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Tages Neuigkeiten.

Nagold, 2. Okt. In Voruntersuchung wegen Brandstiftung bezw. Beihilfe dazu wurde vor einigen Tagen ein vierter Lehrling genommen. Sowohl der Gemeinderat Nagold als auch der K. Verwaltungsrat der Gebäudebrandversicherungsanstalt haben je eine Prämie von 500 ^ demjenigen aus­gesetzt, welcher Mitteilungen machen kann, die zur Verurteilung des Brandstifters vom 18. Sept. führen.

Neuenbürg, 2. Okt. Während der letzten Wochen wurde die am Westabhang des Schloßberges inmitten des Friedhofs überaus malerisch gelegene frühere Burgkapelle zu St. Georg, die bei un­günstigem Wetter als Friedhofkapelle dient, einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Es war dies schon lange ein Notwerk, da das hübsche Kirchlein sehr vernachlässigt worden war, aber wegen der be­deutenden Kosten wurde es immer wieder verschoben. Bei der Ausscheidung des Kirchenvermögens wurde zwischen dem Kirchengemeinderat und der Gemeinde­vertretung ein Uebereinkommen getroffen, das die Ausführung des längst gehegten Planes ermöglichte. Das Holzwerk und das zum Teil sehr schöne Gebälk wurde ausgebefsert, der Kirchenboden neu mit Stein­platten belegt. Mit schonender Hand wurden die Zeugen einer ruhmreichen Vergangenheit, Grabsteine früherer Burgvögte, Untervögte, Forstmeister, Burg­pfarrer und ihrer Angehörigen, die teilweise zum Bodenbelag und als Schlußsteine der zahlreichen Grüfte dienten, vor der Zerstörung bewahrt, indem sie an den Seitenwänden des Chors aufgestellt wor­den sind. Die Grabsteine haben mit Ausnahme eines einzigen keinen künstlerischen Wert, doch verdienen sie als Urkunden zur Geschichte der Burg und Stadt Nuvenburg" pietätvolle Schonung. Unter den Burg­vögten sind besonders die Familien derer von Sachsen­heim, Gültlingen und Wöllwarth vertreten. Auch der Grabstein eines Pfarrers Kaspar Reiner, der60 Jahre gepredigt und nach vielen Gefahren in Christi Gnad starb im 86. Jahre", fand sich. Die Kapelle wird schon in Urkunden vom Anfang des 14. Jahr­hunderts genannt.

Neuenbürg, 2. Okt. Am Samstag vor­mittag ereignete sich in Feld renn ach ein trauriger Unglücks fall, der an den kürzlich aus Neckarsulm gemeldeten erinnert. Das 5jährige Kind des Webers Andreas Fauth geriet, nur mit einem Hemdchen be­kleidet, an den im Hause befindlichen Backofen, in welchem Obst gedörrt wurde. Das Kind wollte sich wahrscheinlich ein Stückchen herausholen, wobei sein Hemdchen Feuer fing und es schreckliche Brandwunden erlitt. Die Mutter war auf dem Kartoffelacker, der Vater auch nicht anwesend. Als der letztere kurz darauf heimgekehrt war, rief er leider nicht sofort den Ortsarzt, sondern vertraute das arme Geschöpf der Hilfe einer Nachbarsfrau, welche zur Linderung der gräßlichen Schmerzen Hausmittel angewendet hat.

Am Sonntag morgen starb das bedauernswerte Kind. Der Fall wurde gestern noch dem Oberamt und Amtsgericht angezeigt. Letzteres begiebt sich mit dem Gerichtsarzt heute an Ort und Stelle. Erst vor wenigen Tagen wurde den Eltern ein jüngeres Kind beerdigt.

A Schömberg OA. Neuenbürg. Der Mat­thäus Rentschler, Friedr. S. von hier, welcher seinem eigenen Bruder, dem Oekonomen Friedrich R. etwa 40 Stück Stämmchen und größere Aeste an dessen Eichenpflanzung abhieb, ist nun in Anklage­stand wegen Sachbeschädigung versetzt. Das allbe­kannte Gasthaus zumOchsen" hier ist abgerissen worden und läßt nun der Besitzer Küster er einen massiven Neubau auf dem Platze erbauen.

Stuttgart, 3. Okt. Der heutige Wochen­markt ist für einen Dienstag außerordentlich gut befahren. An Obst und Trauben wurden 1600 Körbe auf dem Großmarkt gewogen. Aepfel und Birnen kosten 56 -H, Zwetschgen 4 --Z, Pfälzer Trauben meist 22 -rZ, blau 25 im Großen. Zwiebeln 6^/- der Zentner, 7 das Pfund. Aus dem Gemüse­markt wurden die Preise des letzten Marktes fest­gehalten. Blumenkohl, schön, von 2050 A Filder- kraut 1420 -H; Bohnen stiegen etwas im Preise; Wachholderbeeren kosten 20 Champignon 1 Steinpilz 50 ^ das Pfund im Kleinen. Der Blumen­markt ist reich an prächtigen Rosen, Gladiolen, Canna, Veilchen und Gebinden. Zum erstenmal erscheint, eine Seltenheit in dieser Zeit, Helleborus Niger (Christ­blume) in mildem Weiß.

