124. Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw. 68. Jahrgang.
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die EinrücknngSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Psg. die Zeile, sonst IS Psg.
^ «i ^). Tayes-Neuitzkeiten.
Vom Totschlag in Liebenzell "" schreibt man dem „Pforzh. Anz.": Die Voruntersuchung gegen die Ehefrau des Löwenwirts Karl Faas wird in den nächsten Tagen geschlossen werden. Die dringend Verdächtigte gibt nicht zu, ihren Mann in der Nacht vom 1. auf 2. Oktober getötet zu haben, sie will überhaupt gar keine Ahnung noch Wahrnehmung von der That gehabt haben. Die Blutspuren, die an ihrem Unterrock und der Schürze vorhanden waren,- sucht sie auf einen vorübergehenden Zustand zurückzuführen. Es ist aber noch ihre Jacke (Taille), die sie am Abend vor der That anhatte, vorgefunden worden.. Dieselbe weist ebenfalls Blutstecken auf. Es schwindet so immer mehr die Vermutung, ein anderer, insbesondere eine Mannsperson, hätte die That verübt. Es ist auch unrichtig, was andere Blätter berichteten, die verhaftete Ehefrau sei wegen Krankheit im städtischen Krankenhaus in Calw untergebracht worden. Anfangs weigerte sie sich im Gefängnis, Speisen zu sich zu nehmen. Ihr Gesundheitszustand ist ein normaler. Sie wurde am Montag abend, den S. Oktober, ins Gerichtsgefängnis nach Calw verbracht. Die That wurde bekanntermaßen am selben Tag kurz vor 1 Uhr in der Nacht entdeckt. Am Dienstag, den 3. Oktober, wurde die Verhaftete wieder von Calw nach Liebenzell verbracht, wo die Sektion des Getöteten teilweise in ihrer Gegenwart und der des l. Staatsanwalts von Tübingen stattfand. Sie zeigte dabei weder Reue noch sonst besondere innere Empfindungen und ward wieder nach Calw zurückverbracht. Bei diesem Transport begegnete sie einer befreundeten Frauensperson; dabei erregte sie eine Szene, indem sie derselben 'um den Hals fiel und jammerte, wie es ihr jetzt gehe. Von
Samstag, den 21. Oktober 1893.
dem Transporteur darauf aufmerksam gemacht, warum sie sich jetzt so benehme, fing sie gleich ein anderes gleichgiltiges Gespräch an. Der Polizeidiener von Liebenzell, welcher kurz vor der Totschlagsentdeckung in der Löwenwirtschaft Feierabend geboten hatte, wo der Getötete und die Ehefrau anwesend waren, sagte aus, daß er gehört habe, wie hinter ihm das Haus verschlossen worden sei. Betreffs der Ausflüchte der Verhafteten, dahin gehend: ihr Mann hätte noch nachher das Haus verlassen, haben sich nicht die geringsten Anhaltspunkte ergeben. — Als der Bäckergeselle, welcher von oben aus dem Schlafzimmer herab kam und den röchelnden Dienstherrn daliegen sah, die Frau fragte, ob er die Eltern (also die des Getöteten) herbeiholen solle, sagte die Frau: „Es pressiert nicht so." Die Sektion des Leichnams des Getöteten hat ergeben, daß die Hirnschale ganz durchlöchert war. Es haben sich 10. Hiebwunden ergeben, die alle auf Schläge mit dem Holzäxtle zurückzuführen sino, welches versteckt und abgewaschen vorgefunden wurde, nachdem es vorher, an der Schneide rostig, offen in der Backstube dagestanden war. Eine einzige größere Wunde war schon allein dazu angethan, den Tod herbeizuführen. Ueber das Ergebnis der Hauptverhandlung werden wir s. Zt. ausführlich berichten. Zu beklagen ist noch, daß von gewissenlosen Personen zwei hiesige Bewohner verdächtigend ins Gerede gezogen worden sind. Der bei dem Getöteten seit 4. Sept. d. I. in Arbeit gestandene 18 Jahre alte Bäckergehilfe von Oberthalheim, welcher gegenwärtig in Pforzheim in Arbeit steht, fand, als er die Eltern nach Entdeckung des Totschlags herbeizuholen im Begriffe war, die Hausthüre nicht verschlossen. Der Getötete lag bei der Thüre, die ebener Erde in die Wirtschaftsstube führt, das Gesicht zu Boden gekehrt. Die Verletzungen
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fanden sich alle auf der vorderen Kopfseite vor. Der Frau Scheuernhard von Liebenzell gegenüber hat sich die Verhaftete früher geäußert: Sie versichere sie, daß sie ihren Mann noch mit dem Aextle totschlage. Bei dem Getöteten fand man noch die Uhr, über 9 ^ in Geld und 2 Schlüssel. Ein Raubmord dürfte so auf alle Fälle ausgeschloffen sein, obwohl auffallend ist, daß die Thüre des Hauses, die bei Nacht von innen in der Regel verschlossen war, nur ins Schloß gedrückt war.
Zuffenhausen, 18. Okt. Bei der heute trotz der ungünstigen Witterung abgehaltenen Hofjagd in den Waldungen bei der Schlotwiese wurden 17 Fasanen, 3 Rehe und 72 Hasen erlegt.
Eßlingen, 18. Okt. Bei den Abgrabungen an der neuen Brücke wurden in geringer Tiefe einige Särge mit Skeletten gefunden.
