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seiner Gemahlin geb. Leisinger von der Hochzeitsreise zurückkehrend hier ein. 6 Mitglieder der bürgerlichen Kollegien begrüßten die Neuvermählten am Bahnhof und gaben denselben das Geleite zur Wohnung. Vor dem dekorirten und illuminierten Hause hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt. Die hiesigen Turnvereine führten einen Fackelreigen aus. worauf die vereinigten Gesangvereine mehrere Lieder zum Vortrag brachten. Der Oberbürgermeister dankte vom Fenster aus für die herzliche Begrüßung und brachte ein Hoch auf die Stadt aus. Die Feier wurde leider durch heftigen Regen beeinträchtigt.

Reutlingen, 8. Aug. Ein sehr bedauerlicher Unglücksfall hat sich gestern Abend in der Lindachstroße ereignet. 2 Kinder hatten sich, ungesehen vom Fuhr­mann, auf den Wagenhang eines Fruchtfuhrwerks gesetzt, und waren eine Strecke weit mitgefahren. In der Nähe des Anner'schen Fabrikanwcsens von dem Fuhrmann bemerkt, suchten sie ihren Platz zu ver­lassen, was einem von ihnen auch gelang, das andere Kind aber, das 4jährige Knäblein eines hiesigen Feldwächters geriet so unglücklich unter die Räder des Fuhrwerks, daß ihm dieselben gerade über den Leib gingen, und das Kind nach einer Stunde seinen schweren inneren Verletzungen erlag.

Marbach, S. Aug. Seit 25. Juli weilen in den Luftkurorten Sinzenburg, Bad Rietenau und Oppenweiler 3 Stuttgarter Ferien­kolonien, Knaben und Mädchen mit zus. etwa 60 Kindern. Diese Orte zeichnen sich durch dichte, harzduftende Waldungen und frische, gesunde Luft aus. Wer die bleichen, schmalen Gesichter der Kinder bei ihrer Ankunft erblickte, der muß bei ihrem jetzigen Anblick staunen, wie die Spaziergänge in die nahen Waldungen, der längere Aufenthalt in denselben, die munteren Spiele mit den fröhlichen Gesängen und die nahrhafte und reichliche Kost, die überall dargereicht wird, freudestrahlende Augen und rote Wangen ge­schaffen haben. Diese so segensreiche Einrichtung der Ferienkolonien, die ein so frohes Aufleben der Kinder hervorbringt, möge diejenigen befriedigen, die in edler Menschenfreundlichkeit dieser so wohlthätigen Sache ihre Unterstützung angedeihen lassen. Der Dank der Kinder und Eltern wird nicht fehlen.

Heilbronn, 9. Aug. Der Inhaber eines hiesigen Weißwarengeschäfts hatte sein 15jähriges Laufmädchen im Verdacht, daß ihn dasselbe bestehle. Auf Anzeige bei der Polizei wurde in der Wohnung der Mutter des Mädchens eine Visitation vorgenommen, welche ein überraschendes Ergebnis hatte; Kästen und sonstige Behältnisse steckten voll neuer Ware. An­fangs erklärte die Mutter, diese Vorräte seien die Aussteuer ihrer Tochter, jedoch der herbeigerufene Kaufmann erkannte Alles als sein Eigentum, worauf das Mädchen nicht mehr leugnen konnte, die Ware

nach und nach gestohlen zu haben. Nach oberflächlicher Schätzung haben die Waren, welche das Mädchen aus den Magazinen gestohlen hat, einen Wert von mindestens 300 Mk. Die Diebin ist verhaftet, die Mutter kommt wegen Hehlerei in Untersuchung. (N. Ztg.)

— Auf der Tagesordnung des am 26., 27. und 28. August in Ellwangen stattfindenden 36. Verbandstag der württ. Gewerbcvereine stehen u. a. folgende Referate: 1) Die soziale Reform in Bezug auf Arbeitsnachweis und Wanderarme; Referent Prof. Dr. Huber, Sekr. der Handelskammer Stuttgart; 2) die Umgestaltung des Konkurswesens; Referent Handelsschuldirektor C. Spöhrer, Calw; 3) die Unfallversicherung der Handwerker mit Rücksicht auf die Ausdehnung des Unfallversicherungszwangs auf die Handwerker nach dem Ende Juni 1894 ver­öffentlichten Reichsgesetzentwurf. Die Diskussion wird von Prof. Dr. Huber eingeleitet. 4) Inwieweit kann dis Schule den Interessen des Gewerbestandes Vor­arbeiten? Referent Prof. Wilh. Beißwanger.

