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feierte ein Ehepaar in unserer Stadt da» Fest der goldenen Hochzeit. Die Jubilars sind Herr Carl Gakenheimer, geb. den 7. April 1817 und Louise Gakenheimer, geb. Rank, geboren den

20. September 1815. Ihrer Ehe waren 4 Kinder entsprossen, wovon ein Sohn in Oehringen und drei Töchter hier verheiratet sind. Ferner erfreuen sich die bejahrten Eheleute noch einer Nachkommenschaft von 10 Enkeln. Beide Jubilare haben über Alters- deschwerden noch wenig zu klagen. Möge ihnen ein langer, angenehmer Lebensabend beschieden sein.

Stuttgart, 23. November. Auf dem Grabe des bei Neckarrems ermordet aufgefundenen Draht­ziehers Ramsel auf dem Pragfriedhofe erhebt sich seit einiger Zeit ein einfaches Kreuz. Auf der Vorderseite befindet sich die Inschrift:Hier ruht Albert Ramsel, geb. in Unterkochen 1874, ermordet bei Neckarems 1893." Die Rückseite enthält folgende Verse:Zu Neckarrems im Rebenland, mein Leichnam ward gefunden, nun ruh ich sanft in Gottes Hand, ich Hab es überwunden, der Heimat fern, auf Wanderschaft, von bösen Mörderhänden mußt ich in schönster Jugendkraft mein junges Leben enden." Zur Herrichtung und Erhaltung des Grabes hat auch der König einen namhaften Beitrag gegeben.

Stuttgart, 23. Nov. In der Nacht vom

21. auf 22. d. M. um 1 Uhr wurde auf der Prag (Cannstatter Markung) eine ledige Frauensperson mit einer Schußwunde im Kopf von einem Mann aus Feuerbach gefunden. Auf die von letzterem beim Stadtpolizeiamt erstattete Anzeige wurde die Ver­wundete ins Katharinenhospital verbracht. Sie ist schwer verletzt und gab als Ursache ihrer Verletzung keine genügende Auskunft. Bei den angestelltrn Nach­forschungen wurde erhoben, daß das aus Eßlingen gebürtige Mädchen ein Liebesverhältnis hatte, welches die Eltern nicht dulden wollen. Sie hat am Abend vor der Thal in Eßlingen einen Revolver gekauft und wohl mit demselben sich erschießen wollen. Die Waffe wurde übrigens am Thatort bis jetzt nicht ge­funden, auch behauptet die Verletzte bis jetzt, daß sie die That nicht selbst ausgeführt habe.

Großbottwar, 21. November. Heute nach­mittag brachte der Polizeidiener von Oberstenfeld einen Stromer aus Bayern auf das hiesige Rathaus, dessen Kleider aus lauter Fetzen bestanden. ' In der Nähe vom Saußerhof riß derselbe nämlich seine Kleidung: Rock, Weste, Hosen und Hemd, vollständig in Stücke. Bei der hiesigen Stadt angekommen, umringte ihn eine ganze Schaar von Schulkindern, die ihren Spott mit ihm trieben. Da die Fetzen, die er am Leibe trug, seine Blößen nicht mehr deckten, mußten dem sauberen Patron auf dem hiesigen Rathaus Kleider und Schuhe verabreicht werden. Da er aber durchaus nicht dazu gebracht werden konnte, letztere anzuziehen, so mußte er in den Strümpfen weitertransportirt werden. Kaum wieder vor dem Rathause angekommen, riß er abermals den empfangenen Rock in Stücke und eS

mußte dem Stromer ein anderer Rock aus einem Laden geholt werden, um ihn weiterbefördern zu können. Jedenfalls suchte dieser arbeitsscheue Bursche in Anbetracht des nahen Winters ständiges Quartier.

Göppingen, 22. Nov. Letzten Winter wurden von mehreren Privaten für die von auswärts kommenden hier in Arbeit stehenden Arbeiter durch milde Beiträge Wärmestuben für diese Leute errichtet, welche sich eines starken Besuches über die Mittagszeit erfreuten. Da sich diese wohlthätige Einrichtung bewährt hat, so wurden auch Heuer wieder an 4 verschiedenen Orten Wärmestuben eingerichtet, wozu die Amtskorporation Göppingen einen namhaften Beitrag stiftete.

Die Ansprache des Ausschusses des Württ. Gustav-Adolf- Vereins, die mit Gut­heißung des K. Konsistoriums am letzten Sonntag des Kirchenjahres, am 27. Sonntag nach Trinitatis, von den evangelischen Kanzeln unseres Landes zur Vorbereitung und Empfehlung der Kollekte am Advent­fest verlesen wird, hat folgenden Wortlaut:

Liebe Glaubensgenossen!

Alljährlich ergeht an Euch die Bitte, am AdventSfest die Opfer Eurer Liebe dem Gustav- Adolf-Verein in die Hand zu legen.

