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Gewicht von 1'/- Lx. im Frankierungsfall berechnet worden ist, wird ein solches auch künftig, jedoch mit Beschränkung auf Packete im Gewicht bis zu 1 KZ- zur Erhebung gelangen. — Die Taxen für Postanweisungen bleiben dieselben.
Leonberg, 17. Dez. Auf heute nachmittag war eine Versammlnng des Bundes der Landwirte des Bezirks in den Sonnensaal hier einberufen, um zu dem in Aussicht stehenden russischen Handelsvertrag Stellung zu nehmen. Redakteur Schrempf aus Stuttgart verbreitete sich in mehr als zweistündigem Vortrage über die gegenwärtige Lage und Aussicht der landwirtschaftlichen Bevölkerung, welche, wenn der projektierte Handelsvertrag mit Rußland abgeschlossen würde, ihrem Ruin entgegensetze. Die Versammlung war sehr zahlreich besucht und faßte die einstimmige Resolution, beim Reichstag gegen den in Aussicht stehenden Vertrag vorstellig zu werden, auch den Vertreter des IV. Wahlkreises hievon in Kenntnis zu setzen.
Stuttgart, 18. Dezbr. Hopfenmarkt.
Der heutige Markt bot erfreulicher Weise ein etwas lebhafteres Bild als bisher. Es war eine größere Anzahl Käufer erschienen, die sich nur wenigen Eigentümern gegenüber fanden. Würden letztere alle am Platze gewesen sein, so wäre der Umsatz wohl ein erheblicher geworden. Die Preise bewegten sich für die verschiedenen Qualitäten zwischen 180 und 225 Der bevorstehenden Feiertage halber findet der nächste Markt am Mittwoch, den 27. Dezember statt. Die Vorräte sind nur noch gering.
Horb, 18. Dezbr. Welch gefährliches und halsbrecherisches Geschäft das Brechen von Tannenzapfen ist, hat sich heute wieder gezeigt. Drei Männer von Salzstetten waren diesen Morgen mit Tannenzapfenbrechen beschäftigt. Um nun das mühsame und beschwerliche Auf- und Absteigen zu ersparen, faßten sie die Neste der nächststehenden Tanne und schwangen sich, Eichhörnchen gleich, hinüber; aber sie erreichten ihren Zweck nicht, sondern stürzten hoch herab zu Boden; einer war sofort tot, die beiden andern liegen lebensgefährlich verletzt darnieder.
Freudenstadt, 15. Dez. Es ist unglaublich, wie leichtsinnig Menschen oft mit den in neuerer Zeit immer mehr in die Mode kommenden Teschins (Zimmerbüchsen) umgehen und doch ist schon so manches Unglück durch diese Dinger, die mit Unrecht vielfach als ein ungefährliches Spielzeug angesehen werden, passiert. Das war neulich in einem Orte unseres Bezirks der Fall, wo einer auf ein paar davoneilende Mädchen schoß, von denen eines im Augenblick des Losgehens des Schusses umsah und richtig durch eines der winzigen Schrötchen ins Auge getroffen wurde, so daß dieses nach Umständen verloren sein kann.
Tübingen. Schwurgericht. Anklagefache gegen den Schuhmacher Johann Friedrich Hen stier von Altenstaig wegen betrüglichen Bankerotts,
So knurrte er mehr als er sprach: .Jawohl, ich glaube alle-, alles, selbstverständlich, und einige dunkle Punkte dürften sich noch aufhellen, selbstverständlich; aber nun sage ich Ihnen verbindlichsten Dank für Ihren zufälligen Ritterdienst, dessen meine Braut wohl nicht wieder bedürfen wird —*
.Und ich sage Ihnen auch ganz herzlichsten Dank," fiel sie ihm in die Rede und reichte mir ftei die Hand; .ich hoffe, daß wir uns morgen früh sehen, und daß wir vielleicht den Abstieg nach Oderbrück zusammm machen, nicht wahr? Gute Nacht!'
Sie nahm seinen Arm, und sie gingen, er, ohne mich zu grüßen. Wir im Traum folgte ich und hörte ihn nur noch sagen: .Jawohl, Du scheinst ja sehr müde gewesen zu sein — jawohl — jawohl-ich fange an zu begreifen-'
Ich verlebte eine böse Nacht. Erst nachdem eS beim Sonnenaufgang geklingelt hatte, schlief ich ein, und ich schlief den Schlaf geistiger Erschöpfung bis an den lichten Morgen. — Draußen war'« herrlich, windstill nach dem Wüten der Nacht, und hell und heiß brannte die Sonne vom blauen Himmel. Es war ein Tag, wie er selten dort oben ist. In mir aber war'« nicht hell. Hedwig war davongezogen, und ich allein, allein mit dem Schmerz aller Sehnsucht und aller unbezwinglichen Liebe, für manches Jahr! Und sie war unglücklich, tief unglücklich. Einer von den vielen kleinen Romanen des Lebens, die in der Geschichte von zwei Herzen «ine Rolle spielen, sonst keine. — So trat ich in den Speisesaal und blieb in freudigem Schreck auf der Schwelle stehen. Dort drüben saßen ja Hedwig und ihre Mutter; allein. Eie sah auf, Hedwig. Sie war blaß, aber ihre eigenartige Schönheit trat so womöglich noch auffälliger hervor. Die Mutter hatte das Gesicht tief über eine Arbeit geneigt. Ein dunkelroter Schein fuhr über dar liebliche Gesicht des Mädchens, als üe mich sah. Sie sprang auf und ging mir schnellen Schrittes entgegen durch die Länge des Saales. Ich hatte Zeit, mich an dem reizenden Ebenmaß der schlanken, biegsamen Gestatt zu weiden, wie sie herankam.
