' Neue belgische Erklärung gegen Deutschland
TU. Berlin, 2S. Juli. Nach einer Vlättermeldung aus Brüssel verbreitet die belg. Telegraphenagentur eine Erklärung der belgischen Regierung, in der es mit Bezug auf die deutsche Stellungnahme zum letzten deutschen Memorandum heißt:
„Es besteht kein Grund, auf die in dieser Mitteilung enthaltenen Bemerkungen einzugehen und die Erörterung ins Endlose zn verlängern, die ohnehin durch die endgültigen Erklärungen der belgischen Regierung nutzlos geworden sind. Es verdient aber hervorgehoben zn werden, daß die deutsche Regierung endlich begriffen hat, daß sie bezüglich der Arbeiten der Reichstagskommissionen über die Ereignisse beS Krieges nicht weiter stillschweigen konnte und cs verdient weiter festgestellt zu werden, daß die deutsche Regierung ohne jeden Grund und nach Locarno es für gut hielt, die Veröffentlichung von Anklagen in der ganzen Welt zu erlauben, deren Hinfälligkeit offenbar ist und diese Haltung zu rechtfertigen mit der Behauptung, daß eine siebenjährige Arbeit des Untersuchungsausschusses des Reichstages zn einer Wiedergabt des wahren Tatbestandes geführt habe. Diese richtet sich jedoch gegen hundertmal wiederholte Wahrheiten. Es ist unmöglich, daß die deutsche Regierung begreift, daß ähnliche Veröffentlichungen die öffentliche Meinung in Belgien stark erkälten.
Protest des deutschen Lehrervereins gegen das Reichsschulgesetz
TU. Berlin, 29. Jnli. Nach einer Meldung der „Voss. Zeitung" hat der Hauptausschuß des deutschen Lchrerver- eins, in dem über 150 000 Volksschnllehrer und -lehrerinnen zusammengeschlossen sind, eine Erklärung angenommen, in der Protest gegen den neuen Entwurf des Neichsschnl- gesetzes erhoben wird, da der Entwurf in unversöhnlichem Gegensatz zur Reichsverfassung stehe. Der Gesetzentwurf, so heißt es in der Erklärung u. a., nehme der Gemeinschaftsschule die ihr verfassungsgemäß zugesicherte Stellung als Regelschule und mache sie zu einer Antragschulc, zerstöre von Grund auf die Schulhoheit deS Staates, zerschlage die leistungsfähige, vollansgebaute Volksschule in zahllose kleine nnd leistungsschwache Schulen und gefährde die berufliche Sicherheit und die staatsbürgerlichen Rechte der Lehrenden. Zum Schluß ruft der Deutsche Lehrerverein auf zum Schutze der deutschen Volksschulen, der Schulhoheit des Staates und der Einheit deutscher Bildung.
Kleine politische Nachrichten
Wieder Märchen von deutschen Giftgase». In den letzten Tagen wird von bestimmter Seite versucht, das Märchen von einer Herstellung von Giftgasen unter deutscher Aegide aufzutischen. Das „Journal des Debats" und Ser deutschfeindliche „Daily Telegraph" waren dieser Tage in diesem Sinne tätig. An zuständiger Berliner Stelle wird demgegenüber noch einmal auf die Erörterungen verwiesen, die über dieses Thema im Dezember im Reichstag stattgefuuden habe». Die Tendenz dieser Meldung ist offensichtlich, es dürfte die gleiche sein, die der Weltöffentlichkeit immer deutsche Waffenlieferungen nach China glauben machen wollten.
Renn neue Todesnrtcile in Rußland. In der Sowjetukraine wurde ein fünftägiger Prozeß gegen eine Anfstän- Lischen-Organisation zu Ende geführt. Das Sowjetgericht verurteilte neun Personen zum Tode, 17 Personen zu je 10 Jahren Gefängnis und sieben Personen zu Gefängnisstrafen von drei bis sieben Jahren .
Bcamtcnknnbgebung vor dem Pariser Kricgsministe- rlum. Vor dem Kriegsministerium fand eine große Kundgebung der Hilfsbeamten, Staatsarbciter und Kriegsverstümmelten statt, gegen die ein großes Polizeiaufgebot eingesetzt war, das die Zugänge zum Kriegsministerium besetzt hielt. Acht Delegierte wurden in das Kriegsmiuiste- rium eingelassen, wo sie in Anwesenheit Painleves seinem Kabinettsschef ihre Forderungen vortrugen. Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfall.
