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der Stadt und des Bezirks den richtigen Händen anvertraut seien. Wie wir hören, wird der Kan­didat in den nächsten Tagen noch einige umliegende Orte besuchen und sodann in einer Versammlung auch seinen hiesigen Wählern sich vorstellen und sein Programm des Näheren erläutern.

Im Oberamt Herrenberg beschloß der Bezirksverein, dem seitherigen Abg. Schürer den Bauunternehmer Cleß in Stuttgart entgsgenzustellen.

Stuttgart. S. M. der König begiebt sich am Samstag 26. Jan. mit dem Schnellzuge 9 Uhr 47 Vorm, über Ritschenhausen nach Berlin zur Feier des kaiserl. Geburtstages und kehrt Montag 28. Jan. Abends 9 Uhr 32 hieher zurück.

Stuttgart, 23. Jan. Gestern abend bekam in der Rothebühlstraße ein Fuhrmann, welcher auf seinem Wagen saß, mit einem Hausknecht, welcher ein Handwägelchen führte, wegen des Ausweichens Streit. Der Fuhrmann schlug mit seiner Peitsche vom Wagen herab nach dem Hausknecht; das Pferd, dadurch erschreckt, sprang auf das Trottoir hinauf und die Wagendeichsel zertrümmerte die Ladenthüre eines dortigen Geschäfts.

Vaihingen a. E. Der Gemeindepfleger Bauer von Mühlhausen sollte am 31. d. M. als Zeuge vor dem Schöffengericht hier vernommen wer­den. Er fuhr mit 2 Gemeinderäten auf einem Wagen. Bei der Jllinger Mühle scheute das Pferd und das Gefährt stürzte um. Bauer erlitt dabei so schwere Verletzungen, daß er in die Mühle verbracht werden mußte, wo er hoffnungslos darniederliegt.

Aus dem Oberamt Geislingen teilt die Ulm. Schnellp." mit, daß nun auch Gutspächter Schmid vom Christophshofwegen besonderer un­vorhergesehener Umstände* auf eine Kandidatur für den Landtag verzichtet. Die Kandidatur sei nun wieder dem Oekonomen Hagmaier in Kuchen an­getragen worden.

Tübingen, 23. Januar. Nach einem An­schlag am schwarzen Brett der Universität haben 37 studentische Korporationen (die zwei katholischen haben sich nicht beteiligt) einstimmig beschlossen, sich an der für Fürst Bismarck geplanten Ovation zu beteiligen. Mit der Leitung des Ganzen wurde die Burschenschaft Germania* und die nichtfarbentragende Verbindung Derendingia* betraut.

Rottweil, 23. Jan. In heutiger Straf­kammersitzung wurde Karl Nägele, Volksschullehrer in Feckenhausen, hies. Oberamts, wegen fahrlässiger Tötung des Otto Fischer, Schullehrer in Frittlingen, OA. Spaichingen, zu der Gefängnisstrafe von 14 Tagen verurteilt. Am 10. Okt. 1894, abends, übten sich Beide im Schießen mit Zimmerflinten, wobei der Erstgenannte das Unglück hatte, den Letzteren durch Unachtsamkeit durch einen Schuß in die Lunge tätlich zu treffen. Der Schwerverletzte lebte noch einige Tage, worauf der Tod eintrat. Der 20jähr. Tag­löhner A. Scho del von Göllsdorf, der, wie s. Zt.

berichtet wurde, aus Fahrlässigkeit mittelst eines dem Waldschützen Süffel von Feckenhausen gehörigen Ge­wehrs den 16jähr. Stefan Schobcl von Göllsdorf so unglücklich traf, daß sofort der Tod erfolgte, wurde zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt, an welchen 14 Tage Untersuchungshaft abgehen; Süffel, welcher sein geladenes Gewehr im Hausgange der Lindlewirtschast stehen ließ, so daß Dritte dasselbe ergreifen und hie- mit manipulieren konnten, erhielt 14 Tage Gefängnis. Derselbe hat Revision eingelegt.

Saulgau, 22. Jan. Heute nacht 3 Uhr ertönten die Feuerwehrsignale; das Feuer war in der Dampfbrauerei von Julius Blauw ausgebrochen. Das Brauereigebäude ist abgebrannt, die Wohn- und Oekonomiegebäude, sowie das Malzhaus blieben er­halten. Der Schaden ist groß.

Saulgau, 23. Jan. Der demokr. Land­tagskandidat Dampfsägereibes. Platz hat sich nach dem O. A. für Zulassung von Männerklöstern er­klärt, wenn dieselbendie Armut üben und im Falle des überflüssigen Besitzes den Armen austeilten.* Nach dem Schw. B. ist gegenüber dem Zentrums­und dem demokr. Kandidaten als dritter Kandidat Schultheiß Sommer von Beizkofen aufgestellt worden.

