"wurden sowohl wegen ihrer ansprechenden Harmoni­sierung als auch wegen ihres gehaltvollen Textes sehr günstig ausgenommen und lebhaft applaudiert. Die Direktion lag diesesmal in den Händen des Hrn. Schullehrers Vin^on, da der Dirigent des Kirchen­gesangvereins Hr. Fr. Gundert durch Unwohlsein an der Einübung der Chöre verhindert war. Hr. Unterlehrer Staig er sang das TenorsoloDie ver­lorene Tochter" von Löwe und Hr. W. Schwämmle Das Grab auf der Heide" von Heiser. Beide Vor­träge wurden mit wirklichem Verständnis und treff­lichem Ausdruck wiedergegeben, ebenso die von den­selben Herren gesungenen DuetteGruß" undWaffer- fahrt" von Mendelssohn. Außerdem sang Hr. Staiger noch ein Tenorsolo ausTrio für Tenor, Violine und Klavier" von Kalliwoda, das ebenso schön zur Geltung kam. Nicht minder günstig wurden die Vio- lin- und Klaviervorträge ausgenommen; die elfteren hatten die Herren Totems, Kraushaar jun. und Olpp jun., letztere die Herren Vinyon, Bachte- ler und Gerst übernommen. Die Jubelouvertüre von Weber, Postillon ä'awonr von Behr und Vslss brillant« von Schulhoff verfehlten ihre Wirkung nicht. In die Klavierbegleitung teilten sich die Herren Vin- 9 on und Groß und Frl. Kraushaar. Nach Be­endigung des Programms blieben die Mitglieder noch lange in traulicher Unterhaltung beisammen, wobei noch manch schöner Chor und Solovortrag zu hören waren. Auch diese weiteren Zuthaten wurden von den dankbaren Zuhörern sehr freundlich ausgenommen und so hat der Kirchengesangverein auch in diesem Jahr wieder die Freunde schöner Musik aufs angenehmste erfreut und einen neuen Beweis seines tüchtigen Strebens nach immer größerer Vervollkommnung und Pflege der edlen Tonkunst gegeben.

Calw. Wir erfahren aus verläßlicher Quelle, daß auf die hiesige Stadtpfarrstelle Hr. Karl Schmid, Repetent am evang. Stift in Tübingen, ernannt worden ist. Am 25. April soll der genannte Geist­liche hier aufziehen.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.^ Se. Maj. der König haben am 15. Jan. d. I. allergnädigst geruht, den Betriebsinspektor, tit. Finanz­rat Held in Heilbronn auf sein Ansuchen auf die Stelle des Betriebsinspektors in Calw zu ver­setzen.

Nagold, 15. Jan. In den letzten Tagen wurden die wegen des Brandes vom 18. September verhafteten 4 Lehrlinge nach Tübingen abgeliefert.

Magst adt, 15. Jan. Ein für Jäger inte­ressanter Vorfall ist von hiesiger Markung zu be­richten. Am gestrigen Sonntag vormittag kam ein Hirsch, mit abgeschoffenem rechten Hinterlauf, frei übers offene Feld gelaufen, dem Walde zu, wo ihn zwei Waldarbeiter sahen und verfolgten. Das Tier ein Achtender, der aufgebrochen seine 180 Pfund wog ließ sich, ohne sich irgend mit dem Geweih zu wehren, von den zwei Männern niederreißen und

das Thema: Die jetzige Arbeitslosigkeit, ein furcht­bares Unrecht am arbeitenden Volke. Redner erging sich in eingehenden Schilderungen des Wohllebens der reichen Arbeitslosen, der Rentner, im Gegensatz zu dem Elend der hungrigen Arbeitslosen auf der Straße. Für all das furchtbare Elend der Arbeitslosen im jetzigen Zeitalter der Ueberproduktion müsse die herr­schende Klasse verantwortlich gemacht werden. Die Arbeitslosen forderten Unterstützung nicht aus Barm­herzigkeit, sondern als ihr gutes Recht. Dieses Recht predige die Vernunft, die höher stehe als jedes ge­schriebene Recht. Redner warnte sodann die Anwe­senden, auf den Straßen zu protestiren, weil die herrschende Klaffe die Gelegenheit mit Freuden er­greifen würde, um die Schaaren der ihr unbequemen Arbeitslosen durch das kleinkalibrige Gewehr zu lichten. L-chließlich wurde beschlossen, an die Stadtverordneten und den Polizeipräsidenten eine Kommission zu schicken, welche vor allem die Errichtung von Wärmestuben und die Verabfolgung von warmen Speisen zweimal täglich an Arbeitslose fordern soll.

Frankfurt a. M., 16. Januar. Nach der Franks. Ztg." gibt das Ministerium des Auswär­tigen in Paris eine Note aus, welche den Rücktritt des deutschen Botschafters Grafen Münster und dessen Ersetzung durch den Brüsseler Gesandten von Alvens- leben anzeigt.