14 ukrainische Bauern zum Tode verurteilt. Vor dem Höchsten Sowjetgericht in Charkow wurde, wie aus Moskau gemeldet wird, ein Prozeß gegen 51 ukrainische Bauern aus dem Kreise Berdytschew zum Ende geführte. Es handelt sich bet den Angeklagten um eine Gruppe Aufständischer, die wegen 37 Ueberfällen auf Sowjetbehörden und wegen Tötung eines Führers der Miliz angeklagt waren. Von den Angeklagten wurden 14 zum Tobe, 12 zu 10 Jahren Gefängnis und die übrigen zu je 6 Jahren Gefängnis verurteilt.
Amerika kündigt neuen Sreuzerba« an. Marinestaatssekretär Wilbur kündigt den Abschluß von Verträgen zum Bau von sechs neuen Kreuzern an, von denen jeder 10 500 000 Dollar kosten soll.
sparte Neuheiten in
oUnrusselin
empfehlen in reicher Auswahl
pkorrkilm
28 l» Kau»» NotqrorÄ lügel
Aus aller Welt
Gebr. Himmelsbach AG. in Konkurs.
TU. Berlin, 29. Jnli. Wie soeben bekannt wird, hat der Vorstand der süddeutschen Holzfabrik Gebr. Himmelst',ich AG. gestern Konkursantrag gestellt, da er keine Möglichkeit sah, die Verlängerung der am 28. Juli endigenden Ge- schüftsaufstcht zu beantragen.
Waldbrand bei Köpcnik. — 50 Morgen vernichtet.
TU. Berlin, 29. Juli. Durch achtloses Wegwerfen einer brennenden Zigarette entstand am Mittwoch nachmittag in der Nähe von Köpenik ein großer Waldbrand. Das Feuer breitete sich infolge der Trockenheit der letzten Tage mit großer Schnelligkeit ans. Die Feuerwehren ans Köpenik uüd den umliegenden Ortschaften zusammen mit Hunderten von Bewohnern der dortigen Gegend waren bis in die späten Abendstunden hinein damit beschäftigt, den Brand einzudämmen. Etwa 50 Morgen Wald wurden vernichtet. Erst in den späten Abendstunden gelang cs, das Feuer zn lokalisieren. Der Brand selbst konnte noch nicht gelöscht werden.
Schweres Unwetter in Thüringen.
Ein schweres Unwetter ging am Mittwoch, nachmittag über der Mühlhamener Mulde und dem oberen Unstruthtal nieder. Starker, zeitweise wolkcubrnchartigcr Regen und Hagelschlag richteten ans den Feldern und in den Gärten ungeheuren Schaden an. Die Hagelkörner erreichten teilweise eine Größe von Tanbenciern. Nach Schlothcim hin wurde auf zahlreichen Feldern das Getreide völlig niedcrge- legt.
Bergwerksunglück in Polen.
In der Grube Kazimierz ün Dombrowaer Kohlengebiet stürzte eine Wand ein nnd begrub vier Bergarbeiter unter den Trümmern. Trotz sofortiger Rettungsaktion konnten die Verunglückten nur als Leichen geborgen werden.
Zusammenstoß zweier internationaler Expreßzüge.
TU. Paris, A). Juli. Kurz vor dem Bahnhof Abbevillc fuhr gestern mittag der Schnellzug PariS-Calais auf den Schnellzug Wien-Calais, der wegen Maschinendefektes angc- halten worden war, mit solcher Wucht auf, daß die letzten Wagen des haltenden Zuges zertrümmert wurden und auf die Seite fielen. Nur dem Umstande, daß die meisten Reisenden den blockierten Zug verlassen hatten, ist cs zn danken, daß nur etwa zehn Personen schwer oder minder schwer verletzt wurden. Nach den bisher vorliegenden Meldungen sollen Menschenleben nicht zn beklagen sein.
Späte Ehrenrettung.
Kürzlich hat das Pariser Äassationsgericht in feierlicher Vollsitzung vier Soldaten eines Kvlonial-Jnfanterie-Ncgi- mentes freigesprochcn, die wegen Verlassens ihres Postens vor dem Feinde znm Tode verurteilt worden waren. Nun könnten sich die Verurteilten ihrer Freiheit und Ehre wieder erfreuen, wenn sie nicht im Mai 1915 schon — standrechtlich erschossen worden wären.
Die „Selbstmörderin" von Monte Carlo.