.Eie wundern sich, uns noch hier zu treffen,' rief sie mir entgegen und reichte
der kurz zuvor noch am dichtesten besetzt gewesenen- Stelle in der ersten und zweiten Reihe. Die herabgefallenen Stücke hatten beinahe Centnerschwcre.
Frankfurt a. M., 19. Dez. Die Frankfurter Zeitung meldet aus Paris: Die Polizei verhaftete den Anarchisten Merigeau, weil er verdächtig ist, ein Attentat vorbereitet zu haben. Bei feiner Verhaftung versuchte Merigeau sich einer dolchartigen Stoßwaffe zu bemächtigen, was durch die Polizisten verhindert wurde. In seiner Wohnung wurden Papiere und Broschüren, sowie eine Büchse mit Pulver beschlagnahmt.
Wiesbaden, 16. Dez. Vergangene Nacht wurden hier mehrere Falschmünzer verhaftet, welche mit dem in Mainz festgenommenen Anarchisten Wiesner und drei in Rüsselheim verhafteten Falschmünzern in Verbindung standen. In den Wohnungen sämtlicher Mitglieder dieser Falschmünzerbande wurden anarchistische Schriften vorgefunden.
Lä. Hamburg, 19. Dez. Im Fahrkartenprozeß beantragte der Staatsanwalt für die schwerbelasteten Schaffner 15 Monate bis 5 Jahre Zuchthaus, für die übrigen 6 Wochen bis 5 Monate Gefängnis; für die Viehhändler '/->—1 Jahr Gefängnis,, sowie Geldstrafen.
Berlin, 18. Dezbr. Die „Staatsbürgerzeitung" meldet, der Generalmajor a. D. Kirchhofs, welcher vor einiger Zeit auf den Redakteur des „Berl. Tagbl.", Harich, wegen Abdrucks einer die Tochter des Generals beleidigenden Notiz geschossen hatte, sei vom Militärgericht zu mehrmonatlicher Festungshaft verurteilt worden und habe diese Strafe auf der Festung Magdeburg angetreten gehabt, sei jedoch nach vierzehntägiger Festungshaft vom Kaiser begnadigt worden.
Ilä. Berlin, 20. Dez. (Telegr.) Nächsten Donnerstag beginnen von neuem die Plenarsitzungen- der deutschen und russischen Unterhändler über den Handelsvertrag. Vor Weihnachten tritt eine Unterbrechung bis Neujahr ein.
— Von den 17 württ. Reichstagsabgeordneten haben für den rumänischen Handelsvertrag gestimmt 12, nämlich Bantleon, Braun, Ehni, Galler, Gröber, Haag, Hartmann, Haußmann, Payer, Schnaidt, Siegle, Speiser; 3 dagegen, nämlich v. Gültlingen, Rembold, Wengert. Es fehlten 2 Kercher (krank), Pflüger (ohne Entschuldigung).
— Die Reichsschuldenverwaltung erläßt folgende Bekanntmachung: „In neuerer Zeit sind falsche Reichskassenscheine zu fünfzig Mark zum Vorschein gekommen und angehalten worden. Wir sichern Demjenigen, welcher einen Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter solcher Falschstücke zuerst ermittelt und der Polizei- oder Gerichtsbehörde dergestalt nachweist, daß der Verbrecher zur Untersuchung und Strafe gezogen werden kann, eine nach den Umständen von uns zu bemeffende Belohnung bis auf Höhe von 3000 Mark zu."
mir unbefangen die Hand. „Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich vor Ihrem Frühstück? Was ich Ihnen zu sagen habe, ist eilig."
Sie ging voran, ohne meine Antwort abzuwarten. Als wir vor die HauS- thür traten, zeigte sie hinüber nach den jetzt im Hellen Sonnenlicht aufragenden Steinen, um die gestern abend der Nebel gewogt, und der Sturm gewettert hatte. „Gehen wir dorthin!"
Ich blieb stehen. Das Herz klopfte mir zum Zerspringen. „Fräulein Hedwig — ich möchte ein ehrlicher Mann bleiben —' Ich kannte die Gefahr und kannte mein heiß begehrlich Herz!
