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würden. Während und nach der Rede wurden dem Fürsten stürmische Beifallsrufe gewidmet. Mit patriotischem Gesänge schloß die Kundgebung. — Ueber die Rede des Fürsten melden die „M. N. N." noch: Fürst Bismarck hob den großen Einfluß der Schule auf die Zukunft hervor. Die deutsche Schule sei, wie das deutsche Offizierkorps, eine spezifisch deutsche Institution, die andere Nationen uns nicht nachmachen könnten. Einen schädlichen Einfluß der Schule auf die Vorbildung des nationalen Charakters zeige Frankreich, das den Chauvinismus und die nationale Eitelkeit großziehe. Die deutsche Schule müsse auch die deutsche Einheit pflegen, damit die früher uns gefährliche Sonderbündelei aufhöre. Damit spreche er nicht gegen den berechtigten Partikularismus, der mit den Dynastien notwendig Zusammenhänge, wie diese wieder mit der nationalen Einheit. Der Fürst endete, Bayern als eine starke Stütze des Reiches bezeichnend, mit einem Hoch auf den Prinzregenren und unterhielt sich lange mit den Lehrern, die patriotische Lieder sangen und wiederholt stürmische Hochs ausbrachten.
Berlin, 11. Aug. Mehrere Blätter bringen die Nachricht von der Verlobung der Herzogin Marie Isabella von Württemberg, Schwester des Herzogs Albrecht, mit dem Prinzen Johann Georg von Sachsen, dem zweiten Sohne des Prinzen Georg. (Prinz Johann Georg ist geboren am 10. Juli 1869, Herzogin Marie am 30. August 1871.)
Berlin, 12. Aug. Gegen die im Hamburger Korrespondenten veröffentlichten Enthüllungen über die Thätigkeit desAntisklavereikomites wendet sich das letztere in einer längeren Verteidigungsschrift an die Nationalzeitung. Es heißt darin: Allerdings habe Oskar Borchert der ihm gestellten Aufgabe, den Peters-Dampfer zum Viktoriasee zu führen, sich nicht gewachsen gezeigt; doch gerade Dr. Peters habe Herrn Borchert aufs wärmste dem Konnte empfohlen. Peters wolle nachträglich dem Komite von Tanga aus eine Warnung übermittelt haben, Borchert zu weitgehendes Vertrauen zu schenken; allein dies Schreiben sei nicht eingetroffen. Wegen der den Etat überschreitenden hohen Kosten der Expedition habe das Komite Borchert zur Verantwortung gezogen, anderseits seien die Preise der Lebensmittel während der Kämpfe bei Tabora sehr gestiegen. Weiter begründet das Komite das Liegenbleiben des Peters- Dampfers an der Küste mit den Erklärungen Dr. Stuhlmanns und Dr. Baumanns, daß für den regelmäßigen Betrieb eines größeren Dampfers am Viktoriasee nicht genügend Brennholz vorhanden sei. Wäre dies vorher bekannt gewesen, dann wäre der Dampfer nicht gebaut worden. Der in dem Hamburger Blatt aufgestellten Behauptung, daß zwei Drittel der für den Transport des Dampfers bestimmten Karren zusammengebrochen seien und ein Drittel am Viktoriasee faule, begegnet das Komite mit dem Hinweise, eiserne Karren können nicht faulen, sie werden zu guten Preisen jetzt an der Küste verkauft. Ferner seien von den 214 Karren nur 33 probeweise benützt worden. Das Komite fordert den Gewährsmann des Hamburger Korrespondenten auf, seine Anonymität abzulegen und die angekündigten weiteren Beispiele von der unpraktischen Finanzgebarung des Komites mitzuteilen, es werde alsdann Rede stehen.
Kiel, 12. Aug. Der Kaiser nahm heute wie gestern nachmittag im Park der Marineakademie am Lawn-Tennis-Spiel teil, wobei die Damen der Offiziere mitspielten. In der vergangenen Nacht wohnte der Kaiser an Bord der „Baden" den Torpedoangriffen gegen das Geschwader bei. Die Abreise des Kaisers findet Sonntag abend statt. — Zwei von den auf der Baden Verwundeten werden an Blutvergiftung sterben.
Zürich, 10. Aug. (Sozialisten ko ngreß.) Nach langer Debatte und stürmischen, durch die französischen Delegierten veranlaßten Zwischenfällen, wurde der holländische Antrag, wonach die internationale Arbeiterpartei jede Kriegserklärung mit allgemeiner Arbeitseinstellung und Militärdienstverweigerung beantworten soll, von 14 gegen 4 Nationen abgelehnt und der deutsche Antrag, der durch die belgischen Delegierten dahin erweitert wurde, daß die Sozialisten gegen die Kriegsbudgets votieren, gegen den Militarismus agitieren und für allgemeine Entwaffnung ein- treten sollen, von 14 Nationen (5 enthielten sich ver Abstimmung) angenommen.
