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Oeffentlichkeit zu ziehen sind, namentlich wieweit die Presse in die Lage gesetzt werden soll, über die Verhandlungen zu berichten. Je nach der Art der Berichterstattung wird unter Umständen von den Mitteilungen der Zeitungen ein ungünstiger Einfluß auf die Disziplin besorgt. Immerhin wäre zunächst ein Versuch zu machen; die Militärbehörden hätten ja nötigenfalls das Mittel, unzuverlässigen oder nicht sachlich berichtenden Journalisten den Zutritt zu den Verhandlungen ferner zu verweigern.
— Die Politische Korrespondenz meldet, der Kaiser werde sich nur einen Tag in Schweden auf der Elentierjagd aufhalten. Am 30. d. M. begebe er sich von Karlskrona nach Pillau und dann nach Rominten, wo er am 1. Oktober der Einweihung der Kirche beizuwohnen beabsichtige. Der Kaiser wird nach anderweitigen Meldungen am Mittwoch den 27. d. M. in Swinemünde eintreffen und alsbald an Bord der Hohenzollern die Fahrt mach Schweden an- treten. Nach Beendigung der Jagd begiebt sich der Kaiser in Gothenburg wieder an Bord der Hohenzollern, um über Danzig die Rückreise anzutreten. Während der Anwesenheit des Kaisers in Schweden, bezw. nach seiner Rückkehr nach Deutschland wird die Hohenzollern an der schwedischen, bezw. deutschen Ostseeküste einen Sturm abwarten, um die Manöverfähigkeit der neuen Kaiserjacht bei möglichst schlimmem Wetter und niedrigen Winden zu erproben.
Wien, 23. Sept. Heute und gestern wurden hier bisher dreizehn Anarchisten einer Gruppe der erneuerten geheimen Organisation verhaftet, Andere werden noch gesucht. In der Vorstadt Margarethen wurde ein Vorrat von Pikrin und eine adjustierte ungefüllte Bombe nach Art der Stellmacher'schen gefunden, auch eine geheime vollständig eingerichtete Buchdruckerei in Möbelstücken mit Vexirschlössern versteckt.
Wien, 26. Sept. Aus der Untersuchung gegen die verhafteten Anarchisten erhellt immer mehr, daß sie auch mit der anarchistischen Gruppe zu Berlin in Verbindung standen. Die Verhafteten gestehen nur das ein, was man ihnen beweisen kann.
Paris, 25. Sept. Gestern nachmittag entstand in einer Versammlung im Faubourg du Temple, welche über das Fest im Stadtviertel zu Ehren der russischen Flotte beraten wollte, eine Schlägerei, als einige Teilnehmer an der Versammlung „Hoch der Dreibund!" riefen. Zwölf Personen wurden verwundet, drei ziemlich schwer; zehn wurden verhaftet.
New - Iork, 26. Sept. Reutermeldung: Die Beamten von Kansas Citr>, St. Joseph und Council Bloffs erfuhren, daß Räuber die Absicht haben, den Bahnzug anzugreifen; sie schickten einen Strohmannzug mit 16 Polizisten ab. Zwei Meilen von St. Joseph griffen sechs Maskierte den Zug an. In scharfem Gewehrfeuer wurden drei Räuber getötet und zwei gefangen genommen; einer entkam unver- wundet.
vermischtes.
Calw. In manchem Jahrgang hat ein sogen. Altweibersommer nochmals Obstbäume zur Blüte ge. bracht und Erdbeeren gezeitigt. Ein seltener Fall aber ist eine späte Ernte von Kirschen. Heute wurde uns ein Büschelchen vollständig ausgereifter vorgezeigt. Dieselben stammen aus dem Garten von Hrn. Ankerwirt Gengenbach in Unterreichenbach.
— Nill's zoologischer Garten in Stuttgart bietet in diesem Jahre soviel des Interessanten und Belehrenden, daß kein Fremder, der Stuttgart besucht, dessen Besichtigung versäumen sollte. Das jetzt 6 Morgen große Areal, vom Bahnhof in 10 Minuten zu erreichen, ist mit schönen gut eingerichteten Tierhäusern und Gehegen überbaut und reich mit den interessantesten Tieren bevölkert. Die neueste und interessanteste Erwerbung, — ein Paar ausgewachsene Ameisenfresser, — wie solche in keinem andern zoolog. Garten zu finden, sind so eigenartige Tiere, daß sie allein schon einen Gang zum Tiergarten wert sind, zumal dieselben sehr selten in Europa eingeführt werden und bei der Veränderung in Nahrung und Klima nicht lange aushalten. Sie nähren sich in ihrer Heimat (Südamerika) ausschließlich von Ameisen, welche sie mittelst ihrer 50 am langen, wurmförmigen klebrigen Zunge an sich ziehen; ihre Nahrung in der Gefangenschaft besteht täglich in 3 Ltr. Milch, 3 Pfd. feingehacktem Rindfleisch und 8—10 rohen Eiern. Der Glanzpunkt unter der Tierwelt des Gartens bleibt aber immer noch die Sammlung der menschenähnlichen Affen, von welchen ein nahezu ausgewachsenes Schimpansen-Männchen und ein junger Orang-Utang vertreten sind.
