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Nr. 177

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Dienst^ag, den 2. August 1927

Geringe Aussichten für Genf

Entscheidung voraussichtlich Donnerstag

Eine neue Besprechung Howard-Kcllog.

TU London, 1. Aug. Nach Meldungen aus Washington hatte der britische Botschafter in Washington Sir Howard mit Staatssekretär Kellogg eine zweistündige Besprechung über die Ereignisse in Genf. Ueber den Inhalt der Unter­haltung wird strengstes Stillschweigen bewahrt. In Kreisen der britischen Botschaft wurde nach der Besprechung erklärt, daß man nunmehr den Glauben aufgegeben habe, daß die Genfer Seeabrüstungskonferenz zu einem Resultat führen würde.

Der Abbruch der Seeabrüstungskonferenz kaum roch zu vermeiden.

TN Genf, 1. Aug. Die Antwort des Präsidenten Coolidge auf die neuen englischen Abrüstungsvorschläge ist offiziell bisher den beiden anderen Delegationen der Seea'o wstnngs- konfcrenz noch nicht zur Kenntnis gebracht worden, jedoch verlautet, daß die Antwort den bisherigen ablehnenden Standpunkt der amerikanischen Delegation gegenüber dem englischen Abrüstungsprogramm in vollem Umfang billigt, ohne neue Vorschläge zu machen, die den Weg zu weiteren Verhandlungen eröffnen könnten. Unter dieien Ilmständen erscheint der Abbruch der Seeabrüstungskonferenz nunmehr kaum noch vermeidlich. Von japanischer Seite werden ge­genwärtig Versuche unternommen, eine Urberg cugsformel zu finden, die die Möglichkeit für weitere Verhandlungen in Zukunft eröffnet. Zwischen den drei Staaten soll eine Ver­einbarung getroffen werden, nach der für eine» bestimmten Zeitraum der Bau von neuen Kriegsschiffen eingestellt wird. Dieser Vorschlag, Naval Holiday genannt, hat -edoch bisher bei der englischen Delegation keine Unterstützung gef, r> den. Die englische Delegation habe den übrigen Delegationen ein umfangreiches Programm über die Abrüstung der Flotten vorgelegt. Dieses Programm sei jedoch von der amerikani­schen Delegation abgelchnt worden, ohne daß diese ein eige­nes Abrüstungsprogramm vorgelegt hätte. Eine Annahme­der amerikanischen Forderung auf uneingeschränkten Vau größerer Kreuzer sei für England unmöglich, da dies dem ursprünglichen Zweck der von Präsident Coolidge einberu- fenen Konferenz widersprechen würde. Die englische Dele­gation lehnt es grundsätzlich ab, irgendwelche neuen Schritte für eine Wetterführung der Konferenz zu ergreifen, solange nicht die Antwort des Präsidenten Coolidge offiziell den bei­den übrigen Delegationen zur Kenntnis gebracht worden ist. Am Donnerstag Vollsitzung der Sccabrüstnngskochsercnz.

TU. Genf, 1. Aug. Die ursprünglich für heute Nachmit­tag einberufene und gestern auf unbestimmte Zeit verscho­bene Vollsitzung der Seeabrüstungskonferenz wird nun­mehr, auf Grund einer heutigen Vereinbarung, zwischen den drei Delegationen am Donnerstag Nachmittag stattfindcn. In Konferenzkreisen wird heute ausnahmslos damit ge­rechnet, daß dies die Schlußsitzung der Konferenz sein wird. Die Erklärung, die Botschafter Gibson für die amerikanische Delegation in der Donnerstagsitzung abgeben wirb, hat be­reits die Zustimmung Coolidges erhalten. Die gestern Abend von der amerikanischen Delegation veröffentlichte Politische Klausel, die in bas Abrttstnngsabkommen ausge­nommen werden soll, hat nicht die Zustimmung der engli­sche» Delegierten gefunden. Englischerseits wird besonders betont, daß die amerikanische Klausel das Zustandekommen eines Abkommens voraussetzt, wofür jedoch bisher alle Vor­aussetzung fehlt. Unter diesen Umständen erscheint eine Wetterführung der Verhandlungen kaum mehr möglich, sodaß, wenn nicht SiS Donnerstag völlig unvorhergesehen» Umstände eintretcn, mit dem Abbruch der Konferenzver­handlungen Ende der Woche gerechet werden muß.

Lloyd George.über die Genfer Seeabrüstungskonferenz.

