»72

ingen waren etwa 4000 FeuerwehrmLnner von 164 verschiedenen Korps erschienen. Ueberall pulsierte frohes Leben und heitere Laune.

Berlin, 30. Juli. Ahlwardt erklärt die Nachricht, er habe ein Gnadengesuch eingereicht, für unwahr; er werde die Strafe antreten, sobald er dazu aufgefordert werde.

Schneidermeister Dome stellt in einer Zuschrift an dieKreuzzeitung" in Abrede, daß sein Panzer in Spandau durchschossen worden sei.

Berlin, 31. Juli. Entgegen anderweitigen Meldungen teilt dieKreuzztg." mit, daß eine Neu­bewaffnung der Armee bei der Vortrefflichkeit unseres jetzigen Gewehrmodells derzeit nicht in Aussicht stehe. N a chtgefechte finden jetzt dauernd in der Um­gebung Berlins statt. Die Truppen rücken nachmit­tags um 5 Uhr aus und kehren nach Mitternacht in die Garnison zurück. ^

Wien, 30. Juli. Erzherzog Wilhelm, welcher in Baden bei Wien weilte, stürzte gestern vom Pferd, das vor der elektrischen Bahn scheute, und wurde schwerverletzt in seine Villa transportiert, wo er zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags verschied. Erzherzog Wilhelm stammt aus der von Kaiser Leo­pold abzweigenden erzherzoglichen Linie als Sohn des 1874 verstorbenen Erzherzog Karl Ferdinand; er ist geboren zu Wien 1827, Feldzeugmeister, General­inspekteur der Artillerie und Großmeister des deut­schen Ordens im Kaisertum Oestreich; Hoch- und Deutschmeister, Inhaber des Jnf.-Reg. 4, des Jnf.- Reg. 12, des Korps-Art.-Reg. 3, Chef des preuß. Feldart.-Reg. Prinz August von Preußen (ostpreuß.) Nr. 1 und der ruff. Batt. Nr. 1 von der 7. reitenden Art.-Brigade.

Wien, 31. Juli. Dem Vernehmen nach hat Erzherzog Wilhelm seinen Neffen, den Erzher­zog Eugen, der Hochmeister des Deutschen Ritter­ordens wird, zum Universalerben eingesetzt. Der Kaiser und sämtliche Mitglieder des Kaiserhauses treffen heute hier ein. Die Zahl der Beileidsbe­zeugungen, darunter eine in herzlichen Worten abge­faßte Depesche des deutschen Kaisers, desgleichen eine des Zaren, ist sehr groß. Die Beisetzungsfeierlich­keiten finden am Freitag nachmittag statt.

Livorno, 31. Juli. Der Anarchist L u c ch e s i, welcher der Mörder Bandi's sein soll, ist gestern Abend auf derPalestina" hier angekommen und sofort in's Gefängnis und vor den Untersuchungs­richter geführt worden. Der Kutscher Bandi's, der mit Lucchesi konfrontirt wurde, erklärte mit Bestimmt­heit, derselbe sei der Mörder nicht.

Auf der japanischen Gesandtschaft in Lon­don liegt folgende authentische Nachricht aus Aoko­tz am a vor: Infolge schwerer Provokation waren drei japanische Kriegsschiffe gezwungen, chinesische Kriegs­schiffe bei Fontao anzugreifen. Das Resultat war, daß ein chinesisches Transportschiff mit Soldaten in

den Grund gebohrt wurde. Die anderen chinesisch«»», Schiffe entkamen, die japanischen Kriegsschiffe blieben, unversehrt.

Shanghai, 30. Juli. Auf dem von der»: Japanern mittelst eines Torpedos in den Grund ge­bohrten chinesischen TransportschiffeKowshung" befanden sich 1500 Mann, von denen nur 40 ge­rettet wurden und zwar durch das französische Kanonen-. bootLeon". Alle Uebrigen, darunter alle aus­ländischen Matrosen, die Offiziere und Ingenieure des Schiffes ertranken.

Aokohama, 30. Juli. Die Marine-- und Landreservetruppen erhielten Befehl, sich- in ihre betreffenden Depots zu begeben. Die Chinesep-sierlasien zu Tausenden Japan.

Juni 25jijhrigeu Amtsjnbiliium

öes Krn. ScHuttheißerr Schott in Unterreichenbach den 29. Juli 1894.

Schon sind es fünfundzwanzig Jahr,

Da regt' sich's in der Bürgerschar Im Pfarrdorf Unterreichsnbach:

Soll wählen man denMann vom Fach"? Soll's nur ein schlichter Bürger sein.

Der in das Rathaus ziehe ein Und als der künft'ge Ortsvorstand Den Bürgern allen ist bekannt?

Wen wählen wir? das ist die Frag'

An diesem wicht'gen Wählertaa.