Paris, 11. Aug. Die bekannte Menagerie Pezon wurde vergangene Nacht in Royan (Charente- Jnförieure) ein Raub der Flammen. Das Feuer war in einem Sägewerk ausgebrochen und hatte sich im Nu auf die Buden des nahen Jahrmarktes ausgedehnt. So wurde auch die Menagerie mit ihren zwölf Löwen, zwei Tigern, vier Bären und zwölf anderen Bestien ergriffen und zerstört. Das Geschrei der Tiere war fürchterlich, und über der ganzen Feuerstätte schwebte der erstickende Geruch verbrannten Fleisches. — Die Besucher des Jardin des Plantes wohnen seit drei Tagen einem seltsamen Schauspiele bei. Salb, der einzige Elephant der Anstalt, will wegen der Hitze oder aus einem anderen Grunde das Haus nicht mehr betreten und übernachtet im Freien, allem Zureden seiner Wärter zum Trotz. Diese schmeicheln ihm, drohen ihm, Saio aber antwortet, indem er ernst und kräftig seinen Rüffel hin und her bewegt.
Vermischtes.
Berlin, 7. Aug. Staatssekretär Dr. v. Stephan, der zuweilen mit besonderer Vorliebe den sonst seiner unmittelbaren Oberaufsicht nicht unterstehenden Pegasus besteigt, hat sich kürzlich in Försterei, einem bei Memel gelegenen kleinen Badeorte, welcher sich dadurch auszeichnet, daß er die nördlichste Fernsprechstelle Deutschlands beherbergt, in das Album eines gastfreundlichen Villenbesitzers mit folgenden Versen eingetragen:
An zackiger Gebirge steilem Abhang „Kopfhängerisch" den Schädel sich nicht spalten — Bei feuriger Araberrosse Trabgang Sich mannhaft in dem Sattel zu erhalten —
Beim stürmischen Gebrande toller Wogen Zur Ruhe das empörte Meer zu zwingen —
Wenn in der Liebe man noch nie betrogen,
Dem Flammenherz Entsagungsopfer bringen — Im Parlament nicht aus der Haut zu fahren, Wenn man gar Buße thun soll für sein Sparen — Wohl mag das Mut und Manneskraft verlangen, Gern will dem Sieger den Triumph ich gönnen; Doch schwerer dünkt die Kunst mir, ohne Bangen Melodiös das Posthorn blasen können!
— Ein russisches Urteil über die deutsche Industrie. Die meisten russischen Blätter gefallen sich darin, den Empfindungen, welche der Zollkrieg ihnen erregt, dadurch Luft zu machen, daß sie die deutsche Industrie herabsetzen. In diesem Vergnügen werden sie durch den Chefredakteur der Nowoje Wremja gestört, dem man keine Vorliebe für Deutschland nachsagen kann, der es aber für zweckmäßig hält, den Russen die Dinge zu zeigen, wie sie wirklich sind. Der Panslawist Sumo rin, dessen Urteil also gewiß beachtenswert ist, spricht sich in einem seiner kleinen Briefe in interessanter Weise also aus: „Mir scheint das Alles sehr neu. Armes Deutschland! Nur allein mit Rußland kann cs demnach konkurrieren. Das übrige Europa ist seinen Industrie-Erzeugnissen also verschlossen, und wenn es diese bei uns nicht absetzen kann, ist es unrettbar verloren! Allein, welch ein Riesenirrtum liegt in dieser Annahme! Deutschland hat gerade im letzten Dezennium gewaltige Fortschritte auf dem Gebiete von Industrie und Gewerbe gemacht und exportiert seine Waren im Betrage von vielen Millionen Mark nach England, Oestreich, Italien, Amerika und sogar Frankreich. Die Billigkeit der Arbeitskraft, der sprichwörtliche Fleiß und die demokratische Richtung der deutschen Gewerbetreibenden haben es vereint erreicht, daß thatsächlich kein Land der Welt ohne diejenigen deutschen Industrie-Erzeugnisse auskommt, die für den Besitzer eines kleinen oder mittelgroßen Geldbeutels berechnet sind. Hierin liegt eine Wohlthat für die ganze zivilisierte Welt und die gesamte Menschheit. Durch die Billigkeit der deutschen Industrie-Erzeugnisse ist auch der sog. kleine Mann in den Stand gesetzt, sich für ein Weniges mit einem gewissen Komfort zu umgeben." Frankreich bleibe, fährt der Aufsatz fort, trotz seiner republikanischen Verfassung, mit seinem künstlerischen Takt, mit seinem unnachahmlichen Chic, mit seinen Neigungen zum Luxus und Komfort im Grunde doch nur durch und durch aristokratisch in der Gesinnung. Während in Paris sogar manche Aufseherin einer öffentlichen Bedürfnißanstalt in Seide gekleidet gehe, sei eine so kostbare Toilette in Deutschland selbst bei den Damen des besser situierten Mittelstandes nicht
