127. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerülag und S »m 4 tag. ^ . cn.tr, Ab-nnementiprei» »terteljSbrltch in der Stadt SO Psg. aut

Die EiiirückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- S lk lll ö t ll Ü . ÜLU DKlÜttkk losO. 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i»

gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Pfg. ganz Württemberg Mk. I. 3b.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Ortsbehörderi für die Ardeiter- Verstcherimg

werden angewiesen, die im Wege des Umtausches an sie gelangten alten Quittungskarten bezw. Fehlanzeigen spätestens bis 5. November hierher einzusenden. Calw, den 27. Oktober 1893.

K. Oberamt.

Lang.

über die Gründung einer Zentralstelle für Geld­ausgleich. Das Referat hatte der Vereinsrevisor Fritsch übernommen, dessen klare und mit interessanten Beispielen belegte Ausführungen allseitige Zustimmung fanden. In der Diskussion stellte sich allgemein das dringende Bedürfnis heraus, eine solche Geldausgleich­stelle zu errichten. Dieselbe würde hauptsächlich dazu beitragen, die Genoffenschaftsbanken in den Stand zu setzen, ihre immer noch hohen Zinsen für Darlehen, Vorschüsse und Kontokorrentkredite herabsetzen zu können. Schließlich wurde auf Antrag von Geo rgii- Calw beschlossen, die Gründung einer Zentralbank einzuleiten und die anderen Genoffenschaftsbanken des Landes zum Beitritt einzuladen. Zur Organisation der Gründung wurde eine Kommission von vier Mit­gliedern bestellt, in die außer dem Referenten noch Stadtschultheiß Haffner-Calw, E. Georgii-Calw und G. Schmid-Nagold gewählt wurden. Die Kommission dürfte in etwa 4 Wochen ihre Vorarbeiten soweit ge­fördert haben, um eine neue Versammlung einberufen zu können, für welche Nagold bestimmt wurde.

^ (Staatsanz.)

Liebertzell, 22. Okt. Anläßlich der Vollend­ung des Umbaus unserer Kirche durch die Staats­finanzverwaltung haben die bürgerl. Kollegien ein­stimmig beschlossen, dem hies. ersten Stadtpfarrer Weitbrecht als Zeichen aufrichtiger Dankbarkeit für seine vielen Mühen, die er anläßlich dieses von ihm ins Leben gerufenen Bauwesens hatte, sowie in Würdigung seines nahezu 20jährigen segensreichen Wirkens hier -das Ehrenbürgerrecht der Stadt zu ver­leihen. Eine Absendung der bürgerlichen Kollegien unter Führung von Stadtschultheiß Schneider hat heute die von einem Künstler angefertigte Urkunde in feierlicher Weise übergeben. Der Gefeierte, überrascht und hocherfreut von dieser ihm erwiesenen Ehre, dankte

gerührt in längerer Rede. Die Einweihung der Kirche wird am kommenden Sonntag in feierlicher Weise stattfinden.

Stuttgart, 23. Okt. Am 17. Juli d. I. verunglückte bei einer Uebung der Cannstatter Feuer­wehr der Dreher Arnold. Zur ersten Hilfeleistung bei dem schwer Verletzten wurde als Oberamtsarzt Medizinalrat Dr. Blezinger gerufen. Ueber sein Verhalten brachte dieSchwäb. Tagwacht" vom 18. Juli eine scharfe und verletzende Beurteilung, welche imBeobachter" vom 20. Juli abgedruckt wurde. Wegen dieser Besprechungen stellte nun Dr. Blezinger Strafantrag gegen die Redakteure I. Geiger und C. Schmidt. Infolge dessen erhob die K. Staats­anwaltschaft öffentliche Klage wegen Beleidigung und beantragte Eröffnung einer Voruntersuchung. In deren Verlauf ergab sich, daß die Artikel von einem Berichterstatter ausgingen, welcher auf falschen und mißverstandenen Thatsachen fußte. Mit Rücksicht auf diesen Hintergrund der Berichte regte der Vorsitzende der Strafkammer I, Landgerichtsrat Lemppenau, vor Eintritt in die heutige Hauptverhandlung eine gütliche Erledigung der Sache an. Dr. Blezinger sowie dis Angeklagten, denen RA. Schickler und RA. Fr. Haust- mann zur Seite standen, erklärten ihre Bereitwillig­keit, auf den Vorschlag einzugehen. Doch bedurfte es noch der gemeinsamen, ernstgemeinten Bemühungen des Vorsitzenden, des I. Staatsanwalts Nestle und der Verteidiger, bis eine Form der Zurücknahme ge­funden wurde, welche zugleich dem Hr. Dr. Blezinger Genugthuung zu bieten und dem Ansehen der Re­dakteure bei ihrem Leserkreis nicht zu nahe zu treten schien. Endlich einigte man sich dahin: die Angeklag­ten nehmen nach Kenntnisnahme des wahren Sach­verhalts mit dem Bedauern, durch unrichtige Bericht-

An die Ortsnorsteher.

Die noch ausstehenden Berichte über die Er­ledigung der Oberfeuerschaudefekte (Bez.-Amtsbl. Nro. 122) sind unfehlbar binnen 3 Tagen zu erstatten.

