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Arnis und Anzeigeblati für den Bezirk Lalw.
Ersch-int Di-nitog, Donner »lag und Sam «tag. Die E!nr»>lung»gebühr belrigt im Bezirk und nichfter Umgebung » Psg. di, Zeile, sonst li! Psg.
Dienstag, den 31. Juli 1894.
20 Pfg. Trägerlohn? durch die ganz Württemberg Mk. l. 55.
in der Stadt SO Psg. uud -st bezogen Rk. t. 15, sonst t»
Amtliche Aekanutmachnnge«.
Calw.
In Aichhalden und in Oberweiler ist die Maul- und Klauenseuche je in 1 Gehöft ausgebrochen.
Den 28. Juli 1894.
K. Oberamt.
Susset, A.-V.
Calw.
Mit Rücksicht auf den Ausbruch der Maul- -und Klauenseuche in Aichhalden und dem Weiler Oberweiler werden für diese Orte, sowie für die Gemeinden Aichelberg, Neuweiler, Zwerenberg, Hornberg mit sämtlichen dazu gehörenden Weilern zunächst auf die Dauer von 14 Tagen nachstehende Maßnahmen verfügt.
Es ist verboten:
1) Das Treiben von Rindvieh, Schweinen und Schafen außerhalb der Feldmarkungen in den genannten Gemeinden. Gestattet ist jedoch die Benützung von Vieh zu Feldarbeiten auf angrenzenden Markungen.
2) Die Abgabe von Magermilch aus Sammel- -molkereien in obigen Gemeinden in der Weise, daß nur solche Milch abgegeben werden darf, welche vorher auf mindestens 100° Celsius erhitzt worden ist.
Die Ortsvorsteher der genannten Gemeinden haben vorstehende Maßregeln sofort in ortsüblicher Weise bekannt machen zu lassen und dabei wiederholt darauf hinzuweisen, daß die Unterlassung oder Verspätung der Anzeige von Seuchenausbrüchen und die Zuwiderhandlung gegen die ergangenen Anordnungen nicht nur Bestrafung, sondern auch den
Verlust der Entschädigung für an Maulund Klauenseuche gefallenes Rindvieh, nach sich zieht.
Einem Vollzugsbericht hierüber wird in Bälde entgegengesehen.
Den 28. Juli 1894.
K. Oberamt.
Susset, A.-V.
Tagesneuigkeiten.
sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.f Seine Königliche Majestät haben am 25. Juli d. I. allergnädigst geruht, das erledigte Oberamt Calw dem Oberamtmann Völter in Herrenberg zu übertragen.
— Am 27. Juli ist von der Evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Leinfelden, Bez. Plieningen,'dem Schullehrer Eisenhart in Emberg, Bez. Calw, übertragen worden.
Alth engst ett, 27. Juli. (Egsdt.) Am Jakobifeiertag hatten wir das Vergnügen einer musikalischen Unterhaltung bei H. Chr. Wohlgemuth dahier. Das Programm bot reiche Abwechslung durch Klavierstücke zu 2 und 4 Händen, Gesangsvorträge für Bariton, Sopran, Alt und Männer-Quartett; auch ein Stück (Kalif von Bagdad) für 3 Violinen mit Klavierbegleitung kam zur Aufführung. Besonders bewunderten wir die Virtuosität des H. Lehrers Kohlmann von Döffingen, welcher die schwierigen Klavierproduktionen verständnisvoll zum Vortrag brachte; ebenso fanden die anderen HH. Lehrer: Wurst, Eisenmann und Böttinger verdienten Beifall; auch den Töchtern des Hauses wurde durch den ansprechenden Vortrag einiger Lieder
viel Anerkennung zuteil. Indem wir allen Mit» wirkenden und namentlich dem tüchtigen Leiter des Ganzen, H. Lehrer Appenzeller, besten Dan! sagen, verbinden wir zugleich den Wunsch, daß unS noch öfter Gelegenheit geboten werden möchte, die Rolle des zuhörenden Publikums spielen zu dürfen.
Stuttgart, 26. Juli. (Bäckergehilfen- Versammlung.) Eine von den hiesigen Bäckergehilfen auf heute in den römischen König einberufen« und sehr zahlreich besuchte Versammlung nahm einen stürmischen Verlauf. Auf der Tagesordnung stand die Frage: »Wie stellen sich die hiesigen Bäckergehilfen zur Gründung eines sozialdemokratischen Fachvereins?" Schon in drei früheren Versammlungen war der Antrag auf sozialdemokratische Organisation des Bäckergehilfen-Vereins gestellt worden, jedoch immer ohne Erfolg. Auch heute leitete der Vorstand die Versammlung mit dem Bemerken ein, die Gründung eines Fachvereins hätte keinen andern Zweck, als daß die Gehilfen einige norddeutsche Hetzer mehr zu verhalten hätten. In Süddcutschland liegen die Verhältnisse im Bäckergewerbe immer noch so, daß es den meisten Gehilfen gelinge, später ein eigener Geschäft zu führen, während allerdings im Norden 50—60jährige Gehilfen nicht zu den Ausnahmen zählen. Die Einzwängung der 12stündigen Arbeitszeit in einen gesetzlichen Rahmen werde selbst vor den Gehilfen nicht zu billigen sein. Ein anderei Redner wies darauf hin, daß die Gründung eines sozialistischen Fachvereins in kurzer Zeit den Kriej im Frieden brächte. Von unter sozialistischem Einfluß stehender Seite wurde die Dauer der Arbeitszeit auf bis zu 21 Stunden angegeben, worauf Bäckermeister Kälberer das Wort wünschte. Unter großen Tumult beschloß aber die Versammlung mit Stimmen
^ sRochdruck verboten.I
Worn Wcrume der: Erkenntnis.
