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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

69. Jahrgang.

Erkch-int Di - nrI» g, Donner«!», und S » mit» g. Di- EinrüciungSzebühr betrügt im Bezirk und nächster Nm- «ebung S Pfg. di« Zeile, sonst 12 Pfg.

Zamsiag, den 20. Januar 1894.

Lbsnnementtprelr vierteljährlich in der Stadt vy Pfg. so Pfg. Trägerlohn. durch die Post bezogen ML. 1. IS, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1..

Tayes-Ueuigkeiten.

X. Cal w. Unter Hinweisung auf den Inseraten­teil versäumen wir nicht, auch an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, daß am nächsten Montag abend dasKoncert desQuartettsReichmann im Saale der Dre'schen Brauerei hier stattfinden wird. Wenngleich nun die Leistungen des Quartetts als ganz vorzügliche schon bekannt sind, wollen wir doch auch einen Kritiker aus Hall über das jüngste Auftreten der Künstlergesellschaft daselbst reden lassen, der sagt:Wenn wir heute auf den letzten Concert- Abend vom Sonntag zu sprechen kommen, so geschieht «s zunächst, um den verehrten Mitgliedern des Quar­tetts Reichmann auf diesem Weg den besten Dank zu sagen für den erhebenden Genuß, den sie uns bereitet haben. Daß wir damit auch aus dem Sinne der äußerst zahlreichen Zuhörerschaft sprechen, dürfen wir wohl voraussetzen nach dem jubelnden, stürmischen Beifall, mit dem jede Nummer des Programmes aus­genommen wurde. Und in der That, dieser Beifall war wohlverdient durch die wahrhaft künstlerischen Leistungen des Quarttets, dessen Spiel und wunder­bare Präzision und Klarheit durch Schönheit, Adel und Gehalt eines alle Schattierungen beherrschenden Bortrages, durch Zartheit, Tiefe und Feuer um so mächtiger auf Ohr und Herz der Zuhörer wirkte, als «s von aller Effekthascherei völlig frei war. Alle Vorzüge des Quartetts traten in potenzirter Weise bei dem Leiter desselben, Herrn Robert Neichmann, hervor, der mit wahrhaft souveräner Meisterschaft und olympischer Ruhe sein herrliches Instrument beherrscht und für den es technische Schwierigkeiten überhaupt nicht mehr zu geben scheint^ Wir glauben daher

auch der hiesigen Einwohnerschaft den Besuch des Konzerts nur auf das Wärmsie empfehlen zu sollen.

n. Hirsau. Der hies. Lieder kr anz hielt am letzten Sonntag Abend seine Weihnachtsfeier im oberen Saale des Gasthofs z. Rößle ab. Nach­dem der prächtige Baum entzündet, leitete das Streich- Quartett das Fest ein mit dem Psalmdie Himmel rühmen rc.". Hienach hielt der Vorstand Gnamm eine treffliche Ansprache an die Anwesenden. Die nun folgende Reihe von gesanglichen und instrumentalen Vorträgen wurde vom Sängerchor eröffnet mit dem LiedHeilige Nacht". Auch an humoristischen Ein­lagen fehlte es nicht:Militär und Civil",d'r Hannes z' Stuegart" fanden freudigste Aufnahme. Die Gabenverlosung bot manche schöne Spende, so daß die Feier in jeglicher Hinsicht zu einer wohlge­lungenen sich gestaltete.

Altensteig, 17. Jan. Auf der Bahnlinie AltensteigNagold entgleiste heute die Lokomotive infolge Bruchs einer Tragfederstütze. Die Maschine wurde noch an denselben Tag gehoben und ist der Betrieb vom 18. d. Mts. an wieder in vollen Um­fang ausgenommen. Ueber die Dauer der Störung wurden die Reisenden mit Omnibus von Nagold nach Altensteig befördert.

Einem Landwirt von Pfinzweiler OA. Neuenbürg wurde dieser Tage sem Pferd samt Geschirr gestohlen. Dasselbe hatte er in einer Wirtschaft in Feldrennach stehen. Nach dem oder den Thätern wird eifrig gefahndet.

Stuttgart. Im Jahre 1894 findet hier in der Gewerbehalle eine Ausstellung von Erzeugnissen und Bedarfsartikeln der Bäckerei, Konditorei und

Kochkunst statt, verbunden mit dem Verbandstag deS Freien Deutschen Bäckerverbandes. Die Ausstellung wird vom 9. bis 16. Septbr. währen, und es sollen außergewöhnliche Anstrengungen gemacht werden, in Form und Umfang Apartes zu bieten. Auch das Ausland wird zur Beschickung herangezogen werden. Die Vorbereitungsarbeiten haben bereits begonnen.

Eßlingen, 17. Jan. Seit einigen Tagen ist in dem von der Maschinenfabrik Eßlingen errich­teten und betriebenen Elektrizitätswerk die zweite Dampfdynamomaschine in Betrieb, so daß nun­mehr einschließlich der Accumulatoren 250 Pferde­kräfte für den elektrischen Strom zur Verfügung stehen. Seit der Eröffnung des Elektrizitätswerkes im April 1893 hat die Zahl der Abnehmer elektri­schen Stromes stetig zugenommen und es sind bereits 2500 Glühlampen, 10 Bogenlampen unv 26 Elektro­motoren mit zusammen 95 Pferdekräften an das Elektrizitätswerk angeschlofsen. Von den Elektro­motoren entfallen auf Holzbearbeitung 8 mit zusammen 38 Pferdekräften, auf Metallbearbeitung 8 mit 27 Pferdekräften, Buchdrucker, Lichtdruckanstalten, Gra­veure 3 mit 6 Pferdekräften, und Metzger, Mahl­mühlen, Brauereien, Färbereien 6 mit 24 Pferde­kräften. Hievon hatten nur 7 Konsumenten vorher Gasmotoren mit zusammen 20 Pferdekräften in Be­trieb, welche nunmehr durch Elektromotoren ersetzt sind. Die angegebenen Zahlen beweisen, in welchem Maß die Elektromotoren dem Bedürfnis des Klein­gewerbes entsprechen. Die Kosten einer Pferdekraft­stunde stellen sich auf 17 bis 20 Pfennig, je nach der Größe des Motors. Die Brennstunde einer Glüh­lampe von 16 Kerzen kostet 3,4 Pfennig.

