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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
68. Jahrgang.
Erscheint DienSt-g, Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebiihr delriigt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Donnerstag, den 14. Dezember 1893.
AbonnementSpret» vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. u»d
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LO Pfg. Lrägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. IS, ganz Württemberg Mk. 1. SS.
sonst »«
Tages-Ueuigkeiten.
Weilderstadt, 11. Dezbr. Gestern fand hier das auch in diesem Blatte angekündigte Konzert der beiden hiesigen Kirchenchöre statt. Die großen Saalräume der „Post" waren voll besetzt und zwar nicht nur von einheimischen Musikfreunden, sondern auch von einer sehr großen Anzahl musikbeflissener Gäste aus den Nachbarorten (Renn- ingen, Magstadt, Merklingen, Dätzingen, Münklingen rc.) und insbesondere aus der Oberamtsstadt Leonberg. Das gewählte Programm, das 12 Nummern umfaßte, wurde durch die vierhändige Ouvertüre „Dichter und Bauer" von Suppö eröffnet, worauf das Melodrama „Kolumbus" von Becker folgte, das die musikliebende Welt der Stadt und des Bezirks besonders interessierte. Die gehegten Erwartungen wurden nicht enttäuscht, indem der über 40 Sänger zählende Chor sich der keineswegs leichten Aufgabe in ganz hübscher Weise entledigte. Das Werk führte in Deklamation und in 6 gemeinschaftlichen Chören mit Klavierbegleitung („Abschied der Schiffer", „Matrosenlied", „Meeresstille", „Empörung", „Gruß an die Vögel" und „Finale: Land!") die Entdeckung Amerikas durch Chr. Kolumbus vor. Sämtliche Vorträge waren von großer Wirkung, die beiden Chöre „Meeresstille" und das „Finale" von ergreifender Schönheit. Das herrliche Musikstück wurde mit rauschendem Beifall ausgenommen. „Die Begleitung, gespielt von Schullehrer Kohlmann von Döffingen, zeugte von tiefem Verständnis und großer Fertigkeit. Das ganze Werk wurde mit viel Fleiß und liebevoller Hingabe einstudiert und geleitet von den Dirigenten der beiden Kirchenchöre HH. Schullehrer Götz und Widmann Hier. Sämtlichen Sängern, sowie den leitenden Per
sönlichkeiten gebührt daher wärmster Dank." Der II. Teil des Programms, noch 10 Piecen umfassend, wurde eingeleitet durch einen Militärmarsch, 4händig, von Fr. Schubert. Dann folgten noch zwei sehr hübsche Gesamtchöre „Im Walde" von I. Schütky und das „Waldkonzert" von Mayer, 1 dreistimmiger Frauenchor (Glaube, Liebe, Hoffnung) von Zwyssig, sowie zwei Tenor-Soli („Sonnige Welt" und „Jung Werners Abschiedslied," vorgetragen von den HH. W. und Biesinger). Auch einige sehr heitere, humoristische Stücke fanden am Schluß des Programms noch gebührende Berücksichtigung und wurden ebenfalls sehr beifällig ausgenommen („Die fidele Gerichtssitzung", ein komisches Männer-Terzett von Heinze, sowie 2 sehr launige Bariton-Soli, vorgetragen von H. Steuerwächter Köberle hier). Das Ganze fand einen würdigen Abschluß durch das feierliche, stimmungsvolle „Gute Nacht" von Frz. Abt, welches vom kath. Kirchenchor gesungen wurde. Von den verschiedensten Seiten wurde besonders rühmend hervorgehoben, daß der kath. und evang. Kirchenchor sich vereinigte, um einer schönen Sache zu dienen.
Stuttgart, 11. Dez. (Stuttgarter Lagerhaus-Gesellschaft.) Der heutige Hopfenmarkt war wiederum nur wenig besucht, wenn auch etwas besser als der vorhergehende. Bei der geringen Kauflust, wie sie derzeit auf allen Märkten beobachtet wird, müssen die Preise etwas nachgeben, nur für schwere, grünfarbige Ware bleiben die Forderungen fest. Es wurden bezahlt: 190—195 für geringe, ^ 210
bis 215 für Mittel-Ware. Prima wurde nicht abgegeben. Nächster Markt, Montag, 18. Dezember.
Möhringen a. D., 11. Dez. Vor 3 Monaten starb hier ein Senior aus der Zunftzeit: Ant. Wetzel, Schneidermeister, Witwer und kinderlos im Alter von
82 Jahren. Derselbe erwarb sich durch glückliche Verhältnisse und äußerste Sparsamkeit ein Baarver» mögen von 150000 nebenbei vermachte er dem hiesigen Spital und der Volksschule früher schon einige Tausend Mark. Durch letztwillige Verfügung erhielten ferner, der hiesige Spital wieder 5000 die Schule 5000 die Schule Jmmendingen (als sein Geburtsort) 7000 die Feuerwehr Möhringen und seine Pathenkinder 1000 das Uebrige erhielten die Verwandten von beiden Seiten, ebenso die noch vorhandenen Liegenschaften in bestimmten Legaten. Wohl mancher seiner Collegen wird im Stillen denken: O, wär meine Nadel, auch so rentabel!