Stuttgart, 3. Okt. Kartoffelmarkt. Zufuhr 600 Zentner. Preis per Zentner 3 bis 3 ^ 30 -A- Krautmarkt. Zufuhr 5200 St. Preis 18 bis 20 per 100 Stück. Mostobst- markt. Wilhelmsplatz. Zufuhr 20,000 Ztr. württ. Mostobst. Preis per Zentner 3 -//ö 20 bis 3 50 -TZ, Bratbirnen 3 80 A

Weinpreise. Besigheim, 2. Okt. Lese bei gutem Wetter beendigt. Erzeugnis 4000 bl. Ausstich Bergwein 170180 gut mittel Gewächs 141145 pro 3 bl. Großingersheim. Käufe zu 115120 ^ pro 3 bl. Bönnig« heim. Käufe zu 107, 107, 110118 -/A pro 3 bl für gem. Gewächs, 115110 ^ für rotes. Cleebronn. Verkauft zu 112120^ pro 3 bl. Sternenfels. Preise von 110130 ^ pro 3 bl. Großbottwar. 5 Eimer zu 120 ^ pro 3 bl und 3 ^ in Kauf verkauft. Winzer­hausen. Gestern 50 bl verkauft; 100 ^ pro 3 bl.

Fellbach, 2. Oktober. Vorgestern wurde in einem Weingärtnershause, während die Bewohner auf dem Felde waren, von hinten ein gestiegen und mit einer Pfahlhape Kasten und Komode erbrochen. Ohne Zweifel hatte es der Einbrecher auf das Geld abgesehen, das einige Tage vorher durch den Ver­kauf eines Paar Ochsen erlöst wurde; dasselbe war

in der untersten Schublade der Kommode aufbewahrt.. Doch ehe er mit seiner Brecharbeit an diese kam, wurde er durch die Heimkunft des Hausbesitzers gestört und suchte das Weite, ohne erkannt zu werden.

Schorndorf, 1. Okt. Welch reicher Obst« fegen den Ortschaften, welche auf den beide Seiten des Remsthales umgebenden Höhen liegen, in diesem Jahre zu teil geworden ist, zeigten die außerordentlich großen Zufuhren von Mostobst zu den beiden letzten hies. Obstmärkten. Gestern wurden gegen 3000 Ztr. Mostobst, besonders viele Luikenäpfel, dem Markt zu­geführt, so daß der ganze große Marktplatz die Menge der Wagen kaum fassen konnte. Der Verkauf war diesmal ein etwas langsamer, und die Preise gingen ein wenig zurück, doch wurden für den Ztr. noch 3 ^ bis 3 ^ 50 ^ bezahlt.

Großbottwar, 2. Okt. Ganz überrascht wurden wir heute Nachm, durch den plötzlichen Aus­bruch eines ziemlich starken Herbstgewitters bei einer Temperatur von nur 10° R. Das Gewitter kam von N.W.W., zog nach O. und führte neben heftiger elektr. Entladung reichlichen Niederschlag mit sich..

Kleinbottwar, 1. Okt. Aus ganz unbe­kannter Quelle kursieren hier verschiedene Exemplare. falscher 50Markscheine. Untersuchung ist eingeleitet.

Aus dem Oberamt Münsingen, 1. Okt.. Gestern hat das Amtsgericht in der Pfleganstalt Zwie­falten gegen eine Anstaltswärterin wegen Kindstötung Untersuchung eingeleitet, welche ergab, daß das heim­lich geborene lebensfähige Kind durch Erstickung ge­tötet worden ist.

Helmlingen» Amts Kehl, 2. Okt. Dieser Tage war hier Einquartierung von dem aus den Manövern heimziehenden 30. Artillerieregiment. Hierbei bekam der verheiratete Landwirt K., Vater von vier Kindern, zwei Pferde in den Stall. Als er am nächsten Morgen sein eigenes Pferd füttern wollte, erhielt er von einem Artilleriepferd einen sol­chen Schlag auf den Leib, daß er sofort tot war.

München. Als Prinz Ludwig von Bayern während der Kaisermanöver um Metz jüngst im Ba» zaine-Schlößchen bei Frau Generalin v. Giehrl Quar­tier genommen hatte, wurde ihm eine Geldkassette mit über 3000 Barinhalt gestohlen. Der Dieb ist nunmehr ermittelt und zur Haft gebracht worden. Es ist der Dreijährig-Freiwillige Spät des 1. Feldartillerie- Regiments, der als Ordonnanz eines Offiziers kom­mandiert war.