TU. London, 1. Aug. Auf der liberalen Sommerschulc In Cambridge hielt Lloyd George heute eine längere Rede, in der er sich mit der Entwicklung der Liberalen Partei und verschiedenen Tagesproblemen befaßte. Für die Liberale Partei laute heute die Frage, ob sie sofort ein definitives Programm aufstellen solle oder auf die unvermeidliche Reaktion auf eine unmögliche Regierung warten solle. Man könnte vielleicht aus der allgemeinen Unzufriedenheit Ka­pital schlagen und ans Ruder kommen, ohne sich ans ein be­stimmtes Programm festzulegcu, aber das sei weder klug noch ehrenwert. Die Liberalen hätten nicht die geringsten Aussichten, die nächste Wahl zu gewinnen, wenn sie nicht die Mehrheit der Bevölkerung davon überzeugen könnten, daß die Partei eine ehrliche und feste Politik verfolge. Llopd

George wandte sich daun den politischen Tagesfragen zu. Er beschäftigte sich zunächst mit der Genfer Seeabrttstungskon- fcrenz, und erklärte, daß es die größte Katastrophe für die Welt bedeuten würde, wenn der Fehlschlag der Genfer Kon­ferenz zu einem Schiffsbau-Wettbewerb zwischen den beiden größten Nationen der Welt führen würde. Im Augenblick lasse sich noch kaum übersehen, was geschehen würde, wenn es nicht gelänge, sich mit den Vereinigten Staaten über ein Schiffsbau-Programm zu einigen. Er hoffe jedoch aufrich­tig, daß es nicht zu einer Rivalität kommen werde, die zu einer Entfremdung der beiden größten Nationen führen würde. Von Amerika und England hänge der Frieden der Welt ab. Die Rußland gegenüber verfolgte Politik halte er für vollkommen verfehlt. Man habe sich das ganze Problem niemals richtig überlegt.

Keine Einmischung -er Japaner in den englisch­amerikanischen Abrüstungsstreit.

TN London, 2. Aug. Wie denDaily News" aus Kobe berichtet wird, beschloß die japanische Marineleitung auf einer am Sonntag abgehaltenen Konferenz, sich in die eng­lisch-amerikanische Meinungsverschiedenheit nicht einzu­mischen.

Australiens Interesse an einer starken britischen Flotte.

TU London, 2. Aug. Der australische Premierminister Bruce erklärte in einer Rede in Maryborough, für Anstra- lien sei es von großer Bedeutung, daß Großbritannien kei­nem Abrttstungsplan zustiimne, der die Ueberlegenheit der britischen Marine in den.sieben Meeren gefährden würde. Falls Großbritannien seine Vorherrschaft zur See nicht be­haupte, sei Australien in einer verzweifelten Lage. Dje bri­tischen Delegierten in Genf müßten alles daran setzen, um den wirksamen Schutz der Verbindungslinien zwischen den britischen Rcichsteilen zu sichern.

Frankreich

Eine Gegenerklärung des Stadtrates von Orchies.

TU Paris, 2. Ann- Der Stadtrat von Orchies hat in seiner letzten Sitzung einstimmig ein Protokoll angenom­men, daß die schriftlichen Erklärungen des Bürgermeisters von Orchies gegenüber dem Präfekten des Norddeparte­ments vom 25. Dezember 1914 bestätigt werden. In dem Protokoll wird gegen die deutschen Erklärungen Einspruch erhoben und der Bericht des Bürgermeisters als der Wahr­heit entsprechend bezeichnet.

Optimismus in Frankreich über die -entsch-französischen Wirtschastsverhandlnngen.

TU Paris, 2. Aug. Während die Pariser Presse in der letzten Zeit nichts unversucht ließ, um die Schuld an dem schleppenden Verlauf der deutsch-französischen Wirtschafts- Verhandlungen Deutschland in die Schuhe zu schieben, und das Gespenst des Abbruchs der Wirtschaftsbeziehungen an die Wand zu malen, gibt sie heute in auffallender Uebcr- einstimmung zu erkennen, daß seit einigen Tagen sich eine Angleichung zwischen den beiderseitigen Auffassungen an­bahne. Auch in französischen offiziellen Kreisen zeigt man sich optimistisch und erklärt, daß eine für beide Teile gün­stige Lösung gegen Ende dieser Woche gefunden werden dürfte. _

Italien

Gegen Donankonföderation und Anschluß.

TU. Nom, 1. Aug. Im heutigen Ministerrat äußerte sich Mussolini über die Haltung Italiens zu den letzten Wiener Unruhen. Er erklärte, die faschistische Regierung habe nie­mals daran gedacht, sich in die inneren Angelegenheiten der österreichischen Republik einzumischen. Der italienische Ge­sandte in Wien habe keinerlei Schritte unternommen und cS seien auch keine Truppcnansammluugen an der österrei­chische» Grenze erfolgt. Die Revolte von Wien habe die Frage der Existenz Oesterreichs als eines unabhängigen Staates wiederum zum Gegenstand internationaler Erörte­rungen gemacht. Die alten Vorschläge einer Donaukonfö- deratou und einer Vereinigung Oesterreichs mit dem Deut­schen Reiche seien wieder aufgcrollt worden. Es liege klar auf der Hand, daß keine der beiden Lösungen mit den be­stehenden Friedcnsverträgen vereinbar sei. Eine Vereini­gung Oesterreichs mit Deutschland vor allem würde die in den Friedcnsverträgen von Versailes und St. Germain fest­gelegte politische Karte Europas stark verändern. Italien werde daher seine Ansicht in dieser Frage unter keinen Um­ständen ändern.

