wasser standen, das nun den Boden der Grotte ganz bedeckt«.

Gertrud kühne sich nicht. Der Sw n ihres Kleides hing in dem lehmig« Wasser, sie beachtete «S nicht; ihr leichtes Schuhzeug war vollständig durchdruug« vom Wasser, sie empfand es nicht, ihr ganzes Sein war empört über die Art, wie er mit ihr sprach, zu ihr, der stolzen Baronesse. Sie wollte sott, mußte fort au» seiner Näh«, die einen Zauber auf sie übte, der ihr unverständlich war. Da fuhr ein blendender, greller Blitzstrahl dicht vor beiden nieder; es flammte eine Sekunde auf vor ihren Augen, ein fürchterlicher Krach erfolgte, der beide betäubte. Gertrud fuhr taumelnd zurück, und JustuS schlug mit der Stirn gegen die scharfe Kante des Felsens.

Vor ihm stürzte einer der Waldriesen nieder, von oben bis unten gespalten; die mächtige Baumkrone verdeckt« den Eingang zur Grotte, die plötzlich in voll­kommene Finsternis gehüllt war.

JustuS fühlte, als er die Betäubung überwunden, wie warmes Blut über sein Gesicht rann, ein jäher Schmerz hatte einen Augenblick ihm die Besinnung ge­raubt. dann fuhr er angstvoll empor und rief mit bebender Stimme: .Gertrud, wo sind Sie?"

Gertrud erschauerte, als sie chre» Namen so ängstlich von sein« Lippen hört«;