Augsburg, 2. Okt. Eine Szene, die an. das bekannte BildDer Löwe kommt" erinnerte, spielte gestern abend auf dem hiesigenPlärrer", wo. während der Dultzeit die verschiedensten Schaubuden aufgestellt sind. Zur Zeit befindet sich daselbst eine, kleine Menagerie. Aus derselben stürzten plötzlich in. wilder Flucht die Zuschauer mit dem Rufe:Der

Er achtete nicht darauf.Also ich habe Ihr Wort, das, was ich vorhin Bezug auf nun, Sie wissen ja, sehen Sie es als unausgesprochen an."

Er hielt mir seine Hand hin.

Ja," sagte ich einschlagend,Sie meinen, als Sie hinzufügten: Es ist kein Feuer u. s. w."

Er nickte ungeduldig.

Wiederholen Sie es nicht, ich kann'S nicht mehr hören! Verwelkt, zerstört in einem Augenblick, versunken, vergessen! Möchte die Erinnerung darau mich nie wieder beschämen."

Damit ging er, und ich suchte mein einsames Zimmer auf. Schlaf konnte ich nicht finden in dieser Nacht, ich wußte, daß Käthe unschuldig, und ahnte, wer der Schuldige sei. O, du stolzer Hermann Reinberg, wenn auch du es ahntest, wie würde der Ruhm von der Ehre deines HauseS zu Nichte!

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Blitzschnell war am andern Morgen di« Kunde von dem Geschehenen ver­breitet, nicht ohne allerlei Ausschmückungen und Aufbauschungen. Eine große Schmugglerbande, deren Anführerin die Brandkäthe sei, habe den Grenzbeamten überfallen, dieser habe sich tapfer gewehrt und ein paar seiner Angreifer zu Boden geschleudert; da habe die Anführerin ihn durch einen Schuß niedergestreckt.

Auf die Anzeige des Oltsvorstehers kam der Arzt und der Richter, um den Fall zu untersuchen, und da der Christian und der Heinz überall erzählten, sie hätten die Käthe gestern Abend in der Heide gesehen, hörte auch der Ortsvorsteher davon und teilte seinen Verdacht den Behörden mit.

Man hatte das Mädchen holen lassen und sie dem Verwundeten Grenzauf­seher, der jetzt wieder bei Bewußtsein war, gegenüber gestellt in demselben Anzug, den sie am Abend vorher getragen. Der Mann hatte sie genau und forschend be­trachtet, vermochte sie jedoch jetzt nicht wieder zu erkennen; er erklärte nun doch, nicht Bestimmtheit sagen zu können, daß sie eS gewesen, der er in der Nacht be­gegnet. Eine Durchsuchung des Schirmerschen Hauses förderte ebenfalls nicht den geringsten Beweis von des Mädchens Schuld zu Tage.

Auf die Frage, was sie in der Nacht allein draußen auf der Heide gethan,. zögerte sie mit der Antwort. Als man aber in sie drang, erzählte sie, daß sie jemanden habe warnen wollen, dem andere Böses zuzufügen gewillt gewesen wären.

So konnte man ihr nichts anhabcn, obgleich der allgemeine Verdacht sich gegen sie wendete.

Ruhig und ernst sah ich sie heimgehen, dahinschreitend durch die neugierig gaffende Menge, die sich vor dem Wirtshaus angesammelt hatte, als es hieß, die Brandkäth' sei drinnen und werde sogleich gefesselt ins Gefängnis geführt werden.

Auch Hermann Reinberg und ich wurden befragt, wie wir den Verletzten ge­funden und ob wir nichts Verdächtiges bemerkt hätten. Übereinstimmend bekundeten wir, daß wir daS Nahen von zwei unbekannten Personen, eines Mannes und einer Frau, beobachtet, dann einen Schuß gehört und den Verletzten gefunden hätten.. Würde Hermann das von ihm gefundene Tuch erwähnt und seiner Vermutung Aus­druck gegeben haben, hätte die Sache wohl einen anderen Verlauf genommen.

Zornesrufe und Schimpfwörter wurden laut beim Anblick Käthes. Dieselben verstummten, als ich, mich umwendend, die Leute scharf und strafend ansah. Her­mann that, als hört er'S nicht. Ich sah forschend in des Mädchens Gesicht, mir war, als berge sich hinter dieser äußeren kalten Gleichmütigkeit ein innerer leiden­schaftlicher Schmerz, ein heißes, tiefes Weh. Plötzlich traten aus der Schar der Dorfleitte zwei Mädchen hervor, es war das blonde Klärchen und Marie, die Weberin. Sie gingen auf Käthe zu, gaben ihr die Hand und Marie schlang ihren Arm um sie, ihr herzlich zusprechend. Da schien rS um die Fassung des starken Mädchens geschehen, ein Zittern durchbebte ihren Körper und sie schuchzte, als ob sie in Thränen ausbrechen wollte, ihre Blicke flogen hinüber zu Hermann, der eben aus dem Hause trat; er sah es wohl, doch kalt wandte er sich von ihr ab. Da richtete sie sich trotzig auf, ein bitteres Lächeln flog über ihr blasses Gesicht, dann ging sie, den beiden Freundinnen zunickend, ruhig und stolz durch die gaffende Menge.

(Fortsetzung folgt.)