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liehen, um ihm seine Anerkennung zu beweisen. Er erwarte, daß die Alexandergrenadiere stets der Geschichte des Regiments eingedenk dem Vaterlande Ehre machen und bei Angriffen gegen äußere wie innere Feinde stet» treu zu ihrem Kaiser stehen werden. Der Oberst des Regiments erwiderte, die Grenadiere würden stets ihre Pflicht erfüllen und brachte ein dreifaches Hurra auf den Kaiser aus. Allgemein fiel «» auf, daß während der ganzen Parade neben dem Kaiser ein russischer General stand, den der Monarch wiederholt durch Ansprache und Handdruck auszeichnete.
Berlin, 14. März. Die „Vossische Ztg." meldet über London: „Der deutsche Dampfer „Admiral* traf mit 200 weißen Soldaten in K amerun «in. Als Samuda, der Anführer der meuterischen Dahomeer, zur Hinrichtung geführt wurde, rief er dem Gouverneur Leist zu, die Meuterei sei durch seine Schuld entstanden; die Dahomeer hätten ihn darum gerne getötet. Der Gouverneur sei dadurch in eine solche Wut geraten, daß er einem Soldaten das Gewehr entriß und Samuda einen furchtbaren Kolbenschlag auf den Kopf gab.* Die „Voss. Ztg." spricht die Vermutung aus, daß Leist geisteskrank sei, falls die englische Nachricht sich bestätige.
Berlin, 14. März. In einer großen konservativ-antisemitischen Volksversammlung in der Tonhalle wurde gestern die Reichsregierung scharf angegriffen. Abg. Jakobskötter polemisierte gegen die „antinationale Wirtschaftspolitik des neuen Kurses*. Abg. Lutz nannte den Handelsvertrag einen erkauften Frieden, der 10 Jahre lang eine Schmach für Deutschland bilden werde, und bedauerte eS lebhaft, daß Preußen jetzt die ruhmreichen Traditionen der Hohen- zollern verlasse. Stöcker führte aus, Caprivi hätte den Handelsvertrag nur aus Furcht vor Rußland abgeschlossen. Die Furcht vor Juden und Presse erkläre in der inneren Politik manche wunderbaren Vorgänge. Die gotterbärmliche Judenwirtschaft werde Deutschland verderben. Zum Schluß wurde eine Resolution gegen die Handelspolitik angenommen.
Berlin, 14. März. (Deutscher Reichs- t a g.) Fortsetzung der Etatsberatung. Zunächst wird der Richter'sche Kommissionsantrag den Ertrag der Zuckersteuer im Etat um 5 Millionen zu erhöhen an- tzenommen. Der Antrag der Sozialdemokraten zur Branntweinsteuer, ein Verzeichnis der Liebesgabenempfänger vorzulegen, wird vom Staatssekretär v. Posadowsky bekämpft, da die Regierung Men, dergleichen Proscriptionslisten sei. Schönlank (Soz.) drückt seine Genugthuung darüber aus, daß die Regierung Abneigung gegen die Ausstellung von schwarzen Listen habe. v. Kardorff (d.-kons.) findet, daß es heute kein Vergnügen sondern eine Strafe sei, Branntwein zu brennen. Der Antrag wird abgelehnt. Graf Limburg-Stirum berichtet über die Angelegenheit des Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I und befürwortet die Bewilligung einer Pauschalsumme von 4 Millionen Mark. v. Stumm (Rp.) erklärt sich für den Kommissionsbeschluß und will erforderlichen Falls auch noch mehr geben. Singer (Soz.) lehnt unter Hinweis auf den allgemeinen Notstand jede Summe ab. Richter erklärt im Namen der Volksparteien, dieselben würden, wenn sich die Regierung verpflichtet später nicht mehr zu verlangen, die 4 Millionen bewilligen. Staatssekretär v. Bötticher ist nicht in der Lage eine diesbezügliche bindende Ant
wort zu erteilen, v. Bennigsen (n.-l.) macht darauf aufmerksam, daß die Sozialdemokraten allein sich der Dankesschuld gegen den verstorbenen Kaffer entzögen. Lieber (Centr.) sucht hierin den prinzipiellen Unterschied der Sozialdemokraten von den andern Parteien. Bebel erwidert, einer Persönlichkeit, die 12 Jahre lang das Sozialistengesetz aufrecht hielt, setze man kein Denkmal. (Pfuirufe). Der Antrag wird hierauf gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Volkspartei angenommen, womit die 2. Lesung des Etats erledigt ist.
