Wirtschaftszimmer auf der Nordseite vollständig um- grstaltrt worden. Der Boden, mit Linoleum bedeckt, ist von Zement, die Decke getäfelt und schön verziert, die Tische und Stühle sind altdeutsch gehalten und die buntfarbigen Fenster fügen sich ganz dem Charak­ter der Einrichtung an.' Dieses Wirtschaftszimmer macht einen durchaus vornehmen Eindruck und den Aufenthalt darin sehr behaglich. Der ganze Umbau muß demnach als recht gelungen bezeichnet werden.

Hirsau, 9. Septbr. Gestern starb die noch in den dreißiger Jahren stehende Frau des Schmieds Bolz hier unerwartet an einem Herzschlag. Dieselbe arbeitete am Oehmd und war eben im Be­griff, ein Bündel desselben heimzutragen, als der Tod ihrer Geschäftigkeit ein schnelles Ende machte.

Oberreichenbach, 8. Sept. Die Ge­meinde Altburg kaufte vorige Woche von Wagner Dittus hier eine auf hiesiger Markung gelegene Quelle um 2050 ^ behufs Herstellung einer Wasser­leitung und wurden die vorbereitenden Messungen gestern in Angriff genommen.

Altbulach, 10. Sept. Eine Schreckens- -^nacht liegt hinter uns. Gestern abend etwa um 9 Uhr brach in dem Schopfe des hiesigen Feuerwehrcomman- danten Rometsch Feuer aus. Die Bewohner des Hauses hatten sich bereits zur Ruhe begeben und so kam es, daß das Feuer ungehindert fortschreiten und zunächst die mit Vorräten reichgefüllte Scheune, sodann aber auch das Wohnhaus ergreifen konnte. Durch Nachbarsleute geweckt, konnte der Besitzer nur noch das Vieh retten und als endlich die Feuerwehren von hier und Neubulach eintrafen, stand das ganze An­wesen in Hellen Flammen. Man mußte sich darauf beschränken, das Nachbargebäude zu retten und den Hof dem verzehrenden Elemente überlassen. Plötzlich ging neue Schreckenskunde von Mund zu Mund: Es brennt auch bei Bauer Mast am andern Ende des Dorfes. Glücklicherweise war dieses Feuer bald gelöscht und ein Teil der Mannschaften war eben daran sich nach Haufe zu begeben, als von dem zur hiesigen Gemeinde gehörigen Weiler Kohlersthal die Nachricht eintraf, das Haus des Chr. Wünsch stehe in Brand. Auch hier war vas Feuer im Schopfe ausgebrochen und hatte sich mit rasender Schnellig­keit über Haus und Scheune verbreitet. Gerettet konnte nicht einmal alles Vieh werden und die Lösch­mannschaft des Weilers hatte die größte Mühe, die Nachbargebäude zu schützen, was ihr mit großer Mühe endlich auch gelang. Als nach längerer Zeit, infolge des großen Umweges über Thalmühle die Feuerwehr von Oberhaugstett ankommen konnte, war die Haupt­arbeit vorüber, doch dauerte der Brand die ganze Nacht hindurch. Leider ist der Letztgeschädigte nicht einmal versichert. In allen 3 Fällen vermutet man Brandstiftung.

Leonberg, 4. Sept. Der VI. landwirtschaft­liche Gauverband hat in der letzten Zeit im Simmen- thal 17 Zuchtfarren aufkaufen und sie gestern in Leonberg versteigern lassen. Die Versteigerung, zu

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der nur die Besteller zugelassen wurden, ergab einen Mehrerlös von über 1000 der jedoch den Käufern der Tiere wieder zu gut kommt. Die bei dem Ver­kauf erzielten Preise bewegen sich zwischen 455 und 1310 Den besten Farren erhielt die landwirt­schaftliche Akademie Hohenheim. Von den übrigen Farren kamen in das Oberamt Leonberg 9, in das Amtsoberamt Stuttgart 4 und in das Oberamt Schorn­dorf 3 Stück. Die Ankaufskommission, die ihre Auf­gabe in jeder Beziehung gut gelöst hat, bestand aus Oberamtstierarzt Knödler von Stuttgart, Oberamts­tierarzt Ehrmann von Schorndorf und Oekonom Wanner von Leonberg.

