"Personenwagen des Durchgangsverkehr» zu treffen. Diese Absicht mußte aber fallen gelassen werden wegen zahlreicher Entwendungen und Beschädigungen. Von 1310 Thermometern, die bis jetzt angebracht wurden, sind, wie der „Schwöb. Merkur" mitteilt, 201 entwendet und 165 zertrümmert worden. In Zukunft wird die Eisenbahnverwaltung Thermometer nur noch in den für den Schnellzugsverkehr bestimmten Personenwagen anbringen lassen. Die Roheit und der Mangel an Gemeinsinn, der sich in dem beschriebenen Verhalten des Publikums bezeugt, bilden für die Verkehrsverwaltung einen geringen Anreiz, der reisenden Bevölkerung weitere Annehmlichkeiten zu verschaffen.
— Ein Bericht über die heurige Ernte in Württemberg vom Vorstand der Landesproduktenbörse Fr. Kreglinger, stellt fest, daß die Ernte Württembergs in Quantität und Qualität geringer sei als die im Vorjahre.
Horb, 6. Sept. Trotz des bedauerlichen bedeutenden Rückgangs des Viehstandes war der gestrige Viehmarkt mit nahezu 600 Stück befahren, jedoch meist durch Händler. Zu sehr gedrückten Preisen wurden etwa 200 Stück abgesetzt, und zwar das Paar Ochsen von 600—900 Kühe von 60 bis 150 ^ das Stück, trächtige Kalbeln von 200—250 ^ und Kleinvieh schon von 30 an, also die Hälfte der Preise vor Jahresfrist. An Schweinen waren 370 Stück beigetrieben, welche nahezu sämtlich Absatz gefunden haben. Die Preise bewegten sich zwischen 22 und 90 ^ das Paar.
Winnenden, 8. Sept. Ein 16jähr. Bursche von Fellbach sprang gestern nachmittag über den Eisenbahnviadukt bei Neustadt (Waiblingen) hinunter. Mit gebrochenem Arm und Fuß und einer großen offenen Wunde über dem rechten Auge fand man ihn eine Stunde später in einem Weinberge liegen. Er wurde nach Hause verbracht. Furcht vor einer ihm drohenden Bestrafung scheint die Veranlassung zu der voreiligen That des Burschen zu sein.
Backnang, 6. Sept. Gestern abend brannte die sog. Binsenmühle bei Unterweissach, ein großes, stattliches Gebäude, samt Scheuer. Die Brandursache war ein Familienauftritt. Der Besitzer Heller, ein aufgeregter und wohl nicht mehr zurechnungsfähiger Mann, hatte häusliche Zerwürfnisse gehabt, während welchen er zwei Schüsse auf seine Frau abgab, ohne zu treffen. Hierauf begab er sich in die Scheune, von da in die Mühle und bald brannten beide Gebäude. Trotzdem daß die Feuerwehr Unterweissach bald zur Stelle war, brannte das ganze Anwesen nieder. Ein Bewohner des Dresselhofs, welcher auf den Wochenmarkt hieher sich begab, fand früh morgens den Heller vor dem Sachsenweilerhof mit einem Schuß im Kopf noch lebend an. Der Verletzte wurde bewußtlos ins Bezirkskrankenhaus verbracht.
Munderkingen, 7. Sept. Der Vieh- markt vom 31. v. Mts. litt noch immer unter der
Futter- und Streunot; lebhafter Handel bei gedrückten Preisen. Eine bessere Lage wäre geschaffen gewesen, wenn der Regen der letzten Tage vor dem Markt eingetreten wäre. Zufuhr: 643 Stück Rindvieh, 95 Pferde; Gesamterlös 36 532 Der Schweinemarkt erfreute sich auch diesmal starker Zufuhr und flotten Handels bei guten Preisen; Saugschweine 16—28 °^, Läufer 35—50 das Paar, trächtige Schweine 90—120-^. — Der Schrannenverkehr war gut; Preise: Korn 8,20 Gerste 7,40 Haber 8 ^ pr. Ztr.
Metz, 9. Sept. Der Kaiser brachte bei der Paradetafel ein Hoch auf den Großherzog von Baden und das XV. Armeekorps aus. Der Großherzog dankte bewegt und brachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Tausendstimmiger Jubel begleitete den Kaiser zum Bahnhofe. Die Abreise erfolgte um 9'/- Uhr bei prächtigem Wetter.
Metz, 9. Sept. Dem Großherzog von Baden wurde nach seiner Ankunft von den Badenern ein prachtvoller Blumenstrauß in den badischen Landesfarben überreicht. Nach der Paradetafel empfing er eine Abordnung hier lebender Badener, die ihm die Glückwünsche zum Geburtstag darbrachten. Hieran schloß sich ein Ständchen des Metzger Männergesangvereins.
