^ 91. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 68. Iahr-an-.
Erscheint Di-nitng, Donnerstag und Samstag. Di- Einrüekungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Psg. die Zeile, sonst IS Psg.
Samstag, -en 5. August 1893.
so Pst gan- !
AbonnementSpretS vierteljährlich in der Stadt Sv P>g. >. Trägerlohn, durch die Post b«
ürttemberg Mt. 1. SS.
bezogen Mk. 1. 15, sonst 1»
Amtliche Bekanntmachung«»
An die Ortsvorsteher.
Dieselben erhalten den Auftrag, die Viehbesitzer, deren Tiere für die Prämierung bei dem ' landwirt- schaftl. Hauptfest in Cannstatt in Betracht kommen können, auf die Bekanntmachung in der letzten Nummer des Icmdw. Wochenblatts und insbesondre auf die pünktliche Einhaltung des Anmeldungstermins hinzu- aveisen.
Calw, den 3. August 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Tayes-Neuigkeiten.
Stuttgart, 3. Aug. Kartoffelmarkt. Zufuhr 600 Zentner. Preis per Zentner 4 ^ bis T Krautmarkt Zufuhr 300 Stück. Preis 30 ^ per 100 Stück. Mo st obstmarkt. Wilhelmsplatz. Zufuhr 100 Ztr. Fallobst. Preis per Zentner 2 ^ 30
Cannstatt, 2. August. In hiesiger Stadt kursieren derzeit falsche 50--Z-Stücke, die alle das gleiche Münzzeichen und die Jahreszahl 1876 tragen und eine gelbliche Farbe, sowie unvollkommene Prägung des Reichsadlers haben. Bis jetzt wurden 3 Stück angehalten und der Behörde übergeben.
Cannstatt, 3. August. Nur wenige Tage trennen uns von der Eröffnung unserer Bezirksgewerbeausstellung. Fertig stehen die neu errichtete Gewerbehalle, die große Maschinenhalle und die offene Ausstellungshalle, in welche schon der größte Teil der Aussteller mit ihren Gegenständen eingezogen sind. Aeberall zeigt sich reges Leben und wird emsig ge- -urbeitet, in den Räumen für das Kleingewerbe, wie
in den Maschinenräumsn, in welchen Dampfkraft, Petroleumotoren u. elektrische Motoren alle Arten von Maschinen zum Betrieb verschiedener Branchen gewerblicher Thätigkeit in Bewegung setzen werden. Der soeben im Druck erschienene und mit einer hübschen Ansicht der neuen Neckarbrücke versehene Katalog wird durch zwei Pläne über die Lage unserer Ausstellungs-Lokalitäten und über die Verteilung der Objekte in den Hallen und im Garten genügenden und befriedigenden Aufschluß geben. Aber auch die für die leiblichen Bedürfnisse der Besucher nötigen Räume, wie die große Wirtschaftshalle und die Weinhalle sind in genügender Größe und besonders letztere mit vielem Geschmack erstellt und warten mit Sehnsucht vielseitigen Besuches.
Reutlingen, 1. Aug. Ein Akt unerhörter Roheit erregt gegenwärtig Aufsehen in unserer Stadt. In der Nähe des pomologischen Instituts gerieten am Sonntag einige Zöglinge desselben mit zwei auf ihre Bekanntschaften wartenden Schuhmachergefellen in Wortwechsel. Im Verlauf desselben zog einer der letzteren, ein 19jähr. Bursche, einen Revolver hervor und schoß einen der Zöglinge in die Stirne. Zum Glück drang die Kugel von unten herauf zwischen Stirnhaut und Hirnschaale hindurch und die Verletzung ist infolge dessen keine schwere. Ein zweiter von dem gleichen Burschen abgegebener Schuß ging fehl; der Thäter, der entfloh, wurde unter der Hausthüre seines Meisters verhaftet.
Göppingen, 1. August. In unserer Stadt herrscht diesen Sommer eine erhöhte Bauthätig- keit. Eine ziemliche Anzahl Wohnhäuser ist teils fertig, teils noch im Bau begriffen. Zur Durchführung unserer Kanalisation wird an drei verschiedenen Stellen gegraben und gemauert. Der Umbau des früheren Roth'schen Prioathauses zum Postgebäude schreitet rasch voran. Unser Bahnhofgebäude wird durch An- und Vorbau verdoppelt und erhält in den
neuen Teilen ein vornehmeres Ansehen. Zur Eröffnung der Metzger- und Bahnhofstraße wird je eine Brücke über den Mühlranal gebaut. — Die Einführung der Konsumsteuer in hiesiger Stadt beantworteten unsere Metzger mit einem Fleischaufschlag von 10 per Pfund.
Aus dem Oberamt Hall, 3. Aug. Bei einem kleinen Gewitter, das gestem nachmittag bei uns vorüberzog, wurde der Schäfer in Rückertshausen, OA. Hall, von einem Blitzstrahl, dem einzig niedergehenden, getroffen und getötet; ebenso wurde auch ein Schaf erschlagen. Als man den Mann fand, brannten seine Kleider noch; der Unglückliche ist fast ganz verkohlt.