„Kommen Sie nur mit," sagte sie einfach; „ich werde Ihnen den Ruhm nicht rauben." Sie blickte um sich; wir waren allein. Sie holte tief Atem, als wollte sie reden; aber sie sagte nur: „Nein, jetzt nicht; droben!" Und sie zeigte wieder nach vorn.
Nun waren wir da. Sie setzte sich auf den sonnenwarmen Stein und schaute hinab, wo weithin sich Waldkuppe an Waldkuppe reihte, auftauchend aus bläulichem Dust; dazwischen tiefe, dunkle Thäler, Helle, schmale, gewundene Wege. Sie deutete auf einen Stein ihr gegenüber. Ich sah ihr wie festgebannt in das schöne, ruhige Gesicht; mein Herz war stürmisch bewegt. Ich hatte es mir zugeschworen heute nacht, die Hand nicht auszustrecken nach fremdem Gut, und sollte meine Seele darum verbluten; und nun diese Versuchung, die- arglose bethörende Vertrauen.
„Wozu das alle«, fragen Sie," Hub Hedwig an und neigte sich gegen mich „ich will'S Ihnen sagen: weil ich Ihnen hier oben noch einmal die Hände geben muß als ein Mädchen, das Sie bittet, nicht mit ihr inS Gericht zu gehen ob dem, was sie Ihnen sagen wird. Ich bin nicht mehr Braut."
ES verwunderte mich nicht. Ich hatte eS eigentlich schon gewußt. Ich konnte ihr nur leise zunicken.
(Fortsetzung folgt.)
sowie gegen dessen Ehefrau Rosine Henßler geb. Hammer wegen Beihilfe zu diesem Verbrechen. Die Henßler'schen Eheleute haben, im Jahr 1888 geheiratet, das Geschäft ging aber von Anfang an schlecht und war Henßler bald überschuldet. Im Oktober 1893 wurde das Konkursverfahren gegen ihn eröffnet, und das Inventar förderte eine Ueberschuldung von 6000 ^ zu Tage. Spätere Haussuchungen ergaben, daß etwa 30 Vermögensstücke bei der Jnventurauf- nahme gefehlt hatten und wird den Angeklagten zur Last gelegt, daß sie diese Gegenstände absichtlich beseitigt hätten, um ihre Gläubiger zu schädigen. Staatsanwalt Dr. Schanz begründete die Anklage, wogegen die Verteidiger, die Rechtsanwälte Dr. Hayum und Dr. Lammfromm, für Freisprechung plaidierten, da der Beweis nicht erbracht sei, daß die Angeklagten bei der Nichtangabe der Stücke die Absicht gehabt haben, ihre Gläubiger in Schaden zu bringen. Diesen Erwägungen scheinen die Geschworenen beigetreten zu sein, indem beide Angeklagten freigesprochen wurden.
Großbottwar, 17. Dez. Der Gesundheitszustand steht hier bei alt und jung sehr schlimm, und man sieht keineswegs einer Besserung entgegen. Influenza, Keuchhusten und Diphteritis sind allerorts, so daß in dieser Woche nicht weniger als acht Beerdigungen von Kindern und Erwachsenen stattfanden, unter welch letzteren auch der in weiteren Kreisen bekannt gewesene Robert Gr einer, früherer Konditor von hier, in einem Alter von 76 Jahren ist.
T Pforzheim, 18. Dez. Am Samstag wurde hier ein Ausläufer verhaftet, der dem Fabrikanten bei dem er bedienstet war, mehrfach Goldabfälle rc. entwendet hatte. — In vergangener Nacht fanden Paffanten am Schloßberg einen sinnlos Betrunkenen. Da derselbe nicht im Stande war, Namen noch Wohnung anzugeben, ward er in Polizeigewahrsam gebracht.
Weißenburg, 18. Dez. Das „Weißenburger Wochenblatt" schreibt: Die Ziehung der Armenlotterie ging gestern Nachmittag unter großem Zulauf besonders von Kindern von statten. Am Schluß derselben erlaubte sich jemand einen niederträchtigen Scherz, indem er mit dem im Treppenhaus befindlichen sehr leicht drehbaren Gashahn das Gas abdrehte, sodaß es in dem dichtbesetzten Saal plötzlich Nacht war. Ein mächtiger Aufschrei und allgemeines Entsetzen war die naturgemäße Folge davon, und um ein Haar wäre eine allgemeine Panik entstanden. Dieselbe wurde durch die beruhigenden Zurufe des anwesenden Bürgermeisters und der Polizeiorgane glücklich verhindert. Rasch war das Licht wieder angezündet und nachdem sich die Aufregung etwas gelegt hatte, leerte sich der Saal schnell. Aber gerade durch diesen Schelmenstreich wurde großemllnglück vorgebeugt. Gleich nachdem der Saal von allen Personen verlassen war, löste sich von der Saaldecke ein schweres Stück Gips ab und zerschlug unter donnerähnlichem Krachen fünf bis sechs Stühle an