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^S 133. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. Jahrgang.
Er!ch-int Dienstag, Donnerstag und San, Stag, Die EinriickungSgebühr^etrSgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Donnerstag» den 16. November 1893,
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt 90 Pkg. »»d 20 Pfg. Trägerlohn. durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst 1, ganz Württemberg Mr. 1. SS.
Amtliche Aekarmtmachnrrge«.
Bekanntmachung
betr. die Unfallfürsorge für die Negie-Tief- , bauarbeiten de» Gemeinden beschäftigten Ge- meindebediensteten.
Unter Bezugnahme auf Z. 2 des^h. Min.- Erlasses vom 28. April 1893, Min.-Amtsbl. Nr. 8 S. 120, werden die Gemeinden darauf hingewiesen, daß es ihnen freisteht, ihre bei Regie-Tiefbauarbeiten angestellten Gemeindebediensteten, somit insbesondere die mit festem Gehalt angestellten Straßenwärter, von der Versicherung bei der Tiefbau-Berufsgenossenschaft zu befreien, wenn sie auf Grund von Art. 11 des Gesetzes vom 23. Mai 1890, Regierungsbl. S. 93, ein Statut erlaffen, daß jenen Bediensteten, sowie ihren Hinterbliebenen gegen die Folgen eines im Dienst erlittenen Unfalls eine den Vorschriften des Art. 1—5 jenes Gesetzes gleichkommende Fürsorge der Gemeinde zukommen soll.
Dieses Statut wäre von den bürgerlichen Kollegien zu beschließen und behufs der Vorlage an die K. Kreis-Regierung hierher vorzulegen.
Dabei wird jedoch noch besonders darauf hingewiesen, daß dieses Statut nur die ständigen Gemeindebediensteten umfassen kann, daß es dagegen bezüglich der Unfall-Versicherung der bei Tiefbau-Ar- beiten beschäftigten Taglöhner sein Bewenden bei dem bisherigen Verfahren hätte.
Calw, den 14. November 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Taqes-Neuigkeiten.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Seine Königliche Majestät haben allergnädigst
geruht am 23. Oktober die neuerrichtete evangelische Pfarrei Tein ach, Dekanats Calw, dem Pfarrer Scholl in Zwerenberg, Dekanats Calw, zu übertragen.
Se. Maj. der König haben am 13. Novbr. d. I. allergnädigst geruht, auf das erledigte Umgelds- kommiffariat Ulm den Umgeldskommiffär Staiger in Calw seinem Ansuchen entsprechend zu versetzen.
** Calw. In Nro. 128 dieses Blattes strebt ein Einsender die Errichtung einer Oberamtssparkasse an. Dergleichen Sparkassen finden sich schon lange in vielen Oberämtern. An Sparkassen ist nun im allgemeinen glücklicherweise kein Mangel und wer sparen will, hat hinlänglich Gelegenheit sein Geld bei verschiedenen Kassen sicher und nutzbringend anzulegen. In erster Linie ist die Württ. Sparkasse in Stuttgart zu nennen, welche schon Einlagen mit 2 ^ annimmt und die denkbar größte Sicherheit bietet; Agenturen sind überall im Lande errichtet; die Benützung der Anstalt steht allerdings nur den minder Bemittelten zu. In hiesiger Stadt sind 3 Genossenschaftsbanken, welche alle mit Sparkassen verbunden sind. Diese nehmen schon kleine Beträge und zwar von Mitgliedern wie von Nichtmitgliedern an. Auch diese Banken, ob mit unbeschränkter oder beschränkter Haftpflichtiger Genossenschafter, bieten die beste Sicherheit lmd eignen sich also sehr gut zur Benützung bei Spareinlagen. Auf dem Lande sind in den letzten Jahren verschiedene Darlehenskassen entstanden. Diese wie die Genossenschaftsbanken verfolgen den Zweck, ihren Mitgliedern die zu ihrem Geschäftsbetrieb notwendigen Mittel auf geeignete Weise zu verschaffen und durch monatliche Einzahlungen jedem Mitglied zu einem gewissen Fonds zu verhelfen. Es ist also jedermann
reichlich Gelegenheit zu Spareinlagen in beliebiger Höhe und zur sicheren Anlage seines Gelvss gegeben. Trotzdem dürfte die Errichtung einer Oberamtssparkasse nicht als unnötig anzusehen, sondern seitens der Amtsversammlung einer eingehenden Würdigung wert sein. Manche Leute treten einer Genossenschaftsbank nicht bei, da sie das damit verbundene Risiko fürchten; bei den Darlehenskassen sind es wieder andere Gründe, die vom Eintritt abhalten; vielen scheinen sodann die Genossenschaften nicht die genügende Sicherheit zu bieten und wieder andere ziehen eben die von einer Gemeinde, dem Staat oder einer Korporation geleiteten Institute einer Privatanstalt vor. Eine Oberamtssparkaffe wäre eine Einrichtung, die vom ganzen Bezirk ohne Unterschied des Standes und des Berufs benützt werden könnte; namentlich würden hier kleinere Vermögen sicher und auf lange Zeit angelegt werden können. Mit der Errichtung einer Oberamtssparkaffe ließe sich aber, was ebenso wünschenswert wäre, eine Pfennigsparkasse verbinden. Stuttgart Stadt, das Amtsoberamt Stuttgart und noch manche andere Bezirke haben mit den Pfennigsparkaffen sehr gute Erfahrungen gemacht; in Ludwigsburg tritt in nächster Zeit ebenfalls eine solche in Kraft. Tausends von Mark sind von diesen Kassen schon gesammelt worden. Wie viele Pfennige werden von den Schulkindern unnötigerweise vergeudet, wie viel Geld geht hiedurch jährlich verloren, das den Schülern keinen Nutzen, sondern mannigfachen Schaden gebracht hat. Da die Pfennigsparkassen schon Einlagen von 10 H an in Empfang nehmen, so können fast alle Kinder diese Kassen benützen. Ueber den Wert der Pfennigsparkassen braucht man ja nichts weiter zu sagen, derselbe tritt offen zu Tage, wo eine derartige Einrichtung besteht. Auch in unserem Oberamt würde eine Pfennigsparkasse leicht ins Leben gerufen werden
!
