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^S 146. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. JatMUS.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die NnrüÄungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Heile, sonst 18 Pfg.

Dienstag, den 12. Dezember 1893.

AbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt SV Pfg. ««d >. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst t»

W Pfg. _ .

ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche Wekarmimachrmge».

Bekanntmachung,

betr. die Krankenversicherung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebs-Beamten.

Durch Beschluß der Amtsversammlung vom 2. Aug. d. Js., genehmigt durch Erlaß der K. Kreis- Regierung vom 7. Dez. 1893 Nro. 10020, ist die reichsgesetzliche Krankenversicherungspflicht auch auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebsbeamten erstreckt und sind dieselben der Bezirkskrankenkasse -Calw überwiesen worden. Dies wird hiemit zur Kenntnis der Beteiligten gebracht.

Calw, den 11. Dezember 1893.

K. Oberamt. Lang.

Eages-Ueuigkeiten.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.s S e. Mas. der König haben den Secondelieutenant Wagner, von den Pionieren 1. Aufgebots des Land- Wehrbezirks Calw, zum Premierlieutenant ernannt.

* Calw, 11. Dez. Gestern nachmittag fand im Badischen Hofe der angekündigte Vortrag von Stadtrat Roller aus Pforzheim über Gesund­heit, Krankheit und naturgemäße Heil- rveise vor sehr schwach besuchter Versammlung statt. Der Redner, schon seit 25 Jahren Vegetarianer und durch schwere Leiden zur Naturheilkunde geführt, hält unter allen Reformen diejenige auf dem Gebiet der Gesundheitspflege für die wichtigste. Er beantwortete zuerst die Fragen: Was ist Gesundheit? Was ist -Krankheit? Wie ist letztere zu erkennen und wie ist

sie entstanden? Unter Gesundheit versteht der Vor­tragende den normalen, ungestörten Ablauf unserer Lebensfunktionen, das einheitliche Zusammenwirken unserer Organe der Aneignung und Ausscheidung, der Arbeits-, Gefühls- und Denkkräfte. Die Ge­sundheit sei das Freisein von Fremdstoffen; sie sei zu erkennen an der regelmäßigen und eigenartigen Schönheit der Körperform; der Mensch habe die schönste Form, weil er das intelligenteste unter den Geschöpfen sei. Krankheit sei verändertes und ge­störtes Leben; dabei sei zu unterscheiden zwischen akuter und chronischer Krankheit; Krankheit sei das Vorhandensein von Fremdstoffen im Körper. Es gebe überhaupt nicht viele, sondern nur eine Krankheit. Die Erhaltung der Gesundheit werde erzielt durch naturgemäße Nahrung, Luft, Licht, Wasser, Kälte, Wärme, Anstrengung und Ruhe. Ursachen der Krank­heit seien Verletzungen dieser Heilfaktoren, nur die sogenannten Müdstoffe tragen zur Krankheit bei. Um ein« Krankheit zu heilen, sei die Erkenntnis dieser Stoffe nötig und diese seien leicht nach der Gesichts­ausdruckkunde von L. Kühne durch den angebornen Instinkt wahrzunehmen. Die Heilung erfolge durch Rückkehr zum naturgemäßen Leben, an das sich ja das durch keine Reizmittel verdorbene Kind halte. Nur durch eigene Besserung und vernünftiges Leben, nicht aber durch giftige und schädliche Mittel und Arzneien, welche den Gesunden krank machen, könne der Kranke geheilt werden; gegen Gesundheitsfehler gebe es keinen Ablaß. Von Heilung Kranker durch die Naturheilweise führte der Redner außer seinen eigenen noch verschiedene andere Beispiele an. Am Schluß des sehr interessanten und mit großer Auf­merksamkeit angehörten Vortrags forderte der Redner

zur Gründung eines Vereins für Gesundheitspflege auf. Der Redner gedenkt später einen weiteren Vor­trag hier zu halten, um Anhänger für seine Sache zu gewinnen.

Stuttgart, 8. Dez. Menagerie. Noch im Laufe der nächsten Tage wird die bekannte Ehl- beck'sche Menagerie hier eintreffen, um die Winter­monate in der Reithalle zu überwintern. Bekanntlich muß der große Elephant der Ehlbeck'schen Menagerie den Weg hierher zu Fuß antreten, da kein Eisenbahn­waggon vorhanden ist, dieses Riesentier zu expedieren.

Stuttgart, 9. Dez. Gestern abend kurz vor V-9 Uhr entstand in einem Haus der Lange­straße im 2. Stock ein Zimmerbrand, wobei ca. 30 Stück Cigarrenkistchen, 2 Polstersessel, wie auch der Zimmerboden angebrannt wurden. Die Feuer­wache löschte den Brand in kurzer Zeit. Vor einigen Tagen wurden vier junge Diebe im Alter von 14 und 15 Jahren hier festgenommen, welche in letzter Zeit an verschiedenen Orten 9 meistens schwere Diebstähle verübt haben. Die gestohlenen Gegen­stände sind größtenteils beigebracht.

VLä. Stuttgart, 10. Dez. Gestern nachm. 2'/r Uhr fand die Beerdigung des p Staatsministers von Schmid statt. S. M. der König wohnte dem Trauergottesdienst im Hause bei. Ein zahlreiches Trauergefolge, darunter die Vertreter des K. Hauses, die Staatsminister, höhere Offiziere und sonstige Wür­denträger gaben dem Entschlafenen das Geleite zur letzten Ruhe.

