148. Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. Jahrgang.
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Eclch-int Die »«lag, D-nn-rrtag und E » mit -> g. Die EinriiikunzSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. di- Zeile, sonst IS Pfg.
Samstag, den 16. Dezember 1893
Absnnemenlipreit Vierteljährlich in der Stadt SO Pf>. 8»^ 20 Pfg. TrLgerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, f«nst 1» ganz Württemberg Mr. 1. 35.
Amtliche AekanntmachAugerr.
Die K. Pfarrämter
werden ersucht, die Geburtslisten über die im Jahre 1874 geborenen Kinder männlichen Geschlechts spätestens bis IS. Januar 1884 den Ortsvorstehern ihrer Gemeinden zum Zweck der Anlegung der Stammrollen zu übergeben. In die Geburtsliste sind auch die im I. 1874 auswärts geborenen, im Familien- Register enthaltenen Söhne solcher Familien, welche das Württ. Staatsbürgerrecht besitzen und sich auswärts aufhalten oder aufgehalten haben, unter der Rubrik „Bemerkungen" aufzunehmen, damit bei Aufstellung der Stammrollen solche Militärpflichtige nicht übersehen werden.
Den Gemelnderäten wird aufgegeben, bei Prüfung der Geburtslisten die Familien-Register der Standesämter in obiger Richtung durchzusehen.
Die Formularien zu Gsburtslisten werden demnächst versendet werden.
Calw, den 14. Dezember 1893.
K. Oberamt.
. Lang.
Die Standesämter
werden angewiesen, den vorgeschriebenen Auszug aus dem Sterbe-Register des Jahres 1893, enthaltend die Einträge von Todesfällen männlicher Personen, welche das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, längstens bis
13. Januar 1884
hierher einzusenden.
Die nötigen Formularien werden den Standesämtern mit der Post zugehen.
Calw, den 14. Dezember 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Deutsches Reich.
HL. Berlin, 13. Dez. Deutscher Reichstag. Fortsetzung der 2ten Lesung des rumänischen Handelsvertrags. Lieber (Centr.) befürwortet unter großer Unaufmerksamkeit und Unruhe der Abgeordneten die Regierungsvorlage. Es sei ein Irrtum zu glauben die' Ablehnung der Handelsverträge könne der notleidenden Landwirtschaft aufhelfen. Der Schutzzoll bilde durchaus nicht den Ausweg in der Agrarfrage. Wenn die Konservativen sich als alleinige Vertreter der Landwirtschaft hinstellen, so erlangen dadurch die Liberalen das Recht sich für Vertreter der Arbeiterinteressen zu erklären. Daß Süddeutschland durch den vorliegenden Antrag besonders geschädigt werden soll, könne er nicht verstehen. Keine Vorlage sei besser begründet als die vorliegende. Minister v. Berlepsch legt die Bedeutung des Handelsvertrags für die deutsche Industrie dar. Die Regierung würde die Vorlage nie eingebracht haben, wenn von der Aufrechterhaltung der Differentialzölle das Gedeihen der Landwirtschaft abhänge. Wer 1877 für den Schutzzoll gestimmt habe, müsse auch jetzt für diese Verträge stimmen. Die Ablehnung der Verträge würde ein empfindlicher Schlag gegen unsere Industrie sein. v. Plötz (d.-kons.) polemisiert in heftiger Weise gegen die Feinde des Bundes der Landwirte. Letzterer sei in seiner ablehnenden Haltung gegen die Handelsverträge durch die Angriffe von Seiten der Regierung und Freihändler nur bestärkt worden, v. Bennigsen (n.-l.) empfiehlt in warmen Worten die Annahme der Vortrüge. Nur durch die Solidarität von Landwirtschaft und Industrie könne der Staat eine gesunde Politik treiben. Di« jüngsten Ereignisse in Paris legten es den Besitzen
den nahe, zusammen zu stehen, und sich gegenseitig zu schonen nicht zu vernichten. Schönlank (Soz.) spricht für die Handelsverträge. Gräfe (Antis.) dagegen. Radziwill (Pole) im Namen seiner Parteigenossen für, ebenso Kröbrr (d. Volksp.) Reichskanzler Caprivi führt aus, daß er als Vertreter des Reichs nur wenig Gelegenheit habe, der Landwirtschaft zu nützen. Die Ablehnung der Verträge bedeuteten eine schwere Schädigung des Ansehens des Reiches nach Außen. Die verbündeten Regierungen hätten das Beste gewollt und lehnten jede Verantwortung für das Scheitern der Verträge ab. Die Abstimmung ergiebt die Annahme deS rumänischen Handelsvertrages mit 18S gegen 165 Stimmen. Morgen die andern Handelsverträge.
HL. Berlin, 15. Dez. Die Kreuzztg. leit» artikelt über die gegenwärtigen Steuervorlagen. Das Blatt schildert die Folgen der Taback- und Weinsteuer und schlägt die Einführung des Wollzolls vor, da die Belastung durch denselben gering sei. DaS Interest« der notleidenden Landwirtschaft müsse demjenigen der Industrie voranstehen. Der Wollzoll würde einen günstigen Wandel schaffen und jetzt sei die beste Gelegenheit zu dessen Einführung. Der Reichstag werde durch die Börsensteuer, den Wollzoll mit Zuhilfenahme einer Biersteuer der Regierung die notwendigen Mittel darbieten können.
