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Neubulach, 9. Dezember. Wie am 11. Nov. zu Ehren Dr. Martin Luthers, so ist heute zu Ehren Gustav Adolfs eine Festfeier mit liturgischem Gottesdienst hier gehalten worden. Chöre und Ge­meindegesang wechselten mit Schriftwort ab und eine Ansprache gab die Deutung. Herr Schullehrer Graf von Liebeisberg hatte mit aufopfernder Hingebung die Chöre eingeübt und sich eines guten Erfolges freuen dürfen.Alles was Odem hat, lobe den Herrn" von Silcher,Du Hirte Israels", von Bortniansky, undDer Herr ist mein Hirte" von Palmer, waren die Chöre, welche mit Präzision und Gefühl gesungen, die vollbesetzte Kirche mit der heiligen Freude erfüllten, die dem Gedächtnis an den nordischen Gideon gebührt. L.

Uermischtes.

* Wie hoch der Wert des Holzes allmählich gestiegen ist, zeigen uns die früheren und jetzigen Holzpreise. Im Jahr 1710 ver­kaufte Eberhard Friedrich v. Buwinghausen, Herr auf Zavelstein, Altburg und Welten­schwann das ganze Schloß gut zu Zavelstein, samt allen Regalien um 20000 fl. an Herzog Eber­hard Ludwig von Württemberg. Unter den Regalien waren auch 65 Klafter von den fünf hintern Flecken zu lieferndes Holz L 1 fl. angeschlagen. Nach dem heutigen Preis ist der Wert des Holzes mindestens um das löfache gestiegen. Die zum Amt Zavelstein gehörigen Ortschaften hatten die Holzgerechtsame in dem dem Kloster Hirsauaigenthumblich Wald", dem Fronwald. Nach der Zerstörung von Zavelstein im Jahr 1692 wurden die Einwohner durch die Auf­führung ihrer neuen Wohnhäuser sehr mit Schulden beladen, weshalb sie sich in Beziehung auf ihre Holz­gerechtigkeit mit der Herrschaft abfanden. Auch die gleichfalls berechtigteVorstadt" Tein ach löste im Jahr 1719 ihr Recht ab,weil der Fronwald allzu­weit von dem Ort entlegen, so daß allein der Trans­port des Holzes mehr gekostet, als sie vor der Thür für das Bau- und Brennholz auslegen müssen; über­dies sei es ihnen zu beschwerlich gefallen, alljährlich zu Hirsau vor dem Waldgericht zu erscheinen und dem Waldknecht die 12 Kreuzer für den Laib Brot und Käs zu erlegen." Nur der Kronenwirt Johann Peter Käppler behielt sich sein Recht ausdrücklich vor. Unter König Friedrich I. wurde die alt­landständische Verfassung aufgehoben. Der Amts­verband Zavelstein wurde aufgelöst; jedoch behielten sämtliche berechtigte Orte dieses Amtes ihr jus lissnanäi (Holzrecht). Die berechtigten glaubten aber später, sie seien dadurch benachteiligt, daß ihnen das Holz in weiter Ferne, in Klingen und Schluchten an­gewiesen wurde, was ihnen nicht nur größere Arbeit sondern auch vermehrten Zeitaufwand und teurere Fuhrlöhne verursache, so daß sie sich im Jahr 1836 mit der Regierung abfanden. Sie verzichteten dem­nach auf ihren Waldanteil und jedes berechtigte Haus erhielt durchschnittlich 1000 fl. In Zavelstein waren es 12, in Sommen Hardt 17, in Emberg 11, in Schmieh 10, in Röthenbach 15, in Würzbach 15, in Naislach 8, in Speßhardt 3 und in Weltenschwann 6 berechtigte Häuser. Hätten diese Orte ihre Holzgerechtigkeit beibehalten, so würden dieselben gegenwärtig sehr hohe Rente, die sich wahrscheinlich noch steigern würde, aus ihrem Anteil an dem Fronwalde ziehen. Wie zäh in den jetzigen Jahren solch Berechtigte an ihrem alten Recht - hängen und von einer Ablösung nichts wissen wollen, sehen wir an den bedauerlichen Vorgängen inFuchs - mühl." In unserem Bezirk finden sich, soweit uns bekannt, noch einige Orte, die Holzgerechtsamkeit haben. So besteht in Simozheim der sogenannteGe- rechtlgkeitswald", an dem nur ein Teil der Bürger Anteil hat. In Stammheim ruht auf mehreren Grundstücken ebenfalls ein Holzbezugsrecht, indem von der Gemeinde bei Neubauten und größeren Re­paraturen das Holz unentgeltlich, die Aufbereitungs­kosten abgerechnet, geliefert werden muß. Die gleiche Berechtigung besteht, wenn wir nicht irren, auch in E r n st m ü h l.