Eine junge Amerikanerin hatte jüngst eine ziemlich beträchtliche, in Anbetracht der Dollarmillivncn ihres Vaters aber höchst unwesentliche Summe am Spieltisch verloren und sich dann ein wenig zurückgezogen. Sie fühlte sich nicht ganz wohl, hatte wohl auch etwas Kopfschmerzen, ließ sich auf einem Sofa in der Ecke eines Saales nieder nnd bestellte ein Glas Wasser. Pyramidon tut doch sehr gute Dienste in solchen Fällen, nicht wahr? Sie entnahm also ihrer krokodilledernen Handtasche das Röhrchen mit den Tabletten, zerdrückte eine im Glas und setzte dieses an die Lippen. — Was jetzt folgte, ereignete sich so blitzschnell, daß die junge Dame keine Gelegenheit mehr znm Widerspruch hatte. Zwei Männer entwanden ihr mit eisernen Griffen das Glas, führten die offensichtlich Lebensmüde durch eine Seitentür ans die Straße, drängten sie in ein Auto, rasten durch eln paar Straßen und einen Augenblick später sha sie sich bereits im Operationssaal, während zwei Aerzte ihr den Magen auspumpten. Erst nach langer Zeit konnte die arme Lady einem herbeigerufcneu Dolmetscher den Irrtum begreiflich machen. Ob ihr die Kopfschmerzen inzwischen vergangen sind, hat sie aber nicht verrate».
Feucrgesecht zwischen holländischem Schoner nnd amerikanischem Wachtschisf.
Nach einer Newyorker Meldung der DAZ. wurde der holländische Schoner „Elena" in der Nähe von Portoriko, als er sich einer Untersuchung durch Prohibitionsbeamte widersetzte, von einem Prohibitionsmachtschiff beschossen. Die „Eleim" erwiderte das Feuer und entkam nach Curacao. Der Kapitän des Schoners und ein Mann wurden verwundet und sind ihren Verletzungen erlegen.
Blumenwettbewerb des Fremdenverkehrsvereins Calw
Znm zweiten Male veranstaltet der Verein nach dem Vorgang anderer Städte einen Wettbewerb in Blumenschmuck. Alle Städte und Kurorte, die Fremde beherbergen, sind darauf bedacht, sich heranszuschmücken, und sich in ihrem besten Anssehen zu zeigen. Es ist zweifellos sicher, daß die Fremden lieber einen Platz aufsuchen, der durch Naturschönheiten und Menschenhände gepflegt ist, als kahle, nüchterne Städte und Dörfer. Zu einem freundlichen und anheimelnde« Aeußern gehört ein geschmücktes Fenster, geschmückte Brunnen und Plätze. Blumen sind die Freude der Menschen von jeher gewesen und werden es auch bleiben. Eine blumengeschmückte Stadt macht schon beim Betreten derselben einen vorteilhaften, lieblichen und schönen 4i«- drnck. Um den Sinn für Blumenschmuck an Läufern und
Gärtcn zu heben, hat der Fremden», ei kehrsverein auch Heuer wieder einen Wettbewerb ins Leben gerufen und damit gute Erfahrungen gemacht.
Auf den Aufruf des Vereins sind 62 Anmeldungen aus allen Stadtteilen cingegangen. Das Preisgericht, bestehend aus den Herren Oberprüzcptor Baeuchle, Gärtnereibesitzer Mast, Gärtnereibesitzer Hagele, Buchhändler P. Olpp und Tapeziermeister E. Widmaier, besichtigte sämtliche angemeldeten Fenster, Häuser und Gärten, und konnten dabei scst- stellen, daß eine ganze Reihe Blumenbretter, Veranden und Vorgärten mit viel Liebe nnd Sorgfalt gepflegt waren: auch die Gruppierung zeugte von einem gediegenen, guten Geschmack. Es war eine Freude zu sehen, wie mit ganz einfache» Mitteln, mit Kapuzinern, Wicken, Winden und Petunien oft ein prächtiger Fensterschmuck erreicht wurde. Es handelt sich ja nicht darum, kunstvolle Gebilde mit teuren Blumen zu zeigen, es genügt das Einfache nnd Natürliche, wenn cs mit kunstverständigem Sinn und liebevoller Pflege behandelt wird. Ein Fensterbrett mit schönen Nelken, mit Fuchsien, Geranien und Begonien kann einen ebenso schönen Anblick in seiner Art gewähren, wie eine prächtig geschmückte Veranda und wie ein kunstfertig angelegter Garten. Der Verein will nicht nur zum Balkonschi»uck, sondern auch zum einfachen Fcnsterschmnck anregen. Unter den besichtigten Blumen fanden sich manche Pflanzen, denen man ansah, daß sie mit großer Liebe gepflanzt und gepflegt waren. Unter dem Blumenschmuck waren teilweise ganz prächtige Sachen zu sehen, die eine» sehr guten und erfreulichen Eindruck machten.