— Der große Eindruck, den die Kaisermanöver in Lothringen auf die französischen Zuschauer machen, erhält und verstärkt sich. Der Berichterstatter derGaulois, der in seinen früheren Briefen diesen Eindruck noch durch allerlei Gegengewichte, durch die üblichen Redensarten von „amtlicher Mache" und „bezahlter Begeisterung" einigermaßen aufzuheben bemüht war, giebt sich jetzt dem farbenprächtigen Zauber des militärischen Schauspiels, das ihn anmutet, als ob es aus einem der Ritterbilder des Mittelalters ins Leben übersetzt sei, „vollständig gefangen". „Aber nein, es ist Wirklichkeit", fährt er fort, „lebende, faßbare Wirklichkeit, die uns ergreift und — uns bedroht. Nicht als ob die militärische Welt Deutschlands, dieser Kaiser in voller Jugendfrische bedrohlich oder herausfordernd seien. Sie fühlen sich stark, und das zeigen sie. Aber zugleich zeigen sie sich ruhig und sicher in ihrer Kraft, und wenn ich z. B. über die Offiziere zu urteilen hätte, so müßte ich hervorheben, daß edle Manieren, vollendete Höflichkeit und die Regeln gegenseitiger Etikette in ihren Reihen herrschen. Und der Kaiser legte unter den Eindrücken, die von allen Seiten aufstiegen, eine Anmut und Liebenswürdigkeit in seinen militärischen Gruß, wie man sie selten findet; es war ein eigenartiger Gegensatz, der fast väterlich wohlwollende Gesichtsausdruck des Kaisers und die großartige kriegerische Staffage, die ihn umgab und deren Mittelpunkt er war. Diese Wirklichkeit bedroht uns vielmehr, falls wir sie nicht zu erfassen verstehen, deshalb weil sie eine höhere Macht darstellt, nämlich die
vollständige Verschmelzung des Heeres mit Veuv Volke und die vollständige Verschmelzung dieser. Volkes in Waffen mit seinem angestammten Haupte.. Einige Hellseher wollen den Schleier der Zukunft: lüfte» und eine Revolution in Deutschland Vorhersagen», wogegen die französische Revolution ein Kinderspiel, gewesen. Mögen sich die Parteigänger Bebels und Liebknechts an dieser Profezeihung erbauen; wenn ich nach dem Schauspiel urteile, das ich hier sehe, so werden bis dahin sie und einige französische Generationen noch Zeit haben, im Frieden des Grabes, zu schlafen."
Aus Bayern, 6. Sept. Aus Schwan-- dorf in der Oberpfalz wird gemeldet, daß dort ein junger Mann infolge einer Wette innerhalb sieben Minuten drei in kleine Stücke zerschnittene, in Oel und Essig angerichtete — Herrencravatten und eine Maß Bier verzehrt habe. Mahlzeit! Vielleicht kommt dieses „Eßgigerl" auch noch so weit, ein halbes Dutzend gestärkte Herrenhemden mit Senftunke und einem Cylinderhut au naturel zu verzehren. (Str. P.) >
Aus der Schweiz, 6. Sept. Im Gasthof „zum Rebstock" in Emmis Hofen, so schreibt man dem „Thurg. Volksfr.", wohnte seit mehreren Tagen ein unbekannter Herr, welcher sich als Karl Hartmann,. Rentner aus Deutschland, ausgab. Der Mann veranstaltete auf eigene Kosten eine Abendunterhaltung, warb auch eine Blechmusik und lud verschiedene Vereine und Persönlichkeiten ein, welche Bewirtung der Wackere auf seine Rechnung nahm. Der gute Herr wurde bald bekannt, und seine mildreiche Hand war überall, auch schenkte er diesem und jenem bares Geld, sodaß es sehr auffallend wurde. Der reiche Mann, hatte auch alsbald eine Gesellschafterin ausgesucht und sich mit einer Wirtstochter aus einer Nachbargemeinde verlobt; aber „es wär' zu schön gewesen, es hat nicht sollen sein". Die heilige Hermandat kam auf einmal und erkannte in dem verhängnisvollen Wohlthäter einen steckbrieflich verfolgten Verbrecher namens Karl Fischer aus Bayern, welcher in seinem Heimatlande einen Diebstahl im Betrage von über 1000 ^ verübt hatte.
Wien, 7. Sept. In Krakowiec hat der Kaiser bei Gelegenheit seines Manöveraufenthaltes eine merkwürdige Begegnung gehabt. Das „N. W. Abendbl." berichtet: Unter der zahlreichen Bevölkerung, welche sich versammelt hatte, um den Kaiser zu sehen, befand sich auch ein greiser Postillon, trotz seines hohen Alters in schmucker schwarzer Tracht. Auch er wollte, wie er zitternd sagte, noch einmal im Leben seinen Kaiser schauen. Er steht im Alter von 98 Jahren, ist aus Wesola im Sanoker Kreise gebürtig und genießt seinen Alters-Ehrensold in Nadymno, von wo er eigens hierher gereist war, um seines Kaisers ansichtig zu werden. Der Kaiser bemerkte den Greis, welcher sich rühmt, in seiner Jugend als Postillon schon weilend Kaiser Franz gefahren zu haben. Alsbald sprach ihn der Kaiser an und ließ ihm ein
„Reinbergs?" rief das Mädchen erschrocken. „Gehört denen dieser Acker? Ich mußt' es nicht, und Du bist auch einer von ihnen? Nichts will ich haben von denen, nicht eine einzige Ähre! Da habt Jhr's wieder und behaltet's wie das andere, waS ihr unserem armen Vater genommen habt!"