Stuttgart, 6. Sept. Zu dem plötzlichen Dahinscheiden des Oberhofmeisters a. D. Freiherrn Richard v. Reischach, schreibt derSt.Anz." u. a.: Der Verewigte, der langjährige erste Kavalier der Königin Olga, genoß in den weitesten Kreisen das Ansehen eines wahrhaft vornehmen und hochgebildeten Mannes. Insbesondere hat er sich durch sein Ver­ständnis für die Kunst und seine Bemühungen um die Erhaltung der Kunstaltertümer und ihre Wert­schätzung bekannt und verdient gemacht. Sein Schloß Rüßdorf und die dortige Kirche hat der Verewigte unter dem künstlerischen Beistand von Dombaumeister Beyer, Baurat Weigle, Maler Losen und anderen Kräften in alter Schönheit Herstellen lassen. Die Kirche ist eine der reichsten gotischen Dorfkirchen un­seres Landes und das Schloß ist, wie Paulus sagt, ein Muster eines mittelalterlichen Herrensitzes. Die Reischach besitzen Nußdorf zum Teil seit 1468, zum Teil ieit 1639 als württembergisches Lehen. Frhr. v. Reischach war Mitglied des Verwaltungsausschusses der Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Alter­tumsdenkmale und Mitglied der Sachverständigen­kommission zur Beratung des Konservators in Re­staurationssachen; desgleichen langjähriges Mitglied des Ausschusses des württembergischen Kunstgewerbe­vereins. Der Königin Olga war er als treuer Berater jahrelang bis zu ihrem Hingang zur Seite gestanden. S. M. der König, von dem jähen Ab­leben telegraphisch benachrichtigt, ließen sofort den Hinterbliebenen des Entschlafenen sein Allerhöchstes Beileid ausdrücken.

Stuttgart, 8. Sept. In der Ausstellung für Bäckerei u. s. w. ist ein wahres Ungetüm von einer Bretzel zu sehen. Sie hat eine Ausdehnung von 2,80: 1,50 m und ist. hervorgegangen aus der Bäckerei von E. G. Jäckle (Ludwigsstraße). Das Gewicht beträgt über 1 Ztr. Ein solches Ungeheuer läßt sich nur in einem Ofen neuester Konstruktion Herstellen. Ein neuer Ofen mit verstellbarem Herd kann im Hose der Gewerbehalle im Betrieb gesehen werden.

Marburg, 7. Sept. Von den älteren Cholerafällen in Bürgeln ist wieder einer tätlich verlaufen.

Berlin, 7. Sept. Der erste Fall asiatischer Cholera, der nicht eingeschleppt, sondern infolge leichtsinniger Lebenshaltung eingetreten ist, liegt allem

Anscheine nach hier vor. Am Dienstag Morgen starb der Bootsmann Karl Grothe auf einem Frachtkahr», an der Marchbrücke bei Charlottenburg, nachdem er am Abend vorher 3 Liter Birnen auf einmal gegessen und dazu einige Glas Weißbier getrunken hatte. Die Untersuchung der Exkremente in Koch's Institut soll unzweifelhaft Odolsia asiatloa nachgewiesen haben.

Berlin, 8. Sept. DasBerl. Tagebl." berichtet von einer Besprechung der Königsberger Rede Kaiser Wilhems durch die Nowoje Wremja. In dieser Besprechung wird gesagt, die Rede schließe gleichsam die Kriegsperiode der Hohenzollern ab und enthalte ein neues politisches Programm, das überall bewillkommnet werde. Der deutsche Monarch sichere sich einen Ehrenplatz unter den Friedensfürsten.

