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gesprungen. Die brennenden Trümmer wurden weit fortgeschleudert. Es sind zahlreiche Opfer zu beklagen.

Chicago, 2. November. Bei der amtlichen Leichenschau am Montag fanden sich im Körper Harrisons fünf Geschosse. Die Seite des Ge­fängnisses, in dem der Mörder Prendergast unter­gebracht ist, wurde Montag früh von einem großen Aufgebot von Polizisten und einigen Kompagnieen des ersten und zweiten Regimentes der Jllinoiser Nationalgarde scharf bewacht. Der Rest der beiden Regimenter hatte den Befehl erhalten, marschbereit zu stehen, da in der Stadt fortwährend das Gerücht ging, eine Schar habe sich zusammengethan, um Prendergast aus dem Gefängnisse zu reißen und zu lynchen. Als aber die Aufregung im Laufe des Tages nachließ und die Bevölkerung willens schien, dem Ge­setze nicht entgegenzutreten, wurden die Truppen all­mählich zurückgezogen. Prendergast sitzt in einer sicheren Zelle des Stadtgefängnisses, in die alle Mörder gesteckt werden. Das Begräbnis Harrisons ist auf Dienstag den 31. Oktober festgesetzt worden. Achtzehn hervorragende Männer wurden bestimmt, -das Bahrtuch zu halten. Wie man jetzt erfährt, war Bürgermeister Harrison nicht der einzige, welcher seitens des verrückten Prendergast Drohbriefe erhielt; außer ihm wurden Grover Cleveland und ein hervor­ragendes Mitglied des Senates mit derartigen Briefen bedroht. Prendergast war gegen den Präsidenten Cleveland wegen dessen Haltung in der Silberfrage sehr erbost und gleichfalls gegen den Senator Dubais. Prendergast überschüttete beide mit solchen Briefen bereits seit dem 9. Okt.

Vermischtes.

Auf der im vorigen Monate stattgefundenen internationalen Kochkunst-Ausstellung in London wurde der Firma C. H. Knorr in Heil­bronn für deren rühmlichst bekannten Suppenmehle, Suppentafeln und Präserven (Dörrgemüse) die große goldene Medaille (die einzige für diese Branche) zuerkannt. Ferner haben die englischen Vegetarier derselben in Anerkennung der ausgestellten Dörr­gemüse extra ein Ehrendiplom gewidmet.

Das Dreirad ist bei der Brüss eIer Feuer­wehr eingeführt worden. Sobald Feuer gemeldet wird, begiebt sich sofort, noch bevor die Spritzenwagen angeschirrt werden, eine Abteilung Feuerwehr auf Dreirädern nach der Brandstelle. Auf jedem Drei­rad sitzen 2 oder 3 Feuerwehrleute mit einigen Lösch­geräten.

Eine Ahnung. Ein früherer Seelsorger schreibt dem N. Tagbl. aus seinen Erlebnissen: An einem heißen Vormittag des Juli 1865 erschien in einem Pfarrhause des württembergischen Schwarz­waldes ein dem Mittelstände angehöriges Ehepaar mit der Bitte, das Pfarrhaus mit dem angrenzenden Garten und die Kirche besichtigen zu dürfen. Der Mann, ungefähr 60 Jahre alt, stellte sich als der Kanzlist Weißer vom Gerichtshof in Tübingen vor, der, als Sohn eines dortigen früheren Pfarrers, das Haus, in dem er einst geboren, und die Kirche, wo er einst getauft wurde, noch einmal sehen wollte. Während der Mann, ernst und einsilbig, allein im Garten umherging, machte die Frau der Pfarrfamilie die Mitteilung: sie beide, obwohl kinderlos, leben

friedlich und freundlich miteinander, nur drücke sie das beständige Kreuz, daß ihr Mann, obwohl im all­gemeinen gesund und rüstig, sich mit unaufhörlichen Todesahnungen trage. So habe er ihr in den letzten Tagen durchaus keine Ruhe mehr gelassen, sie müsse ihn so bald als möglich auf der Reise nach dem Schwarzwaldort begleiten; merkwürdigerweise trage er seit einiger Zeit und so auch diesesmal 70 fl. in Gold extra bei sich zur Bestreitung seiner Leichen­kosten. Vom Pfarrhaus ging es in das Kirchlein, wo Herr Weißer zu seiner großen Freude noch vom letzten Sonntag her das Lied aufgesteckt fand:Him­melan, nur himmelan soll der Wandel gehen". .Von der Kirche aus betrat er den unmittelbar anstoßenden Friedhof, der eine schöne Aussicht auf das Murgthal und die angrenzenden Tannenberge bietet.Ach, was ist doch das für ein schöner Ruheplatz!" seufzte Herr Weißer. Von da ging's den Berg hinab, wo am Wirtshaus das Gefährt auf das Ehepaar wartete. Nun, gottlob!" sagte Herr Weißer; aber wie er den Fuß ansetzte, um einzusteigen, siel er, vom Schlage gerührt, zur Erde und war sofort eine Leiche. Zwei Tage darauf wurde er auf demschönen Ruheplatz" zur ewigen Ruhe gebettet.