— Geh. Kommerzienrat Krupp soll im Privatgespräch erklärt haben, cS sei möglich, daß ein anderer als Prof. Schwenninger ihm damals die angebliche Aeußerung des Fürsten Bismarck: „Eine Ablehnung des russischen Handelsvertrags werde uns den Krieg mit Rußland bringen" mitgeteilt habe.
Ausland.
Paris, 16. März. Gestern Nachmittag erfolgte vom Portal der Madeleine-Kirche eine heftige Detonation. Dem Unbekannten, welcher das Attentat unternehmen wollte, platzte die Bombe in den Händen, die ihn sofort in Stücke riß. Weitere Opfer sind nicht bekannt. Die Metallplatte des Opferstocks am Eingang der Kirche wurde abgerissen, mehrere Scheiben zertrümmert. Der Leichnam des Attentäters soll nach der Ansicht des Polizeipräfekten dem Signalement des Attentatsurhebers in der rus 8t. ikagues und im Faubourg St. Martin entsprechen. Zwei als mitschuldig verdächtige Personen wurden verhaftet. Die Aufregung in der ganzen Stadt ist ungeheuer.
Nermischtes.
— Ueber das Panorama „Kreuzigung Christi", das im Auftrag der Herren Eckstein L Esenwein in Backnang ausgeführt ist, erhalten wir folgende Mitteilungen: Den allgemeinen Entwurf dieses Rundgemäldes, sowie den architektonischen Teil fertigte Herr Karl Hubert Frosch, die Landschaft hat Herr Joseph Krieger, den figürlichen Teil Herr R. William Leigh gemalt. Der Entwurf fußt in topographischer und historischer Hinsicht auf dem Studium folgender Quellen:
I. „Das Jerusalem des Josephus*, ein Beitrag zur Topographie der heiligen Stadt von I. Spies.
II. Die Werke von Prof. vr. Sepp, Prof. Tobler.
III. Das Werk „Palästina" von Ebers und Guthe.
IV. Karten und Pläne zur Topographie des alten Jerusalem von vr. Zimmermann, bearbeitet nach Schick und Wilson. , Sowie Studien an Ort und Stelle durch die genannten Künstler.
Der Standpunkt des Beschauers ist an der Stelle gedacht, an welcher sich heute die Kirche des heiligen Grabes erhebt. Der Heiland fft dem Verscheiden nahe; rechts unten am Kreuze Maria Magdalene, rechts im roten Mantel der Hauptmann, dann Maria, die Mutter Jesu, hinter ihr Johannes, dann Lazarus und seine Schwester Martha, Veronika mit dem Schweißtuch, Simon von Cyrene, Nicodemus, Joseph von Arimathia, links Longinus, die Soldaten, um die Kleider Christi würfelnd, weiter zurück Mitglieder des hohen Rates und Volk, Kaiphas, das Volk beredend. — In der Ferne hinter der Kreuzigungsgruppe dehnt sich das Moabitgebirge und die Wüste Juda aus, rechts davon der Berg des bösen
Rates, die sog. Oberstadt mit der Zionshöhe, das,. Hipodrom, das Theater des Herodias, dahinter der herodianische Königspalast, die 3 Türme Mariamne, Phasael und Hyppicus, rechts hinter Golgatha, das Genatthor und der Teich Hiskia. — Weier folgt: Die Straße und die Höhen von Bethlehem, dann im Vordergrund das Felsengrab Christi und das Landhaus von Joseph von Arimathia, zwischen letzterem und mehreren Oelbäumen gen Westen die Straße nach Joppe. Man sieht in der Ferne den Berg Mezpia (jetzt Neby Samwill genannt), weiter nördlich felsiges Terrain, die Staße nach Damaskus, (Judas Jschariot) die Jeremiasgrotte, die Bezethahöhe; hier erhebt sich der Skopus und unmittelbar daran der Oelberg. Vor diesem steht die sogenannte Vorstadt, der Tempelplatz mit der Burg Antonia, unterhalb das Richtthor (vor dem sich das Volk drängt) und das alte Thor, rechts der Tempel, die herodianische Halle, das Rathaus, das Archiv, der Histos, (Versammlungsort) und daneben der Hasmonäer.
