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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

Erscheint D i e n S tag, DannerLtag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bejirk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Dienstag, den 14. November 1893.

AbonnementSpreii vierteljährlich in der Stadt Sv Pfg. Lv Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen ML. 1. 15, son ganz Württemberg Mk. 1. 35.

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Amtliche Bekanntmachungen.

Die Ortsdehörden Me die Arbeitrr- verllchrrung

haben binnen 3 Tagen hierher anzuzeigen,

1) wie viele Quittungskarten noch im laufenden Jahr etwa benötigt werden,

2) wie viele im Lauf des Jahrs 1894,

3) wie groß der derzeitige Vorrat noch ist. Calw, den 13. November 1893.

K. Oberamt.

Lang.

Die neuen Sleuerenlwürfe.

ii.

Der Gesetzentwurf betr. die Tabakfabrikat­steuer nimmt die Aufhebung der bisher 45 ^ pro 100 LA betragenden Jnlandsteuer für Tabak in Aus­sicht. Ter Zoll auf 100 kx unbearbeitete Tabakblätter, -Stengel und Tabaksaucen soll 40 für Zigarren 400 Zigaretten 500 ^ und andere Tabakfabrikate 250 ^ betragen und der Zoll für Rohtabak 9 Monate gestundet werden. Die Fabrikatsteuer für im Inland fabrizierte Zigarren- und Zigaretten soll 33für Rauchtabak 66 und für Kau- und Schnupftabak 50°/° des Fakturenpreises, zu welchem diese Fabrikate ausschließlich der Steuer von den Fabrikanten verkauft werden, betragen.

Nach dieser geplanten Steuer würde die jetzt mit 4 bezahlte Zigarre sich auf 4,3, 4,6 bis 4,7 --Z erhöhen, die 5 Pfennig-Zigarre auf 5,9 bis 6,1, die 6 Pfennig-Zigarre auf 7,3 bis 7,4, die 7 Pfg.- Zigarre auf 8,7, die 8 Pfennig-Zigarre auf 10 A die 10 Pfennig-Zigarre auf 12,7, die 12 Pfennig-Zigarre auf 15,4, die 15 Pfennig-Zigarre auf 19,4 A

Bei Zigaretten würde sich der Preis von 1 2 Z nicht verändern, von 2 auf 2,3 erhöhen, von 3 -rZ auf 2,8 ermäßigen, weil eine erhebliche Ent­lastung durch den Fortfall der Jnlandsteuer und durch die Zollverminderung sich hier beinerkbar macht, von 4 auf 4,3, von 7 auf 9,2 erhöhen.

Beim Schnupftabak, 0,50 das Pfund ganz aus inländischem Tabak, würde sich der Preis auf 0,38 ermäßigen, von 0,75 das Pfund auf 0,77, von 1 auf 1,15, von 1,20 auf 1,45 erhöhen; die Schnupftabake von 2 ^ und 2,50 ^ das Pfund werden sich auf 2,63, bezw. 3,38 erhöhen.

Beim Rauchtabak von 0,40 ^ das Pfund würde sich der Preis auf 0,53, von 0,55 auf 0,56 ^ erhöhen, von 0,70, 0,80 und 0,90 das Pfund (je nach Mischung mit inländischen und ausländischen Blättern und Stengeln) auf 0,78, 0,92 und 1,11 Die teueren Sorten sollen entsprechend höher be­steuert werden.

Gegen die Tabakbesteuerung hat sich ebenfalls eine lebhafte Agitation entwickelt, die hauptsächlich von der Sozialdemokratie ausgeht. Die letztere be­fürchtet einen enormen Rückgang des Konsums und dadurch Brotlosmachung von Tausenden von Arbeitern; die Tabakpflanzer dagegen (wie in Baden und der Pfalz) sind ganzer den Entwurf eingenommen. Im allgemeinen dürfte aber zweifellos feststehen, daß der Tabak nicht zu den eigentlichen Genußmitteln sondern zu den Luxusmitteln zu rechnen ist; Tausende und Abertausende enthalten sich ja dieses Genusses; mit­hin dürfte sich der Tabak weit mehr als der Wein zu einem steuerbaren Objekt eignen und im großen Ganzen begegnet man der Ansicht, daß der Tabak noch etwas ertragen könne. Wenn die geringeren Sorten von der geplanten Steuer ganz verschont würden, so ließe sich gegen eine stärkere Heranziehung

des Tabaks wohl nichts einwenden. Daß bei den höherwertigen Zigarrensorten die Verteurung eine stärkere werden soll, ist vollständig am Platze, der Tabak ist eine natürliche und deshalb ergiebige Steuer­quelle; wahrscheinlich würde gar keine Reduktion in der Fabrikation stattfinden, da die Raucher in die et­was erhöhten Preise wohl oder übel sich in Bälde finden würden. Die republikanische Schweiz, welche mit ihrem Branntweinmonopol keine schlechten Er­fahrungen gemacht hat, denkt allen Ernstes daran, als ergiebige Steuerquelle das Tabakmonpol (wie in Frankreich und Oesterreich) einzuführen.