— In der Verwirrung. Während der letzten italienischen Manöver hielt König Humbert in einem kleinen piemontesischen Städtchen kurze Rast und wurde natürlich von der Ortsbehörde feierlich empfangen. Alles ging vortrefflich.— so schreibt man der „Tägl. Rundsch." — bis zu dem Augenblicke, wo der Bürgermeister, der bis dahin eine stumme. Rolle gespielt hatte, sich gedrungen fühlte, seiner Unter- thanentreue durch wenige, aber getragene Worte Ausdruck zu verleihen. Den armen Mann hatte dieser größte Augenblick seines Lebens ganz verwirrt gemacht, und als ihm der König gar wie einem alten Freunde kräftig die Hand schüttelte, da wirbelten seine Sinne vollständig durcheinander, und er stammelte zur höchsten Belustigung seines Landesherrn: „Majestät, jetzt, wo ich Sie gesehen habe, können Sie ruhig sterben." — Natürlich hatte er sagen wollen: „kann ich ruhig sterben."
Sitterarisches.
Das soeben erschienene 25. Heft der Großfolio- Ausgabe von „lieber Land und Meer" (Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) reiht sich in würdiger Weise seinen Vorgängern an. Es bringt eine solch erlesene Auswahl des Guten und Schönen in Bild
die mir aufgetragene Botschaft nicht ausgerichtet, stand er, wenn auch widerwillig, von seiner Absicht ab.
Langsam neben mir herreitend begann er dann:
„Die Käthe wollte also selbst kommen? Das liebe, herzige Mädchen! Wie mag sie's nur erfahren haben, was diese Burschen im Sinns führen! Sie hat um mich gesorgt und gebangt und selbst diesen einsamen nächtlichen Gang nicht gescheut um meinetwillen!"
„Nun, Sie haben ihr ja auch einen großen Dienst erwiesen," warf ich ein, „und sich dadurch die Feindschaft dieser Burschen zugezogen.'
„Das war doch nur eine geringe Hilfe, die ich ihr leisten konnte."
„Für das Mädchen war's aber viel und nun ist sie Ihnen dankbar dafür."
„Dankbar?" wiederholte er nachdenklich und ich merkte seinem Tone an, daß die Vorstellung, es könnte nur Dankbarkeit sein, was Käthe für ihn empfand, ihn wenig angenehm berührte. Wir schwiegen beide eine Zeit lang, auf einmal aber sagte er dann:
„Die Käthe hat mich früher tapfer gehaßt und ich sie auch, aber ich weiß nicht, wie's kommt, daß es sich mir Ihnen gegenüber so auf die Lippen drängt, was ich mir selbst kaum eingestehen mochte. Haben Sie schon mal den Vers gelesen:
„Es ist kein Feuer, das heißer glüht Als Liebe, die aus dem Haß erblüht?"
Unwillkürlich seufzte ich. Das war's, was ich gefürchtet und doch immer wieder von mir gewiesen hatte.
„Ja, ich hab's wohl gemerkt," entgegnete ich gepreßt.
Er wollte noch etwas sagen, doch hielt er plötzlich an und sah scharf nach der rechten Seite hinaus.
„Still, still! Hören Sie nichts? Sehen Sie dorthin!" flüsterte er, nach jener Richtung deutend.
und Wort, daß jeder Leser darin etwas ihn besonders Interessierendes finden wird. Neben den beiden hochspannenden novellistischen Arbeiten „Die Cobra" von H. von Horst und „Bürgerlicher Tod" von Prinz Emil zu Schönaich-Carolath erwähnen wir noch die interessanten Artikel: „Frau Recamier", „Die Donauperle Linz", „Schottwien an der Semmeringstraße", „Verstummt", während noch viele andere in gleich trefflicher Weise zur Unterhaltung und Belehrung der Leser beitragen. Rechnet man dazu noch die ausgezeichneten Illustrationen, so bildet das stattliche Heft, das nur 50 Pfennig kostet, das Muster eines gediegenen und vornehmen Familien-Journals.
