460
Langenbrand, Loffenau, Neuenbürg, Oberjessingen, Ostelsheim, Ottenhausen, Pleidelsheim, Schwann, Sprollenhaus, Schönbronn, Simmersfeld, Waldhausen, Weilderstadt, Krieger- und Turnverein, sowie Liederkranz und Feuerwehr von hier. Die Festrede auf dem Festplatze hielt Hr. Stadtschultheiß Bezner, das von ihm auf König und Vaterland ausgebrachte Hoch fand begeisterte Aufnahme, ebenso das von Kamerad Schmid auf Kaiser Wilhelm II. ausgebrachte. Eine weitere kernige Ansprache hielt Hr. Oberlieutenant Eisen mann a. D. aus Stuttgart, welcher Grüße und Glückwunsch vom Präsidium des württ. Kriegerbundes und von Prinz Weimar darbrachte. Dieser Redner unterzog auch die Würzburger Manipulationen einer Kritik. Sein Hoch, das lebhafte Aufnahme fand, galt dem festgebenden Verein. Etwa 3—4000 Personen mögen sich zeitweilig auf dem Festplatze bewegt haben. Hr. Treiber brachte einen vorzüglichen Stoff zum Ausschank, dem tüchtig zugesprochen ward. Abends war ein flotter Festball im Hotel z. Post.
Stuttgart, 15. Sept. Die Bäckereiausstellung dauert noch bis Dienstag. Montag und Dienstag haben die Schulen mit ihren Lehrern freien Zutritt.
Stuttgart, 16. Sept. Am Samstag Nachmittag fand in der pyrotechnischen Anstalt von Wilhelm Weiffenbach in Heslach eine Pulverexplosion statt, welche dadurch entstand, daß ein Lehrling einen Schwärmer mit einem Brennglas entzündete. Hiebei wurden außer dem Lehrling noch zwei Arbeiter und zwei Frauen so schwer verletzt, daß sie ins Marienhospital verbracht werden mußten, wo die vier letztgenannten bereits gestorben sind. An ein Aufkommen des elfteren ist kaum zu denken. Der Materialschaden ist gering.
Stuttgart, 16. Sept. Heute Nachmittag halb sieben Uhr machte der bekannte Luftschiffer Kapitän Spelterini, von Nills zoologischen Garten aus, seine erste Auffahrt hier in Begleitung zweier Herren (Herr Chemiker Waldbauer von München und Herr Hugo Bender von Stuttgart). Die Auffahrt war auf '/-4 Uhr festgesetzt, konnte aber infolge der langsamen Füllung erst zu genannter Zeit stattfinden. Der Ballon erhob sich senkrecht und nahm dann eine westliche Richtung ein. Eine ungeheure Menschenmaffe wohnte dem interessanten Schauspiele bei.
Backnang, 13. Sept. In dem benachbarten Orte Zell ereignete sich gestern ein bedauerlicher Unglücksfall. Einem dortigen Bauern, welcher mit seinem Fuhrwerk vom Felde heimkehrte, gingen plötzlich seine beiden jungen Pferde durch und rannten eine dem Fuhrwerk vorausgehende Dienstmagd nieder, welche dabei so schwere Verletzungen erlitt, daß sie denselben erlag. Wenige Augenblicke nachher stießen die mit rasender Geschwindigkeit davoneilenden Pferde auf einen mit Kühen bespannten Wagen, auf welchem sich eine Frau mit einem Kinde befand. Der Wagen wurde umgeworfen, und die Frau brach dabei einen Arm, während das Kind unversehrt blieb.
