41. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
6S. IahrM-.
Erscheint D i e n S ta g , Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
ienstaa, den 10. April 1894.
Sidoniiemcntipret« vtcneljSkrllch in Pfg. TrSgcrlohn, durch die Post bez» >z Württember« Mr. 1. S5.
der Stadt 90 Pfg. und bezogen RI. I. lb, sonst i»
Deutsches Reich.
Berlin, 6. April. (Deutscher Reichstag.) Anfänglich anwesend 14 Mitglieder. Auf der Tagesordnung steht die Interpellation Kardorff wegen Neuausprägung von 22 Millionen Reichssilbermünzen. Abg. Kardorff (freik.) begründet die Interpellation mit der seit längerer Zeit eingetretenen Entwertung des Silbers; unterwertige Silberscheivemünzen übten großen Anreiz zur Falschmünzerei und zur Nachprägung im Auslande aus. Reichsschatzsekretär v. Posa- dowsky glaubt, die Interpellation gehe von der Annahme aus, die geordnete Maßnahme sei der erste Schritt zur Durchführung der reinen Goldwährung; diese Annahme sei durchaus irrig; eine Abänderung des Münzgesetzes sei nicht beabsichtigt. M ü l l e r (Centr.) ist mit der Maßregel der Regierung einverstanden, or hält es aber nicht für angebracht die Währungsfrage wieder aufzurollen. Reichsbankpräsident Dr. Koch legt nach den Beobachtungen der Reichsbank dar, daß thatsächlich ein Bedürfnis nach Vermehrung der Scheidemünzen vorhanden ist. Barth (fr. V.) verhält sich ablehnend zur Interpellation und rechtfertigt die Maßnahmen der Regierung. Graf Kanitz (kons.) bitte die Regierung, bis zum Abschlüsse der Ergebnisse der Silber-Enquete-Kommission zu warten. An der weiteren Debatte beteiligen sich noch Meyer, Posadowsky, Paasche und Kardorff.
Berlin, 7. April. (Deutscher Reichstag.) 'Stempelsteuer. Zunächst wird der Effekten- stempel beraten. Richter ist so lange gegen alle Steuervorlagen bis nicht die Liebesgaben aufgehoben merden. — Hierauf werden vom Effektenstempel die Abschnitte Aktien, Renten und Schuldverschreibungen
genehmigt, sodann wird der Abschnitt Kaufs- und sonstige Anschaffungsgeschäfte diskutiert. Müller (Centr.) beantragt, die Steuer zu berechnen für je volle 1000 oder einen Bruchteil dieses Betrages. Gescher (kons.) Placke (ntl.) Stumm (freik.) sind für den Antrag Müller. Rinte len hat den Antrag eingebracht, daß bei Anschaffung von Staats-, Reichs- und Communalverschreibungen der den Nennwert übersteigende Betrag bei der Stempelsteuerberechnung außer Betracht bleibt, falls der Nennwert 1000 nicht übersteigt. Abschnitt 4 sowie beide Anträge werden angenommen, desgleichen 4 a und Abschnitt 4 d in der Kommissionsfassung desgleichen 5. Artikel 2 des Quittungs-, Check-, Giro- und Frachtstempelgesetzes ist von der Kommission gestrichen worden. Nach kurzer Debatte wird Artikel 2 abgelehnt, sodann wird beschlossen, daß das Gesetz am 1. Mai 1894 in Kraft trete. Damit ist die zweite Lesung erledigt. Es folgen Resolutionen von Cuny, Bachem und der Kommission eingebracht. Abstimmung hierüber bis dritter Lesung ausgesetzt. Montag kleinere Vorlagen.
Berlin, 6. April. Die „Kreuzztg." sagt gegenüber der wiederholten bestimmten Versicherung von offiziöser Seite, daß die Regierung auf der Durchberatung der Steuervorlagen bestehe, gegenüber der allgemein herrschenden Stimmung dürfte es der Regierung kaum möglich sein, diese Absicht durchzusetzen. Darüber bestehe nahezu Einstimmigkeit, daß, abgesehen von der Börsensteuer, eine ernsthafte Kommissionsberatung der Steuervorlagen bei der derzeitigen völligen Aussichtslosigkeit derselben nicht zu ermöglichen sein werde. Die Tagung des Reichstages werde in längstens 4 Wochen beendet sein.
Berlin, 6. April. Die Reichstagskommission zur Beratung der Tabaksteuervorlage tritt erst am 16. l. M. zusammen.
Ausland.
Wien, 6. April. Nach der „Polit. Korr." werden Kaiser Wilhelm und König Umberto 2 Tage in Venedig verbringen. Auf der Rückreise besucht König Umberto die Königin Viktoria von England in Florenz, wo gleichzeitig die Königin Margherita eintrifft. Aus römisch offiziösen Kreisen wird betont, daß die venetianische Zusammenkunft keinerlei politische Zwecke verfolge. Indem der deutsche Kaiser den lange gehegten Wunsch, Venedig zu besuchen, ausführe, biete sich beiden Verbündeten und eng befreundeten Herrschern willkommener Anlaß zur Begegnung.