Elbing, 7. Sept. Ihre Majestäten der Kaiser und der König von Württemberg ritten heute früh nach dem Paradefeld, wo sie die Parade des 17. Armeekorps abnahmen. Der Ober­bürgermeister von Elbing, Elditt, bewillkommnele den Kaiser in einer Ansprache. Der Kaiser nahm nach der Begrüßung den ihm dargebotenen Ehrentrunk. Der Oberbürgermeister dankte in seiner Ansprache, dem Kaiser für sein Bemühen um die Wohlfahrt des Landes und erneuerte das Gelöbnis unwandelbarer Treue zu Kaiser und Reich.

Amsterdam, 8. Sept. Von den zahlreich angeworbenen freiwilligen Soldaten soll die erste Ex­pedition am Sonntag nach Lombok abgehen. Die Armee des Sultans von Lombok soll mit Repetir- gewehren englischen Systems bewaffnet sein.

Helsingfors, 7. Sept. Dreißig Fischer wurden beim Fischfang auf dem Finischen Meerbusen von einem Orkan überrascht. Acht Boote wurden umgeworfen 15 Fischer ertranken, die übrigen konnten sich auf ein Felseneiland retten, wo sie erst nach drei Tagen Hilfe erreichte, nachdem zwei gestorben waren. Von den noch Lebenden waren fünf typhuskrank und die übrigen vor Hunger und Kälte bewußtlos.

Buckingham, 8. Sept., 8 Uhr 40 Min. Der Graf von Paris ist gestorben.

In Amerika verstorben: Christian Un­gemach aus Deckenpfronn OA. Calw, 26 I., Detroit, Blich. Jakob Maurer, fr. Löwenwirt zu Ältbulach OA. Calw, 55 I., Raritan, N.J.

Landwirtschaft!. Dezrrksvereirr.

Im laufenden Herbst wird der Verein wieder den gemeinsamen Bezug guter Obstbäume für die Bezirks-Angehörigen vermitteln. Bestellungen sind binnen 10 Tagen an Herrn Oberamtsbaumwart Müller zu richten und zwar sind hiebei die Be­stellungen vom laufenden Frühjahr, welche wegen Mangels guter Ware unbefriedigt bleiben mußten,, zu erneuern.

Die Herren Ortsvorsteher der Landgemeinden werden um weitere Bekanntgabe dieser Veröffentlichung. ersucht.

Calw, den 9. September 1894.

Vereinsvorstand.

Oberamtmann Lang.

Müller, der nachmalige Oberamtsarzt und Medicinalrat gewählt, der in dieser Stellung viele Jahre lang segensreich gewirkt hat. In der Plenarversammlung vom 18. Juli 1860 wurde ihm auf seine Erklärung, daß er eine Neuwahl als Schüzenmeister nicht mehr annehmen könne,in Anerkennung seiner großen Ver­dienste, die er sich in einem Zeitraum von 15 Jahren erworben, der aufrichtigste Tank ausgesprochen, dem ein dreifach donnerndes Hoch folgte". Sein Nachfolger wurde ein anderer Müller, der seit 1847 der Gesellschaft angehörige, noch heute in bestem Andenken stehende Müller Reichert.

In die Zeit von vr. Müllers Amtsführung fallen weltbewegende Zeit­ereignisse, in denen Männer von sehr verschiedenen Parteistandpunkten von der extremsten bis zu der gemäßigtsten Richtung der Gesellschaft angehörten und es ist ein ehrendes Zeugnis für die Geschicklichkeit und den Takt des Schüzenmeisters, daß es ihm gelang, die Gesellschaft durch alle Fährlichkeiten ohne Schiffbruch hindurchzusteuern.