Standesamt ßakw.
Geborene.
8. März. Sofie Babette, Tochter des Jakob Spahr, Werkführers hier.
Gestorbene.
10. März. Marie Stotz, 5 Jahre alt, Tochter des Wilhelm Friedrich Stotz, Taglöhners hier. 12. „ Karl Friedrich Hang, 14 Monate alt, S. d.
Andreas Hang, Fabrikarbeiters hier.
14. . Johannes Schaub, Taglöhner von Som-
menhardt, 53 Jahre alt.
Gottesdienste in der Karwoche
Am Palmsonntag, den 18. März.
Vom Turm: 148. Kirchenchor: In meines Herzens Grunde (599,3). Predigtlied: 138.
9'/4 Uhr: Beichte in der Sakristei.
9'/- Uhr Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun.. Abendmahlsfeier. 2 Uhr Nachm.-Predigt: Herr Stadt- pfarrverweser vr. Hory.
Am Hründonnerstag, den 22. März.
9'/- Uhr Predigt mit anschließender Beichte für das am Karfreitag stattfindende heilige Abendmahl: Hr. Stadtpfarrverwcser vr. H o r y. 11 Uhr Abendmahl im Vereinshaus für Leidende. 7 Uhr Abendmahlsfeier in der Kirche mit vorangebender Beichte.
Am Karfreitag, 23. März.
Predigtlied: 142.
9'/4 Uhr Beichte in der Sakristei.
9H- Uhr Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. Abendmahlsfeier. 3 Uhr Nachm.-Predigt mit anschließender Beichte für das am Osterfest stattfindcnde heilige Abendmahl: Hr. Stadtpfarrverweser vr. Hory.
Reklamenteil.
Ueber 10 Millionen
Pfund Kathreiners Kneipp Malzkaffe« sind im Jahre 1893 verkauft worden, ein sprechendes Zeugnis für die wachsende Beliebtheit dieser Marke. Verkaufsstellen überall.
Den Wünschen des Publikums ist Apotheker A. Flügge entgegengckommen und hat für seinen von den Aerzten als vorzügliche Salbe bei allen Hautleiden,. Wunden, Verbrennungen, Verletzungen, Geschwüren ec. warm empfohlenen Myrrben-Crßme*) eine Packung für 50 H eingeführt, dies wird allen, welche sich bereits von den vorzüglichen Eigenschaften des Myrrhen-Crsme überzeugt, gewiß willkommen sein. *) Erhältlich in Dosen ä -«, 1.— oder in Tuben zu 50 H in allen Apotheken.
ist. wie Du sagst, ist er eS sich und uns schuldig, eine in jeder Beziehung richtige Wahl zu treffen!*
„Natürlich!" lachte Herr von Millen, „nur denken vielleicht Bruder und Schwester über diese Richtigkeit verschieden."
Klara ging ein paarmal aufgeregt durch» Zimmer.
