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von Bebel an die Oeffentlichkeit gebrachten Brief, den er als Student vor 43 Jahren an Marx schrieb. Nach dem Jahr 1848 sei er unter dem Einfluß der Marxischen Litteratur gestanden. Später habe er auf dem Gebiete der Nationalökonomie eigene Studien und Erfahrungen gemacht und die Falschheit der soz. Ideen eingesehen. Wozu Bebel den Brief veröffent­licht habe, sei ihm unklar, er habe doch nicht bloß eine Denunziation anbringen wollen? Staatssekretär Hollmann verteidigt die Marine gegen die Aus­führungen Bebels. Die Flotte sei kriegstüchtig; wenn einzelne Schiffe zu alt seien, so sei es am Reichstag, Geld für neue zu bewilligen. Die Debatte wird dar­auf auf Dienstag vertagt.

V.. Berlin, 27.Nov. Von authentischer Seite erhalten wir folgende Mitteilung: Unter den für den Reichskanzler Graf Caprivi bestimmten Eingängen befand sich am Sonntag den 26. Nov. ein Brief aus Orleans nebst einem kleinen Kästchen eben- dorther. Der Adjutant Major Ebmeyer eröffnete den Brief, in welchem der Inhalt jenes Kästchens als un öobantillon äs xrawss äs rackls ä'uns esxecs ötonusnts" bezeichnet wurde. Beim Versuch das Kästchen zu öffnen, fiel Schießpulver heraus. Die herbeigeholte Polizei bestätigte den Verdacht, daß man eine Höllenmaschine vor sich habe. Eine Katastrophe wurde nur durch den Umstand verhütet, daß Pulver herausfiel.

Berlin, 28. Nov. Nach derNordd. Allg. Ztg." hat auch der Kaiser eine ganz gleiche Sen­dung erhalten. Auch hier habe ein glücklicher Zufall rechtzeitigen Argwohn erregt. Die französ. Bot­schaft soll von dem Attentat in Kenntnis gesetzt worden sein. Die Höllenmaschinen haben dieselbe Zusammensetzung wie die im Sommer in Spandau explodierte. Das an den Reichskanzler mit der Sen­dung angekommene Schreiben lautet in deutscher Ueber- setzung:Ich habe die Ehre, Ihnen, Herr General, eine Probe von Radieschensamen von über­raschender Art zu übersenden, welcher im Monat Dezember gesät, im Monat Februar geerntet wird. Dieser Gattung schadet die Kälte nicht. Empfangen Sir etc. Orleans, Rue du Boutlong Nro. 17 Z-. Dechanteau.

Berlin, 27. Noobr. Unter dem 20. Nov. haben diejenigen Aenderungen derdeutschenWehr- ordnung die kaiserliche Genehmigung erhalten, wel­che anläßlich des neuen Militärgesetzes erforderlich werden.

Tayes-Neuitzkeiterr.

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Personal-Veränderungen. S e. König!. Majestät haben den Premierlieutenant Bareiß von der Infanterie 1. Aufgebots des Landwehrbezirks Calw zum Hauptmann» den Secondlieutenant Müller von der Infanterie 1. Aufgebots des Landwehrbezirks Calw zum Premierlieutnant, den Vizefeldwebel Köhler

vom Landwehrbezirk Calw zum Secondlieutenant der Reserve des Gren.-Reg. Königin Olga Nro. 119, den Vizewachtmeister Lerch vom Landwehrbezirk Calw zum Secondlieutenant der Reserve des Feldart.«Reg. König Karl Nro. 13 ernannt.

Leonberg, 22. Nov. Im Laufe des letzten Sommers wurde hier eine Turnhalle errichtet. Der schöne stattliche Massivbau im Rundbogenstil steht auf einem freien, sonnigen Platz am südöstlichen Ende der Stadt an der Eltinger Straße und macht einen gefälligen Eindruck. Die ziemlich mäßigen Baukosten betragen circa 13 500 wozu die Stadtkasse 2500 ^ Beitrag vom Staat und 1000 ^ vom hies. Männer­turnverein erhielt.

Stuttgart, 27. Novbr. Hopfenmarkt­bericht. Der heutige Markt war von Käufern gut besucht und der Verkehr daher ein etwas lebhafterer. Es wurden 50 Ballen zu untenstehenden Preisen ab­gesetzt, begehrt war in erster Linie grünfarbige Ware; geringe und mißfarbige war kaum verkäuflich:

150205 für geringe, 210-225 für mitt­lere und 230235 für prima Qualität. Nächster Markt, Montag, 4. Dezember.

Von der Jagst, 20. Novbr. Im August starb in dem badischen Dorfe G. eine alte Aus­gedingerin, von der die Erben vermuteten, daß sie viel bar Geld hinterlassen müsse. Es wurde jedoch nur wenig endeckt. Vorige Woche wurden nun die Habseligkeiten derselben versteigert und dabei entdeckte man in einem alten Strumpfe, der sich unter Lumpen vorfand, etwa 100 in Silber und Gold und eine Anzahl von Mäusen ganz zerfressener Papiere, die sich als die Reste von Hundert- und Fünfzigmark­scheinen auswiesen. Wieviel Geld es war, läßt sich nicht feststellen, ein Ersatz wird nicht geleistet, da die Nummern nicht mehr ausfindig zu machen sind.