Ist dieser wohl der rechte Mann,

Jst's gar mit jenem wohlgethan?

Erst flüstert man's, dann sagt man's laut:

Ein Ortsvorstand, auf den man baut.

Ein Mann für uns, wie er sein soll.

Das ist ver junge Schreiner Scholle Sie wählten Dich, Du teurer Freund,

Und haben's gut mit sich gemeint.

Sie gaben ihre Stimme Dir

Dem Ort und Amt zur Ehr' und Zier.

Schon mancher zwar, der Dich gewählt.

Ist längst den Toten zugezählt.

Du bautest ihm sein letztes Haus Er ruht von Müh' und Plagen aus Und schlummert bis zum jüngsten Tag,

Da Gott ihn froh erwecken mag.

Doch wer vergnügt noch um Dich sitzt Beim Mahle, das die Liebe würzt.

Sagt sich: wär' ich gewesen toll.

Wählt' ich nicht einst den wackern Scholl!

Nun sägst und hobelst, hämmerst Dn.

Mit selt'ner Gab' in gleicher Ruh'

Zu Hause und im Rathaussaal Mit Maß und Takt bei jedem Fall;

Gerecht und billig wägst Du ab,

Wie's des Gesetzes Geist Dir gab,

Läß'st sprechen auch Dein weites Herz,

Verstehst der Armen Not und Schmerz,

Erhörest gern der Witwen Fleh'n,

Läß'st sie getröstet von Dir geh'n.

Als Schöffe bist Du auf dem Plan ,

Und stellst mit richt'gem Takt den Mann, />

entsetzliche Weise ist gestern der 68 Jahre alte Wirt und Wagner Adam Bauer von hier umS Leben ge­kommen. Derselbe begab sich am Abend, ohne seinen Angehörigen eine Mitteilung davon zu machen, ins Kirschenpflücken. Als er nicht heimkehrte, wurde er gesucht und am Morgen an einem Zaunpfahl aufge­spießt, tot unter einem Kirschbaum gefunden. Zweifel­los war der Unglückliche vom Baum gefallen, wobei chm ein Pfahl den Hals durchbohrte.

Ebingen, 29. Juli. Ein Bursche von der schlimmsten Sorte wurde gestern Abend von der hie­sigen Sicherheitsbehörde aufgegriffen. Derselbe, Namens Haller aus Hausen o. V-, widersetzte sich, als er festgenommen wurde, unter allen möglichen Drohungen und schlug, als er im Arrestlokal unter­gebracht war, die dort befindlichen Möbelstücke und Gefässe rc. zusammen, zertrümmerte auch die Fenster und benahm sich überhaupt wie ein wildes Tier. Dabei schrie der Gauner aus Leibeskräften:Hoch die Republik, hoch die Anarchie!" Der wahnwitzige Mensch wurde gebunden und in denBürgersturm" verbracht, bis sich seine Aufregung wieder gelegt hat.

Friedrichshafen, 27. Juli. Gestern um Mitternacht wurde in Hofen in der Wohnung des Lokomotivführers Baroth ein Diebstahl ausgeführt. Der Dieb stieg zum Fenster der eben gelegenen Woh­nung hinein und plünderte den Kleiderschrank mit schönen Kleidern, einer goldenen Uhr und Kette. Die Frau des B. erwachte an dem Geräusch, und als sie unter die Thüre kam, konnnte sie eben noch sehen, wie der Dieb sich durchs Fenster schwang. Auf den Lärm der Frau kamen die Nachtwächter herbei und da diese sofort Anzeige erstatteten, machte sich Schutz­mann Igel sofort daran, dem Diebe, der eine Gefährtin bei sich hatte, zu folgen. In Fischbach schloß sich ihm der Landjäger Pufahl an, und die Beiden ver­folgten die Flüchtigen bis Meersburg, wo das Paar in einer Wirtschaft beim Frühstück erwischt wurde. DieDame" hatte sich unterwegs umgekleidet und präsentierte sich bei der Verhaftung in einem Creme- Ballkleid, die übrigen gestohlenen Kleider samt Uhr und Kette fanden sich vor. Bei dem Burschen fand sich ein Dietrich, Hauptschlüffel, falscher Militärpaß.

8> Pforzheim. DasHerrenalberBahn- projekt soll zuverlässigem Vernehmen nach in der Weise mit dem Bahnprojekt PforzheimEllmendingen Ettlingen verbunden werden, daß von Ittersbach aus eine Grenzbahn nach Herrenalb geführt werden soll. Beide Projekte sollen dem Nächsten Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden.

