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^ 19.
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
69. IahrMg.
Erscheint VienSt«g, DonnerStaz und bam 8 tag. Die Einrückungszetühr betrigt im Bezirk und nLchster Um- gebunz 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Donnerstag, den 15. Februar 1894.
AbonnementSprets ^
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jrlich in der Stadt 90 Pfg. «ch lost bezogen Rk. 1. IS, sovH t»
Deutsches Reich.
Berlin, 12. Febr. (Deutscher Reichslag.) Postetat. Bei Kapitel 3 Oberpostdirektoren beantragt Hompesch (Centr.) der Reichskanzler möge veranlassen, daß die Annahme der und die Bestellung gewöhnlicher Packet« von der Reichspost an Sonnend Feiertagen, ausgenommen während der Weihnachtszeit, auf Eilsendungen beschränkt werde. Lingens empfiehlt eine diesbezügliche Resolution im Interesse der Sonntazsheiligung. Staatssekretär v. Stephan erklärt, daß er kein prinzipieller Gegner dieses Wunsches sei, er kann aber nichts bestimmtes versprechen. Gescher (Eons.), Zimmermann (Antis.) und Schädler (Centr.) sind für eine Resolution. Müller <frs. Volksp.) ist dagegen, weil diese plötzliche Aender- ung auf den Berkehr ungünstig einwirke. Singer <Soz.) wünscht, gleich dem Abzeordn. Zimmermann, daß die Schalter Sonntags nachmittags geschlossen werden und stimmt für die Resolution, welche als ein schwacher Anfang der Sonntagsruhe zu betrachten sei. Nachdem noch Staudy und Gröber (Centr.) sehr warm für die Resolution gesprochen, wird dieselbe angenommen. Hierauf werden die Titel Post- rc. Aemter erster Klasse, und Titel Postkassierer, sowie Oberpostsekretäre erledigt. Bei Titel Oberpostassistenten entsteht eine längere Debatte über den Postassistentenverband woran sich Liebermann v. Sonnenberg,'Förster, Müller und Singer beteiligen. Dieselben beklagen sich einstimmig über die Behandlung des Verbandes. Morgen Fortsetzung.
Berlin, 13. Febr. (Deutscher Reichstag.) Postetat. Oberpost- und Postassistenten. Gröber (Centr.l hat die Resolution eingebracht, der Reichskanzler möge prüfen, inwieweit die dienstliche
Stellung der Assistenten zu verbessern ist, insbesondere hinsichtlich der beschleunigten definitiven Anstellung und betreffs der Zulassung zum Sekretärexamen. Gröber bittet um Annahme der Resolution. Die Unzufriedenheit unter den Assistenten ist nicht blos durch die finanzielle sondern auch durch die ganze Stellung dieser Beamtenklaffe hervorgerufen. Direktor Fischer stelle die Lage der Assistenten im Gegensatz zum Vorredner durchaus als günstig dar, er ersucht um Ablehnung der Resolution. Nach weiteren Aeußer- ungen Gröbers, Direktor Fischers, Leipzigers (kons.), welcher eine wohlwollende Prüfung der Resolution zusagt, wird der Titel bewilligt. Die Abstimmung über die Resolution erfolgt in der 3. Lesung. Beim Titel Postverwalter wünscht Schwarze (Centr.) eine Aufbesserung des Gehalts dieser Beamtenklasse. Hierauf werden die Titel Telegraphisten, Postunterbeamten, Stellenzulage u. a. m. erledigt. Der Rest der dauernden Ausgaben wird nach kurzer Debatte genehmigt. Mittwoch Anträge Gröber und Rickert betreffend Aenderung des Wahlgesetzes, Antrag Schröder betreffend Handlungsgehilfen.
Berlin, 13. Febr. Der Kaiser ist gestern nach dem Theater unerwartet beim Ministerpräsidenten Eulenburg erschienen zu einem Glase Bier. Ebendahin wurden alle anderen Minister sowie v. Marschall beschicken. Es heißt, es sei die Frage der Aufhebung der Staffeltarife erörtert worden. Heute hat der Kaiser den bayrischen Gesandten Lerchenfeld empfangen. Rücksichtlich der gestrigen Konferenz war der gestrige Kronrat abbestellt.
Tagesneuigkeiten.
Calw. (Viehmarkt.) Der Handel in Milchkühen zeigte sich lebhaft bei hohen Preisen. Es
waren zugeführt 325 St. Rindvieh und 36 Pferde. Handel in letzteren flau. Auf dem Schweinemarkt standen 52 Stück Läufer zum Verkauf und bewegten sich die Preise zwischen 22—50 Milchschweine
waren 40 Körbe zugebracht, welche zu dem hohen Preise von 32—38 ^ pr. Paar rasch Käufer fanden.
— Der „Staatsanz." berichtet an erster Stelle: Nach erfolgtem Ableben des Königlichen Vasallen Freiherrn Adolf von Gültlingen ist das Lehen des für das Herzogtum Württemberg errichteten Erb- Kämmerer-Amtes den Lehenbriefen gemäß auf den nunmehrigen Familien-Aeltesten Wilhelm Friedrich Balthasar Freiherrn von Gültlingen überge» gangen. Demselben ist bei diesem Anlaß durch Allerhöchste Entschließung Seiner Königlichen Majestät vom 9. ds. Mts. für seine Person der Rang auf der dritten Stufe der Rangordnung in Gnaden verliehen worden.