Berlin, 27. Nov. Unterrichtsminister Bosse ist an Influenza erkrankt, desgleichen Prinz Friedrich Leopold.

Wien, 25. Nov. Die Faktorei der Potten- dorfer Baumwollspinnerei ist mit 1500 Spindeln und bedeutenden Vorräten abgebrannt. Der Schaden wird auf eine halbe Million Gulden angegeben, ein Menschenverlust ist nicht zu beklagen.

Kopenhagen, 27. Nov. Influenza und Scharlachfieber nehmen hier in erschreckender Weise zu. In der letzten Woche kamen 86 Jnfluenza- und 133 Scharlachfieberfälle vor, von denen 5 tötlich verliefen.

London, 27. Nov. DieTimes" bringen ein Telegramm aus Persien, demzufolge bei einem Erdbeben in Kuchan 12000 Menschen umge­kommen sein sollen. 2000 Leichen glaubt man noch unter den Trümmern befindlich. 50000 Stück Vieh sollen getötet sein.

Nermischkes.

VomDeutschen Tabakverein" wirk vom 29. ds. bis 6. Dez. in allen Cigarrenfabriken,, Cigarren- und Colonialwarenhandlungen Deutschlands,, das heißt an ca. 85,000 Stellen, nachstehende Petition, zur Unterzeichnung aufgelegt:Hoher Reichstag! Die Wahlen zum Reichstage und die Verhandlungen-, über die Militärvorlage im Sommer dieses Jahres erfolgten unter dem allseitig kundgegebenen, von der? Reichsregierung anerkannten Grundgesichtspunkte, daß, die Bestreitung der aus dem Gesetze erwachsendem Kosten nicht zu einer Mehrbelastung der breiten Schich­ten der minder bemittelten Bevölkerung führen dürfen daß die Lasten allein von den Wohlhabenden und Reichen zu tragen seien. Die Unterzeichneten Reichs» tagswähler aller Gesellschaftsklassen erachten die be­absichtigte Erhöhung der aus dem Tabak fließenden Einnahmen des Reiches um rund fünfzig Millionen Mark als mit dem ausgesprochenen Grundgedanken unvereinbar. Der Tabak bildet bei der armen und wenig wohlhabenden Bevölkerung das durch Gewohn­heit unentbehrliche und häufig einzige Genußmittel. Die billigen Cigarren, bis zu 5 Pfennig, und die billigen Rauchtabake, von 60 bis 100 Pfennig Laden­preis, machen nun gut drei Viertel des gesamten Cigarren- und Tabakverbrauchs in Deutschland aus, und der Schnupftabak wie der Kautabak werden fast nur von Unbemittelten verbraucht.. Somit würde der kleine Mann" zum größten Teile die beabsichtigte Steuer tragen. Eine weitere, unausbleibliche Folge der Annahme des Gesetzentwurfes wird aber ein be­deutender Rückgang des Tabakoerbrauchs sein. Die breite Masse des deutschen Volkes ist, namentlich m der jetzigen Zeit allseitig erschwerten Erwerbes, nicht in der Lage, für den Tabakgenuß mehr Geld aufzu­wenden, die durch die Steuer naturgemäß wesentlich, erhöhten Preise zu zahlen. Mit Notwendigkeit tritt somit ein Rückgang des Verbrauchs ein, und dieser führt zu einer gleich starken Einschränkung der Fab» rikation. Massenentlassungen aller Art von Arbeits­kräften müssen eintreten; unsägliches Elend wird das, Los vieler Tausende; in einer Zeit, in der man alles vermeiden sollte, was die gesellschaftlichen Gegensätze verschärft, die soziale Not mehrt. Aber auch im Blick, auf Handel und Gewerbe ist die geplante Steuer zu verwerfen. Seit Jahrzehnten leidet die Tabakindustrie in ihrer gedeihlichen Entwickelung unter dem fort­währenden Wechsel neuer Steuerprojekte. Das heute beabsichtigte Gesetz würde sie schwer schädigen, wenn nicht zu Grunde richten. Nur der kapitalkräftige Großbetrieb wird sich erhalten können; zahlreiche kleinere Unternehmer, sowohl in der Fabrikation wie im Handel, werden wirtschaftlich vernichtet. Auch diese Folge der geplanten Steuermaßnahmen ist dop­pelt beklagenswert in einer Zeit, in welcher die Stär­kung des Mittelstandes und die Erhaltung der Mög­lichkeit für den kleinen Mann, sich selbständig zu.

palt und auf ihrem holdseligen Antlitz ruhen ließ, entging der Aufmerksamkeit Martins nicht. Aber weit entfernt, sich dadurch beunruhigt zu fühlen, empfand der junge Mann nur «ine Regung der Freude, daß das von ihm mit der ganzen, hin­gebungsvollen Zärtlichkeit eines unverdorbenen Herzens geliebte Mädchen auch auf dm schönheitskundigen und im Verkehr mit den Frauen sehr verwöhnten Gerdinger einen günstigen Eindruck gemacht habe. Befremdlich schien ihm nur die Zurück­haltung, welche Helene selbst beobachtete, und ihre auffällige Schweigsamkeit, als nach dem Weggänge des Maler» von den Zurückgebliebenen in allen Tonarten der Begeisterung sein Lob verkündet wurde.

