ziemlich viel Frucht lag, welche bei der Löscharbeit durchnäßt wurde, beträgt der Schaden immerhin etwa 100 Der Besitzer des Hauses ist versichert.

Bruchsal, 5. Jan. Ein von Karlsruhe zu­gereister Handwerksbursche berichtete, daß er gestern Morgen unweit Karlsruhe, an der Durlacher Chaussee, einen erfrorenen etwa 30jährigen Menschen gefunden und in den Wartesaal der Straßendampf­bahn getragen habe. Seinen Papieren nach ist es ein Böhme mit Namen Josef Schöllet.

In einem Geschäft mit Dampfmaschine inKehl ereignete sich bei Reinigung eines Dampfkessels ein eigentümlicher Vorfall. Die Reinigung des Kessels, welche mit Hilfe einiger Lehrlinge besorgt wurde, war bereits beendigt, so daß nur noch der durch einen Stutzen von 60 Centimetcr Lichtweite und 70 Centi- meter Höhe verbundene Vorwärmer zu reinigen übrig blieb. Ein Lehrling, welcher anstatt durch das an dem Vorwärmer angebrachte Mannloch durch den Stutzen gekrochen war, kam so in den 3 Meter langen und 53 Centimetcr weiten Vorwärmer zu liegen, daß die Vorderseite des Körpers nach unten und die Füße nach oben einwärts gerichtet waren und er so voll­ständig eingezwängt wurde, daß er sich weder vor- noch rückwärts bewegen konnte. Es war nicht mehr möglich, die Füße der Länge nach zu strecken; es hätte alsdann eine Herausbeförderung durch den Stutzen leicht stattfinden können. Als man die Unmöglichkeit einsah, dies zu bewerkstelligen, entschloß man sich zum Aufbrechen des Mauerwerks, welches eine Dicke von 1 Meter besaß. Es mußte sodann der aus hartem Eisenblech bestehende 12 Millimeter dicke Boden mit Kreuzmeißeln im ganzen Umkreise ausgehauen und dann mit einer Eisenbahnschiene eingestoßen werden. Nach Verlauf von 8 Stunden waren diese Arbeiten beendigt, und nun konnte der Gefangene, welchem mittlerweile die Füße angeschwollen waren, mit großer Mühe herausbefördert werden.

Bückeburg, 4. Jan. Der Kaiser traf um 6 Uhr hier ein und wurde auf dem geschmückten Bahnhof von dem Fürsten Georg empfangen. Der Kaiser fuhr mit ihm durch die festlich beleuchtete Bahn­hofstraße ins Schloß, wo um 7 Uhr ein Essen statt­fand. Morgen früh 9 Uhr wird der Kaiser mit dem Fürsten Georg zur Jagd auf Hirsche nach Brands­hof am Bückeberge fahren.

Berlin, 5. Jan. In ganz Norddeutsch­land herrscht strenge Aalte, stellenweise unter 20 Grad. Die Eisenbahnzüge treffen infolge verschiedener Störungen vielfach sehr unregelmäßig ein; der Ber­liner Stadtbahnverkehr war zeitweilig vollkommen ge­sperrt.

Berlin, 5. Jan. In der heutigen Verhand­lung der Anklage gegen den Verlagsbuchhändler Glöß aus Dresden, Buchhändler Dewald-Berlin, Buch­händler Struppe, Buchhändler Win kl er-Char­lottenburg wegen Beleidigung des Reichskanzlers Ca- privi wurde Glöß zu 100 ^ Geldstrafe bezw. 10 Tage Gefängnis verurteilt; die übrigen Angeklagten sind freigesprochen.

Berlin, 5. Ja». Am Tage vor der Ziehung der Schloßfreiheits-Lotterie hatte ein Herr aus Bremerhaven den Betrag für ein Viertellos an eine hiesige Firma gesandt, die darauf am andern vormittag vor Beginn der Ziehung das Los abschickte. Als sie aber sodann aus der Schnellliste ersah, daß auf die betreffende Nummer 3000 ^ gefallen waren, telegraphierte sie an die Postbehörde zu B., daß der Brief nicht an den Adressaten ausgehändigt, sondern zurückgeschickt werden solle. Dies geschah, und die Firma sandte hierauf dem Besteller das eingeschickte Geld nach Abzug von 20 Pfennig für Porto zurück und strich dann den Gewinn für sich ein. Der Be­steller erfuhr erst später diesen Sachverhalt und klagte auf Herausgabe des Gewinns. Er erzielte bei dem Landgericht ein obsiegendes Erkenntnis. Das Kammergericht, an das Berufung eingelegt ward, schloß sich demselben dieser Tage an und verurteilte gleichfalls die Firma zur Zahlung. Aehnliche Prozesse sollen noch mehrfach in Aussicht stehen.

