Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Donnerstag» den 1. November 1894.
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Amtliche Zsekanntmachnnge».
Die OrtsbkhSrden für die Arbeiltrvkrflchkrung
werden hiemit veranlaßt, die im Wege des Umtauschs im letzten Vierteljahr abgegebenen alten Quittungskarten spätestens bis 10. November hieher einzusenden.
Mit denselben ist ein Verzeichnis über die abgegebenen Karten, in welchem der Name des Arbeiters, Stand, Geburtstag und Ort desselben, sowie die Nummer der Karte angegeben ist, vorzulegen.
Calw, den 30. Oktober 1894.
K. Oberamt.
Voelter.
Die Ortsvorsteher
werden angewiesen, etwa noch vorhandene Empfangsbescheinigungen über Unterstützung von Familien einberufen gewesener Militärpflichtiger binnen 2 Tagen hieher einzusenden.
Calw, 30. Okt. 1894.
K. Oberamt. Voelter.
Die ArtsvorsteHev
werden beauftragt, die Minist.-Verfügung vom 16. September 1888 (Reg.-Bl. S. 317) betreffend die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht wieder bekannt zu machen und mit allem Nachdruck zu handhaben.
Den Polizeidienern ist mittelst Eintrags in das Schultheißenamtsprotokoll aufzugeben, die Fuhrwerke genau zu überwachen und eventuell Strafanzeige zu erstatten.
Calw, 30. Oktober 1894.
K. Oberamt. Voelter.
Tagerneuigkeiten.
* Gültlingen, 29. Oktober. Heute früh brannte die Säg- und Oelmühle von Martin Ehniß vollständig nieder. Das Wohnhaus konnte gerettet werden. Der in dem Sägewerk wohnende Säger entkam nur mit Mühe dem Feuertod. Die Entstehungsursache ist bis jetzt unbekannt. In dem Geschäftsbetrieb kann dieselbe insofern nicht wohl gesucht werden, als über den Sonntag das Werk stillstand.
Magstadt, 28. Okt. In einer fünf Besitzern gehörigen Scheuer brach heute früh 4 Uhr Feuer aus, welches so rasch um sich griff, daß die Scheuer und das in nächster Nähe stehende Wohnhaus des Joh. Stegmüller und I. Gottfried in kurzer Zeit ein Schutthaufen waren. Von dem Mobilar konnte wenig gerettet werden. Die Entstehungsursache ist unermittelt.
Stuttgart, 28. Okt. Der frühere Oberbürgermeister Hack weilt zurzeit bei seiner Familie hier; das Befinden des Unglücklichen hat sich in jüngster Zeit derart gebessert, daß seine vorläufige Entlassung aus der Irrenanstalt verfügt wurde.
Stuttgart, 28. Okt. In dem heute abend abgehaltenen dreimaligen Ringen um die Meisterschaft der Welt hat Abs seinen Gegner zweimal „regelrecht" geworfen, während es Bech-Olsen, dem schwedischen Meisterschaftsringer, nur einmal durch Ueberrumpelung gelang, Abs zu werfen. Abs verbleibt sonach im Besitz der Meisterschaft der Welt.
Stuttgart, 29. Okt. Güterbahnhof: Zufuhr 94 Waggons --- 18800 Zentner Mo st ob st und zwar 7 bayer., 23 belg., 40 Hess., 6 österr., 18 schweiz. Preis pr. Waggon ä. 200 Zentner 1020 bis 1100 sackweise pr. Ztr. 5 ^ 20
bis 5 90 -H. Kartoffelmarkt: Zufuhr 900
Ztr. Kartoffeln, Preis 2 ^ 50 bis 3 per Zentner. Filderkrautmarkt: Zufuhr2500Stück Filderkraut, Preis 12 ^ bis 14 ^ per 100 Stück.
Stuttgart, 30. Oktbr. Nach zweitägiger Pause nimmt die Strafkammer heute Vormittag 9 Uhr die Verhandlung gegen Eich hoff und Agster wegen Beleidigung des Oberlandesgerichtsrat a. D. Bücher wieder auf. Der Vorsitzende teilt mit, daß die von der Verteidigung erbetenen Akten über die später« Thätigkeit des Bücher seitens des Oberlandesgerichts eingegangen seien. Verteidiger Haußmann führt an dieses anknüpfend 3 Fälle auf, welche als Belastungsmaterial gegen Bücher dienen sollen. Der erste Fall betrifft den Berichterstatter Fischer vom Neuen Tagblatt, welcher von Bücher von der Jour» nalisten-Bank verwiesen wurde, weil seine Berichte ihm nicht genehm waren. Nach dem zweiten Fall wurde Haußmann von Bücher s. Z. das Offizial- Mandat abgenommen, da dieser ein Neuling in Schwurgerichtsdingen sei. Der dritte Fall berührt einen Rechtsanwalt in Ulm, welcher unter dem Präsidium Bücher wegen dessen parteilicher Amtsführung nicht mehr plaidieren wollte. Methodistenprediger Dietrich will auf Anfrage des Vorsitzenden nichts davon wissen, daß er seinen Mitbruder Klemm hätte in den Arm genommen oder nehmen müssen, auch wisse er nichts von einer gemütlichen Alteration desselben. Es folgt die Vernehmung des Zeugen Bücher, der auf einen Stock gestützt eintritt und auf einem Stuhle vor dem Gericht Platz nimmt. Der Zeuge bejaht auf die Frage des Vorsitzenden, daß er die inkriminierten Artikel der Schwäbischen Tagwacht kenne; der Inhalt der Brochüre des Schaber sei ihm unbekannt. Der Vorsitzende verliest die den
Das tote Kaus.
