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Amis- und Anzeigeblalt für den Bezirk Lalw.

68. Ilchrgaaß.

Erscheint Dienstag, D-nn-ritag und Samstag. Di- EinrücknngSgebühr b-trigt im Bezirk und nächster Um­gebung s Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Donnerstag, den 20. Zuli 1893.

ÄbonnementSpreir vierteljährlich in der Stadt SO Pssi- LO Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst tv ganz Württemberg Mk. 1. SS.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Vom 25. Juli ab ist am Sitz des Bezirksstabs- rsuartiers Calw ein Hauptmeldeamt errichtet.

Die Mannschaften des Beurlaubtenstandes des Kompagnie-Bezirks Calw haben von diesem Zeitpunkt dienstliche Meldungen, Gesuche rc. an dasKönigliche Hauptmeldeamt Calw" zu richten.

Calw, den 17. Juli 1893.

Roth,

Major z. D. und Bezirks-Kommandeur.

Bekanntmachung.

Schultheiß Geh ring von Ostelsheim ist am heutigen Tage in sein Amt eingesetzt worden.

Calw, den 18. Juli 1893'.

K. Oberamt.

Lang.

Deutsches Reich.

DieFrkf. Ztg." schreibt zum Reichstags­schluß: Die Majorität für die Militärvorlage hat sich seit vorgestern um 5 Stimmen vermehrt. Es sind die drei Antisemiten Ahlwardt, Liebermann von Sonnenberg und Leuß hinzugekommen und es haben drei Oberschlesier aus dem Zentrum, die Her­ren Frank, Cytronowski und Wolny, die man als Männer der freien Hand kannte, der Abstimmung sich entzogen. Dafür ist der Zentrumsabgeordnete Wenzel, der das vorige Mal die Abstimmung ver­säumt hatte, mit seinem Nein dazugekommen. Es haben nur 5 Mitglieder gefehlt, nämlich außer den

drei genannten Herren vom Zentrum der Pole Czar- linski und der eÄrankte Volksparteiler Hartmann. Zu spät zur Abstimmung erschien Herr Holtz von der Reichspartei. Die Aufregung und Spannung, die den Reichstag während dieser kurzen Session be­herrscht hat, erreichte in der heutigen entscheidenden Sitzung ihren höchsten Grad. Der Ausgang galt zwar nicht mehr für zweifelhaft, aber in den Foyergesprächen spielte die Möglichkeit von Zwischen­fällen immer noch eine Roll?. Man rechnete ängst­lich die Präsenz der einzelnen Parteien nach, wachte darüber, daß sich niemand entferne, und als ein konservativer Herr sich zum Zahnarzt begeben wollte, wurde er gewaltsam zurückgchalten. Die nament­liche Abstimmung ging unter gespanntester Aufmerk­samkeit des Hauses vor sich. Aüf der Estrade des Bundesrats verfolgte man jedes einzelne Votum; zwei höhere Offiziere sah man mit dem Bleistift in der Hand jedes Ja und Nein zählen. In dem.Augen­blick, als der Präsident verkündete: Die Abstimmung ist geschlossen l stürnite durch eine Thür, die man schon ausgesperrt hielt, in vollem Laufe, wie noch nie jemand in den Sitzungssaal gesprungen ist, der freikonservative Abg. Holtz heran. Er wollte noch sein Ja abgeden; aus dem Hause erschollen Pro­teste, der Präsident entschied: Die Abstimmung ist geschlossen! Der verspätete Schnellläufer war ge­knickt. Er ging zum Reichskanzler und schien sich bedauernd zu entschuldigen. Graf Caprivi lächelte, denn im selben Augenblick teilten ihm die beiden Offiziere, die schneller gezählt hatten als die Schrift­führer , die Annahme der Vorlage mit. Wenige Minuten später wurde das Resultat vom Präsidenten offiziell verkündet. Nur wenig Beifall auf der

Rechten wurde laut, und dann ging es an ein gro­ßes Gratulieren. Aus dem Hause und vom Bun­desrat traten viele an den Reichskanzler heran, der die Glückwünsche ruhig entgegennahm. Von da ab war kein Halten mehr. Der Saal leerte sich, na­mentlich auf der Linken, sehr schnell. Nachtragsetat und Anleihegesetz wurden unter großer Unruhe ohne Debatte genehmigt und es war kaum mehr die Hälfte der Abgeordneten anwesend, als sich der Schlußakt in den üblichen Formen vollzog. Der kaiserliche Dank, den Graf Caprivi zuletzt verlas, ist wahrscheiniich entworfen worden während der kurzen etwa eine Viertelstunde dauernden Anwesen­heit des Kaisers im Reichstage.

K.iel, 17. Juli. Der Kaiser und die Kai­serin traten heute morgen um 10 Uhr 7 Minuten an Bord derHohenzollern", begleitet von den Tor­pedobooten 8 27 und 32 die Reise nach Gothenburg und Bornholm an. Der Aviso »Blitz", welcher die Reise mitmacht, war 1'/» Stunden vorher in See gegangen.