Ein spaßhafter Irrtum führte, wie man jetzt hört, einen der verbissensten Lyoner An­archisten als Abgesandten des franzö­sischen Handelsministers nach Chicago. Das Ministerium hatte beschlossen, fünfzig tüchtige Arbeiter verschiedener Berufszweige nach der Chicagoer Weltausstellung zu schicken, wo sie die einschlägigen Abteilungen studieren und sich Aufklärungen über die Technik verschaffen sollten. Unter den Erkorenen be­fand sich ein Weißgerber Namens Simon, aber der Briefträger irrte sich und übergab das Schreiben des Handelsministeriums Einern in derselben Straße woh­nenden Schuster Simon. Dieser war über die Aus­zeichnung höchlich verwundert, denn er hatte mit der Polizei schon allerlei Sträuße gehabt und wurde in bewegten Zeiten scharf beobachtet. Als er die Ver­wechslung erkannte, fiel es ihm doch nicht ein, seinen Namensvetter, den Gerber^, davon in Kenntnis zu setzen. Er reiste nach -Paris, ließ sich eine Freikarte ausstellen und zog auf dem Finanzministerium den Betrag für seinen Unterhalt in Amerika ein. Wäh­rend der Ueberfahrt auf dem transatlantischen Dampfer Bretagne" verhielt sich der Schuster ganz ruhig aber in Amerika kehrte er den Anarchisten heraus und wiederholte bei jeder Gelegenheit:Llort aux bour- sssois!" Auf der Rückfahrt trieb er es noch toller. Er erzählte jetzt nicht nur seinen Mitdelegierten, wie er in ihre Mitte geraten war, sondern verlegte sich auf die eifrigste Propaganda und bekehrte auch wirk­lich drei oder vier der delegierten Arbeiter. Als Simon aber zurPropaganda der That" über­ging, den Bourgeois, welche durch ihre Anwesenheit den DampferBourgogne" entehrten, mit Dynamit und einem mächtigen Revolver drohte, den er von einer improvisierten Kanzel herab schwang, da baten die Passagiere den Kapitän endlich Ordnung zu schaffen. Der Schuster wurde festgenommcn und in den unter­sten Schiffsraum gebracht, wo er sich in behaglicher Einsamkeit noch weidlich über das Ministerium, das ihm zu so großen Annehmlichkeiten verholfen hatte, lustig machte. Bei der Ankunft in Havre verschwand er und seitdem sucht ihn die Staatsanwaltschaft ver­geblich.

DasMülh. Volksbl." erzählt folgende originelleJagdgeschichte: Es war Mondschein. Zwei Jäger lauerten auf Füchse. Einer der Jäger, ein erfinderischer Geist, hatte aus ,einer Nußschale und einigen Pferdehaaren ein Lockinstrument verfertigt, womit er das Geschrei des Hasen genau nachzuahmen vorgab. Der andere war schußfertig, um den ersten Fuchs niederzuknällcn, der sich heranwagen würde, durch das vermeintliche Haseiigeschrei anaezogen. Der Erfolg blieb nicht aus, nur ibar er etwas eigenartiger Natur. Ein Uhu nämlich daL.Vieh ist ebenfalls Liebhaber von Hasenfleisch horch und erblickte den musikalischen Jäger, sah dessen Pelzmütze für einen Hasenpelz an, stürzte sich auf den vermeintlich schreien­den Langohr und flog stolz mit drs Jägers Pelzmütze davon.

Aus der Schule. Lehrer:Wer brav ist und Gutes thut, der kommt in den Himmel. Was geschieht aber mit dem, der Böses thut?" Advo- katen-Söhnchen:Den verteidigt mein Vater!"

Gemeinnütziges.

Zum Has eneinkauf dürften den Haus­frauen folgende Winke willkommen sein: Gut erhaltene Augen deuten darauf hin, daß der Hase frisch geschossen zum Verkauf liegt. Sind die Augen des Tieres ein­gefallen, so ist der Hase schon einige Tage tot. Sind die Nägel an den Zehen, vor allem aber an den Hinterläufen noch schwarz, etwas spitz und scharf, so hat man es mit einem diesjährigen Hasen zu thun, sind aber die Nägel abgelaufen und an den Hinter­läufen grau, so ist es ein älteres Tier.