Die von S. M. dem König im Herdtl« abgehaltene Fasanenjagd war vom Glück sehr begünstigt, indem 105 Stück, darunter wahre Pracht­exemplare von Hahnen, erlegt wurden.

Jeuitcetorr.

- Nachdruck verboten.

Auf dem Hexenaltar.

Eine Harzgeschichte.

Von G. Walter.

(Fortsetzung.)

Der Wagen blieb da unten stehen und wir stiegen zu Fuß bergauf. Aber führen wollte sie sich nicht lassen, hüpfte vielmehr wie rm Reh voran, daß ich meine liebe Not hatte, mit meinen deS Bergsteigens ungewohnten Beinen ihr nachzukommen. Ganz da oben sollte eine »Käthe" stehen, eine Art Hütte, von der ich mir keinen rechten Begriff machen konnte. Dort mußte ich Abschied nehmen, um allein fürbaß zu wandern. Hinter und unter uns hörten wir die Stimmen der anderen, die be­dächtiger uns nachstiegen. In dem dichten Unterholz durch das der schmale Weg sich in die Höhe wand, hatte ich das Mädchen aus dem Gesicht verloren. Keuchend stieg ich weiter da bei einer Biegung dos PfadeS fand mein Blick sie wieder. Mein Cerevis leuchtete plötzlich aus hohm Farnwrdeln vor mir auf, und von dem schlanken, ausgeschwungenen, zierlichen Blattwerk umrahmt und eingefaßt, daß sie schier wie die Büste der »Klythia" auf meinem Schreibtisch mich ansah, saß sie da auf einem Stein und nickte mir zu. Den Hut hielt sie in den herabhängenden Händen. Und eh' usir'S beide wußten, kniete ich vor dem Stom und hielt ihre Hände, ein wonnebethörter junger Mensch. Sie ließ sie mir und sah hachatmend wor sich nieder ich wollte ihre Finger an meine Lippen ziehen, sch« «d doch in süßem Verlangen da schallten wieder Stimmen, und der Vater rief ihre« Namen von unten her. Zusammenfahrend sprang sie auf, riß ihr» Hände los und sprang, ohne mich anzusehen, leichtfüßig zu Thal. Und ich? ich lag »och da im Moos und hatte mein glühend Gesicht auf den kalt« Stein gelegt. S» blieb ich liegen, «sie im Traum, und ließ die anderen, wohlverborgen von all dem Far»k»aut, vorbei­

ziehen. Da fühlte ich, wie etwas mich leise im Fallen berührte, ich sah auf; vor mir auf dem Moos lag mein goldgesticktes Cerevies. Was sollte das? War's eia Gruß? War's ein Abschied? Wie ein Bär brach ich durchs Dickicht, ihnen nach seit­wärts vom Wege, und aus dem Gebüsch heraustretend, hielt ich mich zu dem Elternpaar. Mir war, als gehörte ich schon zu ihnen. Auf das Töchterlein, die da hinten mit ihren Freundinnen lachte, wagte ich keinen Blick zu werfen. Wir standen oben. Eine spitze, zeltartige Hütte aus Tannenstämmen, mit Baumrinde gedeckt, über der schrägen Thür in der geeigneten Wand ein Schutzdach, so lag da die »Käthe" in kleiner Richtung vor uns, ein Asyl für Holzhauer im Walde, die auf der rohen Bank mit dem rohen Tisch davor Rast machen und am Abend müde in die Flammen deS Feuers schau« mochten, das hier gebrannt hatte, wo Asche und Kohlenreste im Kreise lagen.

Nun mußte ich Abschied nehmen. DaS Herz ward mir zentnerschwer. ES sagte keiner: »Kommen Sie mit uns zurück!" auch ihre Eltern nicht. Sie mochte« deS gefährlichen Spieles doch wohl genug achten. Aber freundlich schüttelten fi« mir die Hand und luden mich »übers Jahr oder ein andermal" wieder ein in dm Harz. Ich ging umher und ließ mir Glück auf den Weg wünschen. Zuletzt kam ich zu ihr. Sie legte die Fingerspitzen in meine Hand und sagte, schnell den Blick von mir wendend und gleichgültig genug an mir vorbeischauend: »Adieu, Herr Kaufhold, und grüßen Sie mir den Brocken und vor allem den Hexenaltar, den hak' ich gern. Aber fallen Sie nicht herunter! Beinah' wär'S mir mal so gegangen. Adieu, und glückliche Reise!" Ei» kleiner Blick streifte mich noch und sie wandt« sich. Mir that da» Herz zum Zerspringen weh. »Adieu, «die»!' schallte es zurück von d« Absteigend«. Nun sah ich nur noch ihr Helle« Kleid, wie sie den Zu> beschloß und stand allein, auf meinen Stad gelehnt, mit einem Gefühl grenzen­loser Einsamkeit und tiefer, heißer Sehnsucht. Da rauschte es im Unterholz, licht tauchte «S aus ihm auf: sie trat hervor, blühend und glühend wie eine Ros« träumte ich denn? Am Waldrand blieb sie stehen: »Ich Hab« Ihr Band mitge­nommen, hier ist es!" sagte sie hastig.