99. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. ßS. Ia-rgiu»-.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die EinrückungSgehühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung s Pfg. die AeUe, sonst 13 Pfg.
Samstag, den 25. August 1894.
»bonnementSpreiS vierteljährlich tu der Stobt »0 Pfg. mch LS Pfg. Lrägerlohn, durch die Potz bez,ge» DL 1. 1b, sonst üs ganz DKrttrmbery Mk. 1. Sb.
Amtliche HLekaantmechuNge«.
Bekanntmachung.
Die über den Ort Ostelsheim wegen großer Verbreitung der Maul- und Klauenseuche im angrenzenden O.-A.-Bezirk Böblingen verhängten Sperrmaßregeln vom 4. d. Mts. werden hiemit aufgehoben. Der Oltsvorsteher hat dies in ortsüblicher Weise bekannt zu geben.
Calw, den 20. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung.
Dem Oberamt ist Anzeige erstattet worden, daß die Hausbewohner den Kaminfegern häufig die Vornahme der Reinigung an den in die Kamine einmündenden Röhren verweigern oder dieselben vor Beginn der Kaminreinigung entfernen. Es wird daher darauf hingewiesen, daß nach Z 7 Abs. 2 der Kaminfeger-Ordnung vom 3. Okt. 1876 die mit den Oefen, bezw. deren Cirkulations- und Rauchabzugs- -röhren in Verbindung stehenden sogenannten Knieröhren, und die Röhren, welche den Rauch von Einheizwinkeln, Kochherden, Kesselfeuerungen und dergl. unmittelbar in ein Kamin einleiten, stets vom Kaminfeger zu reinigen sind.
Calw, den 23. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung einer Prüfung im Hufbeschlag an der K. Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart.
Für Schmiede, welche die in Artikel 1 des 'Gesetzes, betreffend das Hufbeschlaggewerbe, vom 28. April 1885, vorgeschriebene Prüfung im Hufbeschlag erstehen wollen, findet in der Zeit vom 4.-6. Oktober d. I. eine Prüfung an der K. Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart statt.
Diejenigen Kandidaten, welche diese Prüfung erstehen wollen und sich nicht an dem zur Zeit stattfindenden Lehrkurs an der Tierärztlichen Hochschule beteiligen, haben das Gesuch um Zulassung zu der Prüfung bis spätestens '12. September d. I. bei der Direktion der Tierärztlichen Hochschule anzubringen.
Bedingung für die Zulassung zur Prüfung ist der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedehandwerk und einer zweijährigen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei die Zeit der Beschäftigung im Hufbeschlag besonders angegeben sein muß. Die urkundlichen Nachweise hierüber sind mit dem Zulassungsgesuch vorzulegen.
Stuttgart, den 16. August 1894.
v. Ow.
Tagesneuigkeiten.
Calw. Die hies. Schützengesellschaft besitzt zwei Bilder, welche nicht ohne historischen Wert sind und uns einen interessanten Einblick in längst vergangene Zeiten gewähren. Um diese beiden Bilder den sich dafür interessierenden hies. Bewohnern zugänglich zu machen, hat die Schützengesellschaft die
selben im Laden des Hrn. E. Georgii für die nächsten 8 Tage zur Ansicht ausgestellt. Das eine derselben, in Oel auf Holz gemalt und ziemlich gut erhalten, stammt aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts und stellt den damaligen Schützenmeister Ge nt sch, Sattlermeister dar, sowie einen Teil des damaligen Schießhauses (jetzt städt. Armenhaus). Den untern Teil des Bildes ziert folgender Spruch:
Ist dir Ein Ambt vertraut, So wartt demselben ab, darmit an deinem fleiß man nichts Zu Klagen Hab Diß nahm Ich auch in acht als Stückmaister war Im Sieben Zchnhundert Zwanzig und 4te Jahr Dan die gesellschaft war mir Sonders Lieb und wehrt, weil Ich von Ihnen auch gebührend wird geEhrt Ich hatt Zwar Kein Profit niemalen bei dem schiesen, weil mein Profeßion dardurch versäume müsen Doch war Ich wohlvergnügt an einem Gläslein wein und kunt mit den Heren schütze in Ehren lustig sein Zum Angedenken Hab, in's Schicßhaus dis gestifft, Ihr Brüder folgt mir nach, weiß Euren rühm betrifft Christoph Gent sch dermaliger Schützenmaister Burger und Sattler in Calw.
Symbolum
Jesus Sey mein Zweck und Zihl Wann von hinnen Schulden will.
Das zweite Bild zeigt 4 bekannte Schützen in schmucker Uniform von der im Jahr 1848 nur aus Mitgliedern der Schützengesellschaft gebildeten Calwer Schützenkompagnie.
Wildbad, 21. Aug. Betreffs des Einbruchsdiebstahls in der Verkaufsbude des Achatwarenhändlers Treibs ist der Wert der fehlenden Waren nun auf ca. 10000 ^ festgestellt. In Stuttgart wurde, als der Mithilfe verdächtig, der hier m Stellung gewesene und am Morgen nach dem Diebstahl verschwundene Schreiner A. Lämmercr verhaftet. Die Hauptschuldigen sind nun in Leonberg festgenommen worden. Dort wurde ein Mann und eine Frauensperson erwischt, bei welchen sämtliche gestohlenen Gegenstände, in ein Wachstuch eingewickelt, vorgefunden wurden. (Diese Nachricht des „N. T." bestätigt sich, wie wir soeben erfahren, nicht. Red. d. C. W.)
