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Antrag Singer, daß dem Artikel 60 des Handels­gesetzbuchs zuwiderlaufende Vereinbarungen ungiltig sein sollen, wird angenommen. Damit ist dir 2. Lesung des Antrags Schröder erledigt. Der Gesetz­entwurf betreffend Abänderung der Konkursordnung wird abgesctzt. Morgen Viehseuchengesetz, Handels­vertrag mit Uruguay, Abzahlungsgeschäfte, Konkurs­novelle.

Berlin, 12. April. Der Kaiser wird noch vor dem 2. Mai, an welchem Tage die Besichtigung des 1. Garderegiments z. F. in Potsdam stattsindet, nach dem Neuen Palais in Potsdam zurückkehren.

Berlin, 12. April. Der Staatssekretär des Reichspostamts hat verboten, daß künftighin in Be­amtenkreisen Sammlungen vorgenommen werden, um Vorgesetzten oder Kollegen bei Festlichkeiten Geschenke oder anderweitige Zuwendungen zu machen. Diese Bestimmung wird gegenwärtig den Postbeamten durch Rundschreiben, zur Kenntnis gebracht.

Berlin, 12. April. Trotz gegenteiliger Mel­dung der Morgenblätter hat D r. Lieber sein Man­dat nicht niedergelegt.

Ausland.

Rom, II. April. DieTribuna" schreibt, König Humbert habe durch seine Unterredung mit dem Korrespondenten desFigaro" der Sache des Friedens dienen wollen; aber die französische Presse zöge es vor, den alten Hader von Neuem zu schüren.

Rom, 12. April. Zwei Anarchisten, die, wie verlautet, ein neues Attentat auf die Kammer beabsichtigten, wurden auf dem Wege dorthin gestern angehalten. Der eine davon, der eine in ein großes Tuch eingeschlagene Bombe bei sich trug, wurde fest­genommen, der andere entkam im Handgemenge.

Paris, 11. April.Gaulois" meldet, König Humbert habe beim deutschen Kaiser die Frage der Beschränkung der Militärausgaben in Italien berührt. Kaiser Wilhelm habe dies energisch widerraten und erklärt, wenn Italien dies thäte, würde Oesterreich bald Nachfolgen, und er stände dann vor ganz Europa als herausfordernder Monarch da, der allein zum Kriege rüste. (?)

Madrid, 11. April. Die Arbeiter­unruhen in der Provinz Sevilla dauern fort. In vielen Orten durchziehen Arbeiterfrauen, Brod fordernd, die Straßen. Gendarmerie mußte einschreiten.

Tagesneuigkeiten.

^ Nagold, 9. April. Im Laufe des Sommers soll unser ausgebrannter alter Kirchturm und zwar genau wie er vor dem Brand war wieder auf­gebaut und mit neuen Glocken, die in der Stimmung zu den Glocken auf dem neuen Kirchturm paffen, so­wie mit einer neuen Uhr versehen werden. Die Kosten werden über 17000 ^ betragen und obwohl Turm, Glocken und Uhr versichert waren, wird der Mehr­aufwand, welcher der Stadtkaffe erwächst, mindestens 6000 betragen.

- Freudenstadt, 12. April. Heute morgen kurz nach 7 Uhr kehrte der König von der Jagd

im Kniebis zurück und fuhr im offenen Zweispänner durch die Stadt. Das Glück war dem König günstig gewesen: Ein prächtiger Auerhahn schmückte den Wagen.

Wildbad, 9. April. Am gestrigen Sonntag fand im Hotel Post hier die jährliche Generalversamm­lung der hiesigen Spar- und Vorschußbank statt. Der hiebei erstattete Rechenschaftsbericht dieses Institutes für das Jahr 1893, dem 22. Geschäfts­jahr desselben, zeigte, daß sich dasselbe auch in diesem Jahr in erfreulicher Weise weiter entwickelt hat. Die Mitgliederzahl hat sich von 348 auf 392 erhöht und der Umsatz von 6 054128 ^ auf 6 826022 ^ ge­steigert. Auch die dem Institut von Privaten aus den Bezirken Neuenbürg, Calw und Nagold anver­trauten Gelder haben eine wesentliche Erhöhung er­fahren, dieselben betrugen per ultimo 1892 374636^, während sie Ende 1893 483872 ^ betrugen, also mehr 109 236 nicht inbegriffen ist hiebei das Stammvermögen der Mitglieder mit 99190 gegen 83 432 ^ im Vorjahr. Infolge des günstigen Ge- schäftsergebnisses war die Generalversammlung in die Lage versetzt, die Verteilung einer Dividende von 6°/» auf das dividendenberechtiate Stammanteilkapital und eine Zuweisung von 6857 ^ zum Reservefonds zu beschließen, so daß letzterer hiedurch die Höhe von 68 230 ^ erreicht. Von diesen sind 50802 in sicheren, bei Pflegschaften erlaubten Wertpapieren an­gelegt.

