120. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 68. Ilchrsarrr.
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Donnerstag, den 12. Oktober 1893
AbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stabt 90 Pfg. ««A 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst 1» ganz Württemberg Mk. 1. 35.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsbehörden für die Arbeiter- Versicherung
werden, soweit sie noch im Rückstand mit Einsendung der Listen über die fingierten Steuerkapitale sind, an deren sofortigen Vorlage dringend erinnert.
Calw, den 9. Oktober 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Die Ortsvorsteher
werden veranlaßt, die Empfangsbescheinigungen über die Unterstützungen an die Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften binnen einer Woche hierher vorzulegen.
Calw, ven 10. Oktober 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Tages-Ueuitzkeiten.
Calw. Letzten Sonntag Abend hielt Herr Prof. Haug im evang. Männerverein einen Vortrag über den in der Luft enthaltenen Staub und seine Bestandteile. Der Redner lehnte sich in seinen Ausführungen im wesentlichen an eine Abhandlung von Leopold Dessau an, die kürzlich in Westermanns Monatsheften erschienen ist. Der Hauptinhalt des Vortrags bestand in Folgendem:
Staub ist feste oder flüssige Materie im Zustande feinster Verteilung und ist das Endprodukt der mechanischen Zertrümmerung aller möglichen Substanzen. Er ist daher nicht nur überall im Gefolge menschlicher Thätigkeit, auf Straßen, in den Werk
stätten und Fabriken, sondern er entsteht auch durch die Verwitterung der Gebirgsarten, die Reibung des Windes an den Felsen, des Wassers der Flüsse und Meere an den Ufern. Selbst aus dem Weltraum schlägt sich Staub auf die Erde nieder, wie Norden- skiöld fand, der auf den Schneefeldern Grönlands Spuren eines schwärzlichen eisenhaltigen Staubs entdeckte. Staub stammt also überall her und findet sich überall vor, hinter fest verschlossenen Fenstern und Thüren ebensowohl, wie in den höchsten Regionen der Atmosphäre. Seit etwa 60 Jahren hat man sich mit diesem allgegenwärtigen Stoff wissenschaftlich beschäftigt, ihn mittelst sinnreicher Methoden gewogen und gezählt, und auf seine Bestandteile untersucht. Tissandier fand in Paris in 1 obm. Luft nach einem Regen 6 wx., nach längerer Trockenheit 23 mx. Helmholtz in Berlin und der englische Gelehrte Aitken haben sich besonders mit der Zählung der Staubkörner in der Luft befaßt, Aitken untersuchte die Lust im Zimmer, am Meere und im Gebirge, in England, der Schweiz, Südfrankreich und Italien und fand in 1 oom Luft im Zimmer Millionen, im Freien 130,000 bei trockener Luft, nach einem Regen 30,000, nirgends aber weniger als 50 Staubpartikelchen. Eine besondere für den Menschen teilweise sehr gefährliche Art von Staub sind die mikroskopisch kleinen Lebewesen, gewöhnlich Bakterien genannt, die gleichfalls überall Vorkommen. Neben den unschädlichen bezw. nützlichen Schimmel- und Hefepilzen treten hier die Erreger und Träger von Wundstarrkrampf, Rose und Diphterie auf. Prof. Manfredi hat zu Monaco in 1 xr Straßenstaub 3 Millionen, in Neapel sogar 5000 Millionen Bakterien gezählt. Giftig ist der Staub mancher, besonders chemischer Industrien, gefährlich Staub, welcher große
Mengen, wenn auch noch so kleiner, Splitter von Gesteinen oder Metallen enthält, wegen der fortgesetzten Verwundung der Atemorgane. Hierher gehört der Staub aus der Werkstätte des Steinhauers, den Gipsmühlen, Cementfabriken, Nähnadelfabriken, Baumwollspinnereien u. s. w. Der Staub in Mühlen und Kohlenbergwerken schließt die Gefahr von Explosionen in sich. Neben diesen unliebenswürdigen Eigenschaften entdecken wir an dem Staube aber auch noch andere, durch die er uns einigermaßen mit den ersteren wieder aussöhnt. So zeigte der Redner unter Anführung wichtiger Versuche der Engländer Tyndall und Aitken, daß außer dem Wasierdampf der Luft insbesondere der Staub es ist, dem wir das zerstreute Tageslicht, die blaue Farbe des Himmels, die Pracht der Morgen« und Abendröte verdanken, nicht zu vergessen die wunderbaren Dämmerungserfcheinungen des Winters 1883/84. Ferner spielt der in der Atmosphäre enthaltene Staub eine höchst wichtige Rolle bei der Entstehung der Gewitter und des Regens überhaupt. In letzterem Falle übernehmen die Staubteilchen die Rolle von Ansatzkernen, welche den Wasserdampf zuerst in der Form von Wassertröpfchen an sich ziehen. So wird der Staub die Ursache nicht nur des feinen Dunstes, der an heißen Sommertagen die Landschaft verschleiert, sondern auch von Regen und Nebel. Schließlich erwähnte der Vortragende noch die Versuche, die man angestellt hat, um die Luft abege- schlossener Räume und selbst ganzer Städte vom Staube zu befreien. Versuche von welchen die letzteren freilich bisher so ziemlich ergebnislos gewesen sind.