Zur Reinigung weißer Glace­handschuhe ohne Anwendung von Benzin gebraucht man eine Auflösung von Seife und heiser Milch. Es ist zweckmäßig, auf den halben Liter dieser Lösung einen zu Schnee geschlagenen Eidotter cinzurührcn und einige Tropfen Salmiakgeist zuzumischen. Die Handschuhe werden über die Hand gezogen und mittels eines Wollläppchens, das in die Mischung getaucht wird, abgerieben. Hängt man die Handschuhe im Schatten zum Trocknen auf, so bleibt das Lever weich.

Als Kitt für Glas wird feinster Leim in starker Essigsäure so gelöst, daß er eine dünne Masse bildet, empfohlen für Petroleumlampen; ein Brei von gebranntem Gyps mit Auflösung von Alaun oder mit einer mäßigen Lösung von Wasserglas, bis die Mischung Sirupdicke erhält.

ällfo'OTNOk'Kt! Doering's vortreffliche LL. dinvl L. 1,. Toilette-Seife mit der

Eule, bekannt als die lrssis clsr Woli, wird vielfach nachgeahmt. Man fabriciert eine qualitativ schlechte Seife, legt ihr aber den Namen Doering's Seife bei und sucht diese Fehlware als sollt« Doe­ring's Seife dem arglosen Käufer in die Hand zu spielen. Xsoni« Ooerino's 8«if« hat als Schutzmarke sine kluls, diese muß auf der Seife wie auf dem Etiquetre stehen und außerdem muß das Etiquett eine grüne Schlußmarke haben, lautend: ,,bku^ gsrsnkisrt sollt wenn bezeichnet Ntsi. «Sr kluls." Achter der ötäuser beim Einkäufe auf diese Merkmale, schützt er sich vor Schaden und Täusch­ung. ^sollte Oosiüklg's Seit« also die mit <t6t LOOO, ist zu 40 k*fg. käuflich in Calw bei I. C. Mayer s Nachf. , Emil Sänger a. Markt, A. Schaufler, Wieland § Pflcidcrcr (Federhaff'sche Apotheke).

Ln-gros-Verkauf: Ooerlng L 6c>., Frankfurt a. M.

Amtliche Kekllkutulllchiwskk.

Calw.

Bekanntmachung.

Dem Gesuch des Zieglers und Wirts Johannes Hertter in Martins­moos um die Erlaubnis, dem von seiner Ehefrau Margarethe geb. Klink in die Ehe gebrachten Kind Margarethe seinen FamiliennamenHertter" beilegen zu dürfen, ist am 16. v. Mts. von der K. Kreisregierung Reutlingen unter dem Vorbehalt etwaiger Rechte Dritter entsprochen worden, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.

Den 3. November 1893.

K. Oberamt.

Lang.

Möttlingen.

An Martini sind

520 Mark Afleggeld

gegen gesetzliche Sicherheit auszuleihen auf 1 oder 2 Posten und längere Zeit, bei Stiftungspfleger Lauxmann.

Calw.

Morgen Mittwoch, den 8. ds., mittags 1 Uhr, wird der

Grabenausschlag

von der Stuttgarter und Stammheimer

Straße meistbietend verkauft. Zusam­menkunft beim Schiff.

Stadtpflege.

_ Hayd.'

Revier Hofstelt.

KoLz-Wevkcruf

Samstag, --^den II. d. M., »vormittags 1 l sUhr, im Lamm in Agenbach, (vom Scheidholz der Hut Agen­bach :

Forchen-Sägholz 2,41 Fm. Ausschuß, 60 Stück tann. Derbstangen I. Kl., 2 Rm. tann. Reisprügel.

AltherigstetL.

Der Unterzeichnete nimmt die gegen Gottlob Söll von hier gemachten Aeuße-

rungen als unwahr zurück und bittet denselben um Verzeihung.

Den 3. November 1893.

Jakob Spöhr,

Gesehen:

Schultheißcnamt.

Flik.

VrivaL-Ameigen.

Verloren.

Von einem Soldaten wurde in hies. Stadt ein Brustbeutel mit Inhalt ver­loren. Der ehrliche Finder wird ge­beten, dens. abzugeben im Compt. d. Bl.

Ein

weißer Fudet,

2 Jahre alt, Hündin, ist billig zu ver­kaufen im Bahnhofgebäude Teinach.

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