28.

Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

69. Iahrgtur.

Erscheint DienSt»g, Donner»!», und S»mit»g. Di- Einrüikungig-bühr b-trigt in, Bezirk und nächster Um­gebung S Pfg. die Zeile, sonst >2 Psg.

Donnerstag, den 8. Mär; 1894.

Abonnementtpret» vierteljährlich in der Stadt SO Pf§. »rG " ' ^ ' ' '' Post bezogen Mk. 1. 15, soriA t»

S0 Pfg. LrLgerlohn, durch die ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche ZSekauutmachungev.

Kekanntmachung.

Schultheiß Volle in Unterhaugstett ist heute in sein Amt eingesetzt worden.

Calw, den 6. März 1894.

K. Oberamt. Lang.

An die Gemeindebehörden.

Dieselben werden auf die Min.-Verf. vom 29. November 1892 (Reg.-Bl. S. 591), betreffend den Schutz von Vögeln, hingewiesen, wornach der Strafbestimmung des Art. 40 des Landespolizei­strafgesetzes unterliegt, wer während der für die Vögel festgesetzten Schonzeit d. h. in der Zeit vom 1. März bis zum 15. September Hunde oder Katzen im Walde oder auf freiem Felde umherschweifen läßt.

Das unterstellte Polizei-, Feld- und Wald­schutzpersonal ist entsprechend zu instruieren und ist hierüber Eintrag im Schultheißenamtsprotoksll zu machen.

Calw, den 6. März 1894.

K. Oberamt.

Lang.

Kekanntmachung

^betreffend die Gewährung von Unterstützungen nn Hinterbliebene von Teilnehmern an den Kriegen vor 1870. Gesetz vom 14. Januar 1804 8 3 (Reichs-Gesetzblatt Seite 107).

Der Z 3 des Gesetzes vom 14. Januar 1894 bestimmt, daß den Hinterbliebenen von Teilnehmern

an den Kriegen v»r 1870, sofern diese letzteren Per­sonen im Kriege oder in Folge von Kriegsverwundungen verstorben sind, fortlaufende Unterstützungen in Grenzen der Sätze des Militär-Pensions-Gesetzes vom 27. Juni 1871 (Reichs-Gesetzblatt Seite 275) zu gewähren sind; daß ferner den Hinterbliebenen von Teilnehmern an diesen Kriegen, welche an den ihre Invalidität bedingenden Leiden verstorben sind, solche Unterstütz­ungen zugewendet werden können.

Es ergeht nun behufs Durchführung dieser gesetzlichen Bestimmungen die Aufforderung an Witwen solcher Militärpersonen der Unterklaffen, deren Ehe­mann an einem Kriege vor 1870 teilgenommen hat und im Kriege oder in Folge einer im Kriege erlittenen Verwundung verstorben ist, oder

im Kriege erkrankt oder beschädigt und an den seine Invalidität bedingenden Leiden verstorben ist, ebenso an Ehefrauen der nach den früheren Kriegen Vermißten, sich mit ihren Gesuchen um solche Unter­stützungen durch das betreffende Oberamt bezw. soweit dieselben ihrenWohnsitz inStutt- gart haben, durch die Stadtdirektion Stutt­gart an das Kriegsministerium zu wenden.

Dem Gesuche sind beizufügen sämtliche Militär­papiere des Verstorbenen, ein Familienregisterauszug, ein Vermögens- und Prädikatszeugnis der Gesuch­stellerin und wo es sich um den in heimatlichen Ver­hältnissen erfolgten Tod des Ehemannes handelt, ein eingehendes Zeugnis des behandelnden Arztes über die Todesursache und den etwaigen Zusammenhang des Todes mit dem die Invalidität bedingenden Leiden des Verstorbenen.

Außer den vorstehend Genannten kommen bei Gewährung von Unterstützungen ferner in Betracht die Kinder von nachträglich an ihren Kriegsverwun­dungen oder an anderen ihre Invalidität bedingenden Leiden verstorbenen Invaliden aus den Kriegen vor 1870, sofern sie das 15. Lebensjahr noch nicht vol­lendet haben; endlich etwa noch lebende Eltern oder Großeltern, wenn der Verstorbene nachweislich der einzige Ernährer derselben war und sie sich zur Zeit in hilfsbedürftiger Lage befinden.

Bezüglich der den letzteren Unterstützungs­gesuchen beizufügenden Urkunden gilt das oben bei den Witwen rc. Gesagte.

Königliches Kriegsministerium.

Schott v. Schotten st ein.

Vorstehende Bekanntmachung wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.

Calw, den 7. März 1894.

K. Oberamt.

Schüller, stv. Amtmann.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 6. März. (54. Sitzung der Kammer der Abgeordneten, vormittags 11 Uhr.) Den Vorsitz führt Präsident v. Hohl. Präsident v. Hohl heißt die Mitglieder herzlich willkommen. In der Zeit der 9 monatlichen Vertagung hat das hohe Haus durch Todesfall sechs Mitglieder verloren. Im Juli v. I. starb der Abg. Dr. Baur von Reutlingen, welcher eine verdiente Wirksamkeit in diesem Hause wie für seine Vaterstadt ausgeübt hat. Im Oktober starb Abg. Ege von Neckarsulm, ein pflichttreue- Mitglied des hohen Hauses, der nur in den letzten

111 ^1^1 911. ^Nachdruck verboten. I

Vaterlandsverrat.