Straßburg i. E. Die reichsländische Forst- Verwaltung wird sich an der in diesem Sommer statt­findenden Industrie- und Gewerbe-Ausstellung in hervorragender Weise durch eine besondere For st­und Jagd-Ausstellung beteiligen. Elsaß-Loth­ringen ist sehr waldreich, fast ein Drittel der gesamten Bodenfläche ist mit Holz bedeckt. Die Forst-Aus­stellung soll einen thunlichst vollständigen Ueberblick über den Gesamtbetrieb in diesen ausgedehnten Wal­dungen bieten, der namentlich im hohen Gebirge viel Eigenartiges und Interessantes aufweist. Die Jagd- Ausstellung dürfte ebenfalls recht sehenswert werden, umsomehr als es hiesigen Jägern gestattet ist, auch solche Jagdtrophäen auszustellen dürfen, die sie außer­halb des Landes erbeutet haben.

Berlin, 23. Jan. Die in dem neuen Ball­spielhause des Kaisers eingerichteten Ankleide-Zimmer des Kaisers mit Zubehör sind heute Vormittag voll­ständig ausgebrannt. Der Betrieb des Hauses ist eine Zeit lang gestört.

London, 35. Januar. Lord Randolph Churchill ist verschieden. Der Tod wurde bereüs an alle Höfe gemeldet. Ueber London entlud sich gestern ein starkes Gewitter mit Hagelschlag, der großen Schaden anrichtete. Infolge der heftigen Schnee­stürme nehmen die Ueberschwemmungen zu.

London, 25. Januar. Die Regierungsbarke Vetral* welche Geschützmunition führte, strandete bei der Themsemündung, geriet in Brand und explo­dierte. Die gesamte Munition, das Schiff, der Ka­pitän und 4 Matrosen flogen in die Luft. Von den Leichen hat man bisher keine Spur. Das Schiff war mit der Ladung 80000 ^ wert.

Standesamt ßalw.

Geborene:

19. Jan. Jakob Wilhelm, Sohn des Joh. Georg Reuthlinger. Taglöhner hier.

19. Jan. Karl Friedrich, Sohn des Karl Friedrich Stern, StrumpfwebcrS hier.

15. Jan. Helene, Tochter des si Michael Harsch, Maurers hier.

19. Jan. Karl Gottlieb, Sohn des Johannes Kling, Cigarrcnmachers hier.

G esto rbene:

23. Jan. Gottlieb Enz, Bäckermeisters Ehefrau, Sarah gcb. Riehm hier, 68 Jahre alt.

Gottesdienste

am 3. Sonntag nach Epivh-, 27. Januar.

Kirchl-Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers.

Vom Turm: 31. Der Kirchenchor singt: Ges. Buch Nr. 29. Lobe den Herren, Vers 1 u. 6. Predigt­lied: 233. 9*/- Uhr Borm.-Pred.: Hr. Dekan Braun. 1 Uhr Christenl-hre mit den Töchtern. 5 Uhr: Abend- Pred.: Hr. Stadtpfarrer Schmid.

Mittwoch, 30. Januar.

10 Uhr: Betstunde im Vereinshaus.

Samstag, 2. Febr. Zlriertag Mariä Reinigung.

9'/« Uhr Predigt: Herr Stadtpfarrer Schmid.

Kandrv. Kezirksverein.

Die Mitglieder des Ausschusses werden ersucht, am nächsten Mittwoch, 3V. Jan., nachm. 4 Uhr im Adler hier zu einer Besprechung wegen der staat­lichen Bezirksviehprämiierung und wegen Ankaufs von Vieh sich einzufinden.

Calw, 24. Jan. 1895.

Der Vorstand:

Voel ter, Oberamtmann.

Kairbrv. Consirm-Nerei« Calw.

Malzkeime sind in schöner Qualität L ^ 3.8l> pr. Centner incl. Sack von unserem Lager zu haben.

Reklameteil.

Das Neuste

was gegenwärtig in der Seifens Branche geboten wird, ist die Perl-Seife". Wohl keine Seife hat noch so großes Aufsehen erregt wie sie. Dieses Aufsehen erklärt sich dadurch, daß die k^erl-Lslks sich nicht allein durch vorzügliche Qualität, sondern auch durch ihre erstaun­liche Billigkeit auszeichnet. Bisher waren die hoch­feinen Seifen verhältnismäßig teuer im Preise, k>srl- 8siks ist die erste wahrhaft billige. In pgquslsn ä 3 Ltüoli kommt sie zum Verkauf und diese S Stück kosten nur 55 ?fg. also noch nicht ein­mal 19 k>fg. per Stück. Psrl-Lsils ist daher berufen des deutschen Volkes Lieblingsseife zu werden, eine Seife für Bürger und Arbeiter, für Weib und Kind, für Stadt und Land, eine Seife, die selbst der

Unbemittelte sich anzulegen in der Lage ist, und wo­mit es ihm ein Leichtes wird, Schönheit des Teints und Frische und Zartheit der Haut zu erlangen und sich andauernd zu erhalten. k*srl-8«lks ist er­hältlich in Calw bei Wieland L Pfleiderer (alte Apotheke.). I. C. Meyer s Nachf., Emil Sänger» A. Schaufler.

