94.
Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
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Dienstag, den 14. August 1894.
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Amtliche Aekarmtmachrmge».
Bekanntmachung.
Die Maul- und Klauenseuche in Oberreichenbach ist erloschen, dagegen in Ottenbronn in einem Gehöfte ausgebrochen.
Calw, den 11. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung,
Maul- und Klauenseuche betr.
Mit Rücksicht auf den Ausbruch der Maulund Klauenseuche inOttenbronn werden für diesen -Ort, sowie für die Gemeinden Neuhengstett, Möttlingen, Unterhaugstett, Ernstmühl und Hirsau zunächst auf He Dauer von 14 Tagen nachstehende Matznahmen -verfügt.
Es ist verboten:
1) Das Treiben von Rindvieh, Schweinen und Schafen auherhalb der Feldmarkgrenzen in den genannten Gemeinden. Gestattet ist jedoch die Benützung von Vieh zu Feldarbeiten auf angrenzenden Markungen.
2) Die Verladung von Rindvieh, Schweinen und Schafen auf der Eisenbahnstation Hirsau.
3) Die Weggabe von Magermilch aus Sammelmolkereien in obigen Gemeinden in der Weise, daß nur solche Milch abgegeben werden darf,
^ welche zuvor auf mindestens 100 " Celsius erhitzt worden ist.
Die Ortsvorsteher der genannten Gemeinden haben vorstehende Maßregeln sofort in ortsüblicher Weise bekannt machen zu lassen und hiebei darauf hinzuweisen, daß die Unterlassung oder Verspätung
der Anzeige von Seuchenausbrüchen und die Zuwiderhandlung gegen die ergangenen Anordnungen nicht nur Bestrafung, sondern auch den Verlust der Entschädigung für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh nach sich zieht.
Calw, den 11. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung.
Die Ortsarmenbehörden des Bezirks erhalten unter Hinweis auf den Minist.-Erlaß vom 30. v. Mts., betr. die Veranstaltung einer Statistik der öffentlichen Armenpflege (Amtsbl. S. 289) den Auftrag, nach Maßgabe dieses Erlasses Erhebungen über die öffentliche Armenpflege je in ihrem Armenverband anzustellen, und das Ergebnis unter Benützung des ihnen zugehenden Formulars längstens bis 15. Oktob. d. I. dem Oberamt vorzulegen.
Calw, den 11. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Bekanntmachung.
Die unterm 28. v. Mts. wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in Aichhalden und Oberweiler bezüglich dieser Orte und der Gemeinden Aichelberg, Neuweiler, Zwerenberg, Hornberg getroffenen Maßnahmen (s. Amtsbl. Nr. 88) werden hiemit aufgehoben. Die Ortsvorsteher der genannten Gemeinden haben dies in ortsüblicher Weise bekannt machen zu lassen.
Calw, den 13. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
An die Ortsvorsteher.
Dieselben erhalten den Auftrag, die Viehbesitzer, deren Tiere für die Prämierung bei dem landwirt» schaftlichen Hauptfest in Cannstatt in Betracht kommen können, auf die Bekanntmachung in der letzten Nummer des landwirtschaftlichen Wochenblatts hinzuweisen.
Die Formularien zur Anmeldung sind vom Sekretariat der K. Centralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart direkt zu beziehen.
Calw, den 13. August 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Tagesneuigkeiten.
Wildbad. Der am 7. dss. Mts. in dem Walde Mittelberg etwa 1'/- Stunden von hier, tot aufgefundene junge Mann ist als der Studierende der Medizin Richard Weil von Straßburg, gebürtig aus Stuttgart, festgestellt worden. Die angestellten Ermittelungen haben ergeben, daß der Tod infolge eines Herzschlages eingetreten ist, welchem der auf einem Spaziergang begriffene, nach dem Ergebnisse der Leichenöffnung an einem starken Herzfehler leidend« Mann erlegen ist. Für Annahme einer verbrecherischen Handlung haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Der bei dem Toten aufgefundene geladene Revolver ist von diesem offenbar abgelegt worden, als er sich, vom Unwohlsein ergriffen, nieoerlegte.
Stuttgart, 11. Aug. Kartoffel- und Kraut markt. Zufuhr 700 Ztr. Kartoffeln, Preis per Zentner 3 50 bis 3 80 -A — 1500
Stück Filderkraut Preis per 100 Stück 20—25
Eßlingen, 12. Aug. Oberbürgermeister Dr. Mühlberger traf gestern Abend 7 Uhr mit
^ INachdruck verbot-n-I
Wom Wcrume dev GvkenntniS.
