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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk <Lalw.
69. Jahrgang
Erscheint D i «»< t«> , V»»»er«»«§ »n5 G««tt«ß. Die Esnrüekung-gebLhr tetrL-t tm Vqirk »n5 »Schtter U«« »»bun, 9 Pfg. 5i« Zeile. s»»K 19 Ps,.
Donnerstag, den 20. September 1894.
Lbonnementtprei« vterteljührlich in der Stadt 90 Psg. »«h 90 Pfg. LrLgerlohn, durch die Post bezöge» RL. 1. 15, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. S5.
Tayesneuigkeiten.
Calw, 18. Sept. Gestern abend wurde der -Sjähr. Knabe der Frau Wwe. Leutner hier, von einem Pferd, das nach ihm ausschlug, an eine Wand geworfen. Innerlich schwer verletzt brachte man das Anglückliche Kind nach Haufe, wo cs nach kurzer Zeit den Geist aufgab. — Der in letzter Zeit vorgekommene Fall in Weil im Dorf, woselbst ein Pferd einem Mädchen die rechte Wange abbiß, und der gestrige, dürfte an Eltern die Mahnung richten, ihren Kindern bei der Annäherung an Pferde mehr Vorsicht anzuraten.
Unterreichenbach. Im benachbarten Orte ^Bieselsberg ist die neue Wasserleitung ohne Sang And Klang, ohne das beabsichtigte „Wasserfest" dem Betrieb übergeben worden. Dem Ortsvorsteher ist es nicht gelungen, daß ein Fest der Einweihung Veranstaltet werde, so wie es s. Z. in Grunbach und Dobel stattfand.
Weilderstadt, 16. Sep. Seit einiger Zeit wurde der 22 Jahre alte, ledige Bauer Friedrich Dürr von Simmozheim OA. Calw, der schon seit einiger Zeit geistesgestört war, von seinen Angehörigen vermißt. Heute fand man den Unglücklichen ertrunken in der Würm hier auf.
Stuttgart, 16. Sept. Zum Schrecken der Hausfrauen hört man von einem Abermaligen Fleischaufschlag, so daß das Pfund Kalbfleisch, wie schon vor Wochen in Aussicht gestellt wurde, sich auf 1 ^ demnächst stellen soll.
Stuttgart, 18. Sept. Se. Mas. der König wohnte der gestrigen Lohengrin-Aufführung im Hoftheater in Begleitung des Herzogs Wilhelm
von Württemberg bei. Nach 10 Uhr fuhr Se. Majestät mittelst K. Sonderzugs nach Bebenhausen.
Stuttgart, 18. Sept. Heute begann vor dem Disziplinarhof für richterliche Beamte die Verhandlung gegen den Landgerichtsrat Pfizer von Ulm wegen Verfehlung gegen das Beamtengesetz vom 28. Juni 1876. Vertreter der Staatsbehörde ist der Erste Staatsanwalt Nestle. Pfizer lehnte sämtliche Mitglieder des Gerichtshofs wegen Befangenheit ab und stellte einen dahin zielenden Antrag, der jedoch als unbegründet verworfen wurde. Nachdem die Anklageschrift verlesen war, wurde an den Angeschuldigten die Frage gerichtet, ob er sich als den Verfasser der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildenden Schrift Willibald Jlg bekenne. Pfizer bejahte die Frage.
Sulz, 16. Sept. Am Samstag abend 10 Uhr ist die Scheune und das Brauhaus des Engelwirts Wölber vollständig niedergebrannt. Zwei in der Scheuer stehende Garbenwagen sollen von verbrecherischer Hand in Brand gesteckt worden sein.
Tübingen, 18. Sept. Se. Maj. der König traf gestern abend um 11 Uhr 40 Minuten mittelst Sonderzuges mit Gefolge hier ein und begab sich zu Wagen nach der Jagdhütte im Revier Entringen, woselbst er bis zum 25. September zur Jagd verweilen wird, um sich dann ins Manövergelände zu begeben. Die Rückreise nach Stuttgart wird so frühzeitig erfolgen, daß Se. Maj. dem landwirtschaftlichen Volksfest in Cannstatt beiwohnen kann.
Bodelshausen, 17. September. (Unterschlagung der Spanischen Negimentskasse.) Vor kurzem wurde in der Tagespresse besprochen, daß ein Brief in Entringen eingetroffen, nach welchem
sich in der Nähe von Entringen die Kaffe eines Spanischen Regiments, die der Zahlmeister bei seiner Desertion mit fortnahm und welche 448000 Frcs. enthält, vergraben sein soll. Nach einem dieser Tage an den hiesigen Bäcker Christof Mozer gelangten Brief mit dem ganz gleichen Inhalt ist auch die hiesige Markung in der glücklichen Lage, diesen kostbaren Schatz zu besitzen. Der Empfänger des Briefes verschmähte es jedoch, trotz des günstigen Anerbietens, ihm '/» des Geldes zu überlaffen, das geforderte Reisegeld abzusenden und übergab den Brief der Behörde, um dem offenbaren Schwindel entgegentreten zu können.