H Pforzheim. Bei dem am vergangenen Sonntag in Schwetzingen abgehaltenen XV. badischen Feuerwehrtag, an dem sich auch die hiesige frei­willige Feuerwehr in ansehnlicher Zahl mit der voll­ständigen Korpskapelle beteiligte, wurde unter anderem beschlossen den nächsten Feuerwehrtag i. I. 1896 in Pforzheim abzuhalten. Am Feste selbst in Schwetz-

seltsam über sein Gesicht.Aber ich glaub', ich fänd' nicht Ruh' im Grab, wüßt' ich unfern Willi schlecht besorgt . . das soll Dir nicht weh' thun, sicherlich nicht!

Du hast ihn lieb, das weiß ich wohl-das Büble hängt ja auch an Dir so

sehr, daß es schier nicht mehr Zeit für seinen Vater hat .. ich Lin ihm wohl auch «in bisle zu alt, er versteht mich nicht . . . vielleicht ich auch ihn nicht, ich könnt ja schirr sein Großvater sein. Aber lieb Hab' ich ihn darum doch gar arg . . gelt, da«

Büble hältst Du mir gut-selbst gegen Deinen zwecken Mann . . das versprichst

mir in die Hand hinein!"

Wieder wollte er nach Evas Hand greifen, aber mit herbem Rucke riß sich das junge Weib los. Sie stand auf und stellte sich abseits von seinem Lager. Eine Weile verharrte sie wie in innerlichem Kampfe; dann atmete sie tief auf und fuhr wieder herum.

Schilt mich, ich mag'S um Dich verdient haben!" brachte sie rauh hervor.

Aber red' nicht in solchem Ton zu mir-ich kann's nicht hörm!"

Ein mildes, wehmütiges Lächeln umzuckte TölzbacherS Lippen; er hob be­schwichtigend die Hand.

Vielleicht verstehst Du mich einmal später," sagte er.Denk' immer, daß

ich's gut mit Dir gemeint Hab', allezeck!-möcht'st mir den Herrn Pfaner nicht

einmal rufen lasten?" setzt« er dann unvermittelt hinzu.

Eva fuhr herum. Wie erschrocken starrte sie ihn an.

Was soll's mit dem?" kam e» über ihre schlohfarbenen Lippen.

Der Bauer mochte wohl ahnen, was in ihrer Seele vorging^. 4

Du verkennst mich, Everl," flüsterte er, in di« Kiffen zurückH^nd.Thu'S, ich biit' Dich . . ich möcht' ihn heut' noch sprechen, wenn'« geht!"

So will ich nach ihm schicken!" sagte die Bäuerin herb und ging.

Nit so . . nit so!' rief ihr der Bauer klagend nach.

Ta zwang sie's, daß sie sich wieder zu ihm kehrte. Sie schaute ihm in da« freundlich lächelnde Gesicht.

Eine Weile verharrte sie unbeweglich; dann kam plötzlich ein schwacher Aust-- schrei über ihre Lippen. Sie schlug die Hände vor da« bleiche Angesicht, schwankte auf ihres Manne« Schmerzenslager zu und brach neben diesem haltlos in die Kniee nieder. I

Sixtus, Hab' Geduld mit mir!" stöhnte sie,Ich weiß ja' ich bin so schwach . . aber Hab' Geduld . . es soll . . . besser werden!"

Da tastete der Bauer mit schwacher Hand über ihren Scheitel und strich wie segnend über diesen.

Lieb' Närrle!" sagte er leise.Was quälst Dich so! Ich Hab' Dir nichts vorzuwerfen, da sei Gott für! Ich bin Dir dankbar im Herren, denn mag Dir'L auch gering scheinen, was Du mir gabst . . mir war'S immer ein gar köstlich Gut!"

Aber seine Worte erregten das leidenschaftliche Weib nur noch mehr.

Red' nicht so zu mir, Sixtu«!" ächzte sie auf.Schilt mich . . schlag mich, ich Hab'« verdient, denn ich war schlecht . . aber red' nicht so gut zu mir!"

Tölzbachrr haschte nach ihrer Hand und drückte sie gegen seine Brust.

Hör' mich, Everl," sagte er dann leise und angestrengt.Was Du da sagst, ^ das glaubst Du selber nit. Nein, Du bist nit schlecht, es ist nicht wahr, sag' ich.

Hat einer Unrecht von uns Beiden gethan, so war ich'« . . und das sollst Du mir vergebm. Schau mich nit so erstaunt an, Dir in Deinen jungen Jahren will'L vielleicht unverständlich erscheinen, mich so reden zu hören und doch mein' ich's ernst und aufrichtig . . aber die Zeck wird kommen, wo Du mich verstehst, dann wirst Du's auch begreifen, daß eine jede Sünd' sich rächen muß, früher oder später . . und eine Sünd' ist's gewesen, daß ich Dich junges Reis an mich Alten gebunden Hab'...'

Unter seinen Worten zuckte Eva zusammen; die Thränen rannen ihr plötzlich über die Wangen und sie wehrte ihnen nicht. Es that ihr ordentlich wohl, in diesem Augenblick weinen zu dürfen.

(Fortsetzung folgt.)