Cannstatt, 10. April. Wie sehr es sich so­wohl die Händler als Metzger angelegen sein lasten, bei unserem gegenwärtig stark dezimierten Viehstande und den hohen Preisen Fleisch zu beschaffen, beweist die Thatsache, daß, wie dasGöpp. W." berichtet, der ungarische Büffelochse, dessen Fleisch in ganz Oesterreich schon längst als gesund und wohlschmeckend Eingang gefunden hat, trotz der bedeutenden Trans­portkosten nun auch den Weg in unser Land ge­funden hat.

Wangen, OA. Cannstatt, 11. April. Der Schwäb. Merkur" berichtet:Als Seine Maje­stät der König gestern abend zu Wagen nach Weil mit Prinzessin Pauline fahren wollte, be­gegnete ihm zwischen hier und Hedelfingcn ein Leiter­wagen, der mit reich bebänderten und singenden Re­kruten aus hiesigem Ort besetzt war. Ein Pferd an der K. Equipage wurde scheu und sprang zur Seite, wobei die Deichsel abbrach. Glücklicherweise blieb die Equipage stehen und die zur Hilfeleistung rasch abgestiegenen Rekruten entschuldigten sich bei dem in­zwischen erkannten König, welcher ihnen ein ansehn­liches Geschenk verabreichte und hierauf seinen Weg nach Wangen zu Fuß fortsetzte und von Untertürk­heim aus mittelst Telephon einen anderen Wagen von Stuttgart nach Wangen bestellte, wo Seine Majestät mit der Prinzessin inzwischen im Kronen­garten verweilte. Die Kunde von dem Vorfall und dem hochherzigen Geschenk des Königs war aber schon vor Seiner Majestät in Wangen eingctroffen und nun wurden dem König von der ganzen rasch herbei­

geeilten Ortsbevölkerung andauernde und stürmische- Huldigungen bereitet. Es fehlte nicht viel, so wäre Seine Majestät auf die Schultern der begeisterten Rekruten genommen und jubelnd im Ort umher­getragen worden. Bald kam indes die neue Equi­page an und entführte den König aus den nicht enden wollenden Huldigungen."

Düsseldorf, 10. April. Als Sonntag Vormittag der Schnellzug von Opladen in den Haupt­bahnhof einlief, wurde durch den Heldenmut eines Bahnbeamten ein Menschenleben gerettet. Eine ältere Dame, die anscheinend kurzsichtig war, hatte sich auf das zweite Bahngeleise verirrt. Der Zug brauste heran und hätte nach wenigen Sekunden die Frau überfahren. Da springt der aufsichtführende Beamte vom Hauptbahnsteig aus über das erste Geleise auf den nächsten Bahnsteig, und trotzdem der Zug in diesem Moment kaum noch 20 Meter entfernt war, war er mit einem Satz zwischen den Schienen, ergriff die Frau mit beiden Armen und warf sich mit ihr rückwärts auf die Kante des Bahnsteigs. Aus einiger Entfernung schien es, als ob trotz des überaus schnellen, seitlichen Ausweichens dem todesverachtenden Manne die Beine abgefahren wären. Doch als der Zug vorbeigesaust war, richtete sich der Retter auf und hob die ebenfalls unverletzt gebliebene Frau vom Boden auf. Alle, die Zeugen dieser braven Thai- gewesen waren, eilten auf den mutigen Mann zu und schüttelten ihm die Hand. Der Retter war der Stationsasfistent des Hauptbahnhofs, Schreiber.

Standesamt Halm.

Geborene.

4. April. Johannes Ohngemach, Sohn des Georg.

Ohngemach, Drehermeisters hier.

G e st o r b e n e.

8. April. Ernst Friedrich Hennefarth, 8 Tage alt,

Sohn des Jakob Hennefarth, Tunell­wärters hier.

9. . Karl Veiel, Mechaniker, ledig hier, 24

Jahre alt.

Gottesdienste

am Sonntag Judikate, 15. April.

Konfirmation.

Vom Turm: 245. Kirchenchor: 961, 4. Predigtlied: 414.

Vorm.-Predigt um 9 Uhr: Herr Dekan Braun. Nachm, ff-3 Uhr: Unterredung mit den Neukonfirmierten: Herr Stadtpfarrverweser vr. Hory.

Areitag, 20. April.

Vorm. 10 Uhr Vorbereitung und Beichte: Herr Stadtpfarrverweser vr. Hory.

