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^s 20. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 69. Jahrgang.
Erscheint DienStaq, Vonner-tag und S » mStag. Die EinrückungSzeLühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Samstag, Len 17. Aebruar 1894.
AbonnementSprei» vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. »ach LO Pfg. TrLgerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. S5.
Amtliche NeLsrmtmachunße«.
Erlast des Ministeriums des Innern an die K. Stadtdirektion Stuttgart und die K. Oberämter, sowie an die Ortsbehörden, betreffend die Anbringung von Gesuchen um Befreiung vom Militärdienst, sowie um Beurlaubung und Entlassung von Mannschaften aus dem aktiven Dienst re.
Vom 20. Januar 1894. Nr. 882.
Seitens des K. Kriegsministeriums ist hieher rnitgeteilt worden, daß in letzter Zeit wieder eine große Anzahl von Gesuchen um Beurlaubung, Entlassung von Mannschaften aus dem aktiven Dienst rc. dem K. Kriegsministerium und dem K. Generalkommando unmittelbar übersendet oder übergeben worden sind. Einzelne vieser Gesuche waren auch von den Ortsbehörden beurkundet oder befürwortet.
Da die Gesuche regelmäßig an die zuständigen Unterbehörden zur Erledigung oder Jnstruierung abgegeben werden, so hat die Umgehung des vorgeschriebenen Weges für die Bittsteller nur den Nachteil, baß die Entscheidung über ihre Anliegen entsprechend verzögert wird.
Indem daher, wie schon früher, darauf hin- -gewiesen wird, daß
1) Gesuche um Entlassung von Mannschaften, welche sich im aktiven Dienst befinden, oder um Nichteinstellung von Militärpflichtigen, welche zum Dienst herangezogen werden sollen (Reklamationen), durch Vermittlung der Ortsbehörden an die Oberämter zu richten,
2) Bittgesuche um zeitweise Beurlaubung von im aktiven Dienst befindlichen Mannschaften an das betreffende Bataillon (Abteilung) oder Regiment zu senden, und
3) Gesuche von entlassenen Mannschaften, welche Jnvalidenansprüche betreffen, an den Bezirksfeldwebel zu richten sind, werden die K. Stadtdirektion und die K. Oberämter sowie die Ortsbehörden beauftragt, für gehörige Bekanntmachung des Vorstehenden Sorge zu tragen und auf an sie ergehende Anfragen entsprechend zu belehren.
Stuttgart, den 20. Januar 1894.
K. Ministerium des Innern.
P i s ch e k.
Obiger Erlaß wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.
Calw, den 14. Februar 1894.
K. Oberamt.
Lang.
Deutsches Reich.
Berlin, 14. Febr. Der Reichstag setzte die 2. Lesung der Anträge Gröber und Rickert fort über die Abänderung des Reichstagswahlgesetzes (Paragraph 11 a) Abgabe von Stimmzetteln in amtlich abgestempelten Couverts, v. Heeremann (Centr.) betont, es sei ein Erfordernis, die Stimmabgabe zu einer wirklich geheimen zu machen. Er bittet für den Paragraphen zu stimmen, desgleichen Marquardsen. Rickert (freis. Ver.) führt aus, daß ohne diesen Paragraphen das Wahlrecht wertlos sei. Der Paragraph wird hierauf gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Der Paragraph 11b verlangt, es zu ermöglichen, daß der Wähler unbeobachtet den Zettel ins Couvert stecken kann. Bassermann und Marquardsen äußern verschiedene Bedenken gegen
diese Bestimmung. Barth hält das Gesetz ohne Isolierung für zwecklos. Auer (Soz.) befürwortet die Annahme, ebenso bittet Gröber um Annahme seines Antrages. Lenzmann (freis. Volksp.) führt verschiedene Beispiele von Wahlbeeinflussungen an. Der Paragraph 11b wird hierauf angenommen, desgleichen 11 ck. Zu 11 s beantragt Cassel mann (freis. Volksp.) eine Aenderung dahin, daß um 7 Uhr abends die im Wahllokal anwesenden Wähler noch zur Wahl (Stimmabgabe) zugelassen werden sollen. Der Antrag wird angenommen, ferner 11 k und der Rest des Gesetzes unverändert. Hierauf folgt die 1. Lesung des Antrages Schröder, welcher den Artikel 61 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches dahin abzuändern wünscht, daß die Kündigungsfrist für Prinzipale und Handlungsgehilfen die gleiche sein muß. An der Debatte beteiligen sich Träger, Singer, Spahn, Bassermann, Klemm, v. Buchka. Nach Beendigung der 1. Lesung wird sofort in die 2. Lesung emgetreten. Singer (Soz.) bringt den Antrag ein, die Minimalkündigungsfrist auf 4 Wochen gesetzlich festzulegen. Das Haus vertagt sich sodann. Morgen Postetat.
Berlin, 15. Febr. Die Nordd. Allg. be-, zeichnet die Nachricht der Nat. Ztg. über die Aufhebung der Staffeltarife als unzutreffend. Im Staatsministerium sei noch kein Beschluß gefaßt worden.
