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138. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 68. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. di- Zeile, sonst IS Psg.

Tages-Neuitzkeiien.

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.) Von der evangelischen Oberschulbehörde ist am 11. ds. Mts. die zweite Schulstelle in Erp fingen, Bez. Pfullingen, dem Schullehrer Meroth in Neu­weiler, Bez. Calw, übertragen worden.

Stuttgart, 20. Novbr. Ein eigenartiges Schauspiel bot sich, wie man demSchw. B." von hier schreibt, am Freitag den Spaziergängern auf dem durch die Weinberge führenden Fußweg nach Feuerbach. In einem der am Berg gelegenen Wein­berge hatte der Besitzer einer jener reizenden am Berge gelegenen Villen ein Ziegenböcklein laufen lassen, damit es sich frei tummeln könne. Plötzlich bemerkten Spaziergänger, daß das Böcklein eigenartige Sprünge machte und entdeckten auch bald, daß dasselbe diese Sprünge nicht zum Vergnügen machte, sondern um sich zu verteidigen gegen einen Feind, der nie­mand anders war als Meister Reinecke. Alles Schreien und Rufen der Spaziergänger vermochten den letzteren nicht zu verscheuchen und das Böcklein blutete schon aus zahlreichen Bißwunden, die ihm sein gewandter Gegner versetzt hatte, als zum Glück der Besitzer der Villa auf die Szene aufmerksam wurde und dem Böcklein zu Hilfe eilte. Dieser Uebermacht gegenüber zog es der Fuchs vor, sichdünne zu machen", aber nicht, ohne mehrmals sehnsüchtig nach dem Kampf­platz zurück zu blicken.

Stuttgart, 20. Novbr. Hopfenmarkt. Der heutige Markt war auffallend wenig besucht, so­wohl von Verkäufern als Käufer. Der Umsatz konnte daher nicht bedeutend sein und beschränkte sich auf -ca. 30 Ballen geringe und mittlere Ware. Erster«

Donnerstag, den 23. November 1893.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt SV Pfz. »«h 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. IS, sonst ir ganz Württemberg Mk. 1. SL.

wurde zu 150-205, letztere zu 220225 abgegeben. Prima Qualität wurde zu den gebotenen Preisen nicht abgegeben.

Tübingen, 20. Nov. Seine Königliche Majestät hat, wie dieTüb. Ehr." berichtet, den Armen Tübingens durch das Oberjägermeisteramt zwei Hirsche von außerordentlicher Größe zuweisen lassen. Am Samstag mittag fand unter großem Jubel der Beschenkten die Verteilung statt, und konnten ca. 180 Familien je mit 1'/- Pfd. Fleisch bedacht werden.

Reutlingen, 20. Nov. Der Zustand des Bäckermeisters Bert sch hat sich in den letzten Tagen leider sehr verschlimmert, so daß nur noch geringe Hoffnung besteht, ihn am Leben zu erhalten.

In Nürtingen hat sich ein wegen Bettelns aufgegriffener 38jähr. Schlossergeselle aus Sachsen im Ortsarrest erhängt. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag gerieten mehrere Arbeiter in Ulm in Raufhändel und griffen einen einschreitenden Schutzmann an. Da sie dessen Aufforderung, von ihm abzulassen, nicht Folge leisteten, schlug er einen mit dem Säbel über den Kopf, so daß eine Ueber- bringung in das Krankenhaus angeordnet werden mußte.

Ebingen, 20. Nov. In dem in Onstmet­tingen gelegenen Fabrikgebäude einer hiesigen Firma wurde in einer der letzten Nächte eingebrochen und aus dem Comptoir 400 ^ gestohlen. Der Dieb, der mit den Lokalitäten vertraut gewesen zu sein scheint, hat den Pult, in dem das Geld aufbewahrt war, mit einem Stemmeisen erbrochen.

Oehringen, 19. Novbr. Ein unheimlicher Gast, die Halsbräune, hat sich in einigen benach­barten Orten eingenistet und fordert aus der Kinder­welt zahlreiche Opfer. Einen tieftraurigen Anblick ge­

währte gestern der Leichenwagen, der von Obermaß­holderbach drei Kinderleichen auf einmal, darunter zwei aus einer Familie zum Gottesacker brachte.

Vom Bodensee, 20. Nov. Gestern fiel der erste Schnee; heute ist jedoch die leichte Decke wieder geschmolzen. Da und dort sieht man noch Obst auf den Bäumen und im Grase liegen, eine seltene Erscheinung um diese Jahreszeit. Sie verrät einen niederen Obstpreis und ist der klarste Beweis, daß die Seegegend ein gesegnetes Jahr hatte. Gegen die Weinsteuer macht man auch am Boden­see Umtriebe, obwohl der Seewein der neuen Be­steuerung voraussichtlich nicht unterliegen wird. Die Sache scheint von Weinhändlern auszugehen, welche die Unterschriften der Weinbauern sammeln lassen.