— Der Bund der Landw irte wird gegen die Tabak-Steuer stimmen, wenn der Schutzzoll nicht 85 ^ beträgt, ferner auch der größte Teil des Centrums laut Erklärung des Abgeordneten Fuchs im Kölner Kath. Volks-Verein. — In parlamentarischen Kreisen ist man daher überzeugt, daß
JeuilAeton.
———— Nachdruck »erbsten.
Auf dem Hexenaltar.
Eine Harzgeschichte.
Von G. Walter.
(Fortsetzung.)
Nun stand ich endlich oben auf dem Brocken. Kalt schnob der Wind in der Höhe über die Platte des Berges. Ich wickelte mich in mein Plaid und ging auf das Brockenhaus zu, das im goldigen Schein der prächtig untergehenden Sonne vor mir lag, und dessen Fenster wie riesige Brillanten funkelten und gleißten. Es waren schon Leute genug da oben, die in stummer oder lauter, in echter oder gemachter Bewunderung dem glanzvollen Schauspiel zuschauten. Aus den Thälern stiegen die Nebel auf und legten sich wie graue Schleier über das Land tief zu meinen Füßen, und aus dem Schleier blickte glühend die dunkelrote, blendende Sonnenscheibe. Ich sehe das Bild noch heute so vor mir, daß ich noch die Augen schließen könnte vor dem Glanz, der über die Berge unten heraufleuchtete.
„Ist nicht anders, wie anderswo auch!" hörte ich hinter mir eine nörgelnde Stimme. „Ich begreife nicht, wie man davon so viel Wesens machen kann. Jedenfalls werde ich mich beim Wirt beschweren, daß er uns Zimmer nach Westen gegeben hat. Vermutlich haben wir morgen einen guten Sonnenaufgang, und ich kann es verlangen, daß ich nicht in die schaurige Kälte hinaus muß, um ihn zu sehen; ich -bezahle so gut wie die anderen!"
„Aber Du machst Dir ja doch nichts daraus; dann laß die Sonne doch auf- -grhen, wo und wann sie will," antwortete eine Frauenstimme von schönem Klang; ^beschwer' Dich doch nur nicht wieder, Hugo!"
„Jawohl ich will das!" klang es gereizt zurück; „ich lasse mir nun einmal
nichts gefallen und nichts bieten, wo ich in meinem Recht bin. Auch heute vormittag auf der Zahnradbahn war ich eS. Wenn ich im Aussichtswagen fahre und sie spannen mir einen Güterwagen davor, dann protestiere ich einfach dagegen al» Mitglied des Harzklubs, und wenn sie uns wie in Rothehütte in einen überfüllten Omnibus einsteigen lasten, ohne daß ich gehört habe, wie sie abriefen, dann darf ich dagegen Einspruch erheben; ich habe gerade so viel Recht wie die drei Herren, die da bequem und behaglich im Vorderwagen saßen, und ich sage Dir, Hedwig, ich protestiere gegen diese Lage unserer Zimmer; die Wetterseite ist äußerst ungesund."
„Dann thu' eS in Deinem Namen, und nicht auch in Mamas und meinem," antwortete Hedwig sanft und mit einem unterdrückten Seufzer.
Ich war bei Nennung ihres Namens herumgefahren, ja, da stand sie, die Hand lose in den Arm eines Mannes gelegt, dessen Gesichtsausdruck zu der eben gehaltenen Rede stimmte. Er gehörte offenbar zu den Leuten, die den lieben Herrgott nicht leiden mögen, weil er die Welt lange vorher geschaffen, che sie ihm Rat dabei erteilen konnten, und die arg böse geworden wären, hätte er ihn nicht schleunigst in allem befolgt.
Hedwig sah mich bei meiner schnellen Bewegung einen Augenblick an, uni» Helle Röte übergoß ihr reizendes Gesicht. Aber sie erkannte mich nicht.
„Es wird kalt," sagte sie zu ihrem Begleiter, fester sich in ihr Tuch hüllend» „laß uns gehen!"
„Ein merkwürdiges Vergnügen hier oben," redete er im Daoongehen, „Schnupfen und Zahnweh hat man davon und weiter nichts. Zum dritten- und letztenmal bin ich hier oben." Sie gingen auf das HauS zu. Ich langsam hinterher. Ich war in einer wunderbaren, halb traumhaften Stimmung. Im Flur des Hotel» traf ich sie wieder. Hedwig ging langsam, wie müde, die Treppe hinauf. Sie sah traurig aus, als ob das Leben kein rechtes Jntereffe für sie hätte. Er stand vor dem Brockenwirt und redete auf ihn ein unter allerlei schlenkrigen Armbewegunge«. Ich hörte nur mehrfach die Worte „Sonne" und „ungesund" heraus. Der Wirt