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101. Jahrgang

Tages-Spiegel

Tie Aussichten der Genfer Konferenz werde« in diplomati­schen Kreisen als außerordentlich schlecht beurteilt.

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Die nächste Vollsitzung der Flottonkonferenz wird am Don­nerstag stattsinden und voraussichtlich z« einem negative« Ergebnis führen.

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Die Gemeindeverwaltung von Orchies veröffentlicht einen stark tendenziösen Bericht über die Ereignisse von 1914.

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I« den deutsch-tschechoslowakischen Handclsvertragsverhand- lnngen, die einen günstigen Verlanf nahmen, ist eine Panse vis zum Herbst eingetrcten.

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Mussolini sprach sich im gestrigen Ministerratc gegen eine Einmischung in die inneren Verhältnisse Oesterreichs nnb gegen einen Anschluß Oesterreichs an Deutschland ans.

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In Hankau find schwere Unruhen ausgcbroche«. Der Pöbel stürmte das Polizeigcbände.

Eine Stimme aus Südslawie« für den Anschluß.

TU. Wie«, 2. Aug. Wie die Neue Freie Presse aus Belgrad meldet, hielt Dr. Anowic, der 1912 serbischer Außenminister und bis zum Kriegsausbruch Gesandter in Wien war, in Ueskttb eine Rede, in der er erklärte, die südslawische Re­gierung müsse öffentlich dafür eintreten, daß der Anschluß Oesterreichs an Deutschland durchgeführt werde. Auf diesem Prinzip habe sich Südslawien geeinigt und dieses Prinzip müsse auch für Deutschland und Oesterreich angewendet werden.

China

Der Pöbel stürmt das Polizeigcbände.

TU London, 1. Aug. Einem Reuterbericht aus Hankau zufolge soll dort das Kriegsrccht proklamiert werden, da die Behörden infolge der Kuliunruhen stark beunruhigt sind. Die Schwierigkeiten sind wegen der Weigerung der chinesi­schen Handelskammer entstanden, die Zuschüsse an die Kulis weiterzuzahlen. Es fand eine Protcstversammlung von Ku­lis vor der Handelskammer statt, die wegen der drohenden Haltung der Menge von Truppe» und Gendarmen aufgelöst werden mußte. Hierbei wurde ein Gewerkschaftsbeamter der Kulis verhaftet, worauf 7099 Kulis die Arbeit niederlegten. Später versuchten die Kulis, den Verhafteten aus den Hän­den der Polizei in der Eingeborencnstadt zu befreien. Der Pöbel stürmte das Polizeigebäudc, das teilweise zerstört wurde und versuchte dann, der Gendarmerie die Waffen zu entreißen. Hierbei schoß die Polizei auf die Demonstranten. Bei dem Zusammenstoß wurden vier Personen getötet und eine Reihe verwundet.

Konflikt zwischen Paris und Peking.

TU. Tientsin, 2. Aug. Französische Soldaten besetzten, wie aus Peking gemeldet wird, das chinesische Tcppichzoll- amt und vertrieben die Beamten. Den Anlaß zu dieser Maßnahme bildete die Einführung eines besonderen Tep­pich-Ausfuhrzolles durch die Pekinger Regierung. Da sich die Teppichhänöler der Erhöhung dieses Zolles wiöersetzten, wurden von chinesischer Seite Zwangscintreibungen vorge- nommen. Darauf erfolgte nun als Gegenmaßnahme die Be­setzung des Teppichzollamts durch französisches Militär. Die Peking-Negierung beabsichtigt, scharfen Protest gegen diese Maßnahme zu erheben.

Dr. Reinhold über den Dawesplon

TU Berlin, 2. Aug. Nach Abendblättermelduugen ans Williamstown gab der frühere deutsche Reichsfinanzminister Dr. Reinhold gegenüber einem Pressevertreter dem Zweifel Ausdruck, ob Deutschland die Daweslasten wirklich werbe tragen können. Die Steuerkraft der deutschen Wirtschaft drohe zu erlahmen. Gegenwärtig, so führte Dr. Rrttchold weiter aus, bestehen keine Schwierigkeiten. Auch wird jede .deutsche Negierung nach besten Kräften die Erfüllung au- streben. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß Deutschland gemäße dem Daivesplan um die Hälfte mehr zahlen muß als die gesamten anderen ^Schuldncrnationen.an Amerika zahlen sol­len. Die Zahlungen können nicht aus dem Kapitalbesitz, son­dern müssen aus dem Nationaleinkommen geleistet werden. Die Frage lautet daher weniger, was Deutschland prcdu- ziren, als was es verdienen kann. Dr. Reinhold sprach die Ueberzeugung aus, die Gewissenhaftigkeit, mit der Deutsch­land den Dawesplan erfülle, werde in Amerika anerkannt werden.