„Nein, nein, eS kann nicht sein!* rief sie dann. „Eveline kann Edmund nicht dauernd fesseln! Mag sein, daß sie ihn einen Moment interessiert hat; im Grunde schätzt er da» weiblich« zu hoch, verlangt ja überhaupt immer Nachgiebigkeit, als daß ihr Trotz und Eigenwille ihm behagen könnten! — Oder — weißt Du etwas Näheres?" unterbrach sie sich selbst, indem die Unruhe aufs neue Oberhand in ihr gewann. „Hat er Dir am Ende gar schon gestanden-?"
„Gestanden?" fragte er. ,Al» wenn «» Edmund» Sache wäre, jemanden in seine Wünsche und Absichten einzuweihen, wenn er weiß, daß dies« nur durch ihn selbst zu erreichen sind! Alles, waS ich Dir sagen kann, ist, daß er, seitdem er zum ersten Mal in Garkau war, fast täglich hiaüber geritten ist, trotzdem aber immer weniger von seinen Besuchen geredet hat. Ich müßte aber Edmund nicht kennen, wenn ich mir nicht sagt«, daß gerade die» etwas bei ihm zu bedeuten hat! Zugleich bringe ich es damit in Verbindung, daß sein Aursehen und seine Stimmung täglich hellerer geworden find, — aber da kommt er in eigener Person; nun sieh' ihn Dir selbst prüfend an!"
In der That erschien in diesem Augenblick Dernburg» hohe Gestalt auf der Schwelle, und Klara, deren Blicke sich unwillkürlich fest auf fein Anttitz gerichtet hatten, mußte sich sagen, daß sie noch nie einen so leuchtenden Au»druck in seinen Zügen wahrgenommen hatte. Die Freude der Wiedersehen» konnten dieselben unmöglich so verklären! In unruhiger Spannung harrte sie de« ersten Worte» aus seinem Munde, da» jedoch nur da» einer herzlichen Begrüßung war; dann aber — jeder hatte «in« erwartungsvoll« Paus« rintreten lass«, — sagte er: „Und nun.
meine Geschwister, fordere ich Eure Teilnahme für eine Nachricht, die ich Euch
zu bringen habe: seit einer Stunde darf ich Eveline von Hollen meine Verlobte nennen."
„Also doch!' — Das Wort war gesprochen, Klara aber wie gelähmt durch dasselbe; es war ihr unmöglich ihrem Manne zu folgen, der feinem Schwager mit einem lauten „Bravo, bravissimo!" in eine lebhafte Umarmung gezogen hatte; ihre Arme sanken ihr am Leibe nieder. Edmund« Augen blickten fragend und, wie eS ihr schien vorwurfsvoll nach ihr.
„Meine Schwester schweigt?" fragte er.
Mit Mühe rang sie nach Fassung. „O vergieb," — stammelte sie, — „es war so unerwartet — ich finde mich nicht gleich in die Vorstellung, daß Eveline Dein Weib werden soll!"
„Sie will auch erst erkannt sein," sagte Edmund ruhig „aber ich hoffe, Klara wird sie erkennen."
„Das ist'» eben," fiel Herr von Milten ein, „Eveline ist »in Charakter! Mag sie sich immer gegen das Herkommen sträuben und e» zu Zeiten wohl gar abschütteln: weil sie über Vas Warum und Wozu stet« Rede zu stehen weiß, behält sie da» Recht dazu!"
Der Landrat schenkte seinem Schwager einen freundlichen Blick: „Dein Wort trifft EvelinenS Wesen in ihrem Kern, und darum kannst Du auch Deiner Frau sagen, daß sie ein Weib ist. welche» für ihren Bruder paßt."
„Wie, Edmund." rief Klara aus, „Du könntest r» ertragen, wenn eine Frau Dir gegenüber ihre Eigenartigkeit behauptete? Wenn ihr Denken und Fühlen nicht in dem Deinigen aufginze, ganz mit ihm verschmölze? Ich hatte geglaubt,.gerade Du würdest eine solche völlige Hingebung von ihr verlangen!"
(Fortsetzung folgt.)