2. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 69. Ichr-au-.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt 90 Pfg. rr«h 20 Pfa. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1. 3L.

Erscheint Di e n S ta g , Donnerstag und SamStag. Die EinrückungSgebühr betrügt im Bezirk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Aeile, sonst 12 Pfg.

Samstag, den 6. Zanuar 1894.

Amtliche WekanuLmachuugerr.

Die Ortsvorsteher

wollen auf 1. Februar d. Js. hierher anzeigen, wie viele Aenderungen in der Boden - Einteilung seit 1. April 1893 angefallen und über wie viele der­selben Meßurkunden und Handrisse beigebracht sind; soweit solche noch fehlen, ist auf ihre möglichst schleu­nige Beibringung zu dringen.

Calw, den 4. Januar 1894.

K. Oberamt. Lang.

Cages-Ueuigkeiten

Stuttgarts. Jan. Am Marktthermometer waren heute früh 14 " R. abzulesen. Der Großmarkt in Obst bestand aus 2 Körben, die von einem Händler aufgestellt und schleunigst losgeschlagen wurden. Die Hasenklemme hat bereits wieder begonnen. Rehe reichlich; Geflügel ebenso, Schellfische 35^. Gemüse ist nur wenig, aber genügend vorhanden. Es kann nur unter Bedeckung zum Verkauf gebracht werden. Blumenmarkt nur schwach mit Kränzen, die verhüllt sind, angedeutet. (Schw. M.)

Cannstatt, 2. Januar. Der Neckar war schon am Samstag leicht zugefroren und verwegene Kinder setzten ihr Leben aufs Spiel, indem sie sich auf der schwachen Eisdecke tummelten. Am Sonntag, wo die Schlittschuhläufer nach Hunderten zählten, ereignete sich ein glücklicherweise noch günstig obge­laufener Unfall. Trotzdem das Eis unter der neuen Brücke Risse zeigte, aus denen das Wasser hervor­drang, wagten sich auch Erwachsene darauf; nachmittags halb 4 Uhr brach die Decke mit zwei Herren und einem Fräulein aus Stuttgart. Hilfe war rasch zur Stelle. Einer der Herren wollte sich eiligst nach Hause begeben und lief dem Bahnhof zu, mußte aber halb erstarrt in das Bahnhofhotel Weigle geleitet werden, wo man ihn mit frischer Wäsche versah, zu Bett brachte und durch warme Getränke und sonst geeignete Behandlung die Lebensgeister stärkte, so daß er noch am Abend in das elterliche Haus zurückkehren konnte. Die beiden anderen Personen wurden in das Leuze'sche Bad verbracht, wo ihnen gleichfalls die sorgsamste Pflege zu Teil wurde. Fischer Schweizer, welcher einen Unglücksfall bei dem großen Andrang auf dem schwachen Eise befürchtend, Boote, Dielen, Stangen rc. schon vorher bereit gelegt hatte, bewerk­stelligte die Rettung der Eingebrochenen.

Reutlingen, 29. Dezbr. Bei den allge­mein ungünstigen Gesundheits-Verhältnissen ist auch hier die Sterblichkeit gegenwärtig groß. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen kam der Fall vor, daß 3 -bei einander wohnende hochbetagte unverheiratete Brüder, die Weingärtner Wucherer, im Alter von '68, 70 und 74 Jahren, welche fast zu gleicher Zeit an-Influenza erkrankten, innerhalb 10 Tagen starben 'und nun auf dem Friedhof nebeneinandrr ruhen. In einem anderen Fall starben Vater und Sohn. '69 und 33 Jahre alt, nur einen Tag von einander.

Reutlingen, 2. Jan. Der Braubursche Stoll, welcher vor einigen Tagen seine frühere 'Geliebte und hierauf sich selbst zu erschießen versuchte,

befindet sich zu Hause bei den Seinen in Gönningen. Er hatte sich 3 Schüsse beigebracht und schleppte sich in der Nacht noch nach Hause, wo er nun an den Verletzungen schwer darniederliegt, so daß er nicht transportfähig ist und überhaupt für seine Wieder­herstellung wenig Hoffnung besteht.

Oehringeu, 28. Dezber. Am Johannes­feiertag fand im Löwen in Kappel eine Versamm­lung des hiesigen landwirtschschaftl. Bezirks­vereins statt, zu der sich auch viele Mitglieder des Oehringer Fischereivereins eingefunden hatten, da ein Vortrag von Prof. vr. Sieglin aus Hohen­heim über Fischzucht auf die Tagesordnung gesetzt war. Ausgehend von dem früheren Fischreichtum und der jetzigen Fischarmut unserer Flüsse, kam der Redner auf die Lachsraubfischerei in Holland zu sprechen, ebenso auf die vielen Wahre, die den Fischen die Wanderung nicht gestatten, und auf die Verun­reinigung vieler Gewässer, infolge deren die Fische absterben. Des Weiteren verbreitete sich der Redner über die künstliche Fischzucht, über Teich- und Fluß- wirtschast. Die geeignetsten Arten für unsere Ge­wässer, wie z. B. Regenbogenforellen und Forellen­barsch, wurden genau beschrieben, auch Winke über Aussetzen der Fischbrut und etwaige Fütterung der Fische gegeben und namentlich die Rentabilität ratio­neller Fischzucht hervorgehoben. Der Vorsitzende, O.-Amtmann Wendel, dankte dem Redner für seinen gediegenen Vortrag und forderte die Anwesenden auf, ihm durch Erheben von ihren Sitzen gleichfalls ihren Dank zu bezeugen.