RettämeteiÜ

Erstaunlich günstige Berichte haben über 1000 Professoren und Acrztc über A. Flügge's Myrrhen- Creme*) bei den verschiedenen Hautleiden, Wunden aller Art, Geschwüren rc. rc. abgegeben und viele Aerzte haben sich dahin geäußert, daß derselbe die bisher gebräuch­lichen Salben wie Vaseline, Glycerine, Zink, Bor, Car- bol, Lanolin, Coldcream rc. weit übertrifft. *) Erhält­lich in Dosen ä 1. oder Tuben zu 50 H in allen Apotheken.

sie ihre Glossen nicht, die sich an die in der That etwas Abenteuerliche Erscheinung deS Fremden knüpften. Sein Gesicht freilich hatte man kaum recht erkennen können, da eS durch einen großen Shawl halb verhüllt war; dagegen boten Gestalt und Anzug Stoff genug zu Bemerkungen, indem beide sehr wenig zu einander gepaßt hatten.

Der Bedimte deS Oberst behauptete, die Kleider, welche so arg um die mageren Glieder geschlottert hätten, seien spätestens vor zehn Jahren in Mode ge­wesen; denn ganz ähnliche habe er neulich unter denen seine» Herrn gesehen, als er dessen Kleiderschränke ausgelüstrt und letzterer ihm dabei erklärt, sie seien vor so viel Zeit gemacht worden, als er einmal den Einfall gehabt habe, Civilkleider zu tragen.

Kurzum: das Urteil der Leut« war dem Supplikanten nicht günstig; man lachte schadenfroh über die Vergeblichkeit seiner Mühe und gönnte es ihm kaum, daß er auf so bequeme Weise den Rückzug antreten und sogar mit dem Fräulein in demselben Wagen fahren durfte. Letztere hatte nämlich sehr bald nach dem Eintritt de« Fremden den Kutscher rufen lassen uad gesagt, er soll« anspannen, um sie nach der eine Stunde entfernten Eisenbahnstation zu bringen, wo sie jemand erwarten wolle.Eie, Herr Schmidt, können dann die Gelegenheit be­nutzen," hatte sie sich dabei freundlich an den verunglückten Verwalter gewandt,da wir nicht beisammen bleiben können, wollen wir wenigsten« noch diesen Weg mit einander machen."

Sie behielt darauf den wunderlichen Gesellen bei sich, bis der Wagen bereit war, und ließ ihn zu sich rmsteigen. Ob sie indessen auf der Fahrt viel mit ihm gesprochen hatte, blieb nach der Aussage des Kutscher» wenigsten» zweifelhaft; dieser berichtete später seinen Genossen, es sei unterweg»drinnen" sehr still ge­wesen, fügte aber dann noch lachend hinzu, der Fremd« müsse ai>» einer Gegend sein, wo ganz sonderbare Höflichkeit herrsche, denn er habe wie er au» der Ferne gesehen bevor er in'» Coup«, g,stiegen, dem gnädigen Fräulein die Hand geküßt,

als könne er sie gar nicht wieder von den Lippen fortbringen, so daß sie ihm die­selbe förmlich habe entreißen müssen.

Wenn Eveline übrigens an diesem Abend einen Gast erwartet hatte, so mußte er auSgeblieben sein, denn ohne Begleitung war sie in das Haus zurück­gekehrt.

Dernburg konnte der Schwester bei seiner unerwartet schnellen Rückkehr von Garkau nicht verhehlen, wa» der Grund sei. Sagte er ihr indessen geradezu, daß sie sein Verhältnis zu Eveline als gebrochen anzusehen habe, so deutete er doch nur mit wenigen Worten an, wa« zwischen ihnen vorgefallen war, und bat sie dann, jede Äußerung in diesem Augenblick zu unterdrücken, da es ihm unmöglich sei, eine Bemerkung über sich wie über Eveline anzuhören. Die Bitte war aber fast über­flüssig, denn die Überraschung hatte Klara stumm und starr gemacht, und wa« sie auch immer gegen Eveline gehabt, wie sehr sie ihr den Bruder mißgönnt haben mochte: in diesem ersten Moment schwieg jedes andere Gefühl als das Mitleid mit seinem offenbar schwer leidenden Gemüt. Dasselbe rieß sie sogar zu einigen Worten hin in denen die Hoffnung lag, daß der Bruch zwischen den Verlobten noch geheilt werden könne. Darauf aber antwortete Dernburg mit einem entschiedenen: Niemals!" indem er nur noch hinzusügte:

Bis zu einem gewissen Grade stimmten unsere Charaktere zusammen: einen Punkt aber gab es, wo sie sich feindlich berühren konnten, sie haben da» jetzt gethan, und von dem Augenblicke an müssen sich die Pole fliehen."

Er bat sie dann, ihn für den Rest deS Abends sich selbst zu überlassen, und nahm gleich jetzt Abschied von ihr, da er in der Frühe des nächsten Morgens zu- rückreisen wollte. Sie umarmte ihn unter Thränen und horchte dann die Nacht hindurch auf die Schritte, di« sie über sich hörte; dieselben verrieten ihr, daß er schlaf- und ruhelo» sein Gemach durchwanderte.

(Fortsetzung folgt.)