zu finden. Deutschland habe mit feinem Verständnis seine Aufgabe neben der graziösen, zierlichen Nachbarin, dieser modernen Athenienserin, begriffen und bestrebe sich daher gar nicht, auf dem Gebiete des höheren und raffinierten Luxus mit Frankreich zu wetteifern. Die teure französische Arbeitskraft lasse es z. B. den Gewerbetreibenden vorteilhaft erscheinen, aus Amerika eingelausene Bestellungen in Deutschland ausführen zu lassen und dann auf dem Umwege über Frankreich nach dem Bestellungsorte zu befördern. Wer Paris seit 10 Jahren nicht besucht habe, müsse sich über die große Menge deutscher Handelshäuser auf den elegantesten Boulevards wundern und darüber staunen, in welcher ungeheuren Menge deutsche Jndustrieartikel in den elegantesten französischen Läden anzutreffen seien. „Die ungeheure Mehrzahl sämtlicher Kleider und Stoffe, welche unsere Petersburger Damen aus den Kranäs muAasins äu I-ouvre, Ikon Ilarebs, krintsmxs u. s. w. beziehen, sind deutschen Ursprungs. Sogar die berühmten und mit Recht bewunderten sogen, „artiolss äs kaiäs" werden zum weit größten Teil in der deutschen Stadt Offenbach hergestellt." Die deutsche Industrie habe auf der ganzen Welt überall da einen zweifellosen Sieg errungen, wo es sich um einen billigen, doch soliden Komfort handle, wo Luxusartikel des Mittelstandes in Betracht kommen. Der Export nach England nehme von Jahr zu Jahr zu: während die Ausfuhr dahin 1886 über 21 Mill. Pfd. St. (210 Mill. Rubel) betrug, ist sie 4 Jahre später schon auf 27 Mill. Pfd. St. gestiegen. „Deutschland ist ein altes Kulturland, und nie sollten wir vergessen, daß wir der deutschen Kultur zu großem Danke verpfichtet sind. Um so unverzeihlicher ist es, unwissende Zeitungsleser durch die Mitteilungen zu düpieren, die mit der Wahrheit nichts gemein haben. Wir erreichen nichts dadurch, wenn wir in lächerlicher Selbstgefälligkeit die deutschen Errungenschaften auf dem Gebiete der Industrie und des Gewerbes verleugnen. Unsere Industrie bleibt weit hinter der Deutschlands zurück; dort hat man es auf diesem Gebiete nahezu bis zur Vollkommenheit gebracht, während bei uns erst überall bescheidener Grund gelegt wird. Man braucht nur an Lodz zu denken, das vor unseren Augen sich durch deutsche Energie und deutschen Fleiß so schnell entwickelt hat und jetzt schon im Stande ist, die Konkurrenz mit Moskau sicher zu bestehen."
lSchwäb. Merkur.»
Kandrvirlfchaftl. Dezirks-Uerein.
Saatfruchtmarkt betr.
Nach Beschluß des Ausschusses der „Stuttgarter Landesproduktenbvrse" und der „Vereinigung württ. Landwirte" soll am 4. Sept. d. I. im Stadtgartensaale zu Stuttgart ein Saatfruchtmarkt abgehalten werden.
Die Landwirte unseres Bezirks werden hiedurch zu möglichst zahlreicher Beteiligung eingeladen mit dem Bemerken, daß die benötigten Anmeldebogen bei Sekretär Ansel, Bahnhosstraße, erhältlich sind. Das Programm ist im heurigen „Württ. Wochenblatt für Landwirtschaft" Nro. 33 enthalten, worauf hiemit hingewiesen wird.
Calw, den 15. August 1893.
Vereins-Vorstand.
Lang.
Gin öeneidenswerther Aesth
sind schöne weifte Hände, feiner Teint. Erstere sind sogar für Alle, die das Publikum zu bedienen haben, eine Notwendigkeit, denn von unschönen, geröteten oder aufgeschürften Händen nimmt man nur sehr ungern Darreichungen oder Handleistungen an. Zur Pflege der Hände wie überhaupt der Haut eignet sich nichts besser als die vorzügliche Tocring'K Seife mit der Eule. Während ausnahmslos all unsere modernen Füllseifcn die Schönheit und Zartheit der Haut ruinieren, bewirkt Tocring'S Seife mit der Eule infolge ihrer unübertrefflichen Oua- lität und Reinheit schönen Teint, zarte weifte Hant. Für alle, die zu servieren haben, ein schätzenswerter Vorzug. Erhälilich ä 40 Pfg. in Calw bei I. C. Mayer'S Nachf., Emil Sänger am Markt, N. Schaufler, Wieland § Pflciderer (Federhaff'sche Apotheke). Ln-xros-Verkauf: vosring L Oo., Frankfurt a. M.