Aus der Schweiz, 5. Jan. In der Nacht vom Freitag auf Samstag wurden, wie dieN. Zur. Ztg." meldet, drei italienische Arbeiter auf dem Wege von Zermatt nach dem Theodulpaß von einer Lawine überrascht. Von den armen Reisenden blieb einer ganz unversehrt, zwei wurden verschüttet, doch konnte auch von diesen einer sich retten, während der dritte als Leiche herausgegraben und heute nach Zermatt gebracht wurde.

Prag, 4. Januar. In der gestrigen Stadt­verordnetenversammlung beantragte Skarda, die jähr­lich für den deutschen Sprachunterricht ausgegebenen 19000 fl. durch Abschaffung des deutschen Sprach­unterrichts zur Erhöhung der Wohnungsgeldbeiträge an czechischs Lehrer zu verwenden. Der Stadtver­ordnete Breznowsky bezeichnte die deutschen Schulen als Germanisierungsherde, welche mit allen Mitteln zu unterdrücken wären, deshalb müßten den Lehrern dieser Schulen die Teuerungszulage gestrichen werden. Beide Anträge wurden abgelehnt.

Vom Centralvorstand des Evang. Bundes zur Wahrung der deutsch-prote­stantischen Interessen erhalten wir nachstehen­den Aufruf mit dem Ersuchen um Veröffentlichung zugesandt:

Evangelische Deutsche!

Der Reichstag hat den Antrag der Centrums­partei auf Wiederzulafsung des Jesuitenordens in zweiter Lesung angenommen, und es steht zu er­warten, daß derselbe in dritter auch endgültig ange­nommen werden wird. Das ist ein für unser Vater­land tief beschämendes Ereignis, über welches wir uns gedrungen fühlen, ein offenes Wort an unsere Volks- und Glaubensgenoffen zu richten.

Daß eine aus Ultramontanen, Welfen, Polen und Sozialdemokraten zusammengesetzte Majorität im stände ist, in einer solchen das evangelische Deutsch­land im Innersten bewegenden Sache gegen das

evangelische Interesse zu entscheiden, das ist eine An­klage wider jeden deutschen Protestanten, der durch Thun oder Unterlasten eine solche Reichstagsmajorität hat ermöglichen helfen. Aber wir müssen auch aus­sprechen, daß diejenigen Reichstagsabgeordneten, welche durch Fernbleiben von der betreffenden Abstimmung den Sieg der Jesuitenpartei mit veranlaßt oder doch das Stimmenverhältnis zu Ungunsten der guten Sache herabgedrückt haben, ohne daß zwingende Umstände ihnen die Fernhaltung auferlegten, eine schwere Ver­antwortung, und zwar nicht vor dem evangelischen Deutschland allein, auf sich genommen haben. Wer in der Jesuitenfrage nicht Farbe zu bekennen wagt, ist des Namens eines deutschen Reichsboten nicht wert. Und ist es zu loben, daß die reichsfreundlichen Parteien, welche dem Antrag widersprachen, sich auf.kurze Er­klärungen beschränkt haben, anstatt die Gefahren, wel­che unserem Vaterlande von der Rückkehr des Jesuiten­ordens drohen, gründlich zu beleuchten und die Un­wahrheiten seiner Fürsprecher gründlich zu widerlegen? Diese Angelegenheit ist für Deutschland wichtiger und tiefergreifend als Handelsverträge und Steuergesetze und hätte ohne kleinlichen Opportunismus mit tief­stem sittlichen Ernste behandelt werden sollen.

Allerdings kann deutsche Männer ein Ueber- druß ankommen, so bodenlose Verhöhnungen aller ge­schichtlichen Erfahrung, wie sie auch hier wieder zu Gunsten der Jesuiten verlautbart worden sind, inimer von neuem zu widerlegen. Wir haben die Jesuiten wieder einmal als die unschuldigen Lämmer, die nie­manden gefährden, als die Männer des Friedens und der Frömmigkeit, als die besten Mitkämpfer zur Ueberwindung der sozialen Gefahr lobpreisen hören.. Die Geschichte aber zeigt, daß überall, wo dem Jesuitenorden freie Wirksamkeit eingeräumt worden ist, sei es im christlichen Abendland oder in den fernen Reichen Ostasiens, Zerrüttung der Staaten und blutiger Bürgerkrieg, religiöse Entartung und sittliche Korruption die Frucht seiner Aussaat gewesen ist, und daß insonderheit unser deutsches Vaterland die Arbeit und Kämpfe zweier Jahrhunderte gebraucht hat, um sich aus den Ruinen wieder aufzurichten, in welche die von Jesuiten geleitete Gegenreformation unsere nationale Kultur und Existenz verwandelt hatte. Wie Wahnsinn mutet es den Geschichtskundigen an, die Jesuiten zurückzurufen. Glieder eines Ordens,, der auf seine Fahne geschrieben hat: Ausrottung der Ketzerei, d. h. vor allem der Kirche der Reformation, sind das die Männer des konfessionellen Friedens für Deutschland? Leute, welche in ihrem Ordensgelübde alle Familien- und Vaterlandsliebe um der inter­nationalen Ordenszwecke willen verleugnen, können die rechte Deutsche sein? Eine Gesellschaft, welche dem Papst das Recht zuerkennt, die Unterthanen vom Treueid zu entbinden, ja, die unter gewissen Beding­ungen den Königsmord als ein Naturrecht der Völker verteidigt, sollte eine Schutzwehr der Throne gegen die Geister des Umsturzes bilden? Priester, Lehrer, Erzieher, welche die erste Grundlage aller wahren Frömmigkeit und Sittlichkeit, die Selbstverantwortung

behaglich macht. Können Sie mir -innen, wenn ich offen bekenne, daß ich nicht den Beruf in mir fühle, eine solche Frau zu sein?"