Mrs kleine ZLaöy!
dem zartesten Kindesalter hat auf die Entwickelung des Säuglings großen Einfluß. Scharfe Seifen verursachen Brennen, Spannen und Jucken und begünstigen das Wundsein. Wird beim Waschen und Baden des Säuglings Docring's Seife mit der Eule, die fettreichste aller Toiletteseifen angewandt, so bereitet die Mutter ihren: Lieblinge große Annehmlichkeiten, erspart ihm manche Qualen. Diese überaus milde Seife brennt nicht, spannt nicht, greift die Haut nicht an, macht sie schön, weiß und zart, verhindert das Wundsein und erhöht die Hautthätigkeit., Für das Kind gibt es nur eins Seife, die seiner zarten Haut wirklich zuträglich, die wohlthätig und auf seme Entwickelung fördernd und günstig wirkt und dies ist die ärztlich empfohlene Doering's Seife mit der Eule, erhältlich ä 4V Pfg. in Calw bei I. C. Mayer's Nachf., Emil Sänger am Markt, A. Schaufler, Wieland H Pfleiderer (Federhaff'sche Apotheke). Ln-Aros-Verkauf: Oosring L 6o., Frankfurt a. M.
Landwirtschaft!. Kezirksverein.
Besuch der landwirtschaftl. Winterschule in Reutlingen.
Die Interessenten werden hiemit zum Besuch der landwirtschaftlichen Winterschule in Reutlingen eingeladen. Diese Winterschule hat die Aufgabe, der Schule entwachsene junge Leute, welche später Landwirtschaft treiben wollen, teils in den Kenntnissen, welche sie in der Schule erworben haben, zu befestigen und weiter zu führen, teils durch geeigneten Unterricht in der Landwirtschaft und ihren Hilfsfächern soweit auszubilden, daß sie die wichtigsten Vorgänge beim Betriebe der Landwirtschaft verstehen und insbesondere die in einer bäuerlichen Wirtschaft vorkommenden Verhältnisse richtig beurteilen lernen.
Diese Aufgabe soll in zwei Winterkursen mit der Dauer von etwa fünf Monaten — Anfang November bis Ende März — gelöst werden.
Solchen, welche beabsichtigen, den nächsten Kurs dieser Winterschule (beginnend Anfang November d. I.) zu besuchen, erteilt der Unterzeichnete gern jede ge-, wünschte Auskunft.
Den 27. September 18S3.
Vereinsvorstand Oberamtmann Lang.
Ich hörte und sah nichts nur ein Nachtvogel flog mit kurzem, schrillen Gekreisch huschend an uns vorüber.
„W«S ist denn dort?" fragte ich sehr neugierig. „Sind's die jungen Burschen, die Sie überfallen wollten?"
„Ach nein, nein, doch ich vergaß, daß Sie kurzüchtig sind und es nicht unterscheiden können, drüben in der Nähe des Wegweisers tauchen ein paar Gestalten auf, sie scheinen vermummt zu sein und tragen einen schweren Gegenstand zwischen sich, wie ein Sarg jst's und ganz gespenstisch sieht's aus, wie sie so langsam durch den Nebel daher säuerten. Wech der Himmel, der eine ist eine Frau! Jetzt sind sie aber ganz nahe, Sie müssen sie nun sehen können."
Wirklich sah ich j tzt selbst die Nahenden, d:e uns noch nicht zu bemerken schienen und langsamen Schrittes daher kamen. Der Gegenstand, den sie trugen, war wirklich ein Sarg und der ganze Aufzug wohl geeignet, ängstlichen Gemütern Furcht einzuflößen. Der Weg, den sie verfolgten, mußte den unseren in geringer Entfernung kreuzen. In fieberhafter Spannung hingen meine Augen an der hohen Frauengestalt, deren Kops und Gesicht ein dunkles Tuch verhüllte. War cs denn möglich, war etz denn wirklich Käthe, die ich vor k um einer Stunde in demselben Anzug hier gesehen?
Plötzlich hielten beide inne. Der Hufschlag von Hermanns Ps.rd, den vorhin der weiche Heideboden dämpfte, mußte zu ihnen gedrungen sein. Zugleich aber auch erhob sich aus dem Dorngestrüpp, daS den Wegweiser umgab, blitzschnell ein Mann und sprang vor die Beiden hin. Er rief ihnen etwas zu. was wir nicht verstanden, im selben Augenblick hallte ein Schuß und der Mann stürzte mit lautem Aufschrei zu Boden. Eh' sich noch der Pulorrvampf im Nebel verzogen, waren wir bei ihm, von den beiden andern aber sahen nir nichts mehr; es war, als hätte die Erde sie verschlungen. Hermann ReinbergS schar,e Augen spähten umsonst nach allen Richtungen hinaus.
«Fcrtsetzung solm.