Der 3te Steusrentwurf ist eine Novelle zum Reichs st empelgesetz. Nach diesem Entwurf sollen erhoben werden von inländischen Aktien und Anteil­scheinen 1 Proz., von ausländischen 1'/- Proz. In­ländische Renten und Schuldscheine sollen 4, aus­ländische 6 von Tausend tragen; Kauf- und An- schaffungsgeschäste über ausländische Banknoten "/io von Tausend; Zeit-, Fix-, Termin- und Prämien­geschäfte </lo von Tausend. Geschäfte bis 600 sind abgabenfrei. Lotterielose zahlen 8 Proz. Quittungen über 20 ^ 10 Checks und Giro­anweisungen 10 <H, Ladescheine 30 A Frachtbriefe 10^. Von dem Frachtbriefstempel bleiben alle Frachtbeträge unter 3 ^ frei, auch das Passagiergepäck.

Für die Stempelsteuer auf Frachtbriefe und für den Quittungsstempel kann man sich auf das Beispiel Frankreichs berufen. Beide Stempelsteuern aber dürften sich als eine Belästigung und Verteuer­ung des Verkehrs erweisen. Es träfe da der erstere Stempel die Frachtbriefe über kleinere Werte höher als die größeren Frachtsendungen. Allgemeine Zu­stimmung dürfte dagegen die Erhöhung der Stempel auf Börsengeschäfte finden.

Bei der jetzigen Zusammensetzung des Reichs-

Ikerrikketon.

Geistige Aegaöung.

Zeitgemäße Betrachtungen von Emil Pesch kau.

(Schluß).

Aber auch von einer andern Seite her kann man mit Illustrationen zu unserem Falle kommen. Es ist äußerst selten, daß ein talentvoller Mensch wirklich nur eine ganz eng begrenzte Begabung hat, die überwiegende Anzahl aller Talente ist viel­seitig. Lionardo da Vinci war nicht blos als Maler ausgezeichnet, sondern auch als Bildhauer, als Dichter, als Musiker, Architekt und Ingenieur. Auch Michelangelo war nicht blos Bildhauer, sondern Maler, Dichter, Ingenieur und Baumeister. Goethe war Naturforscher, er zeichnete, als Staatsmann kümmerte er sich um die Winzigsten Kleinigkeiten der Staatsmaschine, und in keinen Schriften zeigt sich, daß ihm überhaupt kein Gebiet menschlicher Thätigkeit fremd war. Einer der kühnsten Finanzkünstler und Geldspekulanten, ein Handelstalent ersten Ranges und zugleich einer der geschicktesten Diplomaten und einer der größten Dichter war Beaumarchais. Der Philosoph Mendelson rang sich aus den armseligsten Verhältnissen als Kauf­mann zum Wohlstand empor. Moltke war nicht blos dzr größte Feldhrrer unserer Zeit, er war auch ein großer Schriftsteller und auf zahlreichen anderen Gebieten begabt. Nicht weniger häufig findet sich die Vielseitigkeit unter den Talenten ge­ringeren Ranges, und wenn diese heute meist einseitig werden, so liegt eS an äußeren Umständen, an dem Zwang der Brotarbeit oder an der Selbstbeschränkung, die in unseren Tagen bereits notwendig geworden ist, will man Bedeutendes leisten oder sich der Konkurrenz gegenüber behaupten. Auch wenn man über das Individuum inausgeht, wenn man die Wege der Vererbung studiert, so findet man innerhalb

weniger Generationen in einer Famile oft die erstaunlichste Vielseitigkeit ich führe nur die Familie Feuerbach an, die einen Maler, einen Juristen und einen Philo­sophen hervorbrachte einer so bedeutend wie der andere.

Wenn nun so viele Leute, die für talentiert gelten, in ihrem Berufe nichts Rechtes leisten und wohl auch über ihren .verfehlten Beruf" jammern, so kommt das daher, daß ihnen eben eine Haupteigenschaft fehlt, die zum wirklichen Talent er­forderlich ist. Sie besitzen vielleicht Beobachtungsgabe, Gedächtnis, Phantasie, alles, alles, aber es mangelt ihnen die eigentliche geistige Triebkraft, der Arbeitsdrang, die Energie, dieses ewige Feuer in den Adern, das den Hirnkessel beständig heizt und die Lokomotive rastlos über die Schienen sausen läßt. Wenn sie schwatzen, erwecken sie den Eindruck von ganz gescheiten Leuten, aber machen können sie nichts, vor dem Handeln erlahmen sie. Ist ihr Charakter gutmütig, dann geben sie liebens­würdige Gesellschafter, geistreich scheinende Trschgenossen, ist er bösartig, dann enden sie als unerträgliche Krittler, die an allem etwas zu nörgeln haben und die Sonne vor lauter Flecken nicht sehen. Sind sie zufällig Schriftsteller, dann werden natür­lich Kritiker daraus.

Doch nun wieder zurück zur Hauptsache. Ich habe diesen Zeilen den Nrben- titel .Zeitgemäße Betrachtungen' gegeben, und ich glaube, daß sie ihn nach doppel­ter Richtung hin verdienen, wobei noch besonders betont werden muß, daß das Ge­sagte ja nicht bloS für das Talent ersten Ranges gilt, sondern durch alle Stufen hinab bis zu dem bescheidensten.

Leider geht die Tendenz unseres Schulwesens noch immer dahin, die Men­schen schon im Kindesafter nach einer bestimmten Berufsrichtung zu drängen, und infolge dessen ist auch die Angst vor dem .verfehlten Beruf' eine große geworden. Nun wer die oben ausgesprochenen Anschauungen über das Talent zu testen vermag, bei dem wird diese Angst sich zweifellos stark vermindern. Das wirkliche Talent ist sicher nicht blos zu einem einzigen Beruf geboren, es wird sich in den