Helgoland, 17. Juli. Die Manöver­flotte (8 Panzerschiffe, 2 Avisodampfer und 14 Torpedos) unter dem Kommando des Vizeadmirals Schröder wurde unter Beteiligung des Prinzen Heinrich gestern durch eine große Torpedo-Ueber- fall- und Angriffs-Expedition, wobei das am Lande befindliche Offizierkorps bei einem Festdiner sich be­fand, alarmiert. Der Verlauf war glänzend. Heute fährt das Geschwader nach Norwegen ab.

Ausland.

Saigon, 17. Juli. Die Siamesen nahmen den französischen Dampfer Jean Baptiste Sa-

JeuitLeton.

Nachdruck verboten

Karold Kharltons geheime Wege.

Aus dem Amerikanischen von Sophie Freiin v. Zech.

(Fortsetzung.)

Baylis hatte schon lange die Maske vom Gesicht genommen, die in rin er "Ecke des Zimmers lag.

Der alte Milford starrte in maßlosem Staunen in das Gesicht des Advokaten.

Mr. Baylis." stammelte er, »ist dies möglich?"

»Du sollst es nicht weiter sagen!" rief Edward Baylis außer sich vor Angst.

Er zog blitzschnell ein scharfes Taschenmesser hervor und versetzte dem alten, «och halb betäubten Manne einen tiefen Schnitt in die Gurgel. Mr. Milford brach mit einem unartikulierten Schrei zusammen, noch ein kurzes Röcheln und er war nicht mehr unter den Lebenden. Edward Baylis war so von Sinnen beim Anblick des Gemordeten, daß er vergaß, das Messer aufzuheben aus dem Strom von Blut, der aus dem Halft HeS Schlachtopfers hervorquoll. John Hinkley war unter die Thüre getreten und hatte den Vorgang mitangesehen."

»Das habt Ihr gut gemacht, Herr," sagte er grinsend.Nun segeln wir in einem Boot und müssen zusammenhalten. Ihr habt ihn kalt gemacht, nicht ich. «erkt Euch das."

Den Advokaten überlief es eiskalt.

»Fort jetzt von hier," sagte er mit vor innerer Angst heiserer Stimme. »Der Boden brennt mir unter den Füßen. Ich will nicht , an der Haushälterin noch einen Mord begehen."

Jeder der zwei Einbrecher nahm drei Beutel, nicht ohne vorher die Masken wieder vor das Gesicht gezogen zu haben. Rasch und vorsichtig stiegen sie die Leiter Mieder hinab und verschwanden in der Dunkelheit. Niemand begegnete ihnen auf -er nächtlichen, Men, menschenleeren Straße und ungesehen gelangten sie nach Hause.

Die Haushälterin lag während dieses blutigen Vorganges in halbwachem, unbehaglichem Zustands in ihrem Bette. Sie schlief im oberen Stockwerke des HauseR. Einmal glaubte sie unter ihrem Schlafzimmer ein Geräusch zu hören, da aber i» der nächsten Minute alles wieder still war, so beruhigte sie sich wieder.

»Mr. Milford wird schlafen gegangen sein," dachte sie, und legte ihren Kopf beruhigt wieder nieder zu festem, traumlosem Schlaf.

Später als gewöhnlich erwachte Mrs. Grapson am anderen Morgen. Nach­dem sie sich angekleidet, ging sie hinunter in die Parterreräumlichkeiten des Hauset» wo Küche und Speisekammer sich befanden. Sie fand alles in bester Ordnung. Lottie, das Dienstmädchen, welches soeben gekommen, um ihre täglichen Arbeiten z« verrichten, trat mit erschrockenem Gesicht in die Küche.

Nun, was hast Du denn, Lottie?" fragte die Haushälterin,Du siehst ja ganz weiß aus."

»Denken Sie sich nur, MrS. Grapson," erzählte das Mädchen hastig,wie ich durch den Hof ging, sah ich Pull tot ausgestreckt vor seiner Hütte liegen."

»O, was Du sagst!* rief Mrs. Grapson. »Nicht möglich! Pull war gestern Nachmittag noch ganz wohlauf. Am Ende ist er nicht tot, wir wollen einmal Nachsehen."

Beide Frauen gingen hinaus in den Hof. Da lag wirklich der große, schöne Bernhardinerhund starr und steif. Mrs. Grapson berührte ihn mit der Hand uiü» fühlte die Kälte des Todes an seinem Körper.

»Es ist kein Zweifel mehr, daS treue Tier ist tot", sagte Mrs. Grapson mit Thränen in den Augen. »Der arme Pull, er war gestern noch so munter, als ich ihn mitnahm zu Pachter Miller. Das ist mir unbegreiflich. Es muß ihn der Schlag getroffen haben. Den Herrn wird es schmerzen, er hing so sehr an Pull. Aber jetzt können wir es doch nicht mehr ändern. Trage Holz und Wasser in dia Küche, Lottie, unv koche für uns beide und für Bill den Kaffee. Mr. Milford trinkt doch keinen Kaffee, er genießt ja immer erst um zehn Uhr ein Gabelfrühstück unb trinkt ein Glas Wein dazu. Ist Bill noch nicht im Stalle?"