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^S 133. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. IchrMg.

Erscheint Dienstag, D»nner»I«z und EnmStng. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Samstag, den 11. November 1893.

Abonnementspreis vierteljährlich in der <stadt SO Pfz. ar>h 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst tO ganz Württemberg Mk. 1. Sb.

Amtliche Nekanntmach«r»sen.

Von 7 Gemeinden fehlt noch der Ausweis des Standesamts für das 3. Quartal, von 6 der Aus­zug des Leichenschauers. Ich bitte um baldige Ein­sendung.

Calw, 9. November 1893.

Oberamtsarzt I)r. Müller.

Die neuen Sleuerentwürfe.

i.

In der nächsten Woche, am 16. Nov., wird der Reichtstag wieder zusammentreten. Große Auf­gaben, die einer raschen und gründlichen Erledigung bedürfen, harren desselben. Schon jetzt lassen alle Anzeichen vermuten, daß die Beratungen zu den hitzig­sten Debatten führen werden. Handelt es sich ja um Einführung neuer Steuern, die vom Reichstag be­willigt werden sollen. Wie aber .überall im Leben, so hört in Geldsachen auch im Reichstag die Gemüt­lichkeit auf und die politischen Parteien werden so­wohl unter sich als auch mit der Reichsregierung manchen harten Gang ausfechten.

Wie bekannt, hat der Reichstag in seiner letzten Session die so stark umstrittene Militärvorlage, deren unleugbare Vorteile auch die Gegner zu schätzen wuß­ten, angenommen. Die Durchführung der Vorlage kostet jährlich 55 Millionen Mark. Die Mittel sollen vom Reich durch neue Steuern aufgebracht werden; andernfalls müßten die Matrikularbeiträge der Einzel­staaten an das Reich erhöht werden, was aber bei der Finanzlage der meisten Staaten nur durch eine Erhöhung der direkten Steuern möglich wäre. Die neuen Steuerpläne belasten nun zum Teil tägliche Verbrauchsartikel und deshalb müssen die Entwürfe manches Bedenken erwecken. Ein Zuschlag auf die Einkommensteuer (wie sie in Preußen eingeführt ist), natürlich nur auf die größeren Einkommen, wäre der gerechteste Weg, die Einnahmen des Staates zu er­höhen, während die Verbrauchsabgaben drücken, für die Wohlhabenden jedoch kaum fühlbar sind. Wir sind wie vor der letzten Reichstagswahl auch heute noch der Ansicht, daß die notwendigen Mehrkosten für das Heer auf die Schultern der leistungsfähigen Be­völkerung gelegt und der arme Mann verschont wer­den sollte; das Geld sollte da genommen werden, wo es leicht zu haben ist. Ursprünglich hatte die Reichs­regierung drei neue Steuern, eine Börsen-, Bier- nnd Branntweinsteuer geplant; von diesen ließ sie die letzteren 2 fallen und nur die erstere soll in aus­giebigerer Weise als bisher herangezogen werden. Von einer Luxus-, Erbschafts- und Wehrsteuer ist es 'stille geworden; auch eine progressive Reichseinkommen­steuer scheint nicht geplant zu sein. Dagegen sind außer der Börsensteuer besonders 2 Objekte als ge­eignete Opfer ausersehen, der Tabak und Wein und außerdem noch eine Stempelsteuer.

Der Entwurf des Weinsteuergesetzes geht von dem Gedanken aus, daß es eine Forderung aus­gleichender Gerechtigkeit sei, das bestehende Getränke- steuersystem durch die Einführung einer allgemeinen Weinsteuer zu ergänzen. Während Bier und Brannt­wein überall im Reiche in erheblichem Umfange zur Besteuerung herangezogen sind, bleibt der Wein, mit

Ausnahme von Württemberg, Baden und Elsaß- Lothringen steuerfrei, obwohl er im großen und ganzen von den leistungsfähigeren Konsumenten getrunken wird. Es soll darum der zum Verbrauch in Deutsch­land gelangende Natur-, Schaum- und Kunstwein zur Steuer herangezogen werden. Der Entwurf be­stimmt als Steuer für Naturwein im Werte über 50 ^ für den Hektoliter 15"/« vom Werte, für Schaumwein 20°/», für Kunstwein 25°/», mindestens aber 10 pro Hektoliter. Die Steuerpflicht tritt ein beim Uebergang des Weins vom Ausland, von der Zollniederlage, vom Hersteller oder Großhändler an den Kleinhändler und Verbraucher. Die Steuer wird vom Kleinhändler, beziehungsweise Verbraucher entrichtet. Als Wert gilt der Kaufpreis, für den der Kleinhändler oder Verbraucher den Wein erwor­ben hat. Bei ausländischen Weinen wird der Zoll­betrag hinzugerechnet. Befreit von der Steuer sind der eigene Verbrauch des Herstellers, Meß- und Kom­munionwein, Wein zur Herstellung von Essig und Branntwein, sowie Weinproben. Die Erhebung und Verwaltung der Weinsteuer erfolgt durch die Landes­behörden, denen die Kosten bis auf weiteres von Reichswegen vergütet werden. Für die beim Inkraft­treten des Gesetzes vorhandenen Weinvorräte ist von den Kleinhändlern eine Nachsteuer zu entrichten.