Köln, 16. Jan. Seit längerer Zeit kursierten hier falsche Fünf- und Ein-Markstücke. Am Sonn­tag gelang es der Polizei, den Falschmünzer in der Person eines hiesigen Goldarbeiters zu verhaften und dessen Gerätschaften in Beschlag zu nehmen. -

Leipzig, 15. Jan. Das Reichsgericht ver­warf die Revision des Pfarrers Stoeck, welcher am 4. Oktober 1893 von der Strafkammer in Koblenz wegen Entführnng eines evangelischen Kindes aus dem Elternhause zum Zwecke katholischer Erziehung zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt worden war, so­wie die Revision der Frau Ludwig, welche wegen Beihilfe 1 Monat Gefängnis erhalten hatte.

St. Gallen, l5. Jan. Vor dem Ofsiziers- kasino kam es am Samstag Abend zu einem großen Volksauflauf, weil der Offiziersverein zu seinem Ballfest die deutsche Regimentsmusik aus Weingarten herbeigezogen hatte. Die Menge zertrümmerte sämt­liche Fensterscheiben des Gebäudes.

Prag, 16. Jan. Die anläßlich des Omla- dinistenprozesses getroffenen Vorsichtsmaßregeln erwiesen sich als durchaus erforderlich. Gestern abend versuchten Pöbelhoufen in den verschiedenen Stadt­teilen Tumulte zu inscenieren. Polizeipatrouillen, welche die Stadt unausgesetzt durchziehen, zerstreuten wiederholt die skandalmachende Menge.

Berlin, 14. Jan. Vor etwa 2 '/- Jahren ging eine Notiz durch die Blätter, wonach ein offen­bar wahnsinniger Deutsch-Amerikaner denKaiser gefordert haben sollte, weil er bei den deutschen Gerichten in einer Erbschaftsangelegenheit sein ver-

abfangen, ein Fall, der im Waidmannsleben sehr selten beobachtet wird. Der Hirsch wurde den Stuttgarter Jagdpächtern abgeliefert.

Sulz a. N., 15. Jan. lieber dieBerufs­wahl unserer Söhne" hielt Prof. Beiswanger von Reutlingen heute nachm, in der Linde hier einen vom Gewerbeverein veranlaßten Vortrag mit vorzugs­weiser Berücksichtigung des Handwerks, das, wenn richtig gewählt, gut gelernt und zweckmäßig betrieben, auch heute noch einen goldenen Boden habe. Bei der Wahl der Berufsart, der eine gründliche Ausbildung in den Schulfächern, namentl. aber auch im Zeichnen, vorangegangen sein müsse, dürfe nicht die eigene, häufig noch unreife Ansicht des Knaben maßgebend sein, sondern das mit Hilfe der Lehrer zu bildende Urteil der Eltern, wobei die Körperkräfte, Vermögens- Verhältnisse u. s. w. in die Wagschale fallen müssen. Namentlich müsse bei der Ausbildung auch auf die Charakterbildung gesehen werden. Kein Mensch sei unglücklicher, als derjenige, der seinen Beruf verfehlt habe und an einem Platz sei, wohin er nach seiner Neigung und nach seinen Kenntnissen nicht gehöre, weshalb mit Notwendigkeit die allergrößte Vorsicht angewendet werden müsse. Gegen die Neigung so vieler Eltern, ihre Söhne zu einem höheren, als des Vaters, namentlich zu einem akademischen Beruf zu bestimmen, führte Redner viele triftige Gründe ins Feld. (Schw. Kr.)

Pforzheim, 16. Jan. Dem Möbelhändler Sch. in der Dillsteinerstraße wurden 50 bar, so­wie verschiedene Wert- und Familienpapiere mitsamt der Kassette gestohlen. Die Kassette wurde dann an einer Straßenhecke außerhalb der Stadt mit samt den Papieren aufgefunden und dem rechtmäßigen Besitzer wieder zugestellt. Als mutmaßlicher Thäter wurde ein 43jähriger, wegen Diebstahl schon vorbe­strafter Schreiner heute Vormittag verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis abgeführt.

Karlsruhe, 15. Jan. Eine fürstliche Gabe zur rechten Zeit hat unser allverehrter Großherzog gespendet, indem er zur sofortigen Anschaffung von Steinkohlen für würdige Arme hiesiger Stadt die schöne Summe von 1000 anwies.

Mannheim, 15. Jan. Derreichste Bauer im Odenwald", der Landwirt und Gemeinderat Joh. Urban Vierneisel von Lauda, wurde heute vom Schwurgericht wegen Anstiftung zum Meineid (er hatte sein Dienstmädchen veranlaßt, zu seinen Gunsten einen Falscheid zu schwören) zu 1 Jahr 6 Monat Zuchthaus verurteilt. Obwohl er 50 000 Kaution sofort hinterlegen wollte, wurde er nicht auf freien Fuß gesetzt.

