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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
89. Jahrs-«-.
Erscheint Di-nitxg, L»n»er»txg und Samitog. Die EinrückungSgebühr detrigt im Bezirk und nichster Um- ,edung S Ps«. die Zeile, senft ir Ps,.
Donnerstag, den 26. April 1894.
LbonnementtpreiS vieneijährlich tn der Stadt S0 Pkg.
«0 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst i» ganz Württemberg Mr. 1. Sb.
Amtliche Aekauntmachungen.
Kekannlmachung,
betr. Maßregeln gegen die Maikäfer.
Da im Laufe dieses Frühjahrs ein schadenbringendes Auftreten der Maikäfer im Oberamtsbezirk zu erwarten steht, werden die Ortsvorsteher angewiesen, denjenigen öffentlichen Dienern, welche sich berufshalber im Freien aufzuhalten haben, wie Straßenwärtern, Gemeinde-, Feld» und Waldschützen u. s. w., die Anzeige ihrer Wahrnehmungen bei den betreffenden Ortsvorstehern aufzugeben, welche alsbald an das Oberamt Bericht zu erstatten haben.
Calw, den 23. April 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Tagesneuigkeiten.
Stuttgart, 21. April. Unter außerordentlich zahlreicher Beteilung aller Kreise Stuttgarts und des ganzen Landes wurde heute Nachmittag Kommerzienrat und Landtagsabgeordneter Gustav Stalin auf dem Pragfriedhof beerdigt. Den langen Wagenzug, der dem reich begränzten Sarge folgte, eröffneten die Wagen II. MM. des Königs und der Königin mit den Kammerherren Graf Zeppelin und Frhr. v. Raßler. S. Hoheit Prinz Weimar war persönlich erschienen, ebenso die Minister der Justiz und des Innern, Dr. «. Faber und von Pischek, es folgten die Spitzen der Kammer der Abg., die Stadt Stuttgart und zahlreiche Vereine, Schul- und Wohlthätigkeitsanstalten. Stadtdekan Weitbrecht hielt eine ergreifende Grabrede über das Wirken Stalins, worauf zahlreiche Palmen und -Lorbeerkränze mit ehrenden Worten am Grabe nieder- -gelegt wurden. Die Sänger des Lehrervereins sangen
vor und nach dem Reden „Es ist vollbracht* und „Auferstehen".
Stuttgart, 23. April. Vor dem Disziplinargerichtshof begann heute die Verhandlung gegen den suspendierten Oberbürgermeister Hegelmaier. Hegelmaier bestritt die Zuständigkeit der Verwaltungsgesetznovelle, die keine rückwirkende Kraft habe. Der Gerichtshof gestand jedoch in prozessualer Hinsicht der Novelle rückwirkende Kraft zu. Zunächst gelangten mehrere Sittlichkeitsdelikte zur Verhandlung, welche eine bedeutende Reduzierung früher beschworener belastender Aussagen zweier Zeuginnen ergab.
Stuttgart, 24. April. In der heute fortgesetzten Verhandlung gegen Hegelmaier bestritt dieser die ihm zur Last gelegten Willkürlichkeiten im Dienst. Nach der Anklageschrift soll er ohne Legitimation des Gemeinderats eine Reise zum Hygiene- Kongreß in Wien gemacht, ein Darlehen für städtische Zwecke unbefugt bei einem Heilbronner Bankhause ausgenommen haben u. a. m. Die Zeugenaussagen gestalteten sich teils günstig, teils ungünstig für Hegelmaier, der die Loyalität seines Vorgehens verteidigt.
Ludwigsburg, 18. April. Gestern abend kam es zwischen Kornwestheimer und Aldinger Reservisten, welche bei der Kontrollversammlung waren, in einer Brauerei zu Neckereien, welche soweit ausarteten, daß sich die streitenden Parteien mit Messern gegenseitig anfielen, wobei mehrere Personen Stiche erhielten. Einer der Aldinger wurde so verletzt, daß er nicht mehr nach Hause zurückgebracht werden konnte, sondern bei dem Wirte zu Bette gebracht und in ärztliche Behandlung genommen werden mußte.
Heilbronn, 21. April. Einem Metzger von
Auswärts, der auf dem Bahnhof seinen Reisekoffer mit 60 ^ und Kleidern in Verwahrung gab, wurde die Kontrollmarke aus dem Geldbeutel gestohlen. Als der Bestohlene den Verlust bemerkte, war der Koffer bereits abgeholt. An der Hand der Beschreibung, die die Bahnhofportiersfrau geben konnte, gelang eS, den mutmaßlichen Dieb festzunehmen.
Steinenberg, OA. Schorndorf, 23. April. Heute Nacht um 3 Uhr wurde der Müllerknecht der Greiner'schen Kunstmühle in seinem Bett tot aufgefunden. Der Mühlebesitzer wurde durch die Helle an seinem Fenster aufmerksam gemacht, trat deshalb in sein Zimmer und bemerkte, daß durch das Licht, welches der Knecht brennen ließ, der Tisch und Kleidungsstücke in Brand geraten waren. Hätte der Mühlebesitzer den Brand nicht rechtzeitig entdeckt, so wäre wohl die ganze Mühle in Flammen geraten. Der Knecht scheint den Tod durch Erstickung gefunden zu haben.
