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115.
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
69. Jahrs,«-.
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Dienstag, den 2. Oktober 1894.
SborniementSprett vierteljährlich in der Stadt -0 Pfg. rmd L0 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst t» ganz Württemberg Mk. i. LL.
Amtliche Nekauutmachuuge».
Allerhöchster Anordnung gemäß findet "die kirchliche Feier des Geburtsfestes Ihrer Majestät der Königin
am Sonntag, den 7. d. Mts., -statt.
Dies wird hiemit den Ortsbehörden zur Kenntnis gebracht.
Calw, den 1. Oktober 1894.
K. Oberamt.
Susset, A.-V.
Bekanntmachung.
Die Maul- und Klauenseuche in Calw ist erloschen.
Calw, den 38. September 1894.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachung.
Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Calw und Unterh äugst ett erloschen ist, wer« dm die vom Oberamt unterm 16. d. Mts. erlassenen Sperrmaßregeln über die Gemeinden Calw, Ält- burg, Hirsau, Unterhaugstett, Mött- lingen, Neuhengstett, Ottenbronn, Mona» 'kam und Liebenzell hiemit aufgehoben.
Calw, den 28. Sept. 1894.
K. Oberamt.
Voelter.
Dir Schultheißenämter
erhalten hiemit den Auftrag, die Nachweisungen der in ihren Gemeinden in den Monaten Juli, August mnd September d. I. ausgeführten Regiebau
arbeiten, bezw. Fehlanzeigen, längstens bis zum 18. Oktober d. I. hierher vorzulegen.
Calw, den 28. Sept. 1894.
K. Oberamt. Voelter.
Die Ortsnorsteher
werden hiemit aufgefordert, die Verzeichnisse der im abgelaufenrn Vierteljahr (1. Juli bis 30. Sept. 1894) eingegangenen Sporteln, bezw. Fehlanzeigen, längstens bis zum 6. Oktober d. I. hierher vorzulegen. Calw, den 29. September 1894.
K. Oberamt. Voelter.
Eagesneuigkeilen.
X. Calw, 30. Sept. Heute ist Hr. Oberamtmann Lang mit Familie von hier weg nach Rottenburg gezogen. Am gestrigen Abend versammelte sich noch zum Abschied desselben eine überaus große Zahl Freunde und Bekannte, Ortsvorsteher und Gemeinderäte, trotz der ungünstigen Witterung und der etwas ungeschickten Zeit, zum Teil aus weiter Ferne, in der Restauration der Station Teinach. Ein Beweis, welch große Beliebtheit und Anhänglichkeit in allen Kreisen der Bevölkerung der Scheidende in der verhältnismäßig kurzen Zeit von nur 2 Jahren sich erworben hat. Hr. Oberamtsrichter Deckinger gab in einer herzlichen Ansprache seinen Gefühlen Ausdruck, wie schmerzlich es speziell für ihn sei, den treuen Mitarbeiter als Bezirksvorstand, den lieben Freund und guten Nachbar so unverhofft verlieren zu müssen. Wie die zahlreiche Versammlung zeige, gehen aber diese Gefühle des Bedauerns über dieses Scheiden weit über die Stadt Calw hinaus, habe es doch der Scheidende verstanden, überall verbessernd und helfend einzugreifen in alle Verhältnisse der Gemeinden. Freilich sei in vielen einschneidenden Angelegenheiten
des Bezirks zunächst nur der Same ausgestreut und werde es sich zeigen, ob dieser auch zum keimen und gedeihen komme. Er mahnte daran, wie es doch, wohl Pflicht und Schuldigkeit aller Beteiligten sei, das Möglichste zu thun, um aus diesem Samen eine reiche, für Alle wohlthätige Frucht entsprießen zu sehen. Hr. Stadtschultheiß Haffner führte hierauf zunächst in humoristischer Weise aus, wie dieser Same ein sehr teurer sei, der die Gemeinden und Korporationen nur viel, viel Geld koste, das unerschwinglich scheine aufzubringen, auch daß es eine leichte Sache sei, dieses und jenes zur Ausführung anzuregen und dann das Weitere Andern zu überlassen. Allen Ernstes anerkannte dann Redner, daß alles, was zur Ausführung angeregt sei, dem Bezirk nur zum Wohle und Nutzen gereichen werde und die Beteiligten dem Scheidenden zu großem Dank verpflichtet seien. Die Abstattung des Dankes bestehe am besten darin, wenn Alle zusammenstehen, um das geplante zur Ausführung zu bringen, wobei er selbst sein Möglichstes zu thun versprach. Hr. Schultheiß Scholl von Unterreichenbach dankte namens der Ortsvorsteher für die humane und allzeit liebevolle Behandlung, sowohl im amtlichen als auß'eramtlichen Verkehr, er verglich die Thätigkeit des Scheidenden mit einer Brücke, auf der der Verkehr zwischen Regierung und Gemeinden in sicherer und zutraulicher Weise vollzogen werden konnte und hob in sinniger Weise ganz besonder» hervor, wie dieses so unumgänglich notwendig sei und wo dieses nicht bestehe, der Segen und die Wohlfahrt gefährdet sei. Hr. Oberamtmann Lang dankte wiederholt gerührt für die Liebe und Anhänglichkeit, die ihm erwiesen werde, versicherte, daß er nur gethan, was seine Pflicht und Schuldigkeit sei und wenn es ihm da und dort gelungen, Ersprießliches zu wirken, so sei dieses doch auch dem Bedürfnis der Beteiligten entsprungen; er versprach, dem Bezirk ein gutes Andenken bewahren zu wollen. Es folgten noch Ansprachen von Hrn. Hofrat.vr. Wurm und Hrn. Verw.»