Die Einführung einer solchen Steuer würde aber dem Weinbau nicht förderlich, sondern überaus schädlich sein. In ganz Süddeutschland und Elsaß- Lothringen ist die Abneigung gegen die Steuer sehr groß und die Unzufriedenheit findet ihren Ausdruck in zahlreichen Versammlungen und Protesten. Würde die geplante Steuer bei der Grenze von 50 Mk. im Werte pro bl durchgeführt, so würde in Württem­berg mehr als die Hälfte des erzeugten Weins dem Reich versteuert werden müssen und für Württem­berg bliebe nur der geringste Wein zur Besteuerung übrig, was bei uns einen Ausfall von etwa 2 Mill. Mark Steuern zur Folge hätte, welche anderweitig aufgebracht werden müßten. Unser schon so schwer gedrückter Weingärtnerstand würde den Schlag wohl nicht aushalten können; der Weinbau würde in den besseren Sorten zurückgehen und Grund und Boden entwertet. Eine hohe Besteuerung des Schaum- und Kunstweins halten wir für vollständig gerechtfertigt, die der Landweine aber verwerflich. Eine Hinauf­setzung der Wertgrenze erscheint unbedingt nötig.

Sayes-Neuigkeiten.

Bebenhausen, 7. November. DieTüb. Chron." berichtet: Zur Ankunft des Königs und seines Kaiserlichen Gastes hatte sich Bebenhausen fest­lich geschmückt. Auf dem Schlöffe wurde die Kaiser­flagge gehißt. Als der offene mit 4 Rappen be­spannte Jagdwägen, mit welchem Ihre Majestäten der Kaiser und der König fuhren, durch die Ein­fahrtsstraße dem Kloster zu einbog, wurde dem Kaiser von der Tochter des Hirschwirts Klett ein Blumen­strauß überreicht, der gnädig angenommen wurde. Am Schloß selbst fand keinerlei Empfang statt, da der Kaiser für alle Ovationen gedankt hatte. Im Schloß wurde von den Majestäten und dem Gefolge ein kurzer Aufenthalt genommen. In dem durch den Abbruch des Flügels am ehemaligen Forstamtsgebäude

neuzsschaffenen Anfahrtshof warteten dis 4 mit Rappen bespannten Jagdwagen, von Venen 3 mit den Jazd- gästen vorausfuhren. Den vierten bestieg der Kaiser in lichtgrünem Jagdanzug mit dem König. Auf dem Hintersitz nahmen die beiden Leibjäger der Majestäten mit den Gewehren Platz, und in leichtem Trab fuhren die Majestäten durchs Goldersbachthal dem Revier Ent­ringen zu, wo am sog. dicken Berg dis Jagd be­gonnen wurde. Die Jagd war vom prächtigsten Wetter begünstigt. Dem Kaiserlichen Gaste war das Jagdglück Held; 5 Stück Hochwild von den 13, welche zur Strecke kamen, wurden von Sr. Maj. dem Kaiser geschossen. Das Jagdfrühstück wurde auf der Block­hütte auf dem Stungart abgehalten. Es war schon dunkel geworden, als die Majestäten von der Jagd zurückkehrten. Um 7 Uhr war Abendtafel mit 18 Gedecken. Nach derselben wurde bei Fackelschein die im Klosterhof gelegte Strecke besichtigt. Es waren 6 Hirsche, darunter ein 14er und ein 12er, beide von Generallieüt. v. Lindequist geschossen, und 7 Muttertiere. Indessen erstrahlten die Refektorien im Glanz der Glühlampen, in deren Schein die alten Klosterräume in besonderer Schönheit sich darstellten. Die Majestäten begaben sich in den Kreuzgang und die Refektorien, um diese Räume zu besichtigen. Vom zweiten Jagdtag berichtet derSchwäb. Merk.": Winterliche Kälte mit scharfem Wind war über Nacht eingetreten und starker Reif lag morgens auf der Landschaft. Um Uhr fuhr die Jagdgesellschaft ins Revier Hildrizhausen. Die Fahrt ging auf Wald­wegen durchs enge Metterthal. Obwohl viel Hoch­wild sich bemerkbar machte, blieb voch der Erfolg hinter den Erwartungen zurück. Die starke Luft­bewegung war daran Schulv, daß das Wilv Wind hatte und nicht so leicht zu Schuß kam. So konnten nur 4 Stück Hochwild zur Strecke gebracht werden, 1 Hirsch und 3 Tiere. Zwei Stück davon wurden von Seiner Majestät dem Kaiser geschaffen. Die Jagd wurde heute, wie gestern, als verkappte Jagd gehalten. Das Jagdfrühstück wurde heute in einem Zelte eingenommen. Nach 5 Uhr trafen die Maje­stäten mit dem Gefolge wieder in Bebenhausen ein. Im Goldersbachthal gingen vor dem Wagen der Majestäten zwei starke Hirsche vorüber, während am Wald ein starkes Rudel von dem schönen Wildstand des Schönbuchs Zeugnis ablegte. Seine Majestät der König hat angeordnet, daß von der reichen Jagdbeute des gestrigen Tages aus dem freudigen Anlaß des Kaiserbesuchs im Schönbuch jeder Ge­meinde, auf deren Markung gejagt wurde, ein Hirsch als Geschenk überwiesen werden soll. Die anderen Gemeinden, in denen noch gejagt wird, sollen eben­falls bedacht werden.

Rothenberg, 7. Nov. Die Trockenheit deS Sommers macht sich an unserem Brunnen heute noch empfindlich fühlbar; er spendet immer noch so wenig Wasser, daß dasselbe unter die Bürger zur Zeit ver­teilt wird. Dies geschieht in der Art, daß nach einer bestimmten Reihenfolge pro Stunde durchschnittlich 3 bis 4 Bürger sich mit Wasser zu versehen haben. Damit ein Wechsel eintritt, sind die Bürger in 3» Gruppen eingeteilt, wodurch die Zeit zum Wasser» holen täglich um eine Stunde hinausrückt.

Kirchheim u. T., 8. Nov. Ein Baue^