Sickenhausen, 21. April. (Merkwürdiger Todesfall.) Gestern Mittag wurden hier zwei halbjährige Knaben, die am Keuchhusten gestorben waren in ein gemeinsames Grab gebettet. Ein merkwürdiger Zufall hatte es gewollt, daß die Kinder, deren Mütter Schwestern sind und die am gleichen Tage geboren waren und nun am gleichen Tag und der gleichen Stunde starben.
Honau, 22. April. In der letzten Zeit hat sich der Charakter unserer Eisenbahn als Bergbahn mehrfach gezeigt. Unter das gewaltige Getöse der die Höhe mühsam erklimmendenLokomotive, derenSchnauben in dem stillen Thale dröhnend widerhallt, mischten sich öfters die Alarmsignale der Feuerwehr und das Läuten der Sturmglocke, da es galt, Waldbrände zu löschen, welche ausgeworfene Funken der Lokomotive
^ ^Nachdruck oerdotrn.I
Auf eigenen Außen.
Novelle von F. L. Reimar.
(Fortsetzung.)
.Also das ist Deine Anhänglichkeit," rief sie, .daß Du lieber in den Dienst meiner fremden Frau trittst, als zu mir kommst, wenn ich Dich bitte als Freundin an meiner Seite zu leben? Nun, so geh' immerhin, — ich aber sage Dir: Du täuschest mich bitter. Hannchen!"
Fast flehend preßte Hannchen die Hände zusammen und sah mit angstvollen Blicken zu der zürnenden Freundin rmpsr, um sie dann doch gleich wieder in tiefer Verwirrung zu senken.
.Vergeben, o vergeben Sie mir, — eS ist ja nicht meine Schuld!" flüstert« sie.
ES war nicht Eoelinen« Weise, noch Worte zu machen, wenn sie dies« selbst als verloren betrachten mußte, ebensowenig aber besänftigte sie sich schnell wieder, wenn sie einmal zum Zürnen gebracht worden war; deshalb blieb der Abschied, den fl« von der Jugendgespielin nahm, ein kurzer und fast herber. Als Hannchen gleich darauf den Hof verließ, trug sie das Haupt gesenkt, und stromweisr rannen ihr« Thränen über di« bleichen Wangen; mit allem andern Weh nah« sie noch daS schmerzliche Bewußtsein mit sich fort, gegm dir Lied« der Freundin gefehlt und diese vielleicht verloren zu haben.
Wiewohl Eoeline die meisten ihrer Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen pflegte, so gab e» doch einzelne, bei denen sie der Hüls« eine« Rechtskundigen nicht entbehren konnte, und «in derartiger Fall führt« auch in dieser Zeit den Anwalt Bose^ ihren allen, bewährten Ratgeber, »ach Garkau.
Die Sache um welch« e« sich zunächst handelte, war bald erledigt; dann aber ^benutzt« her Letztere die Gelegenheft und brachte die Red« auf Eoelinen« bevor
stehende Vermählung sowie die Rechte, welche sie ihrem künftigen Gatten in Bezug auf daS Vermögen einzuräumen gedachte. Sie erklärte einfach, daß sie dasselbe von dem Zeitpunkt ihrer Verbindung mit Riesen an als g meinschaftlichen Besitz betrachtete.
Die Antwort war offenbar nicht nach seinem Sinn. Wenn er auch mit seiner eigentlichen Ansicht, die vielleicht mit der von dem Charakter der Verlobten zusammenhing, nicht recht herauSrückte, so sprach er doch viel von den Vorzügen des .getrennten Rechts" in der Ehe und suchte, als Eveline beharrlich den Kopf schüttelt« und erklärte, von einer solchen Einrichtung könne in diesem Fall garnicht die Rede sein, sie mindestens zu einem Vorbehalt zu bewegen, der ihr eine Art Kontrolle über das Vermögen sicherte.
Ader auch die« war vergebens; Eveline behauptete, damit, daß sie Riesen ihre Hand gereicht, habe sie Rechte in dir seinige gelegt, die sie nicht wieder antasten dürfe. DaS einzige, waS er erreichen konnte, war, daß Eoeline sich bewegen ließ, ihr eigenes väterliches Gut von dem g «einsamen Besitz auszuschließen und festzu» stellen, daß ihr dar alleinige Anrecht auf Garkau verbleibe. —
Ein Jahr war bereits verflossen, seit Eoeline ihrem Vetter die Hand gereicht und an seiner Seite gelebt hatte. Ob die« Leben für ein in jeder Hinsicht befriedigende« gelten durste, blieb zweifelhaft, doch konnte e» mindestens kein unglückliches genannt werden. Eduard — man mußte ihm dies lassen — war nicht bloß vor der Well «in ausmerksamer Gatte, er behielt unter allen Umständen seine Liebenswürdigkeit gegen Eoeline bei, die immerhin den Glauben an ein tieferes Gefühl in ihr erhalle» konnte, und di« sie mit einer stets gleich bleibenden, ruhigen Freundlichkeit vergalt. In sein Thun und Treiben mischte sie sich nicht, und viele« von demselben mochte ihr auch verhüllt bleiben «der eS war wirklich in dieser Zeft ein andere« geworden; dm» weder hall« er die Welt bi«hrr mü einem Eclat beschäftigt, noch auch Evelinr» selbst Anlaß zu einer sittlichen Entrüstung gegeben.
War nun aber auch die Stadt EvelinenS gewöhnlicher Wohnort geworden,