Balingen, 17. Sept. Ein Soldat der 2. Kompagnie vom 6. Regiment in Ulm, welches gegenwärtig in unserer Gegend manövriert, versuchte sich gestern Vormittag mit seinem nur mit einer Platzpatrone geladenen Gewehre zu erschießen, wodurch er sich lebensgefährlich verletzte. Man sagt, er sei noch nicht lange aus dem Festungsgefängniß entlasten worden und habe nun, weil er zum Apell nicht sauber angetreten sei, 3 Tage Arrest bekommen. Der Feldwebel habe dem Mann, der allerdings ein etwas lockerer Vogel sein soll, gedroht, daß er ihn, wenn er sich nicht bessere, ganz sicher wieder dorthin bringen werde, wo er schon gewesen sei.
Vom Bottwarthal, 13. Sept. Die letzten kalten Tage mit den starken Regenfällen haben den Weingärtnerstand wieder in sorgenvolle Stimmung versetzt, doch zeigt sich der Stand der Weinberge immer noch als ein recht befriedigender. Manche Traubensorten haben schon ihre Reifefärbung, aber es bedarf anhaltenden Sonnenscheins, damit die noch nötige Destillation gefördert werde. Die Blattkrankheit hat glücklicherweise schon in ihrem Beginn einen Stillstand
H- ^Nachdruck vertoten-I
ItitLerwochen.
Skizzenblatt von F. Storck.
(Fortsetzung.)
Das Reimschmieden ging in der That leicht von Statten. Ohne Besinnen flog die Feder in der wohlgepflegten Hand über das Buch. Der Brillant am kleinen Finger warf zuckende Lichtfünkchen auf das weiße Blatt. Dann versagte sich «uch der Schnelldichter nicht, uns sein Poem mit dramatischem Schwung vorzulesen: „Wenn in späten Tagen Ihr forscht in diesem Buch,
Darein viel Freunde sagen Euch Dank und Segensspruch,
So denket gern auch dessen,
Der in der Jugendzeit An Eurem Tisch gefisten,
Allzeit zum Scher, bereit.
Der, Euch sein Glück zu künden,
Auch heut' hier suchte Rast,
Durst auch ein Plätzchen finden,
In diesem Buch als Gast."
Bei den letzten Worten stürmten Hans und Elli wichtig in Gärtchen.
„Die Chaise ist schon da, Ihr sollt gleich Ansteigen," schrien sie und hingen sich an den Onkel, der einst ihre ersten Abenteuer der Kinderstube mitrrlebt«.
Nun folgte ein überstürzter Aufbruch. Versicherungen gegenseitiger Gewogenheit. Herzliche Einladung seitens der jungen Frau an dir Gastfreundr. Dann rollt« das kostbarste Lohngefährt de« Städtchen« mit dem Paare davon.
Noch halb betäubt tauschten wir unsere Ansichten über die Abfahrenden, als der Hausherr, der sie hinausgeleitet, zurückkam. Seine Stirn war umwölkt. Um seine düstere Stimmung befragt, sagte er seufzend: „Das arme junge Geschöpf! sie ist blind in ihrer Liebe, aber sie wird schrecklich hellsehend werden."
Damit ging er in sein Laboratorium um sich weiteren Fragen des ihm bekannten weiblichen Wissensdranges zu entziehen. Anderen Tages teilte mir die Apothekerin mit, daß ihren Mann die Sorge um die Zukunft der jungen Frau um seine Nachtruhe gebracht. Ernst habe ihn flehend, fast demütig, um ein Darlehn gebeten. Er sei vollständig blank. Fünfzig Mark müsse er unbedingt haben, um weiter zu können.
„Mein Mann hat'« ihm denn auch gegeben. Die ahnungslose, glückstrahlende Frau jammerte ihn zu sehr." sagte die Apothekerin. „Aber es ist ein bodenloser Leichtsinn, sich wochenlang auf Reisen zu begeben. ohne die nötigen Gelder. Mein Mann ist überzeugt, Weigel hat bei seiner Schwiegermutter das Blaue vom Himmel gelogen. Ihr vorgeschwindelt er sei reich, und nun wird in kürzester Frist die ganze Herrlichkeit wie rin Kartenhaus zusammenbrechen."
DaS waren nun so ungefähr auch meine Gedanken. Nur ein grenrenlo« leichtsinniger Mensch konnte so ungeniert, ja geradezu übermütig outtreten, nachdem er «den den Gastfreund in solcher Weise angepumpt hatte. Andern Tages trug auch schon die geschäftige Firma der Kleinstadt uns die Kunde zu, Weigel Hab« Freund Waller gleichfalls bluten lassen.-
Drei Tage später führte mich mein Weg nach Baden-Baden. Eine Freundin stieg mit hinauf, durch die harzduftenden Wälder, auf die Höhe des allen Schlosses. Dort kletterten wir umher in der mächtigen Ruine. Jede unternahm ihre eigene», klemm Forschungsreisen. Die Sonne spielte freundlich auf dem mancherlei Gesträuch, welche« üppig im Mauerwrrk wuchert. E« war noch Vormittag und köstlich still und friedlich. Ich lehnte in «in« Frnsterwölbung. Meine Gedanken schweiften m rin« ferne Vergangenheit, da in diesen Fensternischen, auf gesticktem Lederpolster,