Paris, 6. April. Der Temps bespricht in eingehender Weise die Notwendigkeit, Nancy in einen bessern Verteidigungszustand zu setzen. Er bemerkt dabei man könne über die Lösung der Befestigungsfrage verschiedener Meinung sein; eins aber sei über jeden Zweifel erhaben, daß man ohne Verzug sämtliche Truppen an der Ostgrenze auf Kriegsfuß stellen müßte, da der gegenwärtige „verstärkte Effectivstand* in keiner Weise dem Kriegsfuß der deutschen Truppen entspreche.
Venedig, 7. April. Die Stadt ist festlich geschmückt, der Andrang von Fremden kollossal. Im Gefolge des Kaisers Wilhelm, dem König Humbert heute entgegenfährt, befinden sich 15 Personen, darunter der deutsche Botschafter in Rom, Frhr. v. Bülow, Graf Eulenburg und der Militärattache bei der deutschen Botschaft in Wien, Deines.
. ^Nachdruck verboten. I
Auf eigenen Außen.
Novelle von F. L. Reimar.
(Fortsetzung.)
In Dernburg, dessen Herz so ganz von dem Gedanken an die Braut aus- -zefüllt war, hatte sich der Wunsch geregt, sie noch einmal wiederzusehen, bevor er völlig mit ihr vereint werden sollte, und da die Umstände demselben günstig waren, hatte er sich auss neue ein paar Tage zu einer Reise gewonnen, seine Absicht Eoelinen indessen nicht gemeldet, da er ihr wie sich selbst die volle Freude der Überraschung bereiten wollte. Auch Klara und ihr Gatte wußten nichts von seinem Vorhaben, 'so daß der letztere seine eigene Rückkehr um des Schwagers willen nicht hatte beschleunigen können, und dieser ihn darum noch nicht wieder auf Wertfeld antraf, als er hier auf seiner Reise zuerst «insprach. Klara dagegen war wieder heimgekehrt; isie empfing den Bruder zwar herzlich, aber doch in einer etwas anderen Weise als 'früher. Ein gewisses Stocken, eine Art Verlegenheit hielt sie jetzt von ihm fern, denn cs war ein Punkt, über den sie nicht recht hinauszukommen vermochte, und das blieb sein Verhältnis zu Eveline, wie es ihr denn schon schwer ward, nur die Rede auf die letztere zu bringen. Ihm selbst dagegen drängte sich die Frage nach der Braut natürlich sofort auf die Lippen, und so mußte er hören, daß Klara dieselbe 'seit ihrer Rückkehr noch nicht gesehen, nicht aufgesucht habe. Die junge Frau schien das Geständnis selbst einigermaßen zu beschämen, denn ein wenig naiv fügte sie hinzu, daß sie zu Eveline gegangen sein würde, wenn sie geahnt hätte, daß Edmund kommen wolle, ließ dieser Bemerkung aber sogleich die andere folgen: „Freilich wäre ich aber vielleicht kaum willkommen gewesen wegen Herrn von RiesenS Besuch, der mich dann ebenso gestört haben würde, da mir derselbe nun einmal zuwider ist."
„RiesenS Anwesenheit würdest Du schwerlich zu fürchten gehabt haben," sagte Dernburg etwas zurückhaltend, „er kommt selten rach Garkau?
„Nun, aber vorgestern z. B. war er dort," versetzte Klara; „er begegnet« mir in der Dunkelheit auf dem Rückwege von Garkau, als ich von einem Besuch bei Diesenbergs" — sie nannte den Namen einer benachbarten Gutsherrnfamilie — „zurückkehrte."
„Du wirst Dich in der Dunkelheit geirrt haben," beharrte Dernburg ruhig.
,O nein!" rief Klara eifrig, „ich habe ihn deutlich erkannt! Er schien freilich große Eile zu haben und ritt sehr schnell, kam aber dicht am Schlage meines Wagens vorbei, und der Schein der Laternen fiel hell auf sein Gesicht."
„Und doch habe ich auch gegen den Schein Deiner Laternen einen Beweis, daß Herr von Riesen an jenem Tage nicht auf Garkau gewesen ist," entgegnet« Dernburg lächelnd; „ich erhielt nämlich kurz vor meiner Abreise noch einen Brief von Eveline, in welchem sie zufällig erwähnt, daß sie ihren Vetter seit etwa vierzehn Tagen nicht gesehen habe.
„Nun aber, —* begann Klara wieder und wollte offenbar ihre Behauptung noch weiter verteidigen; doch Edmund kam ihr zuvor indem er sagte: „Warum wollen wir uns über einen so gleichgültigen Gegenstand ereifern, liebe Klara? Ob Herr von Riesen nach Garkau kommt oder nicht, ist, — für mich mindestens — von keinerlei Bedeutung!"
Klara hielt eine weitere Entgegnung zurück; sie mochte sich selbst sagen, daß sie den Bruder nicht länger durch Bemerkungen reizen durfte, die ihm als gegen Eveline gerichtet erscheinen konnten.
Eine halbe Stunde später war Dernburg auf dem Wege nach Garkau. Er benutzte dasselbe seinem Schwager gehörende Pferd, welches ihn früher so oft hinübergetragen hatte, und da das Tier die Richtung fast so genau kannte wie er selbst, konnte er sich so ziemlich seiner Führung überlassen und brauchte nicht sehr sorgsam auf die Umgebung zu achten, trotzdem die Dunkelheit bereits anfing, her- einzubrechen.
ES sollte sich aber doch an ihm rächen, daß seine Gedanken sich von dem gegenwärtigen Moment abkehren und nur mit dem Wiedersehen der Geliebten, welcher