.-M 141. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 69. Ishrgaa-.

Erscheint Donnerstag und GamStag.

Die Einrü<«»iSs«bLhr detrS-t im Leztrk und nächster Um­gebung » Pf,. die Zette, senk 12 Pf,.

Samstag, den 1. Dezember 1894.

LbonnementSpreiS vierteljährlich ln der Stadt SV Pfg. mch SV Pfg. Lrägerlohn, durch die Post bezogen ML 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Ml. 1. SL.

Amtliche Veknnntmachnnge«.

An die Schnitheißenamter.

Da es in letzter Zeit wiederholt vorgekommen ist, daß Anzeigen vomAusbrnch der Maul- und Klauenseuche verspätet, zum Teil erst nach zwei Tagen, an das Oberamt gelangt sind, so sieht sich das Oberamt veranlaßt, die Schultheißenämter auf den Abs. 9 des Min.-Erl. vom I. März d. I. (Min.- A.-Bl. S. 55) hinzuweisen, wonach von jedem Aus­bruch einer Seuche in einer zuvor seuchenfreien Ge­meinde auf kürzestem Wege telegrafisch oder durch Extraboten Anzeige an das Oberamt und den beamteten Tierarzt zu erstatten ist.

Es wird erwartet, daß diese Bestimmung künf­tig genau einzehalten wird.

Calw, den 29. November 1894.

K. Oberamt.

Loelter.

Die Schuitheißenämter

werden beauftragt, auf besonderem Bogen binnen 3 Tagen hieher anzuzeigen:

1) ob sich eine Genossenschafts- oder sonstige Molkerei in ihrem Bezirk befindet und in welchem Umfang dieselbe betrieben wird;

2) ob ein Gemeindebaumwärter auf­gestellt ist, ob derselbe einen Unterrichtskurs durchge­macht hat und welches Wartgeld er bezieht. Zutref­fenden Falls ist Name und Wohnort des Baumwarts .anzugeben.

Calw, den 29. November 1894.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Die Ortsbehörden

werden angewiesen, sobald die Aenderungsverzeichnifse zum Ortsgrundsteuerkataster vom Kameralamt ein- treffen, hievon dem den Steuersatz besorgenden Ge­schäftsmann schriftlich Anzeige zu erstatten, damit derselbe mit dem Steuersatzgeschäft sofort beginnen kann.

Calw, den 29. November 1894.

K. Oberamt.

_ Voeltrr. _

Die Herren Ortsvorsteher und Verwaltungsaktuare

werden aufgefordert, mit dem Verwaltungssteuersatz und dem Steuerumlagegeschäft derjenigen Gemeinden, in welchen die neuen Steuerkapitale festgestellt und die Aenderung des Güterbuchs erfolgt ist, sofort zu beginnen, damit die Unterausteilung nach Bekanntgabe der Oberamtssteuerumlage in thunlichster Bälde zum Abschluß kommen kann.

Calw, den 29. November 1894.

K. Oberamt. Voelter.

Die OrtsbehSrdkll und Merbuchsbeamteu

werden auf die Min.-Verf. vom 1. August 1894, Regbl. Nr. 21 S. 235, betr. die Erhaltung und Fortführung der Flurkarten und Primärkataster zur genauen Nachachtung hingewiesen. Insbesondere wird darauf aufmerksam gemacht, daß der Abschluß des Güterbuchsprotokolls künftig auf 31. Dezember jeden Jahres zu geschehen hat, das gegenwärtige letztmals auf 31. Dezember 1894 abzuschließen und spätestens bis 6. Januar 1895 dem Bezirksgeometer hier einzusenden ist, worauf ein neues Güterbuchs­

protokoll nach dem auf S. 261 vorgeschriebensp Formulare anzuschaffen ist. Vergl. Z 10 und 52.

Nach Z 26 sind künftig zu Marksteinen mindestens 50 em lange, vierkantig rauh zugerichtete Steine zu verwenden.

Den Gemeinderäten und Felduntergängern ist Kenntnis von dieser Verfügung zu geben und hierüber Eintragung in das Schulth.-Amts-Protokoll zu machen.

Calw, 30.Novbr. 1894. K. Oberamt.

Voelter.

Bekanntmachung Biirgerausschußwahl betreffend.

Im Gemäßheit der Art. 9 und 10 des Ge­setzes vom 21. Mai 1892 ist Heuer im Monat De­zember in den einzelnen Orten eine Bürgeraus­schuftwahl an dem jeweils bestimmten Tage vorzu­nehmen. Die Wahlkommission besteht auS dem Ortsvorsteher, dem ersten Gemeinderat (nach der Sitzordnung) und dem Obmann des Bürgerausschusses.

Auszutreten hat die Hälfte des im Jahre 1892 gewählten Bürgerausschuffes, wobei die Aus­tretenden wieder gewählt werden können.