Göppingen, 13. Septbr. Der Bienenzüchterverein unseres Bezirks hielt am vergangenen Sonntag eine Vollversammlung im Rad. Den wichtigsten Punkt der Tagesordnung bildete die Besprechung des jetzigen Standes der Bienenzucht und des Ergebnisses derselben im heurigen Sommer. Aus den Mitteilungen der Anwesenden wurde festgestellt, daß man in diesem Sommer sehr viele Schwärme bekommen hat, daß aber das Ergebnis an Honig so gering war, als schon seit Jahren nicht mehr. Oekonom Betcher vom Thälenshof, der größte Bienenzüchter des Bezirks, erhielt mehr als 40 Schwärme, aber von mehr als 80 Stöcken nur 5 bis 6 Ztr. Honig, während er vor. Jahr 30 Ztr. erzielte und im I. 1892 noch mehr. Die Bienen hatten bis anfangs Juli günstige Zeit zum Einträgen, aber von da an fristeten sie bei dem naßkalten Wetter nur kümmerlich ihr Dasein. Viele Bienenzüchter haben schon in vor. Woche mit dem Füttern ihrer Völker beginnen müssen und werden dazu mehr Zucker brauchen, als sie Honig geerntet haben.
Ebingen, 14. Septbr. Wie dem „Vfrd." gemeldet wurde, ereignete sich im benachbarten Ost- dorf ein schwerer Unglücksfall. Farrenwärter Schühle, ein circa 40 Jahre alter, verheirateter Mann, Vater mehrerer Kinder, besorgte Abends das Füttern der Farren nicht wie gewöhnlich durch den Futterladen von der Scheuer aus, sondern direkt im Stall, da ein Oehmdwagen in der Scheuer stand. Hiebei wurde er von einem Farren, als er sich demselben kaum genähert, angefallen und ihm der Bauch aufgeschlitzt. Die Verletzungen sind sehr schwer, doch soll Herr Oberamtsarzt Dr. Hopf, welcher die Wunde zunähte, Hoffnung auf Erhaltung des Lebens des Verunglückten gegeben haben. — Am Dienstag Nachmittag wurde in Schwenningen a. N. ein 2jähr. Kind von einem Fohlen, welches nach hinten ausschlug, an den Hinterkopf geschlagen. Ein Schädelbruch und eine Gehirnerschütterung sind die Folgen dieses Schlages. Der Kopf ist von hinten nach vorn ganz geschwollen und das Kind zeigte am Mittwoch noch keine Spuren von Besinnung.
Spaichingen, 13. Sept. Gestern als am Rasttag, der vom herrlichsten Wetter begünstigt war, sahen wir di« Soldaten auch am Werke des Friedens thätig: sie halfen die liegenden Früchte, Haber, Klee und Oehmd einheimsen, bis sie abends zum Appell gerufen wurden. Allgemein zufrieden ist man hier über die wahrhaft musterhafte Führung der Truppen, während diese über die Gastfreundschaft der Bewohner hiesiger Stadt gar sehr erfreut sind und heute früh 5'/, resp. 7'/, Uhr nur ungern die Quartiere verließen.
Friedrichshafen, 13. Septbr. Seine Majestät der König ist heute nachmittag um 3 Uhr nebst Gefolge von Königsberg wieder hier eingetroffen. Allerhöchstderselbe verabschiedete sich gestern mittag, nachdem Seine Majestät von morgens an dem Gefecht der gegen einander operierenden Armeekorps angewohnt hatte, auf dem Manöverfeld von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin
aufs herzlichste und begab sich sodann zu Pferd nach- Braunsberg, wo ein Frühstück eingenommen wurde^ Von dort fuhren Seine Majestät um 1 Uhr ab und mit Ausnahme eines '/»stündigen Aufenthalts in Berlin in ununterbrochener Reise über Leipzig, Hof, Nürnberg, Crailsheim und Ulm hieher, wo Aller- höchstdieselben von Ihrer Majestät der Königin und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Pauline erwartet wurden.
