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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. di« Zeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, Len 9. Januar 1894.
AbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt SV Pfg. «tch 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. 3b.
Tayes-Nenigkeiten.
X. Calw. Am Freitag, den 5. Januar feierte der Militärverein sein Weihnachtsfest im Saale des Waldhorns. Der geräumige Saal war bis zum letzten Platze gefüllt, auch die Offiziere und Mannschaften des Bezirkskommandos hatten sich eingefunden. Zwei mächtige reichgeschmückte Christbäume erfreuten die Anwesenden durch ihren Lichterglanz. Nachdem die durch den Vorstand Hrn. Metzger Essig geleitete Verlosung durch die Manigfaltigkeit ihrer Gaben vielfach Stoff zur Heiterkeit gegeben hatte, wurde durch jüngere Mitglieder des Vereins ein kleines Theaterstück: „Weihnachten im Felde", aufgeführt. Das ansprechende, gut gegebene Bild aus der Zeit der Belagerung von Haris wurde von den Zuschauern günstig ausgenommen und das Publikum überschüttete die Darsteller mit lebhaften Beifall. Ebenso machte die darauffolgende Vorführung von lebenden Bildern aus dem Soldatenleben im Frieden, zu denen jedesmal ein launiger Prolog gesprochen wurde, viele Freude. Nachdem die Aufführungen beendigt waren, bemühte sich der Vorstand mit Erfolg, in dem gedrängt vollen Saale für die Jugend ein Plätzchen zum Tanzen zu schaffen. Lange noch blieben fröhlich Menschen in heiterer Geselligkeit versammelt und mit Befriedigung dürfen die Teilnehmer auf den wohlgelungenen Abend zurückblicken. Dem Militärverein aber, der hauptsächlich den Zweck verfolgt, bedürftige Mitglieder im Notfälle zu unterstützen, wäre zu wünschen, daß er auch in dem nun begonnenen Jahr einen namhaften Zuwachs besonders aus den bemittelten Kreisen erhalte.
Stuttgart, 5. Jan. Am I. Januar, mittags zwischen 1 und 2 Uhr, wurden in einem Gast
haus zwei Dienstbotenkammern erbrochen und bestohlen und drei weitere Kammern zu erbrechen versucht. Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich auf zwei nicht schlecht gekleidete Bursche, welche vor dem Diebstahl zwei Tage in demselben Gasthaus logiert und nachher in auffälliger Weise sich entfernt hatten. Dieselben wurden gestern in Ludwigsburg festgenommen, wo sie ebenfalls in dem Gasthaus, in welchem sie logierten, einen Einbruchsdiebstahl verübt haben. Die hier gestohlenen Gegenstände, mit Ausnahme des Geldes, wurden bei ihnen vorgefunden. Die Verhafteten sind Karl Fieß, Kellner aus Prag, und Martin Hausfelder, Bäcker aus Augsburg. Beide sind vom Landgericht Straßburg wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgt.
Tübingen, 4. Jan. Beim Nachgraben nach einer beschädigten Gasleitungs-Röhre in der Hirschgasse fand gestern abend in einem Wasserleitungs- Schacht ei^d-Gas-Explosion statt, durch welche in den umliegenden. Häusern zahlreiche Fensterscheiben eingedrückt wurden. Leider wurde dabei auch ein gerade des Weges kommendes Mädchen verletzt und mußte in die chirurgische Klinik verbracht werden.
Urach, 5. Jan. Die Gemüter sind teils durch den tückischen Brandlegungsversuch, der in den letzten Tagen des alten Jahres in dem Anwesen des Gerbers Hail ohne allen Zweifel gemacht worden ist, teils durch Vermutungen, in welcher Absicht die Dynamitpatronen in dem Basaltsteinbruch Eisenrüttel bei Döttingen entwendet worden sein mögen, in Aufregung versetzt. Die Hausdurchsuchung bei dem des Brandlegungsversuchs verdächtigen Schuhmacher Rupp hat belastende Beweise ergeben. Zu einem Geständnis hat sich Rupp indessen noch nicht herbeigelassen; seine Fran hat ihre drei kleinen Kinder
auf das Amtsgericht gebracht mit der Bemerkung, wer ihren Mann habe verhaften lassen, möge nunmehr auch die Versorgung ihrer Kinder übernehmen. Die Frau ist zu diesem ihren Vorgehen sicherlich von Personen angestiftet worden, die aus der Verhetzung sich ein Gewerbe oder einen Spaß machen; sie ließ sich indessen zurechtweisen. Ein hiesiger Gerichtsbeamter hat mehrere Drohbriefe erhalten. Es ging in den letzten Tagen das Gerücht, man sei des Menschen, der die Dynamitpatronen auf dem Eisenrüttel gestohlen hat, habhaft geworden. Allein dieses Gerücht hat sich nicht bestätigt, und so wird nun auch die Vermutung ausgesprochen, die Absicht bei der Entwendung der Patronen sei keine im schweren Sinne verbrecherische gewesen.