Novelle von Lothar Brenkendorf.

(Schluß.)

»Vielleicht, weil Du in wunderbarer Voraussicht dessen, was sich heute er­eignen würde, bereits darauf bedacht gewesen bist, einen Ersatz für mich zu finden? Denn die Dame, der Du vorhin mit so feurigen Blicken zutrankst, sie ist doch wohl meine glückliche Nachfolgerin nicht wahr?'

Der schneidende Hohn in jedem ihrer Worte reizte ihn zu einer geradezu brutalen Aufrichtigkeit.

.Vielleicht! Und sie versteht sich ohne Zweifel viel besser darauf, einen Mann Hu beglücken «IS Du/

Er bereute das grausame Wort doch schon, fast noch ehe er es ausgesprochen Halle, nicht so sehr aus Mitleid mit derjenigen, die eS tötlich verletzen mußt«, als in Der Furcht, daß sie ihm hier eine peinliche Scene bereiten könnte. ES überraschte ihn geradezu, als nichts derartiges geschah. Er hätte diesem leidenschaftlichen Weibe niemals »in, so heroische Selbstbeherrschung zugetraut.

Leonore war stehen geblieben, und nur in ihren Augen funkelte alles daS, was ihre Lippen unausgesprochen ließen.

.So wäre zwischen uns Beiden also alles zu Ende! Wahrhaftig, eS war ffchon der Mühe wert» so lange in der Welt umher zu reisen, nur um das aus Deinem eigenen Munde zu erfahren.'

.Du wirst bei ruhiger Überlegung selbst einsehen, Leonore' wollte er ein- 'lenken, doch sie fiel ihm kurz und bestimmt in die Rede.

.Nicht doch! Wozu jetzt noch viele Worte! Jeder von u«S thut eben, waS er für geboten hält. Möge Dir da» Schicksal recht leicht werden, dak Du Dir ffelber bereitet hast!'

Sie wandte sich und ging mit raschen Schrillen davon, dem Kurhaus« zu. Ludolf blickte ihr nach und schüttelte den Kopf.

.Ein sonderbares Geschöpf!' murmelte er, .unberechenbar wie ein April­lag 1' Aber daß sie die kleine Tändelei auch so ernst nehmen mußte! Ich

hätte mich wahrhaftig garnicht erst darauf eingelaffen, wenn ich das hätte ahnen können.'

Er kehrte zu seinem Tische zurück und bezauberte auf's Neue seine Gesell­schafter durch die liebenswürdige Heiterkeit seines Wesens. Auf seinen Vorschlag »üstkte man sich zu einer lustigen Spazierfahrt an den Rhein, und der Tag neigt« sich schon seinem Ende zu, als man nach Wiesbaden zurückkam. Di« Equipage hielt an dem Hotel .zu den vier Jahreszeiten' und diensteifrig wie immer sprang der Pförtner herzu, um den Kutschenschlag zu öffnen. Ludolf war den beiden Damen ritterlich beim Aussteigen behülflich und er schickte sich an, ihnen in das Innere d«S Hauses zu folgen, nachdem er dem Kutscher ein Trinkgeld gereicht hatte.

Im Vestibüle aber trat ihm mit höflichem Gruße ein ernst blickender Herr entgegen.

.Auf ein Wort unter vier Augen, Herr Harmening!'

Ludolf stutzte, aber er wußte sich doch gut zu beherrschen.

.Sie irren sich in der Person,' sagte er artig.Mein Name ist Settendorf/

.Wenn «S so ist, muß ich mich allerdings im Irrtum befinden. Aber Sie haben vielleicht die Gefälligkeit, mich zu .begleiten, damit derselbe auf de» Stell« aufgeklärt werden kann.'

.Sie setzen mich in Erstaunen, mein Herr! Mit welchem Rechte machen E« mir eine solch« Zumutung?'

.Ich bin Beamter der Kriminal-Polizei. Hier ist meine Legitimation.'

Aber Sie werden mir doch wohl gütigst gestatten, mich zuvor noch für eine» Augenblick auf mein Zimmer zu begebend

.Ich muß Sie leider ersuchen, darauf zu verzichten.'

.Parbleu, man behandelt mich wie einen Staatsverbrecher. Aber die Sach« fängt an. mir Spaß zu machen. Gehen wir also, mein Herr!'

Obwohl er di« Sach« seiner eigenen Versicherung nach so spaßig fand, zuckt« eS doch ganz seltsam in seinem Gesicht, und als er sich von dem Beamten unbe­obachtet glaubte, fuhr seine Rechte mit blitzschnellem Griff nach der inneren Brufi- tafchr seines Überröcke«. In demselben Moment aber legt« sich von hinten her di« Hand eine« zweiten Manne», der bis dahin unbemerkt hinter der geöffneten Thür der' Portierloge gestanden hatte, schwer auf seinen Arm.'