Iseuilteton.
IR-chdruck »«rtotm.I
Das tote Kaus.
Roman von Carl Görlitz.
(Fortsetzung.)
Die Kluft zwischen ihm und seinen Verwandten wurde größer, als Paul seine offene Abneigung sowohl wie gegen den Militär- wie gegen den KaufmannSstand aus- fprach. Er verletzte damit ebensowohl seine Tante wie deren Gemahl. Beide bekämpften lange Pauls Wunsch, sich in der Malerei auszubilden, für welche sich bei dem jungen Manne schon sehr früh eine besondere Vorliebe und Talent gezeigt hatten. Herr mnd Frau Dreßler hatten durchaus kein Verständniß für Paule immer entschiedener hervortretende Künstlernatur. Sie gaben ihn halb verloren und sahen ihn beinahe für einen Taugenichts an, als sie seinem beharrlichen Verlangen nachgeben und ihn zum wetteren Kunststudium nach der Residenz übersiedeln lassen mußten. Sie unterstützten ihn allerdings zuerst mit reichen Geldmitteln, ließen ihn in den ersten Jahren auch noch wiederholt zum Besuche in ihr HauS kommen, bis eines TageS die unerhörte Nachricht eingetroffen war, daß Paul, kaum zweiundzwanzig Jahre all, in -der Residenz eine junge Schauspielerin geheirathet hatte.
DaS war ein harter Schlag, namentlich für Frau Dreßler. Ihr war der Gedanke unerträglich, daß jetzt eine .Komödiantin" den Namen trug, der einst der ihrige gewesen. Jede Verbindung wurde mü Paul nach seiner Verheiratung abgebrochen, er war für seine Verwandten so gut wie todt. Sein Name wurde nie Mehr im Dreßler'schen Hause genannt.
Und jetzt stand er vor ihr, der unwürdige Neffe, und wagte e», sie mü jener Komödiantin auf gleiche Stufe zu stellen. .Di» Hoffnung auf deine Barmherzigkett," -ab er ihr zur Antwort, als sie in verächtlichem Tone ihn fragte, was ihn in ihr .HauS geführt, und fuhr dann immer eindringlicher fort: .Nie wäre ich meinetwegen
noch einmal in Dein HauS gekommen, aber ich bin Gatte und Vater und bitte Dich um Teilnahme für meine Frau und Tochter; ich habe in der letzten Zeit mit schweren Sorgen zu kämpfen, die Entbehrungen haben meine Frau, meine kleine Angelika krank gemacht. Ich wende mich an Dich, hilf mir um meines Kindes willen! Wenn Du den kleinen Engel nur sehen könntest, Du würdest ihr nicht nur helfen, nein, Du würdest Deinen ungerechten Zorn aufgeben und das alte verwandtschaftliche Verhällniß mit mir wiederherstellen und es auch auf die Meinigen übertragen."
Ihre Züge wurden immer finsterer. Hätte ihr Neffe sie nur um eine Unterstützung gebeten, sie würde ihm — vielleicht — gewillfahrt haben, aber er spielte auf ein Nähertreten seiner Frau und Tochter an, und das erschreckte und empörte sie.
.Du weißt wohl," sagt« sie kalt und sehr bestimmt, .daß eS zwischen mir und einer Schauspielerin und deren Angehörigen niemals eine Annäherung geben kann."
.Aber Du kennst ja meine Frau gar nicht."
.ES ist genug," entgegnet« sie hochmütig, .daß ich weiß, was sie gewesen ist!"
,WaS fie gewesen ist!" brauste er aus; .glaubst Du, daß ich sie hätte lieben, ihr meine Hand hätte reichen können, wenn sie nicht auch meiner wie Jedermann» Achtung würdig gewesen wäre?" Durch ihr verächtliches, stummes Lächeln zum Äußerste» gebracht, verlor er seine Mäßigung immer mehr und rief ihr hitzig zu: .Dein Vorurteil gegen Künstlerinnen ist ungerecht. Jeder muß das Talent verwerten, das ihm die Natur gegeben hat, und herrschten vielleicht beim Theater scheinbar auch freiere Sitten als in Deiner Well, so möchten Demjenigen doch vor Überraschung wohl die Augen übergehen, dem es plötzlich durch eine Zaubermacht vergönnt sein sollte, in alle geheimm Kämmerlein sogenannter vornehmer und ehrbarer Häuslichkeiten einen Blick zu werfen!"
Gallen diese Wort« auch allgemein, so enthielten sie doch einen directen Angriff, der Frau Dreßler immer mehr erbitterte.