Mit besonderer Wärme dringt in diesem Jahr solche Bitte an Eure Herzen feiern wir doch am 9. Dezember die 300jährige Wiederkehr des Tages, an dem König Gustav Adolf von Schwe­den geboren ist, der Mann, nach dem unser Ver­ein sich nennt, in dessen Fußstapfen er geht. Wie Gustav Adolf übers Meer kam, den bedrängten evangelischen Glaubensbrüdern in Deutschland zu helfen, so will unser Verein mit friedlichen Mitteln sich der schwachen, der vereinsamten oder bedrängten Brüder in der Zerstreuung nah und fern annehmen, will das geistliche Leben unter ihnen bei Jung und Alt schirmen und fördern, indem er ihnen Kirchen und Kapellen, Schulhäuser und Konfirmanden-An- stalten baut, und sonst auf allerlei Weise ihren Be­dürfnissen entgegenkommt.

So sind zum Exempel im Jahr 1893 mit wesentlicher Hilfe deS Gustav-Adolf-VereinS 26 Kirchen, 7 Schulhäuser und 9 Pfarrhäuser vollendet worden. In Württemberg selbst haben wir jüngst im Monat September 1894 die Einweihung zweier Diasporakirchen, in Wasseralfingen unv Buchau, ge­feiert, zu deren Erbauung unser Verein kräftig bei­tragen durfte. ES ist für den Württembergischen Hauptverein der Gustav-Adolf-Stiftung, der seine Jahresversamlung im letzten Sommer in Kirchheim u. T. abhielt, eine große Freude, daß er im ver­flossenen Jahr der Vermittler so manch reicher Gaben und rührender Scherflein sein, daß er manche Not erleichtern, und manches Bedürfnis stillen konnte. Aber der ungestillten Bedürfnisse sind so viele, die Zahl der hilfebegehrenden, zum guten Teil blut­armen und dabei opferwilligen und würdigen Dias­poragemeinden in der Nähe und Ferne ist eine so große, daß wir Eure Liebe herzlich bitten müssen:

werdet nicht müde, sondern säet im neuen Kirchen­jahr eine neue Saat des WohlthunS, ehret durch. Eure Gaben das Gedächtnis Gustav Adolfs und seiner Liebe, seiner Treue bis in den Tod, und bezeuget damit Euren Dank dem Gott und Heiland, der uns so reich gesegnet hat und im neuen Kirchen­jahr wiederum segnen will mit Seinem lauteren Wort und Sakrament. Lasset uns in den bedürftigen Brüdern Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst ge- liebet!

Köln, 24. November. Gestern schoß ein Individuum in einem hiesigen Geschäftslokale auf die Ladenbesitzerin, jedoch ohne zu treffen. Dann stürzte er sich auf dieselbe, um sie zu erwürgen. Auf das Hülfegeschrei der letzteren eilten die Nachbarn herbei, worauf der Eindringling entfloh.

Leipzig, 24. November. In dem Vororte Reudnitz stürzte ein Neubau ein. 7 Personen sind schwer verletzt; 5 weitere sind noch verschüttet. Ein Rentner von Görlitz vermachte dem Gustav- Adolf-Verein 500000 Mk.

Hannover, 24. Nov. Der Redakteur der antisemitischen hannover'schenPost" Rethwisch, wurde gestern wegen Beschimpfung der jüdischen Religion von der Strafkammer des Landgerichts zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt.

Varzin, 25. Nov. Das Befinden der Fürstin Bismark hat sich neuerdings verschlechtert. Schweninger kommt heute an.

Berlin, 23. Nov. DieNordd. Allg. Ztg." vernimmt, es bestehe die Absicht, dem Reichstage zu­nächst nur die Umsturzvorlage zugehen zu lassen, der Etat soll erst später mit der Tabaksteuervorlage ein­gebracht werden.

Berlin, 24. Nov. Die Ernennung des Kaisers Nikolaus von Rußland zum Chef des Kaiser-Alexander- Grenadier-Regiments Nr. 1 wird amtlich publiziert.

Berlin, 25. Nov. Der Kronprinz von Italien, welcher Vormittags beim Reichskanzler war, reist heute Abend 10 Uhr 36 nach Italien.

Atemlos und thränenden Auges kam am Dienstag Vormittag ein lOjähriges Mädchen auf ein Polizeibureau in Berlin gelaufen und berichtete dem Lieutenant wörtlich:Lieber Herr Lieutenant, bitte kommen Sie doch gleich mit in unsere Wohnung,, dort hat sich unsere gute Mutter aufgehängt, weil sie für uns fünf Kinder nichts mehr zu essen hatte. Vater ist schon seit 3 Wochen nicht mehr nach Hause gekommen." Die Ermittelungen haben leider die traurige Wahrheit ergeben; denn man fand in der armseligen Wohnung die Mutter als Leiche vor. Ihre hinterlafsenen fünf Kinder sind dem Waisenhause überwiesen worden, die Leiche der Unglücklichen wurde nach dem Schauhause gebracht.