Roman von Georg Hoecker.
(Fortsetzung.)
Bei dem Bauern freilich zog der Arzt ein bedenkliches Gesicht. Was in aller Welt diesem eingefallen sei, polterte er, so ohne Weiteres ziehe sich doch Niemand -einen Blutsturz zu. Ein halbes Wunder sei eS, daß Tölzbacher nicht den Folgen seiner Unbesonnenheit erlegen sei, wie es sich in Zukunft mit ihm schicke, das müsse man freilich abwarten. Es sei aber anzunehmen, d«ß es nicht viel Tröstliches sein 'werde.
Eva blieb dem Arzt auf dessen Fragen die Antwort schuldig. Sie meinte nur, ihr Mann müsse sich über das Schreien und Toben Adams erschreckt haben And darum in einem unbeachteten Augenblick sein Lager verlassen haben. Der Arzt Pflichtete ihr bei, wetterte und schimpfte und meinte, nun sei di« ganze aufopfernde 'Pflege sicherlich für die Katz gewesen.
Er vererdnete noch einiges, versprach, durch einen Boten sofort nach seiner -Rückkehr in die Kreisstadt frische Arzenei zu schicken und empfahl sich.
Eva blieb am Bett ihres in tiefen ohnmachtähnlichen Schlaf verstrckten Gatten sitzen. Drüben in der Wohnstube war ihre Gegenwart nun nimmer nötig; Adam mochte aus eigener Kraft der Genesung entgegenschlafen. Hauptsache war nur, daß man ihn möglichst ungestört schlummern ließ. Nun, an Ruhe sollte eS nicht fehlen, dafür hatte die Bäuerin schon die ganzen letzten Tage über gesorgt. Die Knechte hatten den weiten Hofraum mit Stroh auSIegrn müssen und dos Ge- ssinde durfte keine lärmende Hantierung unternehmen, nicht einmal ein lautes Wort -zu äußern wagen.
Die widersprechendsten Gedanken durchkreuzten das Hirn der einsam brütenden
Frau, während sie neben dem Lager des schlafenden Gatten saß und sann. Was sollte nun in Zukunft werden? — Wie würde sich ihr Mann zu ihr stellen? — Nicht die Angst vor dessen Ungnade machte Eva erbeben, sondern das Gefühl, rot werden zu sollen, lehrte sie den Gatten noch mehr hassen, als sie dies instinktiv bisher schon gethan hatte.
Nein! es konnte so nicht weüer gehen, sondern eine Änderung der bisher bestandenen Verhältnisse mußte eintreten — so oder so — sie litt unter den letzter«« selbst zu viel. Jetzt gestand sie sich's ein, was sie bisher ihrem stolzen Empfinde» nicht hatte einräumen wollen: sie liebte Adam, heiß und verzehrend wuchs die Leidenschaft riesengroß in ihr und war schon mächtiger als ihr Wollen geworden. Der Gedanke, weiter deS alten, siechen, welken Mannes Weib heißen zu sollen, erschien ihr unerträglicher und schlimmer selbst als qualvoller Tod. Aber mußte das Verhängnis nicht ihrem leidenschastserfüllten Herzen zum Trotz seinen Lauf nehmm? War sie im Stande, das Unmögliche zur Thatsache umzuschaffen? Diese Klär« freut« sich schon auf den Hochzeitstag-wohl, der Bräutigam schlief der Ge
nesung entgegen; bald würde er mit der flachshaarigen Dirne den Treuschwur vor dem Altar austauschen und dann war er ihr für ewig verloren!
Immer heißer durchzuckte eS die einsam Brütende. Ein glühendes Verlange» kam diese an, irgend etwas zu thun und aukzuführen, was ihr das Glück sicher» mußte, nach welchem sie so sehnsüchtig verlangte. Aber was sollte sie thun! hätte ihr Haß die glückliche Nebenbuhlerin tot niederstrecken können, hätte ihr Will« ausgereicht, die Verhaßte unschädlich zu machen, die Tage Kläre'S wären gezählt gewesen.
Thörichtes Beginnen indessen! Was half ihr auch de« blonden Mädchens Tod! War sie denn nicht dieses alten, welken Mannes Weib? Hatte der Doktor nicht kürzlich erst gesagt, der könne sie beide überleben? Wohl, er war eben kränk« als je, aber er stammt« von einer zähen Art; er mochte, ja er würde sogar sich leichthin wieder erholen-und dann . . . was dann?!