Jeuikketorr.
- Nachdruck »rrt-trn.
Auf falschen Mahnen.
Eine Künstlergeschichte von Reinhold Ortmann.
I.
„Grüß Gott, Giselher! Immer noch unter dem Joche?"
Mit diesen Worten trat der Maler Lorenz Gerdinger, eine kraftstrotzende jugendliche Reckengestalt mit frischen, blühenden Wangen und übermütig blitzenden Augen, um die NachmittagSzcit eines Sonntages in sein eigenes Atelier. Da drinnen sah es bunt und malerisch genug aus. Jede sorgliche Hausfrau würde beim Anblick dieser Unordnung in Hellem Entsetzen die Hände zusammengeschlagen haben, ein schönheitskundiges Auge aber hätte vielleicht auch aus diesem Wirrwarr eine gewisse Anmut herausgefunden. Und jedenfalls war eS unverkennbar, daß der Herr des Raumes ein Recht hatte, sich zu den vom Glück begünstigten Jüngern der edlen Kunst zu rählen. Da gab es kostbare orientalische Teppiche, seltsam geformte Geräte und wertvolle Waffen in Menge, und alle diese Schätze waren so sorglos umhergestreut, als wären sie für ihren Besitzer die gleichgültigsten Dinge von der Welt. In der That hatte Lorenz Gerdinger Ursache genug, sich für einen Liebling der launischen Glücksgöttin zu halten. Einer reichen und angesehmen süddeutschen Familie entsproßen, und jeder beengenden Sorge um die materiellen Erfordernisse deS Daseins von vorherein überhoben, war er in Folge einer außergewöhnlichen Begabung schon in jungen Jahren auf der Leiter des Ruhmes zu beträchtlicher Höhe emporgestiegen. Ein viel besprochenes phantastisches Gemälde hatte ihm eine Tülle ehrenvoller Auszeichnungen eingetragen, seinem Namen in wetten Kreisen einen bedeutsamen Klang gegeben und ihm die Aussicht in eine glänzende Zukunft eröffnet. Alle West hatte nach diesem ersten sieghaften Erfolge die stolzesten Hoffnungen auf den jungen Künstler gesetzt, aber Gerdinger selbst fühlte offenbar kein
Bedürfnis diese Hoffnungen allzu rasch zu erfüllen. Mit der fröhlichen Genußfähigkeit einer jugendlich gesunden Natur berauschte er sich an den Freuden seine« erst« Triumphes, voll Vertrauen auf seine Kunst und auf die Unerschöpflichkett seines Talents, welches seiner Meinung nach sich nach einer solchen Ruhepause nur um so glänzender und fruchtbarer entfallen mußte.
So war es begreiflich, wenn es beinahe wie eine Regung des Mitleids aus den Worten klang, mit denen er bei seinem Eintritt jenen schlanken, beinahe schmächtigen jungen Mann begrüßte, welcher in emsiger Arbeit vor einem nahezu vollendeten Gemälde von stattlichem Umfange stand. Es war eine figurenreiche Darstellung der Kreuztragung, und der Künstler — seinem Äußeren nach wohl um einig« Jahre jünger, als sein hünenhafter Freund — war eben mit dem Haupte des Heilandes beschäftigt, das schon mehrfach übermatt zu sein schien. Der Eifer, mit welchem er sich seiner Thätigkeit hmgab, und vielleicht auch eine gewisse innere Erregung, hatten seine schmalen Wangen gerötet, während die schönen dunklen Augen wie in sieb- rischem Glanze glühten.
Er wendete sich kaum nach dem Eintretenden um. und ein stummes Kopfnicken war die einzige Erwiderung, welche er auf Gruß und Frage hatte. Der Andere warf seinen breitrandigen Filzhut auf den ersten besten Sessel, zündete sich eine Cigarre an und trat ebenfalls an die Staffelei, um über die Schulter deS kleineren Genossen weg die Arbeit desselben zu betrachten. Sein eben noch so heiteres Gesicht nahm dabei allgemach einen ernsten, beinahe traurigen Ausdruck an, wie im Unmut wirbelte er die Rauchwolke» immer dichter zur Decke empor, und plötzlich legte er seine kräftige Hand auf die Schuster deS Malenden.
„So geht's nicht, Giselher!" sagte er herzlich. „Mit diesem unmögliche» Fleischton mußt du dir den Eindruck deS Kopfes vollständig verderben. Und gerade der wunderbare ChristuSkopf hat mich da auf deiner Skizze am meisten entzückt. Laß mich einmal versuchen, der Sache beizukommen! Nur Spaßes halber natürlich, — denn daß du meiner Hülfe nicht bedarfst, ist ja selbstverständlich."