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69. Iahrglmr.
Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
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Tagesneuigkeiten.
Stuttgart, 6. Nov. Im k. Hoftheater galt der gestrige Abend dem vortrefflichen Schuhmacher und Poeten Hans Sachs. Den Mittelpunkt der würdigen Feier bildete die Aufführung zweier „Fastnachtsspiele" aus der eigenen Feder des Gefeierten: „Das heiß Eysen" und „Der Bauer im Fegfeuer." Die Wiedergabe war eine vorzügliche. Im übrigen wurde der Abend ausgefüllt durch die Darstellung von lebenden Bildern, sowie durch deklamatorische und musikalische Darbietungen (Goethe, Bach, Wagner). Es besteht die lobenswerte Absicht, am Donnerstag die Hans Sachs-Feier zu wiederholen.
Schramberg, 1. Nov. Ein aus erziehlichen Gründen dieses Frühjahr aus der hiesigen Volksschule entlassener Knabe von 13 Jahren übermittelte laut „Jpf" in vergangener Woche von Frankfurt a. M. aus, wohin er in die Lehre kam, einem früheren Kameraden dahier auf telegraphischem Wege eine Postanweisung von 3 Mk. mit dem Ersuchen, dieser möchte nach dem benachbarten Schiltach kommen, welches Städtchen er auf einer bereits angetretenen Geschäftsreise zu passieren habe. Mit Einwilligung des Vaters entsprach der Kamerad diesem Wunsche, hat sich aber bis heute nicht wieder sehen lassen, und über den andern traf inzwischen die nicht unwahrscheinliche Kunde ein, er habe seinem Lehrherrn 1200 Mk. Reisegeld entwendet. Des letzteren Mitschüler erinnern sich noch, derselbe habe allen Ernstes früher öfters geäußert, daß er später nach Kamerun auswandern werde.
G Pforzheim, 6. Nov. Der vergangenen
Samstag zwischen Unterreichenbach und Weißenstein Ertrunkene ist der 53 Jahre alte Flößer Kiefer von Calmbach. Es verlautet, daß der Leichnam noch nicht aufgefunden worden sei.
Pforzheim, 6. Nov. Nach einer Mitteilung des „Bad. Landesboten" sind für Frühjahr des.nächsten Jahres ausführliche Vorarbeiten der Firma Lenz und Cie., hinsichtlich der Nebenbahn Pforzheim- Ettlingen einerseits und der Linie Karlsruhe- Herrenalb anderseits zu gewärtigen. Die Kosten als Schmalspurbahn werden auf etwa 4, jene für eine Normalspurbahn auf 5'/- Milk, veranschlagt. Von Baden hofft man sicher auf einen Staatszuschuß, seitens Württemberg erscheine ein solcher noch ungewiß. Die Gesamtlänge beider Linien beträgt 60 Kilometer.
T Pforzheim. Der am letzten Montag hier abgehaltene Monatsviehmarkt war von Kauflustigen unv Händlern stark frequentiert. Verkauft wurden 8 Stück Ochsen zu 450—540 ^ pr. Stück, 53 Kühe zu 220—370 8 Kalbinnen zum Durch
schnittspreis von 235 ^ pr. Stück, 15 Kälber zu 44—52 Mk. Gegen den Oktober-Markt ist ein kleiner Preisrückgang zu verzeichnen.
Pforzheim. (Unglück.) Die Ehefrau des Fabrikanten D. hier wird seit 5 Tagen vermißt und befürchtet man, daß dieselbe den Tod gesucht habe. Vor ca. 3 Monaten hatte sich eine der Töchter im Speicher des elterl. Hause erhängt. — Am letzten Montag fiel der 55 Jahre alte Gipser Kielmaier vom Gerüste eines Neubaus. Er starb in der folgenden Nacht infolge schwerer Verletzungen am Kopfe.
T In Brötzingen wurde vergangenen
Sonntag abend der Besitzer des Gasthauses z. Krone (I. Köhler) von seinem Wirtschaftsführer (Stellvertreter) und dessen Bruder im Hausgang thätlich angegriffen. Köhler griff zum Messer und versetzte dem 24 Jahre alten Bruder des genannten Wirtschaftsführers einen Stich in die Weichteile des Oberschenkels. Da K. in der Notwehr sich befunden haben muß, ist er auf freiem Fuß belassen.
Darmstadt, 6. Nov. Der Großherzog reist am 14. zu der am 16. November in Petersburg stattfindenden BeisLtzungsfeier des verstorbenen Zaren.
Darmstadt, 6. Nov. Prinz Heinrich wird am Freitag nach Petersburg fahren.
Elberfeld, 5. Nov. Auf dem Hof ihres elterlichen Hauses erschossen sich die Gebrüder Max und Felix Korten. Als Mordwaffe diente beiden ein und derselbe Revolver, aus vem sich zuerst Max eine Kugel in das Herz schoß. Felix entriß ihm dann die Waffe und jagte sich eine tötliche Kugel in die rechte Schläfe. Die unglücklichen Brüder betrieben zusammen ein elektrotechnisches Geschäft und sollen die That, der „Köln. Ztg." zufolge, aus geschäftlichem Verdruß begangen haben. Max Korten ist erst 33 Jahre alt und unverheiratet. Felix Korten zählt 38 Jahre, ist verheiratet und Vater eines 2jährigen Kindes.