Enttäuschungen dcqu, um «inen Idealisten zum Pessimisten zu machen, und diese Erfahrungen hatte Graf Erich bald zu bestehen. Wir stürzten uns beide in das fröhliche Studentenleben, ohne jedoch den Hauptzweck, unser Studium, zu vernach­lässigen. Ich, ein mittelloser Student, war darauf angewiesen, die Zeit ouizunützen, welch« mir ein Familienstipendium gewährte. Von mir jedoch* will ich nicht erzählen, «S würde Sie kaum interessieren, meinen Lebenslauf kennen zu lernen; ich will vom Grafen Schönburg erzählen, der überall ein gern gesehener Gast war. Ein reicher, junger Manu findet bald «inen Kreis guter Freunde, dir nicht immer die lautersten Absichten mit ihrer Freundschaft verbinden. Die ersten Enttäuschungen wurden ihm durch Freunde bereitet; sie bereiteten ihn vor auf anderes Schweres, was nicht so leicht zu überwinden ist. Graf Erich liebte,* klang eS leise, beinahe zaghaft, von Doktor JustuS' Lippen; eine kleine Daus« entstand.

Gertrud Felde» lächelte vor sich hin und warf spöttisch die Watte hin:Er liebt» eine Bürgerliche.*

»Ja»' gab JustuS zu und fügte bei:Ich bewundere Ihre Kunst im Erraten,

Baroneß.*

Es war nicht schwer, nach ollem, was ich von Graf Echönburg erfahren; ich will noch mehr erraten. Er liebte heiß und innig und wurde betrogen?'

Ja. Er wurde betrogen, ebenso wie seine Schwester, die um ihres Reich­tums willen begehrt worden war, während sie ihr ganze« Herz ihrem Gatten ge­scheitst. Dasselbe Schicksal traf ihn wie sie, nm er erlag nicht, sein Herz brach nicht, sondern wurde kalt und hart gegen die Menschen, di« er so sehr geliebt. Er vertraute niemand mehr, er haßte den Egoismus der Menschheit und verlor die Freude am Leben und seinem großen Besitz. Seine Schwester, die er innig geliebt, war daS Opfer ihres herzlosen Gatten geworden, der nur ihr Geld begehrt hatte. Sie starb plötzlich nach einer Scene mit dem habgierigen Mrnne, die dessen ganze Gemeinheit gezeigt. Seine heißgeliebte Mutter folgt« ihr; auch sie starb an der furchtbaren Enttäuschung, die ihrer Tochter da» Leben gekostet. Mit Mühe hatte

Graf Erich diese schweren Verluste überwunden, und nun ward ihm dasselbe Schick­sal. Wo er sein ganres Herz hingab, erhielt er nicht» zurück, nur sein Rang, sein Reichtum wurden begehrt und er selbst schmählich brtrogen.'

Und er nahm sich daS so sehr zu Herzen?* meinte Gertrud, und e» zuckte verächtlich um ihren Mund.Um eines treulosen Mädchens willen, das, niedrig geboren, nur niedrige Gesinnungen hegen kann, seines Lebens überdrüssig zu werden, ist Wahnsinn.'

Der Gatte seiner Schwester war ein Aristokrat!' betont« Justus und blickte scharf zu Gertrud hinüber.

Nun wohl, er hatte Schulden, wollte sich arrangieren durch «ine Heirat tausendmal kommt dies vor. aber e» sterben nicht alle Frauen daran,' warf Gertrud leicht hin.

Die SchönburgS denken nicht wie Sie, Baroneß.*

Au ihrem eigenen Schaden. Eine standesgemäße Ehe hätte Ihrem Freunde die Lebenslust wiedergegeben. UebrigenS ist tk noch jung genug, sich eine Gemahlin zu wählen unter unserem Adel."

Wo lebt der Graf jetzt?* fragte die Baronin, während Rosa sinnend schwieg.

Er lebt im Süden und hat sich ganz seinem wissenschaftlichen Studium ge­widmet ; deshalb hat er mich hierher gesandt, um nach seinem MojoratSgut zu sehen. Seine Absicht war, im Herbste mir zu folgen, aber nun schrieb er letzhin, daß er es nicht mehr will. Er fürchtete, auf neue Enttäuschungen zu stoßen, und sein stille» Gelehrtenleben ist ihm zu lieb geworden, um «S aufzugeden.'

Doktor JustuS zog seine Uhr und bemerkte m>t Ueberraschung, wie schnell die Zeit vergangen war.

Nun ist eS Zeit, zur Ruhe zu gehen,' meinte er, zu Rosa gewandt. Sie erhob sich wie ein folgsames Kind, und er half ihr aus der Hängematte.

(Fortsetzung folgt.)