Vom Bodensee, 18. Nov. Ein schreckliches Drama hat sich, wie die Konst. Ztg. berichtet, gestern vormittag in Konstanz in der Familie, des Vizefeld­webels Schlüter abgewickelt. Als die Frau gegen 10 Uhr vom Wochenmarkt zurückkehrte, fand sie ihr einziges Kind, einen Jahre alten Knaben, tot im Badezuber, nur mit dem Hemdchen bekleidet. Ihr Mann hatte das Haus verlassen auf dem Tisch« lag ein Brief, in welchem er schrieb, er habe das Kind getötet und bitte wegen der grauenvollen That um Verzeihung. Eine Krankheit, von der er keine Besserung erwarte, habe ihm die Lebenslust geraubt; er wolle in den Tod gehen und auch sein Kind mit­nehmen. Der verhängnisvolle Brief wurde sogleich dem Reo-,«ent übergeben. Man forschte nach dem Verblckrr '-.8 Unglücklichen und fand ihn um die Mit­tagstunde als Leiche im See. Schlüter war einer der tüchtigsten und beliebtesten Unteroffiziere im Re­giment; von Mißmut oder Lebensüberdruß bemerkt«

Ileuicteton.

- Nachdruck verdaten.

Auf falschen Aahnen.

Eine Künstlergeschichte von Reinhold Ortmann.

(Fortsetzung.)

Nicht ohne ein gewisses Erstaunen über sich selbst dachte er daran, wie ganz -anders er sich bisher die Gcmütsstimmung eines Selbstmörders auSgemalt hatte. War er doch der Meinung gewesen, daß ein Mensch nur in der wildesten Erregung Hand an sich selbst legen könne, und er glaubte doch im Gegensatz dazu, mit klarster, nüchternster Überlegung zu handeln! Wohl stellte sich der Gedanke an seine arme, alte Mutter noch immer wie eine stumme Mahnung zwischen ihn und seinen Ent­schluß, aber er war nicht mehr stark genug, denselben zu erschüttern.

Es ist kein Zweifel, daß auch sie jenen Zeitungsartikel gelesen hat", dachte «r, und einen furchtbareren Schlag als diesen kann ihr selbst die Nachricht von meinem Tode nicht versetzen. Mein verfehltes und mein verpfuschtes Dasein würde für sie hinfort nur eine unversiegliche Quelle des Kummers und des größten Trüb- sals sein, da ist eS barmherziger, der jammervollen Komödie mit einem Schlage rin Ende zu machen."

Er zog den Revolver «uS der Tasche, um ihn von allen Seiten zu betrachten und zu betasten. Die sinnreiche Einfachheit des Mechanismus erfüllte ihn selbst in diesen fürchterlichen Augenblicken mit einer gewissen Bewunderung, und er streichelte den Tod bringenden Lauf, als wäre eS ein lebendiges Wesen, das er da in den Händen hielt. Dann versah er die Waffe mit den sechs Patronen, welche ihm der Verkäufer zugegeben hatte, und hob noch einmal den Kopf, um mit einem langen durstigen Blick Abschied zu nehmen von der Welt, die den anderen so schön erschien, und die für ihn nach wenigen kärglichen Freuden nur Herzeleid und bittere Ent­täuschungen gehabt hatte. Am Horizont halten sich dir schwarzen Gewitterwolken

bereits zu einer Unheil drohenden Wand ausgetürmt, aus der in kurzen Zwischen­räumen die fernen Donnerschläge grollten; über ihm aber lachte noch blauer, wolken­loser Himmel und auf dem Rasen trieben die Sonnenstrahlen ihr Spiel mit de» Schatten der im heißen Windhauche erzitternden Blätter. Es war totenstill rings­umher, still wie auf einem Kirchhofe, jene bange beklemmende Ruhe vor dem Ge­witter, durch die nur zuweilen ein kurzer Windstoß gleich einem Schauer der Todes­ahnung geht. Jetzt zuckte in der schwarzen Wetterwand der erste Blitzstrahl auf, und in dem nächsten Augenblick setzte Martin den eisigkalten Lauf der Mordwaff«, dessen Berührung ihn unwillkürlich zusammenzucken ließ, an seine Stirn. Sri» Finger tastete nach dem Abzug, er schloß die Augen, ein leichter Druck und weithin hallte der scharfe Knall des Schusses durch das schweigende Gehölz.

Der Mechanismus des Revolvers hatte ordnungsmäßig funktioniert, aber der junge Maler war nichtsdestoweniger verletzt. Eine menschliche Hand hatte gerade in dem Augenblick, da er abdrückte, seinen Arm ergriffen und dem verderbliche» Geschoß dadurch eine Richtung in'« Blaue gegeben. Ein kleines, grauhaariges unansehnliches Männchen von dem Äußern eines Büreaubeamten oder eines schlichte» Handwerksmeisters stand vor dem Lebensmüden, keuchend und atemlos von d«r rasenden Eile, mit welcher er dir letzten Schritte oder vielmehr Sprünge zu der Bank zurückgelegt hatte. Auf seinem ehrlichen, treuherzigen Gesicht prägte sich daS Entsetzen au«, und er hielt den Arm des Malers noch immer so fest, als fürchte er, derselbe könne trotz seiner Gegenwart noch einmal an die Ausführung seine« gräß­lichen Vorhabens gehen. Marlin aber empfand, nachdem er sich von der ersten g«» waltigen Überraschung erholt hatte, ein Gefühl so tiefer Beschämung, daß er «S nicht wagte, den Blick zu dem Antlitz seines Lebensretters zu erheben.

Verzeihen Sie, mein Herr," stammelt« er.ein Zufall ein schlechter

Scherz

Aber er kam nicht weiter in feinen Ausflüchten. Nach der unnatürliche» Abspannung und Erregung, in welcher sich sein ganze« Nervensystem seit mehr««