Calw, den 27. Oktober 1893.

K. Oberamt.

Lang.

Tayes-Neuigkeiten.

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Seine Majestät der König haben am 23. Ok­tober d. I. allergnädigst geruht, auf die neuerrichtete, erstmals im Patronat der Krone zu besetzende katho­lische Stadtpfarrei Calw den Stadtpfarrverweser Schwa ier daselbst zu ernennen.

Calw, 23. Okt. Gestern fand im hiesigen Rathaussaal die Jahresversammlung der freien Ver­einigung einer Anzahl Genossenschaftsbanken statt. Vertreten waren 12 Vereine durch 46 Delegierte; zum Vorsitzenden wurde Stadtschultheiß Hoffner-Calw gewählt. Das Hauptinteresse der Versammlung kon­zentrierte sich auf Punkt 3 der Tagesordnung, Bericht

heimlich ins Haus schaffen, und weil wir keine Kameraden bei dem Geschäft haben wollten, thaten wir's allein, Ihre Mutter und ich," betonte er mit höhnischem Nach­druck.Der Frau Reinberg gebührt auch die Ehre, daß sie's war, die zunächst den Plan gefußt hat zu dem Handel, denn erst hat sie's allein gemacht, wie's klein an­gefangen hat, wie's aber ins Große ging, hat sie's nicht mehr allein ausführen können und mich ins Vertrauen gezogen."

Hermann war totenblaß geworden. Er stöhnte laut auf und stützte sich schwer mit dem Arm auf die Stuhllehne.

Ja," fuhr Wwkelbach höhnend fort.Sie haben's damals nicht geahnt, junger Herr, woher all' die schönen blanken Thaler kamen, die Ihnen die Mutter nachgeschickt hat, als Sie auswärts auf den Schulen waren, oder als ein flotter Einjähriger bei den Soldaten standen? Das Gut und das bißchen Fruchthandel, die allein thaten's nicht. Das muß man auch sagen, die Frau ging schlau zu Werk, wcnn's nicht ganz sicher war, ließ sie mich allein draußen mit den andern machen, wir brachten dann die Kistchen in die alten Burgkeller am Ginsterbcrg und ver­bargen sie in den Gängen und Verließen. War dann die Luft wieder ganz re« und keine Überraschung mehr zu fürchten, dann holten wir sie zusammen heraus und schafften sie durch den Hinterbau ins Haus, in den großen Fruchtsäcken wurden sie verborgen und fortgeschickt. Ich fuhr mit und sorgte dann schon dafür, daß si« richtig an Ort und Stelle abgeladen wurden, das heißt, an die Firma kamen, von der wir Bestellungen hatten. An dem Abend, als die Geschichte passierte mit dem Grenzaufseher, hatten wir besonders viele und teure Sachen; ich konnt's nicht allein machen, und Ihre Mutter mußte auch mit, obwohl sie in der letzten Zeit sich immer fein fern gehalten hatte. Die von jenseits hatten uns gesagt, es sollte gefährlich sein in dieser Nacht, die Grenzleut' hätten Wind davon bekommen und wären uns auf den Fersen; so wollten wir die Kontrebande schnell in Sicherheit bringen. Auf einmal, droben mitten auf der Heid, da taucht plötzlich so ein Kerl vor uns auf. Gutwillig wollten wir nichts hergeben, er griff nach seinem Gewehr und ich nach

Jeuitteton.

Brandkäthe.

Aus den Papieren eines Dorfschulmeisters.

Von A. Linden.

(Fortsetzung.)

Hermann wies darauf hin. Winkelbach wankte zu dem Tische, goß sich nach­einander zwei Gläser ein, die er jedetmal auf einen Schluck leerte; beim dritten nahm er einen kleinen Imbiß, dann ließ er sich nieder in den Korbsessel, der in der Nähe stand, und bemerkte höhnend, die Herren sollten sich doch auch setzen,die Geschichte ist dazu lang genug."

Wir beide waren jedoch viel zu erregt, seinem Beispiel zu folgen.

Reden Sie!" drängte Hermann.

Winkelbach nahm noch einen Schluck, dann sah er sich spöttisch um und begann:

Wie behaglich sitz' ich hier bei Schinken und Wein! Wer mich so säh', sollt' nicht glauben, daß ich von hier direkt ins Gefängnis geh! Also Eure Mutter, Hermann, muH mit, d'ran wird nichts zu thun sein."

Es schien ihm Freude zu machen, Hermann in solcher Weise auf die Folter zu spannen.

»Ich hab's gcthan, und sie hat's ausgedacht; damals mit dem Grenzaufseher, nicht die Käthe ist's gewesen, sondern die vornehme Frau Remberg, die mit mir über die Heide ging. Wir hatten das Schmuggelgeschäft schon lange getrieben. Gs blühte und brachte was Schönes ein. Die Leute von jenseits der Grenze schafften die Kistchen mit den feinen, teuren Spitzen und dem Band bis oben in die eide, ms Dorf bis zu uns wagten sie sich nicht, wir mußten dann die Sachen