Saulgau, 2. Aug. Gestern hat sich hier ein schwerer Unglücksfall zugetragen. Bei der Reparatur des Daches in der Scheuer des Dreikönigwirts Man; brach plötzlich der morsch gewordene obere Scheuerboden, auf welchem der Besitzer nebst zwei weiteren jungen Männern beschäftigt war, durch, und die drei stürzten auf den unteren Scheuerboden nieder. Einer davon, der ledige Maurer Hauser, überschlug sich und fiel von da in die Tenne. Bewußtlos wurden die Verunglückten vom Platze getragen. Hauser erlitt einen komplizierten Schädelbruch und wird wohl schwerlich mit dem Leben davonkommen; Manz brach fünf Rippen und daS Schlüsselbein, wodurch die Lunge verletzt wurde; sein Zustand scheint, recht bedenklich zu sein. Der dritte, der 14jährige Stützte, kam mit leichteren Quetschungen davon. Der schwerverletzte Hauser mußte alsbald mit den Sterbsakramenten versehen werden. Eine Schuld an dem Unglück dürfte niemand treffen, da man vorher keine Ahnung davon hatte, daß der Boden so morsch war, wie es sich nachher herausgestellt hat.
Friedrichshafen. 1. Aug. Die schlimme Witterung der letzten Woche unv die der letzten
Jeiricket on.
- Nachdruck »erboten.
Karold Kharltons geheime Wege.
Aus dem Amerikanischen von Sophie Freiin v. Zech.
(Fortsetzung.)
„Abscheulicher, nichtswürdiger Lügner!' rief Eleonore auf das Tiefste empört. „Die Strafe für dieses Verbrechen wird nicht ausbleiben, oder es gäbe keinen Richter über den Sternen. Hören Sie mich an, mein Herr, ich will Ihnen für heute -ruhig und ohne Widerstand in Ihr Haus folgen, wenn Sie mir versprechen, mich morgen ungehindert nach Westringham Hall zurückreisen zu lassen. Ich werde über den ganzen abscheulichen Handel, in den Sie und diese Frau hier sich eingelassen haben, schweigen. O, ich kenne den schändlichen Urheber und weiß, wem ich im Wege bin zu Reichtum und Ansehen. Wohlan denn, Doktor Sabin, ich bin reich, sehr reich, ich verdoppele die Summe, die Ihnen Advokat BayliS jährlich geboten, um mich lebendig zu begraben. An Ihr« Redlichkeit und Barmherzigkeit darf ich mich nicht wenden, denn Sie besitzen beides nicht, so wende ich mich denn an Ihre Habgier. Lassen Sie mich an der nächsten Station aussteigen und Sie sollen frei von jeder Strafe bleiben und den größten Gewinn bei der Sache haben. Ich will selbst darauf verzichten, meinen Vetter Baylis zu entlarven und diese Helfershelferin an meiner Seite, ich könnte eS ja nicht thun, ohne Sie zu kompromitieren. Beharren Sie aber darauf, mich in Ihrem übelberüchtigten Jrrenhause gefangen zu halten, so seien Sie überzeugt, daß mein Vater Alles aufbieten wird, mich aufzufinden. Detektive? werden in allen Richtungen nach mir forschen und wehe Ihnen» wenn man mich findet! — Nun wählen Sie, mein Herr."
Doktor Sabin gab keine Antwort, er war erschrocken zusammen gefahren, als Eleonore den Namen des Advokaten nannte. Thät« er nicht besser, ihren Versprechen gen zu glaubm und sie frei zu lassen, jetzt, wo es noch für ihn Zeit war? Er
sah, daß er eS mit einem entschlossenen jungen Mädchen zu thun hatte, das ihm viel zu schaffen machen würde. Ohne McS. Blacks Einmischung hätte Eleonore wahrscheinlich bei der nächsten Station ihre Freiheit wieder erlangt, aber Mrs. Black war nicht gesonnen, ihr vorgestecktes Ziel, die Gattin des Advokaten zu werden, aufzugeben. '
„Doktor Sabin," fiel sie in das Gespräch ein, beunruhigt durch daS^ verhängnisvolle Schweigen des letzteren, „Sie können doch auf solch wahnwitziges Gerede eine Ihnen anvertraute Kranke nicht allein in der Nacht auf der Station lassen, das wäre gewissenlos."
,O ich fürchte mich nicht!" rief Eleonore. „Ich werde im Stationsgebäude bleiben, meinem Vater telegraphieren und mit dem nächsten Zuge nach Hause fahren.* „Doktor Sabin, Sie müssen die Kranke in Ihre Heilanstalt bringen," mischte sich Mrs. Black abermals ein, „verstehen Sie wohl, Sie können nicht anders," fügte sie mit drohendem Tone bei, der den Feigling erschreckte.
Diese Frau wäre im Stande, die ganze Geschichte bei Gericht anzugeben, er wußte wohl, daß auf ihm die Hauptoerantwortung lag. Ec, als Irrenarzt, mußte sofort erkennen, daß Eleonore bei vollkommen gesunden Sinnen war. Es ging nicht mehr, das junge Mädchen mußte mit in seine Anstalt.
„Fügen Sie sich, Miß Mostyn," sagte er ruhig mit angenommener Würde. „Ich verzeihe Ihnen die Beleidigung, die für mich in Ihren Geldanerbietungen liegt, ich werde Sie aber erst in Freiheit setzen, wenn ich mich überzeugt habe, daß Sic vollständig geheilt sind."
Vollkommen überwältigt von dem fürchterlichen Gedanken, bei gesunden Sinnen in ein Irrenhaus gebracht zu werden und dort in der Gewalt eines Schurken zu leben, sank Eleonore schweigend in die Kiffen des Wagens zurück. —
Weiter, immer weiter dampfte die unerbittliche Lokomotive und brachte endlich den Zug an den Bahnhof der schon erwähnten Fabrikstadt.
In einiger Entfernung vom Perron sah Eleonore einen Wagen stehen. Man