Gründelhardt, 7. Aug. Am letzten Sonn­tag vormittag fing während des Gememdegesanges auf einmal die Orgel an zu streiken und war von ihrem Vorhaben nicht mehr abzubringen. Während der Predigt wurde das altehrwürdige Musikwerk vom Organisten einer gründlichen Musterung unterzogen. Aber welche Ueberraschung! Er fand eine ganze An­zahl Taubenköpfe und andere animalische Ueberreste. Ein Marder hatte allem Anschein nach seine Beute hieher geschleppt, um sie in der Stille verzehren zu können. Zwei in der Gegend bekannte Nimrode be­gaben sich andern Tags in der Frühe mit ihren ge­ladenen Jagdflinten in die Kirche, um den Marder am Orte seiner Unthaten zu beschleichen, mußten aber nach langem Warten aus dem seltsamen Jagdrevier unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Mannheim, 9. Aug. Sämtliche Offiziere der hiesigen Garnison wohnten gestern hier im Zirkus Schumann einer Schießprobe mit dem Dowe-Panzer bei und brachten Original-Munition und das Gewehr Modell 88 mit. Der Panzer wurde nicht durchschossen. Die Meldung aus Spandau, wonach bei einer Probe der Panzer durchlöchert worden sein sollte, muß daher erfunden sein.

— Aus dem Mainz au wird berichtet: Es giebt in der hiesigen Gegend eine solche Menge von Frühobst, namentlich Birnen, daß es sich bei den niedrigen Preisen kaum lohnt, dasselbe zu pflücken. Vielfach bleiben die Birnen auf den Bäumen hängen. Das Pfund wird höchstens Mit 4 Pfennig bezahlt.

Mainz, 11. Aug. Heute Morgen um 6 Uhr wurde der Raubmörder Rohrbacher durch den Scharfrichter Brand mittelst des Fallbeils auf dem Weiberhofe des Justizgcfängnifses hingerichtt. Der

Akt dauerte zwei Minuten. Der Gefängnißgeistliche betete laut die Sterbegebete, worauf Staatsanwalt Lang das Todesurteil vorlas und dem zum Tode Verurteilten mitteilte, daß der Landesherr der Ge­rechtigkeit freien Lauf lasse. Der Scharfrichter und seine Gehilfen faßten Rohrbacher unter den Armen und führten ihn die wenigen Stufen zum Schaffst hinauf, und nach einem kurzen Augenblicke kündete ein dumpfer Schlag des Fallbeils an, daß das Urteil vollzogen war.

Karlsbad, 10. Aug. Reichskanzler Graf Caprivi wird am 26. d. M. hier zur Kur erwartet.

Genua, 11. Aug. In der Wohnung des Komponisten Verdi wurde gestern ein frecher Ein­bruch verübt. Vier Einbrecher demolierten fast alle kostbaren Gegenstände, schleppten die Geldkassette mit. Wertpapieren und zwei Säcke voll Wertsachen fort und entflohen. Verdi, welcher abwesend ist, wurde telegraphisch von dem Einbruch benachrichtigt.

Catania, 9. Aug. Nach den letzten Nach­richten sind bei den Erdbeben in der Gegend des- Aetna 13 Menschen getötet, 29 verwundet worden. Die einsturzdrohenden Häuser sollen niedergerissen werden.

Paris, 10. August. Der Assisenhof des Departements Cote d'Or verurteilte heute drei An­archisten wegen Aufreizung zum Mord und Verleitung von Soldaten zur Desertion unter Anwendung des neuen Gesetzes zu fünf Jahren Zwangsarbeit und Landesverweisung.

Paris, 11. Aug. Letzter Tage hat zwischen hier und Petersburg ein reger Depeschenwechsel statt­gefunden. Es heißt, diefranzösischeRegierung habe sich mit der russischen verständigt, daß die Flotten beider Länder gemeinsam in Korea Vorgehen würden, falls eine andere Macht die gegen­wärtige Lage zum Nachteile Rußlands ändern sollte.

Lyon, 12. Aug. Caserio soll nunmehr nach dem 15. d. M. hingerichtet werden, da gegenwärtig in Lyon ein Musikwettstreit stattfindet, der bis zum 15. d. M. dauert.