S> Nachdem der Rathausneubau in- Pforzheim in seinem schmucken äußern Rohbau seit einiger Zeit vollendet, darf demselben wohl ein Blick zugeworfen werden. Derselbe schreitet verhältnismäßig rasch im Innern vorwärts. In allen.- 3 Stockwerken hantieren die Handwerksleute ver-- schiedener Berufsarten mit Hobel, Kelle, Hammer rc. fleißig. ES herrscht ein zielbewußtes Jneinander- greifen. Im Erdgeschoß sind die 3 Kessel für die - Niederdruckdampfheizung installiert und ist man gegenwärtig damit beschäftigt in den einzelnen Gelassen die Vorrichtungen zu Heizungszwecken anzubringen. In dem Gelasse für die Akkumulatoren des städt. Elektrizitätswerks wimmelt es von Drähten, Rohren und Isolatoren. Gut präsentiert sich der Ratskeller mit seinen Kreuzbögen und Säulen, man könnte sagen, daß derselbe jetzt schon etwas „Anheimelndes" in sich birgt, trotzdem in seinem Innern noch „Trockenheit" herrscht. Fast will es scheinen, daß die Zahl der Säulen (28) zu viel wären. Solche Säulen sind aber Stützen in doppelter Hinsicht. Sie tragen nicht- nur das Gewölbe, sondern mögen gegebenen Falls auch «ine sichere Anlehnung gewähren. Die noch kahlen Wandflächen werden gemalt werden. Bachus und Gambrinus, hausgemachte und andere- substanzielle Labsale werden wohl abbildlich an den Wänden thronen. Die im Parterre an der östlich Carl-Friedrich-Straße hinziehenden Ladenlokalitäten sollen bereits bis 1. Octob. fertiggestellt werden. Die ungewöhnlich großen Schaufenster dürften den Vorübergehenden wohl in's Auge fallen. Auf der rechten Seite des Lichthofes befindet sich die Polizei- Wachstube, mit den oberhalb derselben gelegenen Schlafräumen und unweit davon die Pensionszimmer für nächtlicherweise renitent werdende Staatsbürger. Die oberen Stockwerke enthalten, neben den Sälen für die Sitzungen der Stadtväter und dem Bürgerausschuß lange Zimmerfluchten für die einzelnen Verwaltungen rc. Die Verbindungsgänge sind hoch, luftig und hell. Die Decke des Saales der Stadtväter wird in Holztäferung ausgeführt und erhält der Saal 3 bemalte große Doppelfenster. Der große Bürgerausschußsaal weist Empore für die Berichterstatter der Presse und des Publikums auf. Die Wandflächen werden mit Bildern aus der bad. Geschichte gemalt werden. In den geräumigen Speicherboden münden die 3 Abzüge der Heizung. Der Boden selbst ist cementiert. Die allgemeine Benützung wird voraussichtlich am 1. März k. I.. möglich sein. Uhr und Glocken zum Haupturme dürften bald eintreffen.
Obstmarkt in Friedberg i. Wetterau.. Laut Ausschreiben des Oberhessischen Obstbauvereins findet der Obstmarkt, zu welchem schönes Tafelobst wie auch große Posten des bekannten, zur Obstweinbereitung besonders geeigneten
schwer ernsten Gedanken; hier, bei diesem Paar, konnte ich sie erst recht nicht bannen. Wird sich das Eheglück echt erweisen? Wird sich die Liebe bei gegenseitiger Wertschätzung mehren, oder werden die trügerischen Rosenschleier unerbittlich in den Schmutz gezogen werden und nur die nackte, trostlose Oede gegenseitiger Nichtachtung und Enttäuschung bleiben? Warum verfolgte mich diese Frage angesichts der abgöttischen Verehrung, die dies junge Weib dem Manne zollte. Er hatte sich entfernt, noch im Gehen ihr eine Kußhand zuwerfend. Er wollte vom Postamt einem befreundeten Landpastor telephonieren, daß er ihm noch heute sein „immenses Glück" zeigen würde, wie er zärtlich sagte. Sie schaute ihm mit feuchtem Blick nach und seufzte:
„Die ersie Trennung fett unserem Hochzeitstage."