Frankfurt a.M., 15. Jan. Auf der von sozialdemokratischer Seite einberufenen Versammlung der Arbeitslosen (Männer und Frauen), die trotz der in die Arbeitszeit fallenden Stunde von etwa 300 Personen besucht war, sprach Redakteur Hoch über

Polster zurückgelehnt, und mit einer müden Handbewegung schnitt sie ihm die Weiterrede ab.

Ach, das ist ja nun erledigt. Weshalb sollen wir uns noch weiter mit solchen Auseinandersetzungen langweilen."

Stumm wie ein gescholtener Schulknabe kehrte d'Harnoncourt zu seinem Buche zurück, und wieder gab es eine halbe Stunde lang keinen anderen Laut im Zimmer als das eintönige Ticken der Pendule und das leise Knistern der umge­schlagenen Blätter. Dann klingelte Zoö nach ihrer Kammerjungfer, und der Oberst stand sofort auf, um ihr den Arm zu reichen und sie bis an die Thür ihre» An­kleidezimmers zu geleiten. Ritterlich küßte er ihr zum Abschied die Hand, und die junge Frau nickte ihm mit ihrem matten Lächeln zu, wie wenn niemals eine düstere Wolke den Himmel ihres ehelichen Lebens verfinstert hätte.

Als er auf dem Rückwege an dem Schlafgemach seines Kindes vorüberkam, blieb d'Harnoncurt lauschend stehen, denn er hatte drinnen die weiche Stimme der jungen Erzieherin vernommen. Eine Minute lang zauderte er, dann legte er seine Hand auf die Thürklinke und trat geräuschlos ein. Erna hatte soeben mit der kleinen Gervais«, einem reizenden, dunkellockigen Kinde, das Abendgebet gesprochen, und sie war beim Erscheinen des Obersten im Begriff, sich in ihr eigenes nebenan be- legenes Zimmer zurückzuziehen. D'Harnoncourt beugte sich über sein Töchterchen herab, um es zu küssen, und richtete dann an ihre Erzieherin einige Fragen, die auf das Befinden des Kindes Bezug hatten. Schon auf der Schwelle ihre» Gemaches stehend, gab ihm Erna kurze Antwort. Sie erwartete offenbar, daß der Oberst sich sogleich wieder entfernen würde; statt besten aber trat d'Harnoncourt plötzlich nahe an sie heran und sagte mit gedämpfter Stimme:

Ich möchte mich nicht von Ihnen verabschieden, ohne Ihnen mein Bedauern über die Unfreundlichkeit auszudrücken, der sie vorhin ausgesetzt waren. Ich hoffe, mein liebes Fräulein, daß Sie den Launen meiner Frau keine all' zu große Be­deutung bellegen werden."

Gewiß nicht, Herr Oberst," erwiderte Erna zurückhaltend.Wer eine ab­hängige Stellung einnimmt, muß sich frühzeitig der Empfindlichkeit entwöhnen."

Ihre Antwort schien ihn nicht zu befriedigen, denn er versetzte lebhaft:

Unter meinem Dache aber sollen Sie fortan nie mehr an diese traurige Notwendigkeit erinnert werden. Denn ich will nicht, daß Sie einen Grund haben, sich zu beklagen. Möchte ich doch so gerne jeden Schatten von Ihrem Lebenswege fern halten möchte ich Sie doch so gerne heiter und glücklich sehen!"

Er stand jetzt hart an ihrer Seite, und seine Stimme war zu einem weichen, eindringlichen Flüstern geworden. Erna aber deutete durch eine sehr entschiedene Bewegung ihre Absicht an, das Gespräch zu beenden.

Ich danke Ihnen für diele freundliche Gesinnung," sagte sie kühl,doch ich wiederhole, daß ich keine Ursache habe, mich zu beklagen."

Nun vertrat d'Harnoncourt ihr geradezu den Weg und legte, um sie zurück zu halten, seine Hand leicht auf ihren Arm.

Sie sind zu stolz, es einzugestehen; aber Sie können mich nicht täuschen. Nein, entfliehen Sie mir nicht, sondern hören Sie mich nur zwei Minuten an. Ich habe oft genug sehen müssen, wie hochmütig und ungerecht meine Frau Sie behandelt, und ich fürchte, daß Sie es noch schlimmer treibt, wenn ich nicht zugegen bin. Aber Sie wissen, wie gering meine Macht gerade nach dieser Richtung hin ist. Da Sie seit mehr als einem Jahre in diesem Hause sind, kann es Ihnen ja kein Geheimnis geblieben sein, wie es um mein Eheglück bestellt ist."

Ich habe mich nie darum gekümmert, Herr Oberst, und es ziemt mir auch nicht, etwas davon zu erfahren."

Die Zurückweisung, welche in dieser Antwort lag, war von der schroffsten bestimmtesten Form. Der heißblütige Offizier aber, der allezeit ein verwöhnter Liebling der Frauen gewesen war, hatte sich zu lange an dem Anblick ihrer stolzen. Schönheit berauscht, um sich nun so leicht entmutigen zu lassen.

(Fortsetzung folgt.)