Hall, 3. Jan. (Viehmarkt-Ergebnis). Zu Markte gebracht wurden: 164 Ochsen, 100 Kühe u. 68 Stück Schmalvieh. Die Preise bewegten sich bei ein Paar Ochsen zwischen 500820 bei einer

Kuh zwischen 100300 und bei einem Stück Schmalvieh zwischen 70220^. Der Markt war trotz der strengen Kälte und den weniger gangbaren Straßen ordentlich befahren, Handel lebhaft bei stei­genden Preisen.

Biberach, 3. Jan. (Vichmarkt.) Zutrieb 225 Stück. Handel ziemlich lebhaft bei etwas besseren Preisen als wie vor 8 Tagen. Schweinemarkt. Zufuhr 150 Milch- und 22 Läuferschweine. Preise für Milchschweine 15 bis 18 Mk., für Läuferschweine 25 bis 30 Mk. per Stück. Handel lebhaft.

Vom Federsee, 3. Jan. Mit dem neuen Jahre hat die Kälte in hohem Grade zugenommen; bei starkem Nordostwind hatten wir heute früh 12" unter Null , und die Temperatur scheint noch weiter zurückzugehen, so daß man Furcht haben muß, wieder die gleiche strenge Kälte wie voriges Jahr zu be­kommen. Auch stellt sich Wassermangel ein, so daß die öffentlichen Brunnen während der Nachtzeit ab­gesperrt werden müssen. Der See ist fest gefroren. Letzten Sonntag brach ein junger Mann in demselben ein, konnte aber noch gerettet werden.

Friedrichshafen, 3. Januar. Der eisige Ostwind erschwert die Schifffahrt außerordentlich; das Boot Bavaria lief heute Abend mit gebrochenem Steuer aus Konstanz hier ein; die Häfen, namentlich die Schweizer, find voll Eis, was das Anlandcn nur mit größter Mühe gestattet. Als weiterer Unfall

auf unser See ist zu melden, daß gestern Abend ein Reisender auf der Fahrt nach Rorschach über Bord gefallen und ertrunken ist. Die Schiffsmannschaft hat sich vergeblich bemüht, den Verunglückten zu retten.

Pforzheim, 3. Jan. Beinahe ertrunken wäre am Dienstag nachmittag ein 11 bis 12 Jahre altes, in der Klingstraße hier wohnendes, Mädchen. Dasselbe vergnügte sich auf dem Eis der Enz beim Jnselweg. Dort wird gegenwärtig Eis zur Füllung eines Eiskellers gehauen. Sie geriet in ein aufge­hauenes Loch, hatte aber die Geistesgegenwart sich mit dem Hinterkopf auf dem Eis festzuhalten, bis Hilfe herbeikam. Sicherheitsmaßregeln wären für solche Fälle sehr angebracht. (Pf. B.)

K Pforzheim, 3. Jan. Auf den gestrigen Monatsviehmarkt ging der Handel flau. Nach fettem Vieh war einigermaßen Nachfrage. Ochsen wurden mit 38 ^ pro Zentner lebend Gewicht ver­kauft, Kühe lösten 120165 1 Kalbin 160

Jungvieh 100140^, Kälber 3238 Milch­schweine wurden mit 1622 ^ das Paar bezahlt. Läufer waren keine zugebracht.

Frankfurt a. M., 3. Jan. In derFrkf. Ztg." veröffentlicht Graf Arnim - Schlagenthin einen von ihm am 8. Dezember an den Fürsten Bismarck abgesandten Brief, in welchem er den Fürsten ersucht, die gegen seinen Vater in dem bekannten Blum'schen Buche:Das deutsche Reich zur Zeit Bismarcks" er­hobenen Beschuldigungen zu dementiren bszw. den Fall Arnim klar zu stellen.

Cottbus, 4. Jan. Beim Schlittschuhlaufen brach das Eis, wobei 30 Kinder versanken, zwei der­selben ertranken.

Berlin, 3. Jan. In der heutigen Versamm­lung der Kutscher der Taxameterdroschken wurde kon­statiert, daß 450 Kutscher streiken; die kleinen Fuhr­werksbesitzer sind gleichfalls für den Streik. Die Fuhrunternehmer erklärten, die ausständigen Taxa­meterdroschkenkutscher nicht einzustellen. Seitens der Fuhrwerksbesitzer wird eine Petition an den Polizei­präsidenten behufs Zurücknahme der Verfügung betr. das Tragen der weißen Cy linderhüte vorbereitet.

Berlin, 3. Jan. Von unterrichteter Seite wird mitgeteilt, die Meuterei in Kamerun sei veranlaßt, weil der Teil der Dahomeyleute, welcher s. Z. von Grafenreuth aus der Gefangenschaft auS» gelöst worden war, so lange keinen Sold erhalten sollte, bis die Leute ihre Frcikaufssumme abverdient hatten.

Wilhelmshafen, 2. Jan. Der Befehl zur Entsendung des KreuzersPrinzeß Wilhelm" ist auf­gehoben, dafür gehen 120 Seesoldaten auf Privat­dampfern nach Kamerun ab.

Aus Budapest 2. Jan. wird gemeldet: In Oravicza, einem Fabriksort bei Temesoar, wurde heute das Haus eines Werkführers durch Dynamit in die Luft gesprengt. Die Familie war zufällig abwesend und entging dadurch dem Tode.

Belgrad, 5. Jan. Die Erkrankung von liberalen Mitgliedern des Staatsgerichtshgfs erregt Aussehen, da als feststehend gilt, daß sie nur die