Roman von Carl Görlitz.
(Fortsetzung.)
Dieser harte Ausdruck war Angelika denn doch zu arg. Sie glaubte, «ine solche Behandlung nicht zu verdienen. Stolz richtete sie sich auf und erwiderte mit großer Bestimmtheit, der es trotz ihrer Jugend nicht an Würde fehlte:
„Ich glaube, daß Sie zu weit gehen, und daß meine Tante Ihnen wohl «rlaubt haben mag, mich zu beaufsichtigen, aber nicht, mich zu beleidigen. Im schlimmsten Falle würde ich schon den Weg zu ihr finden und mich über Sie beklagen."
Dorothea war über diesen Widerspruch und diese Drohung Angelika's starr; sie zitterte vor Wut und vermochte im ersten Augenblick gar keine Erwiderung zu finden.
Da öffnete sich die Thür und Jordan trat ein.
.Es ist gut," rief Dorothea dem Eintretenden entgegen, „daß Sie kommen, Herr Jordan! Denken Sie nur. daß Fräulein Angelika sich in offener Widersetzlichkeit gegen meine Anordnungen auflehnt und mir droht, gegen den eigenen Befehl der gnädigen Frau, dieselbe in ihrer Zurückgezogenheit aufsuchen zu wollen. Bestätigen Sie doch als Verwalter und stellvertretender Herr des HauseL der widerspenstigen jungen Dame, daß ich die Wahrheit sprach."
Jordan näherte sich langsam dem Theetische, ohne daß man das Geräusch seiner Schritte auf dem weichen Teppich hört«. Lautlos wie eine Schlange, die ihr Opfer sucht, glitt er herbei und richtete den Blick seiner grauen Augen durchdringend auf Angelika.
Die Zuversicht, mit welcher die junge Dame gegen Dorothea gesprochen, und die sich auf ihrem Gesicht ausgedrückt hatte, verschwand sogleich, als ihr Blick ch em Blicke Jordans begegnet«. Sie fühlte sich unter dem Bann dieser scharf auf
sie gerichteten Augen förmlich gelähmt, gerade wie der Vogel vom Blick der Schlange gebannt wird.
.Ich kann nur bestätigen," sagt- er zu Angelika trocken, „daß die gnädig« Frau jeden Besuch, auch den Ihrigen, verabscheut."
„Mein Gott," erwiderte Angelika schüchtern, denn sie verlor in Jordans Gegenwart ihre ursprüngliche Munterkeit immer mehr, „sie kennt mich ja noch gar nicht, wie kann sie denn gegen mich eingenommen sein?"
„Sie haßt aber Ihren Vater und Ihre Mutter," -ntgrgnete er scharf, indem er sich an den Tisch setzte und von Dorothea eine Taffe Thee empfing, „und hat uns streng verboten, ihr überhaupt nur von Ihnen zu sprechen."
Als Angelika ihre Eltern erwähnen hörte, brach sie in Thränen aus. Jordan» Gegenwart war ihr so unheimlich, daß sie, als er am Tische Platz nahm, zurückrückte.
.Sie brauchen sich nicht zu fürchten," sagte Dorothea in etwas sanfterem Tone wie bisher, „und Sie werden eine Zeit lang ruhig hier bleiben können, wenn Sie sich keinen Ungehorsam gegen die Befehle der gnädigen Frau zu Schulden kommen lasten."
Vielleicht hätte sie noch freundlichere Worte gesagt, aber ein Blick, den ihr Jordan zuwarf, ließ sie verstummen. Die alle Jungfer war nicht schlecht, sie stand nur ganz unter Jordans Einfluß.
„Ich werde Ihnen gehorsam sein," flüsterte Angelika, den Blick nach Dorothea gewendet, da sie sich nicht überwinden konnte, Jordan noch einmal anzusehen, „sagen Sie mir nur, was ich thun soll, es wird gewiß geschehen."
„Das ist Ihnen auch zu raten," antwortete Jordan für Dorothea, ,eS würde auch sonst um Sie geschehen sein, und wenn Sie der gnädigen Frau nur einmal in den Wurf kämen, so würde dieselbe Sie nicht einen Tag länger ,m Hause dulden. Um sich vor diesem Unglück zu sichern, dürfen Sie Ihr Zimmer nie verlassen, die Stunden ausgenommen, wo Ei« im Garten spazieren gehen."