Friedrichshafen, 4. Jan. Der scharfe Ostwind hat endlich nachgelassen; die strenge Kälte ist aber geblieben, und die Eisbildung auf dem See mit all ihren Nachteilen nimmt zu. Weitere Havarien sind zu melden von dem Danipfboot Säntis das in Rorschach an die Mauer getrieben wurde, und von dem Dampfer Maria Theresia, der in Bregenz gegen den Hafendamm rannte, nachdem die Verbindung zwischen dem Kapitän und dem Maschinisten versagt hatte; in Lindau wehte der Wind das Dach vom alten Werfteschuppen herunter in den See hinein.
Eutingen, 6. Jan. Vorgestern nachmittag entstand im Hause des Schmiedmeisters K. ein Kamin» brand. Vom Besitzer wurde das Dach um das Kamin herum abgedeckt und das Feuer selbst mit Dünger und Wasser zu ersticken versucht. Auch wurde durch einen anwesenden Gendarm mittels einer Handfeuerspritze nachdrücklich Hilfe geleistet, so daß der Brand bald gelöscht war. Da auf dem Speicher
^ (Nachdruck »erboten.>
Vaterlandsverrat.
Novelle von Lothar Brenkendorf.
(Fortsetzung.)
Sie blieb ihm die Antwort schuldig. Da trat er näher an sie heran und fuhr mit gedämpfter Stimme fort:
„Es war nicht meine Absicht, zu Ihnen davon zu sprechen, noch ehe meine Ernennung erfolgt ist; dieser unerwartete Entschluß aber zwingt mir ein Geständnis ab, das vielleicht nichts Ueberraschendes mehr für Sie hat. Ich bin Ihnen gut, Fräulein Erna — seit Langem, ja seit der ersten Stunde unserer Bekanntschaft. Viel ist es ja freilich nicht, was ich Ihnen bieten kann, und über ein trauliches Plätzchen am eigenen Herd geht eS nicht weit hinaus. Aber ich werde Sie auf ven Händen tragen, und wenn treue Liebe Glanz und Reichtum ersetzen kann, werden Sie weder den einen noch den anderen vermissen. Wollen Sie es auf eine so bescheidene Aussicht hin mit mir versuchen?"
Wenn seine Worte auch anfänglich noch etwas beklommen gewesen waren, hatten sie doch nach und nach einen freien, männlichen Klang gewonnen, und ihre schlichte Wärme wirkte überzeugender als alles Feuer einer überschwenglichen Liebeserklärung.
Die Aufnahme aber, welche sie fanden, war ganz anders als er es erhofft haben mochte. Kein beglückendes Ja kam über die Lippen des jungen Mädchens, -in Schimmer der Freude leuchtet- in ihrem schönen Antlitz auf. Ihr Köpfchen blieb tief gesenkt, und Günther hatte eine Empfindung, als ob er von einem eisigen Sturzbade übrrgossen würde, da sie sagte:
„Ich danke Ihnen aufrichtig, Herr Harmening! — Aber so schmerzlich es mir
auch ist, daß ich Sie vielleicht durch meine Antwort betrüben muß — ich kann Ihre Frau nicht werden."
„Sie können nicht?" fragte er nach sekundenlangem Schweigen gepreßt. „So habe ich mich während all' dieser Zeit nur in einer eitlen Selbsttäuschung befunden? — Oder ist es meine Armut, die Sie zurückstößt? — Scheint Ihnen das Leben zu dürftig, das Sie an meiner Seite erwartet? —'
„Sie machen es mir sehr schwer, Ihnen zu antworten," erwiderte Erna unsicher und leise, „aber ich leugne nicht, daß ich voll Ehrfurcht und Bewunderung zu dem Manne aufblicken möchte, dessen Namen ich tragen soll."
„Ehrfurcht und Bewunderung!" wiederholte Günther herbe. „Das sind Empfindungen, die eine so unbedeutende Persönlichkeit, wie die meinige, allerdings wohl kaum erwecken kann."
Ein so ehrlicher und tiefer Schmerz zitterte in seiner Stimme, daß sich das junge Mädchen davon sichtlich ergriffen fühlte.
„Sie dürfen mich nicht mißverstehen," unterbrach sie ihn rasch. „Es verlangt mich nicht nach Reichtum und äußerem Glanz, wie Sie vielleicht glauben, aber ich würde niemals die rechte Lebensgefährtin sein für einen Mann, dessen Dasein sich in dem nüchternen, eng begrenzten Bereich einer Beamtenlausbahn vollzieht. So thöricht es aus einem weiblichen Munde klingen mag: ich bin ehrgeizig und fühl« ein brennendes Verlangen, mich aus dieser flachen Alltäglichkeit, die meine Seel« erstickt, emporzuringen in höhere, freiere Sphären. Vielleicht wird es mir nie gelingen; aber ich würde doch sicherlich sehr unglücklich werden, wenn ich aufhöre« müßte, danach zu streben. Und ich würde auch Sie unglücklich gemacht haben, mein Freund, wenn ich Ihren Antrag angenommen hätte. Sie sagen ja selbst, daß Ihre Karriere genau vorgezeichnet sei, daß eS da nichts zu erhoffen und z« erkämpfen giebt. Sie brauchen Niemanden, der Sie stützt und ermutigt, der mit Ihnen strebt und ringt; Sie brauchen nur eine brave, praktische Frau, die Ihr« Wirtschaft in guter Ordnung erhält und Ihnen die Stunden der Muße leicht und