Gemeinderatsmitglieder, sind hiebei wahl­berechtigt, sie sind aber wie die auf Lebenszeit oder auf einen fest bestimmten Zeitraum angestellten Ge­meindebeamten nicht wählbar.

Die Art. 912 des Gesetzes vom 6. Juli 1849 finden auch auf die Bürgerausschußwahlen Anwendung.

Der Bürgerausschuhobmann und sein Stellvertreter sind Heuer wieder auf die Dauer von 2 Jahren vom Bürgerausschuß aus seiner Mitte nach den Bestimmungen des Art. 10 des Gesetzes vom 21. Mai 1891 (Fleischhauer S. 66) zu wählen.

lN»chdru« verbot««.!

Dcrs tote Kcrus.

Rsman von Carl Görlitz.

(Fortsetzung.)

Sie hielt plötzlich inne, als ob ein neuer Gedanke in ihr ausblizte, errötete aber gleich darauf stark, als ob es ihr peinlich und schwer wäre, denselben auSzu- sprechen, aber sie that es doch, indem sie erst zögernd und dann wieder mit nach und nach sich steigernder Hast fortfuhr:

»Sie sagten vorher, daß Sie das Geld liebten, und Sie haben damit gewiß Recht, auch ich habe den Mangel desselben drückend empfunden. So bedenken Sie, daß meine Großtante mich anerkannt hat, daß sie mir eine erste Bitte gewiß nicht abschlagen wird, nun, ich werde sie um eine Summe Geld bitten, sowie sich nur die Gelegenheit dazu findet, und werde Ihnen diese Summe geben, um Ihnen den Dienst zu lohnen, daß Sie mich, ohne länger Zeit zu verlieren, nach dem Kaiser­quai führen.'

Jordan hatte den Anschein, daß er aus Habsucht den Vermittler gespielt konsequent festgehalten und seine Haltung geändert, sowie sie ihm eine Belohnung in Aussicht stellte.

»Nun,' rief er, als ob eS ihr gelungen sei, ihn umzustimmen, »man soll nichts halb thun, und da ich in dieser Sache einmal A gesagt habe, werde ich auch B sagen. Ich werde Sie nach dem Kaiserquai hinführen!'

Angelika stieß einen Freudenschrei auS. Für diese Zusage, die er ihr gegeben, «ergaß sie alles, war er ihr bisher Unfreundliches zugesügt hatte.

»Aber so können Sie doch unmöglich den Weg nach dem Hafen machen,' ffprach er wieder nachdenklich und musterte ihren Anzug mit den Augen.

.Denken Sie nicht an solche Aeußerlichkeiten,' bat sie dringend. »Es ist überdies eine warme Frühlingsnacht.'

Als ob er sich plötzlich aus etwas besänne, knipste er mit dem Finger und rief: »Wenn ich Ihnen in der Hauptsache zu Diensten bin, kann ich vielleicht auch in der Garderobenfrag« Rat schaffen!'

Damit eilte er in das anstoßende Zimmer, dessen Fenster auf der Hoffeste lagen'und das sein Schlafgemach war. Fast in derselben Minute kam er wieder zurück und hatte einen dunklen Reiseplaid in der Hand, den er Angelika verbindlich zum Gebrauch anbot. Ohne ihm in ihrer Hast-zu danken, nahm sie den Shawl, entfaltete denselben und warf ihn sich um die Schultern, indem sie dabei der Thür, zuschritt, als könnte sie nicht schnell genug dem »toten Hause' den Rücken wenden.

Jordan sezte seinen Hut auf, verschloß seine Thür und war dann im Mo­ment an Angelika'« Seite. Mit geübter Hand schob er lautlos den Riegel am HauSthor zurück, löste die schwere eiserne Sicherheitskette und drückte auf die Feder des Patentschlofses- Der wuchnge Thorflügel drehte sich in seinen Angeln und das Paar trat auf die Straße hinaus.

Angelika wollte, ohne daß sie den einzuschlagcnden Weg kannte, sich in ihrer Auflegung hastig vom Hause entfernen , aber Jordan hielt sie am Arm zurück, spähte und lauschte nach rechts und links, und erst, als er sich überzeugt hatte, daß Ni-mand in der Nähe zu hören und zu sehen war, zog er leise und vorsichtig den Thorflügel hinter sich ins Schloß. Dann deutete er stumm nach links unv schritt mit Angelika in dieser Richtung fort. Kein menschliches Auge hatte bemerkt, daß Jemand das »tote Haus' verlassen hatte.

Es war eine zwar sternenklare, aber dunkle Nacht, der Mond stand nicht am Himmel.

Jordan, der sich den Kragen des Paletot« hoch geschlagen und den Hut tief in daS Gesicht gesezt hatte, um unerkannt zu bleiben, wenn ihnen Jemand begegnen