Am liebsten hätte Martin sie geradezu gefragt, was ihr an seinem Freunde mißfallen habe, aber sein eigener Verkehr mit der Tochter seines Lehrers war bei weitem nicht vertraut genug, um ihm «ine solche Kühnheit zn gestatten. Hatte sich doch seit dem Tage, an welchem Martin da» Hau» des Lithographen zum ersten Mal betreten hatte, in diesem Verkehr äußerlich noch nicht» verändert. Helene war stet» gleich gütig und zuvorkommend gegm den neum Hau«genoffen, so gütig, wie sie r» eben gegm jedermann war, und zuweilen, wenn Martin mit der ihm eigenen warmen Begeisterung von etwa» Schönem oder Erhabenem sprach, ruhten ihre herrlichen Augen auch wohl wieder mit jmem Ausdruck, der ihn am ersten Abend so unendlich beglückt hatte, auf seinem Antlitz. Aber da» warm doch nur flüchtige, rasch vorübergehende Momente, die dem jungen Mann zu weitgehenden Hoffnungen und zum Anschlägen eine» vertraulicheren Tone» wahrlich nicht berechtigen konnten. Und ihm selber war bisher noch nicht einmal da» Verlangen gekommen, daß in dieser Art ihres gegenseitigen Verkehr« eine Änderung eintreten möchte. Er fühlte sich ganz glücklich in seiner stummen Anbetung de» geliebten Mädchen», und er begehrte nicht», al« in ihrer Nähe zu atmen und von Zeit zu Zeit den süßen Klang ihrer «eichen, melodischm Stimme zu vernehmen.

So war es bis zu Gerdinger» erstem Besuch gewesen; aber nach diesem Tage traten gewisse Veränderungen «in, für die es eigentlich an jeder einleuchtenden Er­klärung fehlte, und dir auf da» Leben in dem klemm Gartenhaus« doch mehr und

mehr von sehr bedeutsamem Einfluß waren. Helme wurde viel schweigsamer und ernster, und während sie sonst wohl hundertmal an jedem Tage gleich einem lustigen,, sangesfrohen Vögelein in da» Arbeitsstübchen geflattert war, wurde sie jetzt in dem­selben nur noch sichtbar, wenn es galt, eine notwendige Bestellung auszurichten, und sie huschte wieder hinaus, ohne ein Wort oder einen Blick mit Martin getauscht zu haben. Je seltener dieser aber des Glückes teilheftig wurde, sie zu sehen, desto unermüdlicher waren seine Gedanken mit ihr beschäftigt, und im Grunde seine» Herzens begannen sich allerlei vermessene Wünsche zu regen, die ihm bis dahin ganz, unbekannt gewesen waren. Mit immer lebhafteren, glühenden Farben malte er sich die Seligkeit aus, das heißgeliebte herrliche Welen ganz zu besitzen, und im Genuß, ihrer Liebe die Welt mit ihrem Jagen nach Ruhm und Ehre und Reichtum zu ver­lachen und zu vergessen. In wonniger Träumerei zauberte er sich das Bild jene» traulichen Heim» vor die Seele, da» er für die Geliebte errichten würde und da» in seiner Phantasie bereit» bis auf die kleinsten Einzelheiten vorhandm war, und Viertel» stunden lang konnte er über solchem Sinnen seine Arbeit vollständig vergessen. Aber wmn ihn dann ein heiteres Neckwort Meister WinterfeldS's zur Wirklichkett zurückführte, wenn er sich plötzlich durch seine ganze Umgebung daran erinnert sah,, daß er nicht» als ein armer Teufel mit einer halb verpfuschten Existenz, ein Mensch, der nicht einmal seine alte Mutter zu ernähren vermochte, und au» dem vielleicht niemals etwas Rechte» werden würde. dann brachen alle seine prächtigen Lust­schlösser gar kläglich zusammen und es überkam ihn dann oft genug eine Anwand­lung der Mutlosigkeit und Verzweiflung, zu deren Bekämpfung er seine ganze Willenskraft aufbieten mußte. Daß unter solchen Umständen die Arbeit an seiner Kreuztragung nur sehr langsame und unwesentliche Fortschritte machte, war begreiflich genug, und der alte Lithograph, der die eigentlichen Ursachen dieser Stockung nicht erriet, schüttelte manchmal in ernster Besorgnis den Kopf, well er es nicht für: möslich gehalten hatte, daß der Feuereifer seine» überaus talentvollen und gelehrigen« Schüler» zo rasch erkalten würde.

(Fortsetzung folgt.)

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