-r. Gechingen, 9. Dezember. Daß die Gänse einst Roms Kapitol durch ihr Geschrei «'rettet haben, ist allgemein bekannt, daß aber dieses T-ergeschlecht auch die Errungenschaften der Neuzeit besitzen kann, um eine ganze Nachbarschaft zu alariieren, haben wir heute in Gechingen erlebt. Wäh nd des Vormittagsgottesdienstes ertönte plötzlich

das elektrische Läutwerk des Rathauses, und aus allen Fenstern der Nachbarschaft fuhren erstaunte Gesichter hervor. Eine Anzahl Gänse hatte sich in die Luft erhoben und wollte mit raschem Flügelschlag an Kirche, Rat- und Schulhaus vorbei, sich an den Ursprung der Jrm begeben. Zwischen dem Rathaus, der Wohnung des Herrn Schultheißen und dem Telegraphen-Bureau sind nicht weniger als 6 Drähte für elektrische Leitungen ausgespannt, wozu noch die über die Straße gespannte Kette einer Laterne kommt. Diese Hindernisse suchten nun die Gänse mit kühnem Ansturm zu nehmen. Das ganze Drahtgcwirr zerriß jedoch nicht, kam aber in die heftigsten Schwingungen und zwei Drähte verschlangen sich so, daß die elektrische Leitung des Rathauses geschlossen wurde, so daß die Glocke im Rathaus fortläutete, bis endlich nach beendigtem Gottesdienst die Drähte wieder ent­wirrt ' wurden. Die Gänse mußten nur einige Federn lassen und flogen, Trompetentöne ausstoßend, weiter. Nur ein Gänslein suchte rasch die Straße zu gewinnen und verschwand, den Schwanz lebhaft hin- und herbewegend, hinter der nächsten Straßenecke. Für den Schreiber dieser Mittheilung soll nun das Alarmsignal der Gänse die Veranlassung werden, einen längst gefaßten Vorsatz zur Ausführung zu bringen, ein Wort für die Gänse einzulegen. Sehr oft habe ich schon im strengsten Winter Gänse gesehen, die nicht blos am Bauch berupft, sondern auch auf dem ganzen Rücken bis an den Hals, am Kropf und an den Beinen der Federn beraubt waren und zwar so vollständig, daß auch nicht mehr das kleinste Pflaumfederlein vorhanden war. Solche Tiere er­heben sich dann allerdings nicht mehr in die Luft, den ganzen Tag schleichen sie in der kläglichsten Haltung umher, möchten sich setzen, um sich zu wärmen, und werden von dem kalten Boden immer wieder aufgeschreckt. Jedem Tierfreund wird bei einem solchen Anblick das Herz bewegt. Möchten doch auch die Herzen der Hausfrauen gerührt werden! Ihr Hausfrauen, lasset doch den armen Gänsen im Winter ihre Federn auf dem Rücken, wo derselbe nicht mehr von den Flügeln bedeckt wird, am Hals und Kropf, und gönnet ihnen auch noch am Bauch die seinen Flaumfedern, daß sie doch einiger­maßen gegen Kälte geschützt sind! Und lasset ihnen auch die paar Federn an den Beinen zur Erwärmung dieser Gliedmaßen und zur Stütze der Flügel! Wenn ihr gesunde und wohlgepflegte Tiere habt, werdet ihr keine Einbuße an Federn erleiden. Und wenn sich dann ein froher Gänse­schwarm einmal versteigt und ein elektrisches Experiment macht, so wollen wir ihm auch das verzeihen. .

Warnung vor spanischen Schwind­lern. Wie auch wir schon mitzuteilen Gelegenheit hatten, werden schon seit mehreren Jahren von einigen in Spanien befindlichen Personen in großem Um­fang Betrügereien an Personen, welche in Deutsch­land, Frankreich und Oesterreich-Ungarn wohnen, verübt, bezw. zu verüben gesucht. Die Betrüger gehen dabei in der Regel so zu Werke, daß sie den zu schädigenden Personen brieflich Mitteilungen über Schätze machen, welche von ihnen angeblich in der Nähe des Wohnorts des betreffenden Adressaten ver­steckt oder vergraben seien und deren Hebung sie unter Mitwirkung des betreffenden Adressaten versuchen würden, falls ihnen von letzterem eine bestimmte Geldsumme nach Spanien übersendet werde. Auch in Württemberg und zwar in den Oberämtern Crails­heim, Freudenstadt, Ellwangen, Münsingen, Calw und Nagold sind solche Betrügereien versucht worden; in einem Falle ist es den Betrügern sogar gelungen, von dem Betrogenen eine erhebliche Summe (4800 ^) zu erlangen. Wegen eines ähnlichen, in den letzten Monaten des vor. Jahr, vorgekommenen Betrugsversuchs schwebt noch rin Verfahren. Es ist jedoch überaus schwierig, die Betreffenden zur Bestrafung zu ziehen. Das Publikum kann daher vor derartigen Aner­bietungen nicht oft genug gewarnt werden.

Litterarisches.