* Calw, 11. Okt. Die gestern abend im „Badischen Hof" stattgefundene Versammlung des Evangelischen Bundes war von den Mitgliedern nur mäßig besucht. Nach einer kurzen Begrüßung
Jeuitketon.
BranÄäthe. """""""
Aus den Papieren eines Dorfschulmeisters.
Von A. finden.
(Fortsetzung.)
„Sprechen Sie solche Vermutung nicht aus, reden wir nicht weiter darüber! 'Ich wollte Ihnen nur Aufklärung geben über die rätselhafte Geschichte, die Klärchen gestern in Ihrer Gegenwart erzählte, jetzt aber muß ich eilen, daß ich heim komme, die Mutter ist krank und liegt zu Bette, und der Verwalter fehlt doch an allen Ecken, da liegt alles auf mir."
Am selben Abend auch bekam ich Antwort auf meinen Brief an meinen Freund. Derselbe schrieb, die Bezeichnet«» seien schon wegen Schmuggelei bestraft, und weil er meine Anfrage der Polizei mitgeteilt, sei dieselbe von neuem den Beiden auf der Spur.
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Nach den Stürmen und Regenschauern des Herbstes kam allgemach der Winter und hüllte über Nacht Berg und Thal, Flur und Wald in ein weißes Schneegewand. Als die letzten Blätter hernieder rieselten von den kahlen Zweigen und sturmverweht in irgend einem stillen Winkelchen am Boden sich müde zur Todesruhe betteten, da ging auch Käthe'S Vater, der müde, gebrochene Mann, ein zur letzten Ruhe. Nur ^ wenige waren es, die seinem Sarge folgten. Hermann Reinberg war nicht unter ihnen, ich aber konnte es mir nicht versagen, Käthe, die still am Grabe ihre« Vaters stand, in inniger Teilnahme die Hand zu drücken und sie zu büten, auf mich zu zählen, wo irgend sie eines Freundes bedürfe. Außer mir gaben nur noch Vater -Hall und die beiden Freundinnen, Klärchen und Marie, dem Toten das letzte Geleit.
Auch Konrad war zu dem Begräbnis herübergekommen, und ich beobachtete, wie seine und Klärchens Blicke mit dem Gruße inniger Liebe sich begegneten und trotz der Trauer des Augenblicks doch die Freude des Wiedersehens wie Sonnenlicht aus Wolkendunkel aus beider Augen leuchtete. Konrad hatte, wie er mir sväter sagte, eine einträgliche Stelle bekommen in der Fabrik, in welcher er schon früher gearbeitet hatte. Er durfte jetzt nicht lange bleiben, zum Weihnachtsfeste wollte er wiederkommen.
Hin und wieder besuchte ich den kleinen Johann, ich traf dann auch meist Käthe zu Hause, weil sie jetzt im Winter nichts Brauchbares zu ihrer Arbeit fand und gewöhnlich im Hause beschäftigt war. Sie kam mir ruhig und freundlich entgegen und doch lag stets ein tief schmerzlicher Zug auf ihrem Gesicht, als ob ein geheimer Kummer sie quäle. Wohl wußte ich, was dies sei, wem daL ruhelose Verlangen ihres Herzens galt, und diese Erkenntnis hielt mich ab» jenes Wort zu sprechen, das sich so mächtig auf meine Lippen drängte jene eine Frage, ob sie mein Weib werden, sich mir verbinden wollte in Lust und Weh, Freud' und Leid; ob meine Liebe sie schützen dürfe vor Kränkung und Hohn, Sorg' und Kummer.
Für Johann war's stets ein Freudentag, wenn ich kam, und wenn ich seine leuchtenden Augen sah, nahm ich mir jedesmal vor, meinen Besuch bald zu wiederholen ungeachtet des GeredeS der Leute, die schon allerlei Bemerkungen und Vermutungen zischelten über den neuen Schulmeister und die Brandkäthe. Eines Sonntags nachmittags, als ich, nachdem ich meinen Organistendienst in der Kirche versehen , behaglich in der wohlgeheizten Stube einsam bei meiner Taffe Kaffee saß, klopfte es kräftig an die Thür, und auf mein „Herein!" erschien Peter BordmannS stämmige Gestalt.
„Guten Tag, Herr Schulmeister!" rief er, sich den Schnee von der Pelzmütze klopfend und mir derb die Hand schüttelnd. „Haben's gemütlich warm hier drinnen, s'ist aber auch ein schönes Winterwetter draußen.