Sie warf dem Hermann die Ähren vor die Füße, ihre Augen blitzten dabei so wild, daß einem ordentlich bange wurde, und dann lief sie fort, so schnell sie konnte.
Der Hermann war ganz blaß geworden vor Überraschung und Ärger, um so mehr, als die Burschen und Mädchen, denen er vorhin gedroht hatte, so schadenfroh lachten und kicherten, und cs chm heimlich gönnten, daß die Brandkäthe dem vornehmen Hermann Reinberg auch mal die Zähne gezeigt. Er vergaß es ihr auch nicht, man konnt's wohl merken, denn die zwei thaten sich, wenn er zu Hause war. alle« zum Tort an, was sie nur konnten. Später, als Hermann so lang' fort war und er und das Mädchen verständiger wurden, schlief das allerdings ein und die beiden kümmerten sich nicht mehr um einander."
Einen weiten Umweg um« Dorf hatten wir gemacht wärend der Erzählung Halls. Am Fuße der Anhöhe hatte der Pfad entlang geführt. Links erhob sich der Ginsterberg und dahinter dehnte sich eine weite, stille, braune, waldbegrenzte Heidefläche aus. Die Herdstluft war so ruhig und mild; längst war's völlig dunkel geworden, und Stern an Stern am Himmel heraufgezogen; einzelne verlorene Klänge der Festmusik hallten vom Schützenplatz zu uns herüber; sonst war alles still, auch im Dorf, das augenblicklich wie ausgestorben erschien.
„Der Gang hat uns beiden gut g-than," sagte der Alte, „aber nun ist's auch Zeit, daß wir heimkehren, der Peter Bordmann denkt sonst, der neue Schulmeister wär' auch ein rechter Nachtschärmer."
Gerade als wir jetzt in den Pfad einbiegen wollten, der zwischen den Obstgärten hindurch auf die Dorfstraße führte, schlüpfte vor uns her aus dem Gebüich zur Linken eine große dunkle Männergestalt und schlug den Weg nach dem Rein- dergschen Hause ein. Der Mann trug trotz der Wärme des Abends einen Märtel
und einen breitrandigen Strohhut, den er tief in die Stirn gedrückt hatte.
„Tausend, das ist ja der Winkelbach, der Verwalter! Was hat der's denn so eilig, und wo kommt er denn eigentlich her. da oben — vom Ginsterberg herunter?" murmelte mein Begleiter nachdenklich. „Na, mir kann's egal sein, was der Mensch treibt, Hab ihn immer nicht leiden mögen."
Bald standen wir vor dem Bordmannschen Hause und schieden mit herzlichem Händedruck.
Peter Bordmann saß, als ich eintrat, am Tische und paffte aus seiner kurze» Pfeife gewaltige Rauchwolken in die Lust. Seine Frau saß neben ihm auf der Bank, ich hörte schon auf dem Flur ihre Stimme begütigend und beschwichtigend zu ihrem Manne reden, dessen finster grollende Miene nichts Gutes verkündete.
„Na. kommt Ihr allein, Herr Schulmeister, war's dem Bernhard noch nicht gefällig, daß er mitkam?" fragte er rauh.
„Ich komme nicht direkt vom Festplatze," entgegnet« ich, „dort bin ich längst weggegangen und habe mit dem alten Hall einen Spaziergang um's Dorf gemacht."
Der Bauer schob die runde Mütze, die er auch im Hause zu tragen pflegte, auf's andere Ohr, kraute sich in den Haaren und brummte:
„Vernünftiger war's jedenfalls, hat Euch auch wohl nicht gefallen die Faxerei da oben! In den andern Jahren Hab ich meine Freud' gehabt am Schützenfest,, aber diesmal da ist's doch grad, als wenn der Kukuk loS wär! Daß der Bernhard auch dem Hermann seine Narrenstreich nachmachen muß und sich ein Mädchen nehmen, die für ihn grad so paßt, wie die Kartoffeln ins Rapsfeld!"
„Vater, die Marie ist doch ordentlich. Du hast sie doch auch immer gut leiden mögen und es schadet doch nichts, wenn der Hermann sie sich geholt hat, dämm ist ja doch noch nicht gesaat . . . ."
,N'chts ist gesagt!" schrie Bordmann, seine Frau unterbrechend, „und ich thät's auch keinem raten, der noch was anders sagen wollt! Dem Bernhard will?, ich's schon klar machen, daß er sich die Dummheiten vergehen läßt."
(Fortsetzung folgt.)