Wie stets seit mehr als 36 Jahren erscheint Anfangs Dezember der Zeitungskatalog der Actien- gesellschaft Haasenstein <L Vogler als ein wertvolles Weihnachtsgeschenk für die Geschäftswelt. Was dieses stattliche Werk sich vorgenommen hat, das erfüllt es in von Jahr zu Jahr sich steigerndem Maaße; es ist ein unentbehrlicher Führer durch das Labyrinth der

Presse und bietet unschätzbare Anhaltspunkte für Diejenigen, welche sich derselben bedienen. Die handliche Form, die übersichtliche Anordnung des Stoffes, die willkommene Einfügung eines Notizkalenders, die umfangreichen Mitteilungen über Vieles im Geschäfts­betriebe Wissenswerte, beispielsweise Bestimmungen über Post- und Telegraphenwesen, den ganzen Reichs­bankverkehr rc. sind auch in diesem Jahre beibehalten, dahingegen übertreffen Papier und Druck sowie der äußerst elegante Einband die früheren Auflagen ganz bedeutend und machen das Werk zu einem Schmuck jedes Schreibtisches. Mit Herausgabe dieses Kataloges hat die Firma Haasenstein u. Vogler Actiengesellschaft von neuem den Beweis ihrer Tüchtigkeit erbracht; wir empfehlen dem inserirenden Publikum dieses Werk ganz besonderer Beachtung.

Die Stadt Nürnberg hat einem ihrer be­rühmtesten Söhne, dem biederen Schuhmachermeister und Poeten Hans Sachs zur Feier seines 400sten Geburtstages ein Denkmal gesetzt, durch das sein Ruhm weiter in die deutschen Lande Hinausgelragen wird, als durch sein ehernes Standbild, das sich in ihren Mauern erhebt. Sie hat nämlich den städtischen Archivar Ernst Mummenhoff mit der Aus­arbeitung eines Gedenkbuchs beauftragt, das unter dem TitelHans Sachs" auf 141 Seiten ein gedrängtes Lebensbild des Dichters, einen Einblick in seine hauptsächlichsten Werke und Proben aus denselben, sowie eine stattliche Anzahl von Nach­bildungen alter Holzschnitte darbietet, wie sie den Schriften des Dichters bei ihrem ersten Erscheinen beigegeben waren. Dieses ganz vortreffliche Schrfftchen ist nun durch die Uneigennützigkeit verschiedener Mit­wirkenden auf einen so niedrigen Preis gesetzt, daß es auch dem Unbemittelsten, der von Hans Sachs mehr wissen möchte als den bloßen Namen und Stand, möglich ist, das Büchlein zu erwerben. Es kostet nämlich solio geheftet nur 50 Pfennige und ist erschienen in Nürnberg im Verlag der Friedrich Korn'schen Buchhandlung. Es sei allen Verehrern eines gediegenen, heiteren und doch von tiefem stillen Ernst durchdrungenen Lesestoffes, den Angehörigen aller Stände, namentlich auch den Berufsgenossen des ehrsamen Schusters von Nürnberg aufs wärmste empfohlen. r.

Karrdwirtschaftl. Bezirksrrerein.

Die Mitglieder des Ausschusses des landw» Bezirksvereins werden ersucht, am nächsten Samstag nachm. 4 Uhr zu einer Sitzung im Adler hier sich einzufinden. Gegenstand der Tagesordnung ist Uebernahme der Farrenhaltung in eigene Regie der Gemeinden.

^-Calw, 11. Dez. 1894.

Der Vorstand:

Oberamtmann Voelter.

Landwirtschaft!. Kezirksverein.

Um Uebervorteilungen bei Vieh- und Pferde­handel zu begegnen und hieraus entspringenden Streitig­keiten vorzubeugen, hat der landwirtschaftl. Ausschuß zur Erleichterung der Interessenten Formularien von Kaufverträgen in 3 Formen drucken lassen: n) für Pferde; d) für Rindvieh je mit Gewährleistung; e) ohne Gewährleistung. Preis je 2 Pfg. für ein Exemplar. Die Herren Ortsvorsteher werden freund­lich ersucht, Collektivbeste llungen mit Bei­fügung des Betrags an den Unterzeichneten gelangen zu lassen. Auch Dien st vertrüge liegen zu gleichem Preis zur Abgabe bereit.

An den Viehmärkten sind Kaufverträge auch bei Herrn Häring z. bad. Hof erhältlich.

Calw, den 7. Dez. 1894.

Vereinssekretär

Ansel.

Reklameteil.

Mer nützlich schenkt, schenkt doppelt werthnoll.

Eine herrliche Beigabe zu Weihnachtsgeschenken ist ein Carton mit vosring's Seife mit <ksr Sule. Diese Cartons, welche 3 Stück der un­übertrefflichen Doering's Seife mit der Eule ent­halten, sind hochelegant ausgestattet, und erweisen sich wegen ihrer Eleganz und Farbenpracht als ein Geschenk, das ebenso repräsentabel wie vornehm, ebenso nützlich wie Jedermann willkommen ist. Trotz der brillanten Ausstattung ohne Preiserhöhung zu haben in Calw bei I. C. Mayer s Nächst., Emil Sänger am Markt, A. Schauster, Wieland L Pfleiderer (Federhaffsche Apotheke).