Warschau, 11. Aug. Infolge einer Ex­plosion schlagender Wetter stehen die Kohlengruben der französisch-italienischen Bank in Dombrowa in. Flammen. Mehrere Hundert in den Gruben be­findliche Bergleute werden als verloren angesehen.

New-Jork, 11. Aug. Ein Zug der Union» Pacific-Bahn stürzte in der Nähe von Linkoln (Nebraska), in einer Höhe von 15 in von einer Brücke herunter.. Der Maschinenkessel explodierte. 15 Personen wurden mehr oder weniger schwer verletzt, gegen 12 Personen wurden getötet; der Lokomotivführer und Heizer ver­brannten auf entsetzliche Weise. Das Unglück soll infolge böswilliger Aushebung einer Schiene ent­standen sein.

Amtliche Kklravntnmchuvgen.

VeknnirtnincCiriig.

Die Fabrikanten I. F. Staeliw in Calw beabsichtigen auf dem bei ihrer Fabrikanlage in Kentheim, auf Markung Waldeck, gelegenen Wehr an der Nagold zur besseren Ausnützung ihrer Wasserkraft einen 0,25 m hohen beweglichen Wehraufsatz anzubringen.

Dies wird mit dem Bemerken bekannt gegeben, daß etwaige Einwendungen gegen das Vorhaben innerhalb 14 Tagen, vom Tage der Ausgabe dieses Blattes an gerechnet, bei dem Oberamt, woselbst auch die Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne zur Einsicht auflieaen, anzubringen sind, und daß nach Ablauf dieser Frist Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden können.

Calw, den 10. August 1894.

K. Oberamt.

Sufse 1, stv. Amtmann.

G. Stv.

Kirchengemeinde Calw.

Der Etat der Kirchenpflege 1894/95 ist im Amtszimmer des Unterzeichneten für die Kirchengemeindegenoffen zur Einsicht aufgelegt vom 14.—21. August.

Calw, 13. August 1894.

Evangel. Stadtpfarramt I. Braun.

eflrksfchulversammlung.

Nächsten Freitag, den 17. Aug., wird die Bezirksschulversammlung von vormittags halb 10 Uhr an im großen Saal des Veremshauses dahier gehalten werden.

Diejenigen Gemeinden, welche mit ihrem Beitrag zur Lehrerlesegesellschaft- noch im Rückstand sind, werden ersucht, den Betrag dem betr. Lehrer mitzugeben. Calw, 13. August 1894.

K. Wezirksschucinfpektov.

Braun.

Schömberg OA. Neuenbürg.

Am Sonntag, den IS. August, wird das

Bezirks Alissionsfest

hier gefeiert mit einem Gottesdienst nachmittags 2 Uhr, bei welchem 2 Missionars (Jaus und Limb ach) Vorträge halten werden.

Ev. Pfarramt.

Am Uame« des Königs!

des jung Jakob Faas, Bäckermeisters in Liebenzell, Privatklägers, gegen den am 6. Juli 1859 zu Bleichstetten ge­borenen und in Liebenzell wohnhaften, verheirateten Flaschner Johann Georg Katzenmaier, Angeklagten, wegen Beleidigung, hat das Königliche Schöffen­gericht zu Calw in der Sitzung vom 2. Mai 1894, an welcher teilgenommen haben:

Oberamtsrichter Deckin ger als Vorsitzender,

Privatier W. Federhaff von Calw, Rotgerber C. Bozenhardt von Calw als Schöffen,

Justizref. Klöpfer als Gerichtsschreiber,

für Recht erkannt:

Der Angeklagte ist eines Vergehens der öffentlich verübten Beleidigung schul­dig und wird deshalb zu der Gefängnis­strafe von einer Woche und zur Tragung der Kosten des Verfahrens, sowie zum Ersatz der dem Privatkläger erwachsenen notwendigen Auslagen verurteilt.

Dem Beleidigten jung Jakob Fass, Bäckermeister in Liebenzell, wird die Be­fugnis zugesprochen, die Verurteilung des Katzenmaier auf dessen Kosten binnen zwei Wochen nach Zustellung des rechts­kräftigen Urteils an ihn durch einmalige Einrückung des verfügenden Teils des Urteils im Anzeige-Teil des Calwer Amtsblatts öffentlich bekannt zu machen, was hiemit geschieht.