Es klang eigentlich komisch, und doch konnte ich nicht mit dm Anderen lachen. Mir war es rührend. Ihre Stimme bebte, wie in unterdrückter Angst. —
Endlich kam er Heller zurück. Die Keine Frau sah vorwurfsvoll auf:
„Eine ganze Stunde, Ernst," sagte sie.
Unter seinem leuchtenden Blick, bei seiner humorvollen Schilderung der Hindernisse, die er beselligt, bis der Apparat endlich des Freundes freudezitternde Antwort gab: „Jcd erwarte Dich und Dein Glück," schwand der kleine Schmollansatz.
„So Schatz, nun ,st schon der Wagen bestellt. Wie wird mein guter Walter seine ohnehin großen Augen aufreißen, wenn er Dich sieht! Der gute, ehrliche Kerl scheint mir rein aus dem Häuschen vor Freude," schloß er seinen Bericht.
Auf der kleinen Veranda, vor dem Laboratorium, war gastlich der Tisch gedeckt. Hans, der Sextaner, schleppte den riesigen Majolckabierkrug herbei. Der Hausherr füllte die kunstvoll geschlissenen Gläser mit dem schäumenden Gerstensaft. Er sah. gegen seine sonstige, gemütshellere Art, ernst, fast gedrückt aus. Grollte er dem einstigen Lehrling noch ob seines damaligen, brüsken Abschiedes? Der junge Gatte lachte und renommierte um so ungezwungener. Er entrollte mit leuchtenden Farben den ferneren Reiseplan, obgleich seine Frau meinte: Dieses Hasten sei ihr
schon völlig über, sie möchte am liebsten morgen daheim sein. Sie freute sich kindisch auf ihr eigenes Haus, aus das stilvolle Eßzimmer und ihren molligen, heliotrop- farbenen Salon. Und auf der grün umsponnenen Veranda werde ich gleich erster Tage sämmtliche Freundinnen mit Chokolade und Eis bewirten. „Sie sollen mich recht beneiden um meinen Ernst."
„Närrchen !" unterbrach er sie. „Was sollte Mama und die Bekannten sagen, hielten wir unsere Reisezeit nicht aus und überrumpelten sie, wie ein Dieb in der Nacht. Ich will Dir noch den Schwarzwald und den Bodensee zeigen. Noch köstliche Tage sind unser, ehe cS ins Geschäftsjoch geht, mit seiner ewigen Plackerei."
Sie sah sofort ein, ihr Ernst traf immer das Rechte. „Freilich, Liebster, eine Ausspannung thut Dir so nötig. Denken Sie nur, der Ärmste war ganz nervös, vor unserer Hochzeit."
„Richtig," unterbrach er sie wieder lachend. „Ich habe Faseleien verübt wie ein überstudierter, zerstreuter Professor. Nervös aufgeregt. Frage bei meiner Mama telegraphisch an: In welcher Kirche bin ich getraut? Es handelt sich um Beschaffung meines Taufscheines.'
„Und Mama telegraphierte zurück: Du hast den Kopf verloren alter Junge!" ergänzte die kleine Frau, zärtlich seine Hand fassend.
„Sie reiten wohl zu viel den Pegasus," schaltete der Hausherr trockenen Tones ein. Mit Geschästssorgen und Hochzellsvorbereitungen vertragen sich solche phantastischen Ausflüge nicht."
Wir lachten. Wußten wir doch alle. Brand hatte d«m jungen Mann einst schwer verübelt, daß er das Leben in der Apotheke, srei nach Schillers Glocke, in Versen geschildert und des Prinzipals kleine Schwächen geschickt gegeißelt.
„Nun, in unser Fremdenbuch gestatte ich Ihnen einen poetischen Erguß," suchte die gutmütige Hausfrau den Tadel des Eheherrn abzuschwächen. „Geh Hans«, hol' es her, und Feder und Tinte." (Forts, folgt.)