Gegenüber dem Vorjahr konnte das Preisgericht einen bedeutenden Fortschritt feststellen, und zwar nicht nur in der Zahl des Blumenschmucks, sondern auch in der Pflege desselben. Man sah sehr viele neue Blumenbretter und es wird nicht zuviel gesagt sein, wenn angenommen wird, daß ein Viertel aller Häuser in Caliv in diesem Jahr Blumenschmuck trägt. Es könnte aber immerhin noch mehr geschehen, namentlich dürfte sich der Marktplatz noch besser herauöschmücken. Bei den in Holzkonstrnktiou gehaltenen Häusern sollte überall ein Blumenschmuck angebracht sein. Ein solches Haus gewinnt in jeder Beziehung an Aussehen. Insbesondere sollten Gasthöfc nicht ohne Blumenschmuck bleiben. Der Wanderer sieht sich den Gasthof auch von außen an und entschließt sich gerner in ein blumengeschmücktes Hans einzutreten, als in ein kahles. Die Freude an den Heranwachsenden und selbst gepflegten Blumen ist Lohn, der reichlich lohnet.
Das Preisgericht hat de» Blumenschmuck in drei Gruppen eingeteilt. In die erste Gruppe kamen Balkone, große Veranden nnd Vorgärten, in die zweite größere Fenster und kleinere Veranden und in die dritte Einzel- und Zwischen« fenster. Bei jeder Gruppe wurden Preise in drei Abstufungen bestimmt. Das Preisgericht hat sämtlichen Beiverbern einen Preis zugebilligt in der Erwartung, daß dadurch die Pflege der Blumen eine weitere Anregung erhält.
In Gruppe 1 erhielt einen ersten Preis: Frau Gewerbeschulrat Albinger, Frau Pfarrer Josenhans, Karl Waidclich znm „Rößle", Kaufm. Julius Widmaier und Malermeister Friedrich Berner, einen zweiten Preis: Architekt Köhler und August Fink,' einen dritten Preis Frau Postinspektor Rau und Frau Bauaufseher Maier.
In Gruppe 2 erhielten einen ersten Preis: Frau Paula -H örnle, Karl Klcinbub, die Polizeiwache, Anbr. Schnaufer, Frau Postbeamter Hilt, Frau Postinspektor Hill er und Frau Lokomotivführer Thomanneinen zweiten Preis: Frau Lina Wochele, Frau Messerschmied Maiscl, Frl. Maisenhelder, Christian Weik, Ang. Maier, Iran Lokomotivführer Rvm- metsch, Frau Lokomotivführer Weber, Bäckermeister Niethammer, Obcrbahnwürter Reutter, Erich Grauer nnd Landjäger Göppel: einen dritten Preis: Frau Kaminfeger Eisen Hardt und Frl. Karoline Beißer.
In Gruppe 3 erhielten einen ersten Preis: Wilhelm Linkenheil, Frau Karl Dingler, Schaffner Jakob Löffler, Frau Anna Faltis nnd Tapeziermeister Hans Wurster: einen zweiten Preis: Frau Karl Aug. Heugle, Ludwig Binder, Pflästerer, Ratsbiener Schüttle, Oberlandjäger Heinle, Gipsermetster Eugen Widmann, Michael Kal mb ach, Frau Helene Kolb, Schuhmacher Karl Stotz, Frau Wilhelm Klingel, Witwe, Frau Notar Krayl und Frau Obersekretär Bauer- einen dritten Preis: Frau Wilh. Bo deiner, Frau Kath. Schaub, Zimmermeister Bürkle, Eugen Weber, Frl. Maria Sauter, Johannes Herter, Frau Postbeamter Elise Weiß, Frau Postinspektor Singer, Frau Schreinermeister Schaible, Frau Christian Buhl, Frau Lörcher am Weinsteig, Frl. Marie Deuschle, Frau Eichmeister Rößle, Frl. M. Kletn- dienst, Zigarrenmeister Braun, Wilhelm Heugle und Paul Burkhardt.
Hotelier Ziegler vom Waldhorn, der seine Anmel- düng außer Wettbewerb gemacht hatte, würbe nach dem Urteil des Preisgerichts für hervorragenden Blumenschmuck einen ersten Preis erhalten haben.
Sämtliche Preise, die aus Pflanzen bestehen, sind von Samstag mittag über den Sonntag bis Montag nachmittag in den Schaufenstern der Buchhandlung Olpp ausgestellt und werden der Besichtigung empfohlen.
Auch der heurige Wettbewerb, der durch das Entgegenkommen der Gärtncrvereinignng ermöglicht ivurde, muß als recht gelungen angesehen werden. Er soll ein weiterer An- !porn zum Ausschmücken der Häuser nnd öffentlichen Plätze werden, damit bas Aussehen der Stadt gewinnt und Fremde sich angezogen und heimisch fühlen.