Stuttgart, 22. Aug. In hies. Zeitungen ist heute eine aktenmäßige Darstellung des kommandierenden Generals des fünfzehnten Armeekorps von Blume über die beiden Unglückfälle beim Waiblinger sog. Todesmarsch zu lesen. Die Darstellung, nach der Vorgesetzte und Untergebene lediglich ihre Pflicht ge- than hätten, kommt zu dem Schluß, daß in den beiden Verunglückten nur die Opfer einer bis zum letzten Augenblick bewährten Pflichttreue beklagt werden könnten. Ihrer Handlungsweise das unlautere Motiv der Furcht vor vermeintlich zu erwartender Strafe für ihr körperliches Unterliegen unterzuschieben, hieße das Andenken der Toten schänden.
Stuttgart, 23. Aug. Auf Veranlassung der freien Vereinigung der Handelsgehilfen Stuttgarts sprach gestern Abend in der Siegelberger Bierhalle Hr. Julius Türk aus Berlin über die wirtschaftliche Lage der Handlungsgehilfen. Hr. Türk definierte den Begriff des vielzitierten Geschäftsinteresses, für das der Handlungsgehilfe cinzutreten habe, als einen vagen Begriff, hinter dem sich zwar das Interesse der Handlungschefs, nicht aber dasjenige der Handlungsgehilfen versteckt. Vor allen Dingen hätten die letzter» für sich selbst zu sorgen. Auf dieser Grundlage baute der Redner seine Postulats auf: Volle
Sonntagsruhe, vierwöchentliche Kündigungsfrist von Ultimo zu Ultimo, Abschaffung der vertragsmäßigen Konkurrenzklausel, Abschaffung des Zeugniszwanges, Einführung des Kaufmännischen Gewerbegerichts, anständige Honorierung, Abschaffung der Lehrlingszüchterei und endlich Einführung der 10-stündigen Arbeitszeit für Gehilfen und der 8,stündigen Arbeitszeit für Lehrlinge. Die Ausführungen des Redners, der zum Schluffe den Beitritt zur freien Vereinigung empfahl, wurden von der Versammlung, die etwa 600 Teil» nehmer aufwies, mit lebhaftem Beifall entgegengenommen.
Cannstatt, 23. Aug. Heute Mittag wurde der Leichnam des 24 Jahre alten Verw. Kand. Wörle aus Calw beim städt. Waschhaus aus.dem Neckar gezogen. Unmittelbar hinter dem Leichnam trieb der Nachen mit einigen Effekten des Verunglückten neckarabwärts. Der Verstorbene war seit einiger Zeit stellen- und mittellos. (Der Ertrunkene war der Sohn des früheren, jetzt verstorbenen Amtsdieners Wörle hier. Red. d. C. W.)
Untertürkheim, 21. August. Ein Gang durch die Weinberge läßt die Fortschritte, welche der Weinstock in den letzten Wochen ungeachtet der wenig günstigen Witterungsverhältnisie gemacht hat, nicht verkennen. Man trifft in allen Lagen vollständig gefärbte Trauben, Frühklevper, Mailinger u. a., und auch die Portugieser begstlnen sich zu färben. Allerdings ist der Reifegrad etwas hinter den an di« Blütezeit geknüpften Erwartungen zurückgeblieben.^ Allein bei der durchweg üppigen Belaubung und der Feuchtigkeit des Bodens, deren Mangel im Vorjahr trotz des herrlichsten Wetters die^ Ausreifung der Trauben sehr verzögerte, kann dieser Plangel durch sonnenreiche Septembertage mit warmen Nächten ganz wohl ausgeglichen werden. Es ist daher die Hoffnung, einen gut trinkbaren WMn zu erhalten, um so weniger aufzugeben, als die, Wnentlich in Gegenden ohne Weinbau, verbreitete Meinung, heiße Augusttage seien die Vorbedingung eines guten Weins, eine irrige ist. Es haben beispielsweise die heißen Augusttag« voriges Jahr mehr geschadet als genützt.
Markgröningen, 22. Aug. Beim heurigen Schäferlauf (Bartholomäusfeiertag) wird, wie erstmals im vorigen Jahr, ein historischer Festzug ftattfinden, der Gruppen aus Geschichte und Sage des Festes enthält. Dem Kirchgang schließt sich der Festzug an und diesem folgen die verschiedensten Belustigungen auf dem Festplatz, worauf die Verlosung von 30 Schafen auf dem Rathaus stattfindet. Im Saal dieses altertümlichen Baues wird von abends 8 Uhr an getanzt.
Murrhardt, 20. Aug. Auf gräßliche Weis« verunglückten am heutigen Nachmittag das 6- und 7jährige Söhnlein des Schuhmacher G. hier. Dieselben hatten von andern Knaben gegen Tausch ein Schüsselchen voll „ungelöschten" Kalk eingehandell. In unbewachtem Augenblick — der Vater war auf einem Markt, die Mutter mit der Haushaltung beschäftigt — gossen die beiden Knaben in der Werkstatt ihres Vaters Wasser auf den Kalk und verschlossen das Gefäß mit einem Pappdeckel. Neugierig entfernten sie letzteren wieder nach kurzer Zeit; in demselben Augenblick ergoß sich der glühend heiße