Nein, ich zürne Ihnen nicht," erwiderte er ernst,und ich sehe nun wohl ein, daß ich Ihnen in meinen engen Verhältnissen das erträumte Glück nicht hätte bereiten können. Lossen Sie mich Ihnen denn von ganzem Herzen alles Gute für Ihre Zukunft wünschen. Möchte es Ihnen beschicken sein, da» Glück zu finden, das Sie da draußen suchen."

Er hatte etwas Wettere» hinzufHgen wollen; aber er kam nicht mehr dazu, denn Frau Heimerdinger trat soeben wieder ins Zimmer. Günther fühlte sich außer Stande, mit der braven Witwe jetzt eines jener gewohnten Gespräche anzuknüpfen, deren einzigen Gegenstand immer nur das schnöde verkannte Genie des kleinen Musiker» ausmachte. Damm griff er, nachdem kaum die ersten Worte gefallen waren, hastig nach seinem Hute.

Als er Erna die Hand zum Abschied reichte, sagte er halblaut:

Ich sehe Sie morgen wieder nicht wahr? ES girbt noch Manches, das ich Ihnen au»sprechen möchte, ehe wir scheiden."

Sie machte eine Kopfbewegung, die er als ein Zeichen der Bejahung deutete, und ihre schönen Augen folgten ihm, bis die Thür sich hinter ihm schloß. Die Unterhaltung Frau Heimerdinger geriet bald ganz ins Stocken, und mit der Begründung, daß sie einige dringende Briefe zu schreiben habe, zog sich da» junge Mädchen ungewöhnlich früh in ihr kleines Hinterzimmer zurück.

Dort trat sie ans Fenster und blickte lange zu dem schmalen Himmelsstreifen empor der in matter Helligkeit über dem engen Hofraum sichtbar wurde. Eine stille Traurigkett war auf ihrem Gesicht, und doch zugleich ein Ausdruck festen Ent­schlusses.

Nein, ich konnte nicht ander»," sagte sie leise vor sich hin.Es wäre »in Unglück gewesen für ihn wie für mich."

II.

Bei einer zufälligen Begegnung auf der Haustreppe hatte Günther Harmening vor mehreren Monaten die Bekanntschaft des verwachsenen Musikers gemacht, die inzwischen zu einer wirklichen Freundschaft geworden war. Die Wohnung, die er seit drei Jahren mit seinem Vater teilte, lag nur um zwei Stockwerke tiefer als die der Witwe Heimerdinger, und der Verkehr war infolge besten bald zu einem recht lebhaften geworden. Alltäglich nach Beendigung seiner Bureaustunden pflegte Günther sich oben einzustellen, um mit seinem Freunde, an dessen kleine Wunder­lichketten er sich rasch gewöhnt, zu mustzieren. Spätestens um die achte Stunde aber kehrte der junge Beamte in sein eigenes Heim zurück, denn sein Vater, der ehemalige Gerichtskanzlist Gottfried Harmening, war daran gewöhnt, die Abende in der Ge­sellschaft seines Sohnes zuzubringen, und Günther war zu rücksichtsvoll, um seinem Vergnügen zu Liebe etwas an diesem Herkommen zu ändern.

Heute zum ersten Mal geschah es, daß er eine Ausnahme davon machte. Er ging an der Thür seiner Wohnung vorüber und trat auf die Straße hinaus, um einen langen, ziellosen Spaziergang zu unternehmen. Wie mannhaft und gefaßt er auch die Zurückweisung seines Antrags ausgenommen hatte, in seinem Innern stürmte es doch so gewaltig, daß er sich nicht stark genug fühlte, vor dem mißtrauisch prüfenden Auge des Vaters seine wahre Gemütsverfassung zu verbergen. Mächtig regte sich in seiner Brust die Versuchung, mit mutigem Entschluß die Fesseln zn zerbrechen und auf neuen Wegen zu jenem lockenden Ziele empor zu streben, das ihm als köstlichen Preis seiner Mühen nicht nur Ruhm und Erfolg, sondern auch den Besitz deS geliebten Wesens verhieß. Denn er zweifelte nicht, daß sie sich ihm zu eigen geben würde, wenn er als ein großer und berühmter Künstler aus'S neue vor sie hintreten könnte.

(Fortsetzung folgt.)