— Eine Angabe der „Köln. Volkszeitung", Graf Caprivi habe sich aus den Ersparnissen seine- Gehaltes als Reichskanzler ein Gut bei Crossen erworben, bezeichnet die „Köln. Ztg." als ganz unbegründet und schreibt dann weiter: Graf Caprivi hat sein Gehalt bis zum letzten Groschen für die ihm
Dcrs Lote Kcrus.
Roman von Carl Görlitz.
(Fortsetzung.)
Er beugte sich über das Geländer des Pavillons, ganz so, wie er es vorher uon Angelika gesehen hatte. Draußen war indes nichts Verdächtiges zu bemerken; still und einsam, menschenleer wie fast immer lag die kleine Gaffe vor seinen Blicken da.
Doch was ist da»? Was fesselt plötzlich seine Aufmerksamkeit?
Auf dem schlechten Straßenpflaster, gerade vor dem Pavillon blitzt ihm etwas in die Augen. Es ist der Meffingverschluß an einer kleinen Ledertasche, die vorher dem jungen Mann entfallen war, als er die Arme nach Angelika's Hand emporgestreckt hatte.
Joseph besann sich keinen Augenblick. Er schwang sich über die Brüstung und sprang hinab. Der Gegenstand, den er aufnahm, war nur ein kleines Etuis, daS bei näherer Untersuchung nichts weiter als einige Visitenkarten enthielt.
Auf demselben Wege, wie Joseph hinabgekommen, konnte er nicht wieder zurück, dazu war die Mauer zu hoch. Er eilte deshalb die Gaffe hinunter, schlug einen Seitenweg ein, der in die Hauptstraße führte, und klingelte nach einigen Minuten an dem vorderen Thorwege de« „toten Hauses".
Gleich darauf wurde das Haukthor durch Jordan geöffnet, der ganz erstaunt war, als er Joseph vor sich stehen sah; dann verfinsterte sich sein Gesicht, und eine Flut von Schmähungen sollte über den Gärtner losbrechen, weil er seinen Posten im Park verlassen hatte, als dieser wie ein Talisman die gefundene Visitenkartentasche ihm vor die Augen hielt und dann hinreichte.
Als beide Männer darauf in das Hau» getreten waren und der Thorweg sich hinter ihnen wieder geschloffen hatte, teilte der Gärtner dem Anderen alle« mit, avaS er gesehen und wie er da» Fräulein belauscht habe.
Diese Erzählung des Gärtners im Verein mit der gefundenen Tasche ließ Jordan mit seiner Kombinationsgabe schnell folgern, was sich zugetragen hatte.
Ali der Gärtner sortgegangen und Jordan wieder allein war, brauchte er sich nicht mehr zu beherrschen. Ein häßlicher Lächeln flog über sein Gesicht, und die Visitenkartentasche hochhaltend, murmelte er triumphirend: „Nun habe ich wieder daS Spiel in Händen I Sie soll mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt werden; diesen Skandal vergiebt ihr die Alle nie, denn als Skandal soll eS ihr aufgetischt werden, und wenn die dabei unvermeidliche Aufregung ihr schaden sollte, um so besser, dann habe ich doppelten Vorteil davon. Eine kranke Herrin ist mir lieber als eine gesunde, je schwächer sie ist, desto leichter ist sie von mir zu letten!"—
X.
Jordan begab sich in der Dämmerungsstunde dieses Tage«, wie er es allabendlich zu thun pflegte, zu Dorothea.
Er hatte sich inzwischen einen vollständigen Plan zurecht gelegt, wie Angelika am schnellsten wieder aus dem Hause zu treiben sei, und wollte denselben sein« allen Vertrauten mitteilen.
Als er in deren Zimmer trat, war er überrascht, dasselbe nicht nach gewohnt« Weise eingerichtet zu finden. Wed« der Theetisch war arangirt, noch der kleine Tisch, an dem er bisweilen mit Dorothea eine Karlenpartie machte oder zusah, wenn sie eine Patience legte, deren Orakel stets die Frage beantworten sollte, ob d« Tag ihrer Hochzett noch lange auf sich warten lassen würde.
Während der schlau berechnende Jntriguant sich in angenehmen Hoffnungen wiegte, wurde die Thür geöffnet und statt Dorothea trat Angelika herein.
„ES ist gut," sagte jene, „daß ich Sie hier finde, Herr Jordan, ich wollte Sie soeben aufsuchen."
„Mich?'
„Ich wollt« Sie bitten, so schnell als möglich zu einem Arzt zu senden, die arme Dorothea scheint recht bedenklich erkrankt zu sein."
Jordan konnte kaum einen Fluch unterdrücken; diese Krankheit Dorotheas kam ihm sehr ungelegen.