Roman von Georg Hoecker.
(Fortsetzung.)
Da kam eS jammernd über Evas Lippen. Diese rauste sich die Haare und 'wirre, unverständliche Laute entrangen sich ihren Lippen. Sie wußte selbst kaum, was sie that, als sie ins Zimmer zu ihrem schlafenden Kinde eilte. Den tiefen Schlummer des Knaben wagte sie nicht zu stören; aber ein Bild fassungsloser Verzweiflung brach sie neben dem Bettchen nieder.
Wie still, sanft und friedlich das Kind schlief! Keine Ahnung trat bedräuend in seinen Daum; es wußte nichts davon, daß drüben sein Vater im Sterben lag, leine Ahnung auch sagte es ihm, daß neben ihm das pflichtvergessene Weib auf den
Rnieen lag. die Hänve rang und bitterlich schluchzte-das undankbare Weib,
um dessentwillen der gute Vater in den Tod zu gehen sich angeschickt hatte!
Eoa wollte wieder beten, aber sie vermochte es nicht zu thun. Ihre Gedanken verwirrten sich und wie Wahnsinn kroch es schlanzengleich an sie heran.
Die Lippen waren ihr wie vertrocknet und das Blut schoß feuergleich ihr durch die Adern. Mit jammernder Gebilde hob sie die gefalteten Hände zum Himmel auf; sie konnte nicht beten, kaum ein zusammenhängendes Wort vermochte sie zu
erdenken-und doch lebten in dieser Stunde tausend heiligende Vorsätze in
ihrem Herzen.
Mitten hinein in ihre Verzweiflung klang das Geraffel von Klingeln, wie sie zur Winterszeit an Pferdegeschirren angebracht zu werden pflegen.
Pfeilschnell fuhr Eva in die Höhe und lauschte. Das Geräusch kam immer näher und näher.
Die Bäuerin stürzte aus der Tbür und auf den Gang hinaus. Sie achtete
nicht auf das Gesinde, das sich neugierig in diesem drängte und mit scheuen Blicken die Herrin betrachtete.
Voran schnellte Eva, so schnell si: ihre Füße nur tragen wollten. Als sie an der Thür vorüberkam, hinter welcher sie Adam liegen wußte, da kam ein banges Röcheln über ihre L'ppen und gleich einer Verwünschung gellte es von diesen.
Eben kam schon der Arzt, in winterliche Pelze eingehüllt zur Thür herein und stampfte den Schnee von den Füßen. Eva sah den jüngeren Mann, welcher ihm auf dem Fuße folgte, bereits nicht mehr — mit einem unartikulierten W.chslaut brach sie plötzlich nieder und umklammerte die beiden Kniee des Arztes.
.Ich beschwör' Sie um Gottes und aller Heiligen Willen: retten Sie mir den Mann!" ächzte sie. .Ich . . ich kann ja nimmer leben . . ohne ihn! . . ich Hab' ja so viel gut zu machen . . an ihm . . retten Sie den guten, braven Mann!"
Der Arrt war natürlich um so mehr überrascht und betroffen, als er den inneren Zusammenhang de: Dinge durchaus nicht ahnen konnte. Bestürzt suchte er die nunmehr fassungslos Weinende von den Knieen aufzuheben.
.Nun, nun . . nur nicht verzweifelt, hoffentlich komme ich noch zurecht!" begütigte er in seiner menschenfreundlichen Weise. .Ein schlimmer Fall freilich . . ich Hab' mir zur Unterstützung gleich einen jüngeren Kollegen mitgebrachl . . . nun seid aber hübsch stark und gefaßt und führt uns zu Eurem Mann!"
Im Krankenzimmer zeigte der Arzt freilich ein bedenkliches Gesicht; er brauchte nicht zu fragen, der bloße Anblick lehrte es ihn schon, daß es wirklich verzweifelt um den Tölzbacherbauern stand.
Eva schwankte auf ihn zu. Die gefalteten Hände hob sie gegen ihn auf.
.Saget . . . wird mein Mann . . gerettet werden . ." hauchte sie.
.DaS steht in Gottes Hand!' entgegnete der Arzt. .Jedenfalls ist's Hohr Zeit, daß wir gekommen sind . . nun geht schön hinaus und laßt mich mit meinem Kollegen allein!"
(Schluß folgt.)