Amsterdam, 25. Nov. Die Regierung er­hielt heute folgendes Telegramm aus Lombok: Eine Colonne holländischer Truppen ist gestern nach Sasiari

Dorothea schwatzte weiter und kam vom Hundertsten in das Tausendste; ihre zunehmende Zungenfertigkeit bewies zur Genüge ihre zunehmende Gesundheit. An­gelika kam Dorothea's Redestrom sehr erwünscht; so brauchte sie nicht zu antworten und konnte ihren Gedanken nachhängen.

Bald darauf kam Betty von Frau Dreßler zurück. Angelika wünschte mit eigentümlicher Hast der alten Kammerfrau eine gut« Nacht und ging dann in ihr Zimmer. Wenige Minuten darauf legte sich Betty, nachdem sie noch in Dorothea's Schlafstube die Lampe angezündet hatte, auf da» Sopha im anstoßenden Gemach zur Nachtruhe nieder.

Angelika stand in ihrem Zimmer an einem Tisch und bettachte bei dem Licht einer Kerze die ihr von Jordan übergebene Visitenkarte Gerhards. Sie konnte ihre Augen nicht von dem theuren Namen abwenden, ebenso wenig von der Schrift, bei deren Bettachtung ihr, der Unerfahrenen, in heißer Lieb« Befangenen, nicht im Entferntesten der Gedanke kam, daß sie gefälscht sein könne.

Angelika vertauschte rasch ihr Helle» Kleid mit einem dunklen, löschte da» Licht aus und trat mit klopfendem Herzen ihre gefährliche Wanderung an, nach ihrer Ansicht nur gefährlich, weil sie Dorothea'» Zimmer zu passiren hatte. An eine andere Gefahr dachte sie nicht; wo Gerhard war, konnte ja von einer Gefahr nicht die Rede sein.

Lesse öffnete sie die Thür und ging hinaus. Bei dem Schein der Nachtlampe in Dorothea's Zimmer durchschritt sie dasselbe glücklich, da sie jedes Geräusch ver­meiden konnte. Die ruhigen Athemzüge Dorothea's verrieten, daß sie den festen Schlaf einer Genesenden schlief. Schwieriger war e» für Angelika, da» nächste Zimmer zu passiren, in welchem Betty aus dem Sopha ruhte. Ein lautes Schnarchen derselben bewies zwar, doß Gott Morpheus die junge Magd sehr fest mit seinen Armen umschlungen hatte, aber das Zimmer war ganz dunkel, und in der Mitte desselben stand ein großer, von Stühlen umgeben«? Tisch.

Nur mit groß er Vorsicht vermochte Angelika hier die Klippe eines Anstoße»

zu vermeiden, aber sie erreichte endlich glücklich die Thür und trat auf den Korridor hinaus. Zwar herschte auch dort eine tiefe Finstsrniß, aber sie konnte sich auf dem­selben doch leichter fortbewegen, indem sie nicht zu fürchten brauchte, daß ihr Fuß durch irgend ein Möbel gehemmt werde. So kam sie glücklich an die Vordertteppe.

Hier traf sie wieder der erste, wenn auch matte Lichtschimmer, der durch ein großes Fenster auf der Hofseite in das Treppenhaus fiel. Er gab gerade so viel Helligkeit, daß sie das altertümliche, aus schwerem Eichenholz geschnitzte Treppen­geländer erkennen und sich daran haltend, die Stufen hinabsteigen konnte.

Unten angekommen, fiel ein schmaler, Heller Lichtschein in ihre Augen. Er drang durch die Spalte der dicht angelegten, aber nicht eingeklinkten Thür, die in Jordans Zimmer führte. Er war ihr dir Leuchte, die ihr den Weg zu ihrem Glücke zeigte, wie einst das Feuerzeichen auf Hero's Thurm dem durch die Fluthen schwimmenden Leander.

Ohne Zögern schritt Angelika über den dunklen Flur auf den Lichtschein zu, öffnete die Thür und trat mit vor Erregung glänzenden Augen in Jordans Zimmer ein, indem sie die Thür desselben fest hinter sich inS Schloß zog.

Jordan stand an dem mit einer hölzernen Lade geschützten Fenster, die er bei Angel,ka's Eintritt an die Fensterscheibe drückte, gerade als ob er eben auf die Straße geblickt hätte. Durch das Schließen der Lade war ein Einblick von außen in das Fenster unmöglich gemacht. Auf dem Pulte brannte eine Lampe.

Angelika ließ ihre Blicke in dem hohen, mehr tiefen als breiten Gemach, dessen ganze Einrichtung noch deutlich das ehemalige Komptoir verrieth, mit bren­nender Ungeduld umherschweisen, Gerhard sah sie nicht.

Wo ist er?' fragte sie den sich ihr nähernden Jordan.

Dieser zuckte halb bedauernd, halb ratlos die Achseln.Seit kaum fünf Minuten fort."

(Fortsetzung folgt.)