Plochingen, 9. Dez. Einreicher Kindersegen wurde einer hiesigen Familie zu teil. Nachdem dieselbe vor drei Jahren mit zwei Knaben und einem Mädchen beschenkt wurde, kamen heute drei weitere Knaben an. Der Kinderkreis besteht nun aus 11 Knaben und 1 Mädchen.
Ehingeen a. D-, 11. Dez. Am letzte» Freitag brannte Abends 7 Uhr in dem 1 Stunde entfernten Griesingen das Oekonomiegebäude der Bauern G. Roser vollständig ab; das Vieh konnte zwar abgelassen werden, war aber nicht aus dem gewölbten Stalle hinauszubringen, weil das Feuer auf der Thürseite am meisten wütete. Endlich schlug man eine Oeffnung in die Hintere Wand und brachte von 17 Stücken noch 5 lebend heraus, wovon 4 sofort verendeten. Etwa 600 Ztr. Futter gingen zu Grunde.
— In Siblingen (Schaffhausen) kam ein Landwirt mit seinem nach dort üblicher Weise um den Hals geschlungenen Halstuche dem Treibwerk einer Futterschneidmaschine zu nahe, wobei er von dieser erfaßt und erdrosselt wurde.
Jeuikreton.
- Nachdruck »erhrten.
Auf dem Hexenaltar.
Eine Harzgeschichte.
Von G. Walter.
(Fortsetzung.)
Der Hausherr hielt inne und füllte schweigend dir Gläser.
„Magst Du weiter hören?" fragte er.
Der Fremde hob sein Glas, daß die Mondstrahlen den Wein durchleuchteten. „Denkst Du daran," sprach er, „was wir einst gesungen in der roten CereviS-
kappe:
Ich fahr' dahin, wenn eS muß sein,
Ich scheid' mich von der Liebsten mein.
Zuletzt laß ich ihr 's Herze mein,
Dieweil ich leb', so soll es sein!
Prost! Nun erzähl' weiter!"
Der Hausherr neigte sich ernst lächelnd zu ihm.
„Ja, ich hätte mir nie gedacht, daß Goethe so sehr recht hat mit seinem:
Ich besaß eS doch einmal, was so köstlich ist,
Daß man es zu seiner Qual nimmermehr vergißt!
Ich Hab'« aber erfahren." Er blickt» auf und sein Auge sucht« sei» HauS, t>ai weiß aus dem Dunkel ausragte.
„Das war also die Vorgeschichte," fuhr er nach kurzer Weile fsri. „Und sie fiel mir ein, als mein Blick auf der Karte mitten im Harz auf jenes Städtchen traf, wie einem ein unvergessen Lied einfällt, von dem man aus weiter Fern« einen verlorenen Ton herüberwrhen hört; wie man beim Duft einer Blume sich b«. Stunde
erinnert, in der man ihn zuerst gespürt. Es kam über mich, den Einsamen, Freie» — meine Mutter war auch heimgegangen — etwa» wie Wehmut und Sehnsucht nach jenen jugendhellen Tagen, — und über die ganze Karte, und, als ich auf- schaute, über die ganze Wand meines Zimmers, stand mit großen Buchstaben der Name „Hedwig". Es war wunderbar: im vollen, Hellen Glanz, wie in jenen Tagen der ersten jungen Leidenschaft stand mit einemmal ihr Bild wieder im ga» zen Liebreiz vor mir, und ich begriff mich Thoren nicht, daß ich damals trotz allen«, waS dagegen war, dies holdselige Kind hatte mir nehmen lassen und aus den Auge» verlieren können. Ich sagte vorhin, es wäre etwas wie Neugierde gewesen — nein, es war viel mehr: es war Heimweh und Reu«, die mir, dem Einsamen, de» das Leben oft betrogen, den Wanderstab in die Hand gaben. Und in solcher Ge- müthsverfassung reiste ich. Verstehst Du sie? —
Du kennst mich von damals her, als wir zusammen im Colleg und auf der Kneipe saßen, daß ich, waS mir einmal beschlossene Sache war, im Sturm durch- führte. So stand ich denn auch zwei Tage später vor der Hausthüre in Eckenrod«^ durch die ich liebeskrank und liebebethört einst aus- und eingegangen war, jetzt ohne Heimatrecht, und zog die Klingel. Mein Herz klopfte laut und schnell, als die schrillen Töne durch den Hausflur klangen, und ungestümer noch, als Schritte der Thür näher kamen. Der Schlüssel ward umgedreht, die Thür that sich auf — vor mir stand der Vater. Er war etwa» grau geworden und hatte an Umfang zugenommen. Er sah mich verwundert und ungewiß an. Aber wie ich meine» Namen nannte, da wäre er mir beinah' um den Hals gefallen.
„Das ist schön von Ihnen, da« ist schön," rief er einmal über das anders ^>aß Eie uns nicht vergessen haben. Ich hatte Sie damals lieb gewonnen — seh^ und wußte es, daß Sie gut seien; sehen Sie, nun habe ich mich nicht getäuscht!"
So hatte er mich in dir Stube gezogen und in« Soph« niedergedrückt. ,Si« treffen mich allein zu Haus," fuhr er fort; „meine Frau ist mit meiner Tochter mch meinem Schwiegersohn auf den Brocken —"