Jag st seid, OA. Nekarsum, 16. Jan. Ver-

Asuikteton. IRachdrillk verboten. I

Vaterlandsverrat.

Novelle von Lothar Brenkendorf.

(Fortsetzung.)

Ach, Sie müßten kein Weib sein, wenn Sie nicht schon in den ersten acht Tagen alles begriffen hätten," fuhr er hastig fort.Sie haben gesehen, daß diese Trau niemals eine wirkliche Zuneigung für mich empfunden hat, daß ich verurteilt 1>in an ihrer Seite ein freudloses, einsames Leben zu führen ein Leben voll heißer Sehnsucht nach wirklichem Glück."

Erna versuchte umsonst, an ihm vorüber den Weg in ihr Zimmer zu gewinnen, «nd d'Harnoncomt hörte das Beben des Unwillens in ihrer Stimme nicht, als sie >ihn bat, sie nicht länger aufzuhalten. festem Griff hielt er ihr feines Handge­lenk umschlossen und nur noch ungestümer als zuvor sprach er weiter:

Das alles wissen Sir sehr wohl, und Ihre schönen Augen haben mir ver­daten, daß sie Mitleid mit mir haben. Warum sollen wir einander noch länger zu verbergen suchen, was sich doch nicht verheimlichen läßt? Sie allein können meine Retterin werden und der gute Genius meines Lebens. Darum lassen Sie uns mit beiden Händen das Glück ergreifen, das uns so nahe ist. Wenn es ein verschwiegenes isein muß, so wird es darum doch nicht weniger köstlich sein."

Wie in starrem Entsetzen erst hatte Erna ihn angehört, nun aber riß sie sich heftig los. Ihre Wangen brannten, und dieselben Augen, in denen d'Harnoncourt «in verheißungsvolles Mitleid mit seinem ehelichen Geschick gelesen haben wollte, sprühten in flammendem Zorn.

Sie sind von Sinnen!" rief sie.Denn Sie würden sonst nicht den Mut haben, mich auf so unerhörte Art zu beschimpfen."

Fräulein Erna!' bat d'Harnoncourt in jenem verführerisch weichen Ton, 4«m nach seinen Erfahrungen die Frauen nur so schwer widerstanden. Dann aber

verstummte er jäh; denn er blickte gerade in das schmale, blaff- Gesicht seiner Frau, die in ihrem gelben, lang nachschleppenden Schlafrock auf der Schwelle des Kinder- zimmerS stand. In ihrer kalten und hochmütigen Miene war nichts von besonderer Erregung zu lesen; aus ihrer Stimme aber klang eS wie tiefste Verachtung, da sie sich, ihren verblüfften Gatten keines Blickes würdigend, gegen Erna wandte:

Gehen Sie in ihr Zimmer, Mademoiselle und bleiben Sie darin, bis ich Sie rufen lasten werde. Sie sind für morgen Ihres Dienstes bei Gervaise entbunden."

Für einen Augenblick schien die Erzieherin unentschlossen, was sie thun sollte; dann aber erhob sie energisch das schöne Haupt.

Ich möchte um die Erlaubnis bitten, das Haus noch an diesem Abend zu verlassen," sagte sie mit einer Bestimmtheit, die eigentlich kaum noch etwas von einer Bäte hatte. Madame Zoö, die sich bereits zum Gehen gewendet hatte, drehte da» Gesicht ein wenig nach der Sprechenden zurück und warf in einem unnachahmliche» Ton der Genugthuung hin:

Ich würde Ihnen Vergnügen diese Erlaubnis ermlt haben, wenn Si« mich eine Stunde früher darum ersucht hätten. Jetzt aber wünsche ich, daß Sie bleiben, bis es mir gefallen wird, Sie zu entlasten."

So werde ich ohne Ihre Einwilligung gehen, Madame! denn ich bi« nicht gesonnen, länger in einem Hause zu bleiben, wo man mich rötlich beleivigt hat."

Die sittliche Entrüstung kleidet Sie nicht übel. Aber Sir werden nicht ver­langen, daß ich mir dadurch imponieren laste. Und ich rate Ihnen, die Dreistigkeit nicht noch weiter zu treiben. Weil ich nicht will, daß sich die übrigen Dienstboten über Ihre plötzliche Entfernung allerlei Gedanken machen, bestehe ich darauf, selbst den Zeitpunkt Ihrer Entlastung zu bestimmen, wenn ,ch auch natürlich nicht daran denke, di« Erziehung meine« Kindes nur noch für einen einzigen Tag in Ihren Händen zu lasten. ES wird am besten sein, wenn Sie sich unter dem Vorwand« eines Unwohlseins so lange auf Ihrem Zimmer hatten, bis eS mir angemessen er­scheint, daß Sie gehen."

Der Oberst, der während dieser Seme eine überaus klägliche Rolle spielt«.