Berlin, 15. Febr. Der bekannte Anarchist Werner soll ins Ausland geflüchtet sein. Werner wurde am 10. d. M. zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt und eine Anzahl Prozesse schweben noch.
. ^Nachdruck verboten. I
Vaterlandsverrat.
Novelle von Lothar Brenkendorf.
(Fortsetzung.)
Zwar war er anfänglich noch entschlossen, nicht gerade alles zu sagen; aber ?r war in seiner gegenwärtigen Geistesverfassung der Klugheit derjenigen nicht ge- Wachsen, die ihn verhörte, und ihrem Scharfblick entging eS nicht ein einziges Mal, ?venn er den unbeholfenen Versuch machte, von der Wahrheit abzuweichen oder irgend etwas zu verschweigen. So blieb ihr nichts verborgen von dem, was der arme Alte überhaupt zu sagen wußte; nach Verlauf einer halben Stunde war sie über Ludolf Harmenings Vergangenheit und über die Ereignisse der letzten Zeit ganz genau unterrichtet, und die Eröffnungen des armen Alten mußten auch ihren letzten Zweifel üb er den wahren Charakter der Mannes, dem sie ihre Liebe geschenkt hatte, gründlich zerstört haben. Welche Wirkung diese unerfreuliche Gewißheit auf sie'hervor- brachte, hätte wohl selbst ein schärferer Menschenkenner als es Gottfried Harmening war, aus ihrem Aussehen und ihrem Benehmen nur schwer erraten. Ihre marmorne Blässe allein gab Zeugnis davon, daß sie von alledem tiefer berührt wurde; in ihren Mienen verriet sie nichts von einer schmerzlichen oder leidenschaftlichen Bewegung.
«Gut ," sagte sie. als der alte Mann ihr nichts mehr zu offenbaren wußte. „Ich will bis auf Weiteres annehmen, daß Sie mich nicht belogen haben, und ich will es in Ihrem eigenen Interesse hoffen/
«Was aber werden Sie jetzt thun?" fragte er beklommen. «Sie werden meinen Sohn nicht verfolgen lassen — nicht wahr?"
«Nein! Ich selber werde ihm folgen, und wenn es mir gelingt, ihn zu finden, so mag er selber über sein Schicksal entscheiden."
Der Sinn ihrer Worte war ihm dunkel, aber sie wälzten trotzdem eine Bergeslast von seinem Herzen.
«Und mein Brief? — Sie werden ihn mir nun zmückgeben. Welchen Wert könnte «r denn noch für Sie haben?"
Kurz abweisend bewegte Leonore den Kopf.
«Das läßt sich in diesem Augenblick noch nicht beurteilen. Jedenfalls werde ich ihn bis auf Weiteres behalten."
Gottfried Harmening wagte nicht einmal, seine Bitte zu wiederholen. Noch nie in seinem Leben hatte er vor einem menschlichen Wesen solche Furcht empfunden als vor diesem Mädchen, in deren Worten doch so wenig Mävchenhaftes war. Vielleicht trug nun der Umstand, daß er sich so sterbenselend fühlte, die Schuld an seiner Feigheit und Schwäche; denn unter dem Druck dieses stetig zunehmenden Uebel- befindens begann allgemach eine gewisse stumpfe Gleichgültigkeit an der Stelle seiner früheren Erregung zu treten. Und die äußeren Anzeichen der Krankheit, die in seinem Blute ihr Wesen trieb, begannen nachgerade auch so deutlich in seinem fahlen eingefallenen Gesicht zu erscheinen, daß Leonore in einer Anwandlung von Widerwille» das Verlangen fühlte, sich seiner zu entledigen.
«Ihnen ist nicht wohl," sagte sie. «Gehen Sie jetzt nach Hause und legen Sie sich nieder. Da ich von der Frau, die den Brief überbrachte, Ihren Namen und Ihre Wohnung erfahren habe, werde ich ja imstande sein. Ihnen eine Nachricht zukommen zu lassen, wenn es mir nötig erscheinen sollte."
Gottfried Harmening gehorchte ihrem Befehl sich zu entfernen, wie er wahrscheinlich auch jeder anderen Weisung gehorcht haben würde. Aber ihn schwindest», als er die Treppe hinab zu steigen begann. Er mußte sich mit beiden Händen an dem Geländer festhalten, und dabei fühlte er in Kopf und Brust so furchtbar« Schmerzen, daß er laut aufstöhnte. Mit fast übermenschlicher Anstrengung gelangt« er endlich auf die Straße hinaus. Da aber packte ihn endlich ein Fieberschauer, der seinen Blick verdunkelte und seine Kniee schlottern ackachte. Ein paar Schritt« noch schleppte er sich fort, obwohl er bereit» den Boden uMer seinen Füßen schwankt» fühlte; dann hatte er die Empfindung, al« ob plötzlich eine schwere dunkle Deck« erstickend über ihn gebreüet würde; er streckte die Arme aus, um sich dagegen zu sträuben rM stürzt« dann ohne einen Laut von sich zu geben, bewußtlos zu Boden.
(Fortsetzung folgt.)