Einen lobenswerten Beschluß faßte der am 18. Juli 1845 neugewählte Ausschuß, (dem Bäcker Fein, Silberarbeiter Großhans, Buchdrucker Rivinius, Seifensieder Schlatterer, Stadtrat Schnaufer, Jpser Staudenmayer «en. und G. Majer von Hirsau angehörten), indem er die Anschaffung eines Protokollbuchs festsetzte und einen eigenen Schriftführer bestellte. In der zweiten Sitzung wurde der Etat festgestellt und alles weist darauf hin, daß mit diesem Jahr eine straffere Organisation beginnt. Es wird ein Inventar über sämtliche Requisiten der Gesellschaft ausgenommen, die Dokumente zur Erlaubnis der Schüzengesellschaft sollen von dem bisherigen Schüzenmeister, nötigen­falls anderen Orts beigeschafft werden, das Eintrittsgeld wird auf 1 fl. erhöht, für unbegründetes Fernbleiben von den Ausschußsitzungen wird ein Strafgeld von 12 kr. angesetzt, die Sitzungen sollen in der Regel bei Hrn. Beitter sein. Aufnahmen in die Gesellschaft müssen beim Kgl. Oberamt angezeigt werden, aber sonst ist ihre Stellung eme vollständig freie und unabhängige: sie bezieht keine Unterstützung mehr aus öffentlichen Kaffen, ganz im Sinne der Gründung vom 29. Januar 1794.

Wo damals geschossen wurde, läßt sich aus dem Protokolle erschließen. Am 14. Juni 1847 wird beschlossen, mit Beitter wegen Benüzung seines Gartens als Schießstätte einen geschriebenen festen Vertrag abzuschließen und sich auch bei Thudium z. bad. Hof zu erkundigen, ob dieser der Gesellschaft nicht günstigere Bedingungen stellen würde. Demnach muß schon damals im Beitter'schen Garten die Schießstätte gewesen sein und es scheint sich nur um eine schriftliche Fest­setzung des Vertrags gehandelt zu haben. Wenigstens lesen wir unterm 9. Juni 1848, daß das bisherige Schießhaus im Beitter'schen Garten sehr baufällig sei und der im Lauf dieses Jahres so sehr vergrößerten Schüzengesellschaft nicht mehr genügenden Raum darbiete. Die Gesellschaft wußte die damaligen Zeit­verhältnisse, die ihr eine starke Vermehrung der Mitgliederzahl brachten, vortreff­lich zu benützen, um unter vorteilhaften Bedingungen zu einem neuen größeren . Schießhaus zu gelangen. Es wurde ein Stück des Beitter'schen Gartens an­gekauft, die Stadt gab zur Erbauung des neuen Hauses (unter der Bedingung der Mitbenützung durch die Bürgerwehr) 2500 "Bauholz unentgeltlich ab, und verschiedene Mitglieder (Häring, Breuning, Wiedmann, Ziegler Keller, Müller Reichert, Kronprinz Stroh und Schlatterer zusammen, Bühler) erboten sich je einen Wagen Bauholz unentgeltlich vom Wald auf den Bauplatz zu führen. Schon am 24. August (Bartholomäustag) konnte das neuerbaute Schüzenhaus mit einem Scheibenschießen eröffnet werden. Um halb elf Uhr versammelte sich die Gesellschaft auf dem Marktplatz, um im Zug unter Vorantragung der Fest­scheibe nach dem Schüzenhause zu ziehen (Calwer Wochenblatt). Der Bauinspektor Barth wurde für seine Bemühung bei Erbauung des Schießhauses als Ehren­mitglied ausgenommen. Dieses Schüzenhaus bestand an dieser Stelle bis zum, Beginn des Eisenbahnbaus, wo es dann abgebrochen und an seine jetzige Stelle hinter der Gasfabrik versetzt wurde. 1869 wurde es nach seiner Wiederauf­richtung in Benützung genommen, so daß dies 25jährige Jubiläum des jetzt be­stehenden Schützenhauses mit dem 100jährigen der Gesellschaft in schöner Weise, zusammenfällt.

(Fortsetzung folgt.)