— Den Klagen der Obstzüchter über die billigen Obstpreise begegnet ein L. gezeichneter Artikel im „Oberschwäb. Anz." mit folgenden Betrachtungen: Daß das Obst mit Ausnahme von Heuer und anno 1889 stets gute, ja hohe Preise erzielte, an das denken viele nicht mehr. Der billig denkende Landmann gönnt seinen Mitmenschen auch etwas und denkt daran, daß Heuer statt 1 Zentner 3 und 4 Zentner gewachsen sind und wenn man hiernach rechnet, so kommt man immerhin auch dieses Jahr wieder zu einem ordentlichen Mittelpreis. Die geringe Mehrarbeit muß man auch nicht zu hoch anschlagen. Der Hauptfehler, welchen so manche Obstzüchter dieses Jahr gemacht haben, ist der: vor 6 und mehr Wochen haben sie aus übelangelegter Sparsamkeit halbreifes, grünes Abfallobst und fades Frühobst in Masse gemostet und obendrein noch Kübel Wasser darangeleert, statt diesen
Iseuittet on.
Brandkäthe. """"
Aus den Papieren eines Dorfschulmeisters.
Von A. finden.
(Fortsetzung.)
Beim roten Scheine der noch flackernden Glut sah ich, wie Hermann Reinberg «bleichte und ein Zug tiefen Erschreckens sein Gesicht überflog. Unsicher streiften seine Augen das Mädchen, das blaß, kalt und stumm dastand und seinen Blicken auswich in scheuer Furcht.
„Wie kommt Ihr dazu, sie zu beschuldigen, Harum soll sie es gethan haben, welche Beweise habt Ihr?" fragte er hastig.
„Die Verbrecherin ist auf frischer That ertappt," entgegnete Hörning, „sie hat vorhin an der Thalmühle gestanden und durchs Fenster hinein gesehen, wie Ihr den Verspruch gefeiert habt, dann ist sie fortgelaufen schnurstracks hierhin, und als der Jörg vom Buntenhof hier vorbeigekommen ist, da hat er gesehen, wie sie verborgen unterm Thorweg stand. Er hat gleich gedacht, „was mag doch die Käth. hier wollen, sicher nichts Guts," dann hat er noch ein wenig gewartet, da ist sie hinein gegangen in den Garten und er hat nichts von ihr sehen können, als er ihr aber nachgegangen, hat er bemerkt wie sie am Lagerhaus gestanden hat, dicht unter dem offenen Fenster, und es hat ausgesehen, als hätte sie einen Feuerbrand in der Hand. Gleich darauf ist die Flamme aus Dach und Fenster herausgeschlagen, da hat er die Käth' gefaßt und hat's ihr auf den Kopf gesagt, daß sie das Feuer angezündet hält'. Als dann die Knechte kamen und die anderen, da haben sie zuerst nicht mehr acht gegeben auf die Käth' und sie hält' wohl entwischen mögen, aber s,e hat noch die Frechheit gehabt, daß sie stehen blieb und zusah, bis ich kam und
nach der Ursach' des Brandes frug. Da hat mir's der Jörg erzählt und die anderen sagten auch dazu, was sie wußten; so Hab' ich die Dirn' denn gleich arretiert und werd' sie noch in dieser Nacht nach Halmstädt bringen. Eingestehen will sie zwar nicht, aber leugnen kann sie auch nicht. Daß sie's gethan hat, ist sicher, denn sie hat einen Haß auf Sie, Herr Remberg, sonderlich heut' von wegen —"
Der Mann stockte und wußte wahrscheinlich nicht die Worte zu finden. Doch Hermann erriet wohl, was er hatte sagen wollen; eine dunkle Röte überzog sein Gesicht.
^Laßt das Mädchen gehen, Hörning, ihre Schuld ist ja doch nicht erwiesen und uns liegt nichts dran, daß sie bestraft wird."
„Thut mir leid, Herr Reinberg, geht jetzt nicht mehr," entgegnete Hörning, sich stol» in die Brust werfend. „In solchen Fällen schreitet sogleich das Gesetz ein, auch wenn der Beschädigte selbst keinen Strafantrag stellt."
Hermann unterließ denn auch jeden wetteren Versuch zur Befreiung Käthe». Ohne einen Blick für das Mädchen zu haben, schritt er hinweg. Sie sah ihm nach wie ein Ertrinkender dem entschwindenden Schiff, von dem er Rettung gehofft, und ein leises, dumpfes Stöhnen entrang sich ihrer Brust.
Da hielt mich's nicht länger zurück. In wenigen Schrillen war ich an ihrer Sette und hatte ihre beiden Hände «faßt, jede andere Rücksicht vergessend.
„Käthe, liebe Käthe, armes, armes Kind! Ich weiß, daß Du unschuldig bist, jetzt ebenso wohl wie damals, als man Dich gerade so ungerecht beschuldigte; und ich leide es nicht, daß Sie dich fortführen wie eine Verbrecherin!' rief ich, ohne eigentlich zu bedenken, was ich sprach.
„Herr Schulmeister!" sagte Hörning mit strenger, mahnender Stimme dazwischen, „ich muß Sie bitten . . ."
„Warum, o warum willst Du schweigen, rede doch, sage doch, daß Du's nicht gethan hast! Käthe, Käthe, sprich doch!' drängte ich, ohne auf seine Worte zu achten.
Sie sah mich zuerst an, irr und verständnislos, dann aber brach ein Strahl warmer Dankbarkett aus ihren Augen.