Ludwigsburg, 10. Febr. Unweit Neckarweihingen wurde gestern abend von dem Fischer Dübele von Hoheneck im Neckar, ungefähr 3 Meter vom Ufer entfernt, der Leichnam eines Mannes entdeckt. Nach erfolgter Mitteilung an das Schultheißenamt Neckarweihingen wurde vom Ortsvorstand die Verbringung des Ertrunkenen in einen Rathausraum angeordnet, und es ergab sich bei der näheren Untersuchung, daß derselbe eine Militärperson war. Der Leichnam, schon stark in Verwesung übergegangen, muß schon wochenlang im Wasser gelegen haben. Die Achselklappe der Uniform trägt die Regimentsnummer 121 und die Achselknöpfe die Kompagniezahl 10. Mütze und Seitengewehr fehlten, währenddem der Leibriemen noch umgeschnallt war. Verletzungen sind an dem über und über mit Schlamm bedeckten Leichnam nicht
^ 6 44 1 11 6 1 44. ^Nachdruck verboten. I
Vaterlandsverrat.
Novelle von Lothar Brenkendorf.
(Fortsetzung.)
VIII.
Atemlos, mit keuchender Brust und mit einer fliegenden Röte auf den Backenknochen stand Gottfried Harmening vor Leonore Berger, deren stolze Schönheit in diesem Augenblick nicht den geringsten Eindruck auf ihn machte.
„Und ich sage Ihnen noch einmal: es ist nicht wahr!" stieß er mit Anstrengung hervor. „Er kann nicht abgereist sein, denn er hätte mit mir sonst in dieser Macht davon gesprochen."
Mit kalter, undurchdringlicher Miene betrachtete das junge Mädchen den Aufgeregten. Kaum jemals war der trotzig herrische Zug in ihrem Gesicht so scharf hervorgetreten als in diesem Augenblick.
„Er hat Ihnen also nicht gesagt, daß er abreisen werde? Das ist in der That sehr seltsam. Denn vor seinem eigenen Vater pflegt man aus solchen Dingen doch kein Geheimnis zu machen."
Gottfried Harmening streifte sie mit einem scheuen Blick.
„Wie kommen Sie zu der Gewißheit, daß ich sein Vater bin? — Ich habe Ihnen nichts derartiges gesagt."
„Nein! — Aber eS steht deutlich genug in Ihrem Briefe. Sie sehen wohl, daß es sehr thöricht wäre, wenn Sie versuchen wollten, die Komödie auch jetzt noch weiter zu spielen."
„Wer aber gab Ihnen ein Recht, den Brief zu öffnen? Ich werde mich bei -meinem Sohne darüber beklagen, und er wird Rechenschaft von Ihnen verlangen."
Ihre Oberlippe kräuselte sich verächtlich.
„Mag er doch! Ich bin immer bereit, die Verantwortung für meine Handlungen zu übernehmen. Jedenfalls war es hohe Zeit, daß ich erfuhr, wie ein schmähliches Spiel man hier getrieben."
„Nehmen Sie sich in Acht, mein Fräulein! Ich dulde es nicht, daß in solchen Ausdrücken von meinem Sohne gesprochen wird. Was kümmert es Sie, wenn ei uns nicht gefiel, unser verwandtschaftliches Verhältnis vor all-r Welt zu offenbaren?"
„Was es mich kümmerte? So hat Ihnen der Herr, von dem wir sprechen, niemals mitgeteilt, in welchen Beziehungen er zu mir gestanden?"
Ein Schimmer des Verständnisses dämmerte in dem wirren Kopfe des alten Mannes auf.
„Nein!" erwiderte er zögernd. „Und Sie wollen mit Ihrer Andeutung doch nicht etwa sagen, daß Sie —"
„D«ß ich seine Verlobte bin! — Ja, gerade das ist eS, was ich sagen wollte," erklärte sie mit einer Bestimmtheit, die ihn vollends bestürzt machte. „Vielleicht begreifen Sie nun auch, wie ich dazu kam, den an ihn gerichteten Brief zu lesen, nachdem ich aus verschiedenen Anzeichen die Überzeugung gewonnen hatte, daß er gewillt sei mich schändlich zu hintergehen."
„Das ist nicht wahr! — Wenn mein Sohn Ihnen etwas versprochen hat, so wird er eS auch halten. Und sie werden ihm für jede Ihrer Beleidigungen Red« stehen müssen, wenn er zurückgekehrt ist."
„Wenn er zurückgekehrt ist," wiederholte sie mit höhnischer Betonung. „Aber er wird niemals zurückkehren. Hätte ich noch einen Zweifel daran gehabt, so würde» Ihr Brief und Ihr Benehmen ihn zerstört haben. Sie verstehen sich in Wahrheit sehr schlecht darauf, gefährliche Geheimmffe zu bewahren."
Die Sicherheit ihrer Ausdruckrweise brachte Gottfried Harmening um de» letzten Rest seiner Fassung. Er knickte förmlich zusammen in seiner Verzweiflung.
„Haben Sie Mitleid mit mir! Ich bin ein unglücklicher alter Man«. Und ich weiß ja selber nicht mehr. was ich von alledem denken soll. Sie sagen.